Aristion ist laut den Menäen einer der 72 dort aufgeführten Jünger Jesu (also gemäß Quellenlage Augenzeuge) und ist als Märtyrer und Heiliger (22. Februar) in die Kirchengeschichte eingegangen.
Da der Name Johannes nicht sehr selten gewesen sein dürfte, vermute ich dass es neben dem Apostel Johannes nicht nur einen, sondern Dutzende gleichen Namens in der Urkirche gab.Andreas hat geschrieben: ↑Sa 9. Mär 2019, 15:18Was "den Johannes" bei Papias angeht, blicke ich auch nicht so recht durch, weil bei Papias von zwei unterschiedlichen "Johannes" die Rede ist, und der Begriff "Presbyter" sowohl für Apostel (Jünger des Herrn) als auch für "normale" Älteste Verwendung findet. Weißt du da diesbezüglich mehr?

Trotzdem scheint mir in diesem Textzusammenhang die Identifizierung des namentlich genannten Johannes mit dem Apostel eindeutig. Hier nochmals Papias' Textzitat zum Rekapitulieren:
Er erklärt widerzugeben, was laut den Befragten die Presbyter Andreas, Petrus, Philippus, Thomas, Jakobus, Johannes und Matthäus gesagt haben und außerdem das was Aristion und Johannes (noch) sagen (da sie wohl noch leben).Papias hat geschrieben:Wenn aber irgendwo jemand, der den Presbytern [Aposteln] nachgefolgt war, kam, erkundigte ich [Papias] mich nach den Berichten der Presbyter: Was hat Andreas oder was hat Petrus gesagt, oder was Philippus oder was Thomas oder Jakobus oder was Johannes oder was Matthäus oder irgendein anderer der Jünger des Herrn; was Aristion und der Presbyter Johannes, (beide) des Herrn Jünger, sagen.
Im Kontext mit den anderen Namen sollte klar sein, dass Papias hier vom Apostel Johannes spricht.
Es sei denn, es verwirrt dich, dass Johannes in diesem Zitat zweimal genannt wird:
1. als einer, über den seine Anhänger etwas erzählen,
2. als einer, der selbst noch erzählt.
Damit sind aber meines Erachtens nicht zwei Personen benannt, sondern der Umstand beschrieben, dass Aristion und Johannes sich selbst gegenüber Papias geäußert haben.
Das wird ja wohl auch aus der von dir zitierten Passage deutlich:
Sofern Johannes dem Papias sein Evangelium diktiert hat, muss er wohl persönlich mit ihm geredet haben.Pap 20,1 Argumentum secundum Iohannem hat geschrieben:Er [Papias] schrieb sogar das Evangelium nach dem Diktat des Johannes fehlerfrei auf.
Der Montanismus kommt um 160/ 170 auf. Wir befinden uns hier aber noch im 1. Jahrhundert und es geht uns ja um die Authentizität des Neuen Testaments, dass am Ende des 1. Jahrhunderts (mutmaßlich) abgeschlossen war. Insofern können wir den Montanismus hier zwar als Beispiel einer Lehre betrachten, die abgelehnt wurde, aber er hatte keinen Einfluss auf die Verschriftlichung des NT.Andreas hat geschrieben: ↑Sa 9. Mär 2019, 15:18Interessant sind auch die Töchter des Philippus, denn auf diese beriefen sich die Prophetinnen Prisca und Maximilla die mit Montanus als Gründer der häretischen Bewegung des Montanismus gelten. Dem Montanismus schloss sich Tertullian später an, weil ihm "die Kirche" zu lasch erschien. Ich erwähne das deshalb, weil das wieder so ein Beispiel dafür ist, wie hierarchische Strukturen und Autoritäten maßgeblich unsere Theologie beeinflusst haben.
Tertullian ist dann sogar noch später (um 200) und er tritt "vielleicht" dem Montanismus bei, was man daraus schlußfolgert, dass er positiv über Montanus schreibt und sich für strengere ethische Grundsätze in der Kirche einsetzt. Denkbar, aber unerheblich für die Fragen um Papias.
Von mir aus.Andreas hat geschrieben: ↑Sa 9. Mär 2019, 15:18Man sieht jedenfalls immer wieder in der alten Kirche, dass sich unterschiedliche theologische Schulen mit Berufung auf dieselben Quellen gebildet haben und autoritäre Strukturen dabei eine große Rolle spielten - so, wie heute eben auch. Ich nehme dieses Phänomen ganz wertfrei zur Kenntnis. Das sind Dinge, die man wissen kann.
Aber diese Beispiele stammen - wie gesagt - aus der Zeit nach der Verschriftlichung des NT und haben keine erkennbaren Einflüsse auf die Texte des NT. Daher nicht verwertbar im Sinne von Belegen, sondern nur im Sinne eines allgemeinen Misstrauens.
Richtig.
Und das gilt für alle frühen Schriftzeugnisse: vertrauen oder misstrauen wir ihnen?
Das Beispiel Papias' zeigt es ganz gut: ich kann seine Aussagen entweder akzeptieren, zumal er sie ausdrücklich als Wahrheit beschwört, oder ich kann ihnen misstrauen, weil die nachfolgende Kirchengeschichte allemal Anlass zum Misstrauen liefert.
Nach meinem persönlichen Geschmack muss ich sagen, dass ich keinen Anlass sehe, dem Papias (zu diesem frühen Zeitpunkt der Kirchengeschichte) grundsätzlich zu misstrauen. Eher schon dem Eusebius, der Papias zitiert, aber der bei einem Falschzitat mit Reaktionen rechnen musste.
Letztlich bleibt es - wie vieles in den Geschichtswissenschaften - eine Wertungsfrage nach persönlicher Abwägung.