closs hat geschrieben:Nein - ich kann keine Grundlagen erkennen, welchen Sinn das machen würde. - Du sagst, Du seist Kulturwissenschaftler - was macht man da? - Welche Grundlagen hat man da, um Kulturen und Zeiten gerecht zu werden? - Vor allem wenn man hermeneutische Grundprobleme nicht erkennt.
Ich erkenne
deine “hermeneutischen Grundprobleme†nicht – Riesenunterschied! Du willst Hermeneutik unmittelbar, direkt auf die Wirklichkeit bezogen sehen. Das akzeptiere ich nicht.
Irgendeine Form von “Kulturproduktâ€, üblicherweise ein Text, von mir aus auch etwas weit hergeholtes wie eine Parkanlage (z.B. Sanssouci), oder ein Cocktail-Rezept (“Manhattanâ€), muss – so wie ich es gelernt habe – zwingend existieren. Ansonsten macht Hermeneutik schlichtweg keinen Sinn.
Wie du den Begriff verwendest, da fliegen
mir die Plomben raus.
Genauso habe ich gelernt, dass jede Vorannahme einen “sanity-check†braucht, während du “anything goes†propagierst: “fangen wir mal an und am Ende können wir immer noch unser Ergebnis verwerfen, wenn es uns zu absurd ist.â€
closs hat geschrieben:Da würde Ratzinger wahrscheinlich selber durchfallen. - Kultur-Bruch.
Schön, nur ist das eine reine Behauptung. Aber selbst wenn dem so wäre, ist das ein unsinniges Argument.
Ein Student der Kulturwissenschaft kann eine Bachelorarbeit schreiben, die was mit
Art brut zu tun hat. Dass die darin behandelten Künstler selber reihenweise dabei durchfallen würden, ist komplett irrelevï½ï½Žï½”.
closs hat geschrieben:Weil es kaum Themen gibt, die ohne Grundlagen auskommen. - Ich kann gerne mal das Spielchen mitspielen und auf dem Ölfilm fehlender Grundlagen mitrutschen - was glaubst Du, wie "vernünftig" ich argumentieren würde. - Ich wäre wie verwandelt und Du würdest mich loben.
Der erkenntnistheoretische Fundamentalismus (foundationalism) – “es gibt Grundlagen, die als Fundament für die Rechtfertigung weiterer Überzeugungen dienen†– ist hier nicht das Problem. Sondern das, was du daraus machst, d.h. dass du allen Ernstes behauptest, Grundlagen/Vorannahmen wären erstmal beliebig wählbar. Und das einzige Gütekriterium für Vorannahmen wären logische Widersprüche, die sich aus ihnen ergeben.
Diese unverrückbare Überzeugung von dir ist bereits die ultimative Bankrotterklärung für alles was dann noch folgt. Ab dem Punkt kann man eigentlich schon sagen: Weitere Diskussion zwecklos.
Und damit ist jetzt auch Schluss. Du bist eh nicht mehr zu erreichen und es ist hier off-topic.
Anton B. hat geschrieben:Wann ist der Mittelwert exakt bekannt?
Wenn z.B. auf ein Gut eine Verbrauchssteuer erhoben wird, dann bekommt man über den Zoll einen (falls man den Schwarzmarkt vernachlässigen kann) exakten Wert für den absoluten Konsum – also auch den exakten Mittelwert des individuellen Konsums, da man die Bevölkerungszahl kennt. Aber die Varianz kennt man nicht.
Bei uns Naturwissenschaftlern eigentlich niemals, deshalb verwenden wir praktisch immer n - 1.
Alle Beispiele, die mir einfallen, haben etwas mit Wirtschaft oder Sozialem zu tun. Aber das hat nicht viel zu sagen.
So gesehen gehen wir immer von einer Stichprobe (und sei es eine Strichprobe der Messungen aus einer unendlich großen Anzahl möglicher Messungen an einer vor mir liegenden Gesamtheit, z.B. genau 8 fossilen Exemplare einer Art, von denen man nicht mehr kennt) aus. Aus dem Kontext der Studie (Stichprobe im schließenden Kontext) kann gar nichts anderes, als n -1 verwendet werden.
Ja, das ist wohl fast immer so…?
Anton B. hat geschrieben:Wenn es Dir um die mathematische Begründung geht, warum n -1 für Stichproben verwendet wird ud n für Grundgesamtheiten, müsste ich die Beschreibung aus Kamke (2010, Der Umgang mit experimentellen Daten, S. 102-106) aufarbeiten, der m.E. die mathematische Begründung am Anschaulichsten darstellt.
Gut, die mathematische “Herleitung†ist nichts kompliziertes. Insoweit dass man behauptet, der Schätzer mit (n - 1) sei erwartungstreu und dann rechnet man das halt relativ straight-forward nach. Anschaulich ist es mir jedoch nicht klar.
Oder Du schaust in den großen Hedderich/Sachs (2018, Kap. 6.3.2), der auch meint, es anschaulich zu erklären.
Habe das Buch zufällig gerade nicht in meiner Hausbibliothek zur Hand.
Ich werd es mir auch nicht kaufen oder ausleihen – 1000 Seiten
Und dann hat es auch noch den Fokus auf eine spezielle Statistiksoftware (R).
closs hat geschrieben:Nicht das Hirn, sondern einprogrammierte Denkmuster sollen "rausgequatscht" werden.
Natürlich ist das provokativ - das ist mir wohl bewusst. - Und mir ist ebenfalls bewusst (Dir auch?), warum Deine Fraktion dabei so aggressiv wird. Denn im zeitgemäßen intellektuellen Mainstream ist man gewohnt, sich selber als aufgeklärter als den Rest der Welt zu verstehen - das gehört zum Geschäftsmodell.
Wenn nun jemand kommt und behauptet, dass die Welt im Jahr 5000 vor Christus geschaffen wurde, Astrologie gut ist und Pflanzen miteinander sprechen, fühlt man sich nicht bedroht, sondern fühlt sich zur Großzügigkeit herausgefordert - man sei ja tolerant und Glaube sei ja irgendwie menschlich. --- Meine Rolle ist eine andere: Ich greife das System selbst an, indem ich darauf hinweise, dass es nur in begrenzter Weise aufgeklärt ist - das wirkt bedrohlich und weckt Aggressionen. - Thaddäus hat damit angefangen.
Jede Zeit leidet unter ihrem speziellen Irrsinn, der später nur noch mega-peinlich wirkt. Z.B. der Revolutionskalender, der weit schlechter funktionierte als der von Papst Gregor – autsch. Weil er sich perfekt “rational†an den astronomischen Tatsachen orientieren sollte und daher nur mit extrem komplexen Berechnungen zu handhaben war.
Der Revolutionskalender wirkt nur noch wie eine Realsatire auf die Aufklärung; inklusive der ach so vernünftig durchdachten Namensgebung (es gab sogar für jeden Tag einen Namen um von den Heiligen wegzukommen; primär für die Bauern, die es nicht so mit Zahlen hatten):
Der 1. Vendémiaire (= “Weinlesemonatâ€) hat den Namen “Raisin†(= “Traubeâ€).
Passt gut – aber nur solange man die Südhalbkugel vergisst.
22. September oder “Tag des heiligen Mauritius†ist dagegen global gedacht.
Das Problem ist halt… aus dieser Tatsache ergibt sich nicht ein Freibrief für jeden Unsinn, wie du es gerne ableiten möchtest. Üblicherweise ist man eher der Dumme, wenn man wie du verbissen in allem gegen den “Zeitgeist†wettert.
Und daher nun ein ganz anderes Beispiel… der Witchcraft Act von 1735 in England hat es unter Strafe gestellt, jemanden der Hexerei zu bezichtigen. Dein Seelen-verwandter zu der Zeit hat sich sicher
endlos darüber echauffiert, dass da von oben entschieden wurde:
“Okay Leute, jetzt ist mal Schluss mit den Hexen!â€
Du kannst jetzt die Analogie ziehen zu der weitaus moderateren Forderung, Homöopathie bloß aus dem normalen medizinischen Betrieb (Kassenleistung, Hochschule, Facharzt-Spezialisierung, Apotheken, …) zu verbannen… oder eben nicht.
Für den closs des 18. Jahrhunderts war ja
auch klar: was methodisch falsch ist, kann ontisch wahr sein.
Und seine Freundin hatte vor 30 Jahren schon selbst einmal eine Hexe beobachtet.