Thaddäus hat geschrieben:Halman hat geschrieben:
[...]
So wie ich die Hirnfoscher Kornhuber und Deecke verstanden habe, meinten sie den Ausstieg aus den "Naturgesetzen", sie negieren also, dass ist möglich ist, aus der Physik und der [Bio]Chemie auszusteigen (was einer supernaturalistischen Seele vermutlich möglich wäre). Wenn der Mensch sich entscheidet, den Hungertod in Kauf zu nehmen, so entscheidet er dies mit seinem Gehirn und auch bei diesen Hirnfunktionen werden Natrium- u. Kalium-Ionen sowie Neurotransmitter beteiligt sein - da gibt es keinen Austieg aus der Natur.
Natürlich gibt es so gesehen keinen Ausstieg aus der Natur.
In der philosophy of mind gibt es zwei grundsätzlich unterschiedliche Richtungen. Die eine ist der Kompatibilismus. Der Kompatibilismus ist der Auffassung, dass eine physikalisch-neuronale Determintaion
verträglich ist mit der Auffassung, dass es trotzdem Freiheit gibt. Die andere, der Imkompatibilismus, ist der Aufassung, es könne keine Freiheit geben, wenn die Physik des Gehirns determinstisch ist und neuronale Bereitschaftspotenziale Millisekunden vor den bewussten Entscheidungen bereits gemessen werden können.
Ansgar Beckermann hält das - meiner Meinung nach zurecht - für ein philosophisches Scheinproblem.
Darin stimme ich ihm zu, ich bin nämlich
Kompatibilist.

Dagegen mag man einwenden, dass unser Unterbewusstsein bereits vor unserer bewussten "Entscheidung" unser Handeln bestimmt, doch wer so argumentiert, ist sich offenkundig nicht dessen bewusst, dass unser Bewusstsein die Möglichkeit hat, durch ein
„Veto“ den unbewussten Handlungsimpuls zu korrigieren, sofern sich der Mensch vor der Ausführung der beabsichtigten Handlung bewusst wird.
Am
Do 30. Apr 2015, 15:10 kam ich zu folgendem Fazit:
Willensfreiheit im Sinne absoluter Freiheit im abstrakt philosophischen Sinne zu fordern, ist sinnfrei, da es für physische Wesen nun mal keine Freiheit von der Physik geben kann. Der Begriff macht nur Sinn, wenn man ihn relativiert.
Unser Wille ist dann frei, wenn dass, was wir als Willen bezeichnen, frei ist, zu
wollen. Ob dieses Wollen physikalisch determiniert ist, spielt m. E. für den Freiheitsbegriff keine Rolle. Es geht nicht um die Frage, ob ich etwas anders wollen könnte, sondern darum, ob der Wille frei von Zwängen ist.
Thaddäus hat geschrieben:Physikalische Determination und das Handeln aus guten Gründen schließen sich also nicht zwangsläufig gegenseitig aus!
Vielen Dank für ein anschauliches Beispiel. Ich denke, dass Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin zu Recht die öffentliche Debatte über die Verantwortlichkeit des Menschen kritisiert, die durch die Hirnforscher Wolf Singer und Gerhard Roth ausgelöst wurde.
Im Rahmen einer PN-Diskussion mit einem User in einem anderem Forum hatte ich mal eine Quelle von Julian Nida-Rümelin rausgesucht, die ich leider nicht mehr im Web finde. Immerhin habe noch das Zitat:
Zitat aus 1. Intellektualität und Freiheit. Die Konzeption Nida-Rümelins:
"Meine Freiheit ist bedingt, sie ist nicht unbedingt: Die Lebenserfahrungen, aber auch die biografischen Forschungen der Psychologie legen nahe, dass der Selbsterfindung und dem radikalen Neubeginn enge Grenzen auferlegt sind" (S. 158).
- s. 4. Absatz
Zitat aus Absatz 9:
Sie setzt Freiheit voraus und "hat [mithin] zur Prämisse, dass sich Menschen von Gründen affizieren lassen" (S. 128).
- s. 9. Absatz
Ich stimme mit Dir, Thaddäus, darin überein, dass unsere willentlichen Entscheidungen stehts auf
Gründen beruhen, welche es auch immer sind. Wir sind insofern frei, als dass wir die Autoren unseres Lebens sind. Dies drückte Nida-Rümelin im folgendem Satz sehr treffend aus:
Zitat von
Julian Nida-Rümelin (s. Seite 15 der
PDF-Datei):
„Es ist ein Respekt, der darauf beruht, dass wir uns wechselseitig als autonome Akteure ansehen, als Autoren unseres Lebens, als Wesen, die sich von Gründen affizieren lassen, die in der Lage sind, Gründe abzuwägen und auf Grund dieser Abwägung urteilen und entscheiden.“