Claymore hat geschrieben: ↑Mi 6. Mär 2019, 19:21
Der menschliche Geist/die menschliche Wahrnehmung kann nicht unterscheiden, ob die katholische Lehre wahr ist <diese Aussage ist aus meiner Sicht logisch nicht widerlegbar und somit vernünftig>
Irgendwas stimmt da nicht. - Richtig wäre wahrscheinlich: Der menschliche Geist/die menschliche Wahrnehmung kann nicht unterscheiden, ob Gott Entität oder nur Vorstellung ist und somit ob die katholische Lehre wahr oder falsch ist ist <diese Aussage ist aus meiner Sicht logisch nicht widerlegbar und somit vernünftig - wobei da noch was fehlt>.
Was irgendwie nicht stimmt, ist folgendes: Meine Aussage thematisiert das Motiv "Wir können zwischen Vorstellung und 'echt' nicht unterscheiden, weil es aus subjektiver Sicht keinen Unterschied gibt". - Bei Deinem Ansatz könnte man auch sagen: "Der menschliche Geist/die menschliche Wahrnehmung kann nicht unterscheiden, ob Sellerie besser schmeckt als Feldsalat". - Mit anderen Worten: Dein Beispiel bezieht sich auf eine Frage innerhalb einer Version, egal welche es ist. - Konkreter: Dein Beispiel gilt sowohl für den Fall, dass die Welt 'echt' ist, als auch für den Fall, dass sie Vorstellung ist - während mein Beispiel auf die Gegenüberstellung BEIDER Versionen abhebt.
Davon abgesehen: Wenn Du bei Deinem Beispiel bleibst, bleibt auch die Frage, was das soll? - Dann das, was Du anführst, ist millionenfach variierbar. -
Der menschliche Geist/die menschliche Wahrnehmung kann nicht unterscheiden, ob Blondinen des Teufels sind.
Trotzdem GLAUBE ich daran, dass sie des Teufels sind - nachweisen kann man es ja nicht.
WEIL ich daran glaube, ist das ein "Glaubensentscheid", dem sich alle meine weiteren Urteile unterwerfen.
Somit ist es einer, der widerspricht, zu bestrafen.
Der menschliche Geist/die menschliche Wahrnehmung kann nicht unterscheiden, ob Parlaments-Abgeordnete des Teufels sind.
Trotzdem GLAUBE ich daran, dass sie des Teufels sind - nachweisen kann man es ja nicht.
WEIL ich daran glaube, ist das ein "Glaubensentscheid", dem sich alle meine weiteren Urteile unterwerfen.
Somit ist es einer, der widerspricht, zu bestrafen.
Mit anderen Worten: Du steigst schon wieder bei Ebene 3 ein. - Es klingt ähnlich, ist aber etwas anderes.
Claymore hat geschrieben: ↑Mi 6. Mär 2019, 19:21
Stephen E. Toulmin
Wenn ich recht verstehe, meint Toulmin mit " ‘Logical considerations are no more than formal considerations’, that is, they are considerations having to do with the preliminary formalities of argument-stating, and not with the actual merits of any argument or proposition" exakt das, was ich die ganze Zeit bezeichne als "Logik ist nicht Inhalt, sondern Instrument für unterschiedliche hermeneutische Vorannahmen".
Und das genau macht doch Descartes (und ich auch): Man stellt BEWUSST fest, dass das erste, was man mitkriegt, die eigene Wahrnehmung ist, und fragt, was diese Wahrnehmung kann und was nicht - und da ist es logisch nun wirklich unausweichlich, dass die Wahrnehmung (incl. Wissenschaft) nicht entscheiden kann, was sie kann und was sie nicht kann - siehe Münchhausen, der sich mit eigener Hand an den Haaren aus dem Sumpf ziehen kann. - Descartes geht also vom Subjekt aus - das kann man als Modell/Vorannahme bezeichnen.
Der Naturalismus geht vom Objekt aus - das kann man ebenfalls als Modell/Vorannahme bezeichnen. Hier muss aber der naturalismus (& Co) eine Frage beantworten, die Descartes nicht beantworten muss: "Wie wollt Ihr als Subjekt vom Objekt ausgehen, wenn Ihr mit Eurer Wahrnehmung gar nicht wissen könnt, ob es das Objekt als Entität gibt?". - Die Antwort darauf ist (verschärfte Vorannahme): "Wir definieren Wissenschaft als so was Ähnliches wie 'Objekt'" - "es ISt halt so", wie einige hier im Thread gelegentlich sagen. - Und dann baut man darauf seine Logik auf.
Mit anderen Worten: Toulmin hat recht mit seinem von mir aus Deinem Zitat wiederholten Satz - aber was hilft es ihm? - Es hilft ihm nichts, weil er ja EBENFALLS einen universalistischen Ansatz (gegen den er kämpft!) wählen muss - selbst wenn dieser "Kasuistik" hieße. - Und Kasuistik heißt nun mal AUCH: "Ich steige erst bei Ebene 3, evt. 2 ein".
NB: Ich habe Toulmin bisher NICHT gelesen. - Verstehst Du ihn ähnlich wie ich? - Wie auch immer: Toulmin scheint nichts zu Fragen auf Ebene 1 beitragen zu können - ihm geht es anscheinend um"actual merits of any argument or proposition".