Anton B. hat geschrieben: ↑So 10. Nov 2019, 21:28
Erkennen, dass die Vorstellung von einfach so seienden Eichen ohne vernünftige Begründung kein Wissen, sondern Glauben ist.
Das ist es doch ontisch gesehen auch MIT anthropogen-vernünftiger Begründung so. - Dass es dann wissenschaftlich "Wissen" heißt, juckt doch ontisch nicht. --- Konkret:
Du begründest anthropogen-vernünftig, dass Jesus sich in Sachen Naherwartung irrte (das kann Dir gelingen) - somit "weisst" Du es. ---- Es kann aber ontisch falsch sein = Jesus kann sich vor 2000 Jahren NICHT geirrt haben (was ebenfalls gut begründet werden kann, allerdings nicht anthropogen-vernünftig). - Du "weisst" also etwas, was aber falsch ist, weil es anders stattgefunden hat. - Frage: Was nützt es, wenn Du "weisst", dass Jesus sich irrte, er sich aber in Wirklichkeit NICHT irrte?
Du musst also glauben, dass Dein anthropogen-vernünftiges Ergebnis korrekt ist in Bezug, was wirklich der Fall ist, weil es (wie in diesem Fall) auch anders sein könnte. - Voilà - damit sind wir genau an dem Punkt, an dem ich seit 1848 hin will. --- Jetzt kannst Du natürlich sagen, dass wissenschaftliches Wissen nur Modell-Wissen ist (o.ä) - für mich ist jedoch wichtig, dass selbst-ernannte Gralshüter der Wissenschaft in der Theologie für sich beanspruchen, dass ein wissenschaftliches Ergebnis notwendig das wahre ist, wenn es in Konkurrenz zu einem anderslautenden nicht-wissenschaftlichen Ergebnis ist. - Was aber, wie wir eben sahen, falsch sein kann. - Wir sind jetzt mitten in "meinem" Problem, was in Wirklichkeit das Problem der anderen ist.
Anton B. hat geschrieben: ↑So 10. Nov 2019, 21:28
Wenn Du die Existenz einer Wirklichkeit, was hinter allen Beobachtungen der Fall ist, aufzeigen, oder die Identität der Beobachtungen genau mit dem, was Du den Fall nennst, darstellen kannst, dann mal los! Dann können Deine Vorstllung, es ist der Fall abseits allem und vernünftige Begründung, also Wissen, vielleicht eher in eine Relation gebracht werden.
Mit "Beobachtung" meinst Du vermutlich "wissenschaftliche Beobachtung". --- Gut, nehmen wir wieder mal die Leibliche Auferstehung. - Sie ist nicht anthropogen-vernünftig, kann aber historisch der Fall gewesen sein. --- Die Bedingungen dazu wären beispielsweise, dass Jesus göttlich war, Materie eine Ableitung von Geist ist, die leibliche Existenz Jesu nach seinem irdischen Tod eine reine Offenbarungs-Größe der geistigen Existenz Jesu war, etc.
Alles nicht anthropogen-vernünftig, aber gut begründbar (und unmaßgeblicherweise von mir problemlos vorstellbar - und dann können es andere auch) - aber historisch unter universal-vernünftigen Gesichtspunkten gut möglich. --- Wer würde es wagen, eine universal-vernünftige Dimension auszuschließen?
Anton B. hat geschrieben: ↑So 10. Nov 2019, 21:28
Mit "vernünftigen Begründungen" generierte Erkenntnisse funktionieren. Jedenfalls besser, als andere Projekte wie Schamanismus, Pendeln, unvernünftige Begründungen suchen usw.
Auf dieser Ebene würde ich zustimmen, auf anderen nicht. - Siehe Naherwartung - das kann grottenfalsch sein gegenüber einem spirituell basierten theologischen Ergebnis. - Oder nimm (beliebig) einen der letzten Sätze, den Goethe geschrieben hat: "Das ewig Weibliche zieht uns hinan". - Da "merkt" man, zumindestens mancher, auf Anhieb, was Goethe damit meint - ich könnte es nur schwer erklären. - Wie willst Du da mit "vernünftigen Begründungen" rankommen?
"Vernünftig" wäre, sämtliche Affären Goethes zu ermitteln, die Haarfarben seiner Frauen zu vergleichen, nach der Verwendung von "ewig" an anderen Stellen seines Werks zu gucken, etc. - aber mit geistigem Instinkt zu VERSTEHEN, was da abgeht, geht damit nicht. - Oder es biblisch zu sagen: Apg. 8,30: "VERSTEHST Du eigentlich, was Du da liest?". - Diese Frage von Philippus an den Kämmerer ist in unserem Kontext die Frage an die Wissenschaft.
Anton B. hat geschrieben: ↑So 10. Nov 2019, 21:28
. Das ist natürlich die Vorstellung, der closs ist der Übeltäter, während Anton hier ganz neutral nur rezipiert. Es ist aber auch nicht völlig auszuschließen, der Anton könne sich nicht von seinen Vorstellungen distanzieren.
Lassen wir es offen - am Ende stimmt beides. --- Parteiisch würde ich sagen, dass es wenig mit uns, aber viel mit der allgemeinen Rezeption von "Wissen" und "Wissenschaft" zu tun hat (ich meine hier speziell die Geisteswissenschaft). --- Denn mit Deiner Auffassung kann ich gut leben - aber das heißt eben AUCH, dass wissenschaftliches Wissen GEGLAUBT werden muss, weil es insofern relativ ist, dass es eine von anthropogener Vernunft abhängige Größe ist. - Und deshalb meine These, dass Wissen nur auf Basis von Glaube möglich ist, was hier auf dem Forum zu wüstesten Reaktionen vor allem seitens Wissenschaftlern führt ( übrigens ad hominem zu meinen Lasten, obwohl ich - ähm - möglicherweise etwas weiter denke

), was doch eigentlich ein bezeichnendes Licht auf das Selbstbild der Wissenschafts-Vertreter wirft.
Anton B. hat geschrieben: ↑So 10. Nov 2019, 21:28
Also ich kann die Frage nicht so beantworten, da ich die Inhalte der universalen Vernunft nicht mit denen der anthropogenen Vernunft vergleichen kann.
Die INHALTE der universalen Vernunft kenne ich auch nicht - mein Name ist nicht Gott. - Aber wir haben doch einen Fall diskutiert, der anthropogen-vernünftig falsch ist, falls eine NICHT anthropogen-vernünftige Version richtig ist, die gut begründbar ist. - Wenn nun etwas richtig sein kann, was nicht anthropogen vernünftig ist, ist es eine andere Art der Vernunft (wenn man definiert, dass nichts, was der Fall ist, wider eine Ordnung geht, die vernünftig ist - wir können das auch "anders-vernünftig" nennen. - Ich nenne es universal-vernünftig, weil ich ja auch anthropogen-vernünftige Ergebnisse, die der Fall sind universal-vernünftig sind). --- Jemand hat mal gesagt, dass das letzte Ziel aller Wissenschaften (incl. Theologie) erreicht wäre, wenn es sich herausstellen würde, dass ALLES notwendig ist - ich weiß nicht, ob das hier genau passt, aber es fiel mir spontan ein.
Anton B. hat geschrieben: ↑So 10. Nov 2019, 21:28
Aber wenn Du suchst, was die Wissenschaftler zu einem möglichen "Irren Jesu" sagen, dann kann Dich doch nicht die Auskunft eines, sagen wir, Entomologen oder Kristallographen befriedigen.
Nee - aber ich wünschte, die Aussagen eines Geisteswissenschaftlers würden mich befriedigen. --- Unbefriedigend und disziplinlos finde ich die Aussage der HKM "Jesus irrte sich" - befriedigend und diszipliniert fände ich die Aussage "Nach dem Vorverständnis unserer Disziplin irrte sich Jesus". - Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied, weil damit kein ontischer Alleinvertretungsanspruch ("Wenn jemand sagen kann, was wirklich war, sind WIR es" - aber genau das hört man ständig) verbunden ist.
Anton B. hat geschrieben: ↑So 10. Nov 2019, 21:28
Wie kann ich mir die Qualifizierung und die Vermitlung an uns Menschen denn dann vorstellen?
Anthropogen-vernünftig.

--- Das war doch gerade die Leistung Kants, dass er anthropogen-vernünftig erklärt hat, warum (anthropogene) Vernunft ihre Grenzen hat (ob ich das nach 40 Jahren noch zusammenkriege, weiß ich nicht - aber denke an den Satz "Ich musste alles Wissen aufheben <das darf man getrost hegelianisch verstehen, selbst wenn Hegel seine Dialektik noch nicht abgeschlossen hatte>, um Platz für den Glauben zu haben". --- Oder nimm Kants Metaphysik-Reflexionen - hier in wik-Zusammenfassung (der Originaltext von Kant ist noch viel interessanter):
" Wichtige Fragen der klassischen Metaphysik müssen Kant zufolge notwendig unbeantwortet bleiben, da prinzipiell keine Möglichkeit besteht, etwas von den Eigenschaften der Objekte zu wissen, die traditionell in metaphysischen Systemen als Basis vorausgesetzt werden. Diese sollen nämlich übernatürliche, unabhängige Substanzen sein – Kant spricht von „Dingen an sich“. Diese Übernatürlichkeit aber macht nach Kant gerade ihre wesentlichen Eigenschaften nicht erfahrbar, denn Erkenntnis und Wissen sind auf die indirekte Vermittlung der Inhalte durch die Strukturen der Sinnlichkeit und des Denkens angewiesen. Erkennbar ist bei Kant daher nur, welche Wirkungen Gegenstände auf das Bewusstsein haben, und diese wieder nur so weit, wie sie sich gedanklich nachvollziehen lassen. Der Eigenanteil, den Sinnlichkeit und Verstand in das Erleben und in die Inhalte des Bewusstseins einbringen, lässt sich im konkreten Fall aber nicht abgrenzen"