sven23 hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 20:09
Roland hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 18:01
Mit Theißen hab ich kein Problem, er gibt offen zu, dass Wissenschaft nicht sagt: "So war es" sondern: "So könnte es aufgrund der Quellen gewesen sein".
Eben, und die Naherwartung ist nun mal auf Grund der Quellen sehr wahrscheinlich.
„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“
Gerd Theißen
Aufgrund der Quellen, wie gesagt, nicht nur unwahrscheinlich, sondern auszuschließen.
Mit den Vorannahmen der HKE (dem historischen Relativismus, Jesus wird nur als Mensch gesehen, die Texte stammen ausschließlich von irrtumsfähigen Menschen usw.) funktioniert es. Da werden dann willkürlich bestimmte Worte als "jesuanisch" bezeichnet, andere als "nicht authentisch" angesehen und alles wird so zurechtgebogen, dass es ins vorgefasste Bild passt.
Und ich wiederhole: Es gibt genau Null objektive Kriterien und null Belege, die diese Auswahl rechtfertigen! Kriterium ist allein die getroffene Vorannahme.
sven23 hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 20:09
Roland hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 18:01
Und gemäß dieser Vorannahmen schreibt Theißen (Hervorhebung von mir):
"
Wenn alle Quellen von unvollkommenen und irrtumsfähigen Menschen stammen, so ist dies ein starkes Motiv, ihnen gegenüber skeptisch zu sein."
Genau so ist es. Skepsis ist hier mehr als angebracht.
Wenn es denn so wäre. Richtig.
sven23 hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 20:09
Roland hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 18:01
Wenn alle Geschichte relativ ist, d.h. ableitbar aus vorhergehenden Traditionen und Vorgängen, dann wird auch die Einzigartigkeit Jesu stark relativiert." ("Der historische Jesus" S.121)
So ist es. Der gute Jesus war ein Wanderprediger und Apokalyptiker unter vielen. Und wie viele, hat auch er sich geirrt.
Wenn wir davon ausgehen, dass die Gestalt Jesu nicht die war, die die Quellen beschreiben, sondern wir ihn als normalen Menschen einbetten und ableiten von "vorhergehenden Traditionen und Vorgängen",
dann könnte man ihn (wiegesagt in klarem Widerspruch zu den Quellen) als einen Wanderprediger und Apokalyptiker unter vielen zurechtbasteln.
Und Theißen betont zurecht den hypothetischen Charakter solcher Basteleien!
sven23 hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 20:09
Roland hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 18:01
" Genauso kann man im Umkehrschluss sagen:
Wenn die Bibel von Gott inspiriert wurde, ist das ein starkes Motiv ihr zu vertrauen und
wenn Gott in der Geschichte gehandelt hat und in Jesus Mensch wurde, spricht das stark für dessen Einzigartigkeit.
Das ist das Mantra der Glaubensideologen. Aber in der historischen Forschung nicht zu gebrauchen.
Nein, das entspricht den Quellen! Und wenn die Quellen nicht wichtig sind, sondern nur die relativistischen, methodisch-atheistischen Vorannahmen und Meinungen, dann kann man das zur Kenntnis nehmen, "historische Forschung" kann man es alledings dann nicht mehr nennen. Das ist dann ebenfalls Glaubensideologie!
sven23 hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 20:09
Roland hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 18:01
sven23 hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 20:09
Genau das ist das K-O. Kriterium für ergebnisoffene Forschung.
Genau wie die Annahme, es seien Texte wie jeder andere antike Text.
Nee, das ist Voraussetzung für wissenschaftliches Arbeiten.
Voraussetzung der HKE ist also: Erstmal alles ins materialistische Weltbild einplanieren und dann die entsprechend zu erwartenden Ergebnisse herausarbeiten.
Man darf das natürlich tun aber es ist Glaube, nicht ergebnisoffene Forschung.
In der Frage nach Gott geht es auch nicht anders. Wenn ich voraussetze, dass die Bibel Gottes Wort ist, ist das selbstverständlich genauso Glaube. Voraussetzungslose Exegese kann es nicht geben.
Alle Jesusbilder haben hypothetischen Charakter. Wir sind hier alle zusammen nicht Wissende sondern Glaubende.
sven23 hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 20:09
Roland hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 18:01
sven23 hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 20:09
Nein, die Naherwartung ändert sich nicht durch die Veränderung von Vorannahmen.
Einzig und allein mithilfe der historisch-kritischen Vorannahmen kann man überhaupt auf die Idee einer Naherwartung Jesu kommen. Die Gesamtheit der Jesusworte schließt das eindeutig aus.
Nur wenn man nicht unterscheiden will zwischen authentischen Jesusworten und nachträglich in den Mund gelegten.
Wie gesagt, das sind willkürliche Unterscheidungen. Objektive Kriterien dafür gibt es nicht. Man schneidet raus, was einem nicht passt…
sven23 hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 20:09
Roland hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 18:01
sven23 hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 20:09
Ja klar, der verdient natürlich eine Sonderbehandlung.
Es ist doch genau umgekehrt: du wirfst alle Religionen in einen Topf um dann für deinen atheistischen Glauben eine Sonderbehandlung und den Alleinerklärungsanspruch für die Welt einzufordern.
Nein, ich sage lediglich, dass alle Religionen gleich skeptisch zu behandeln sind. Für das Christentum kann es jedenfalls keine Sonderbehandlung geben.
Und ich weite das aus, auf alle Weltanschauungen. Auch auf den atheistischen Glauben.
Letztlich bist du es nämlich, der eine Sonderbehandlung für die Weltanschauung des Naturalismus fordert. In der Frage nach Gott wissen wir alle nichts – und deshalb sollte auch in diesen Fragen Feyerabends "Anything goes!" gelten, anstatt dumpfe Ausschließeritis.
Eine Exegese, die vom Naturalismus ausgeht, darf völlig gleichberechtigt neben einer solchen stehen, die für möglich hält, was die religiösen Texte besagen. Und dann mag jeder selbst entscheiden, was ihm plausibler erscheint.
sven23 hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 20:09
Roland hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 18:01
sven23 hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 20:09
Also besteht die historisch-kritische Forschung nur aus Bibelfälschern?
Sofern sie die biblischen Texte entgegen der Intention der Autoren auslegen, Dinge hinzuerfinden und unliebsame als "nicht authentisch" bezeichnen, ohne den geringsten Beleg dafür zu haben, ja. @ Andreas: Es ist mir eigentlich egal, ob man das beschriebene Vorgehen dann mehr der "liberalen Theologie" oder der "kritisch-historischen Theologie" zuschreibt, oder einer Mischung aus beidem, ich kritisiere nur dieses Vorgehen.
Genau, entscheidend ist, was hinten rauskommt und das sollte der Vorannahme der Gaubensideologen entsprechen, dann ist die Welt wieder in Ordnung.
Das ist genau das Vorgehen das ich kritisiere. Was die Texte sagen, ist nicht so wichtig, wir schneiden raus, was uns nicht passt und erfinden Dinge, die nicht in den Texten stehen, damit hinten rauskommt, was wir vorausgesetzt haben.
sven23 hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 20:09
Roland hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 18:01
sven23 hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 20:09
Tja, dann darfst du auch nicht ausschließen, dass Mohammed Gottes Prophet ist. Und Mohammed hat geistig erkannt, dass Jesus nicht Gottes Sohn sein kann. Mit solchen Glaubensbekenntnissen schießt du dich doch nur selbst ins Knie.
Natürlich darf ich das ausschließen.
Warum, nur weil es nicht deine Lieblingsreligion ist?
Wir schließen das wahrscheinlich beide zugunsten unserer Lieblingsweltanschauung aus, oder?
sven23 hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 20:09
Roland hat geschrieben: ↑Sa 27. Apr 2019, 18:01
Darf nur nicht behaupten, DAS sei nun objektive Wissenschaft und DIE Forschung, habe das herausgefunden. In diesen Fragen kann man eben maximal auf Plausibilität verweisen.
Eben, deshalb arbeitet Theißen doch mit dem historischen Plausibilitätskriterium.
Plausibilität im Hinblick auf die getroffenen Vorannahmen. Richtig.