Muss man an die Wissenschaft glauben?

Alle Themen aus Naturwissenschaft & Technik die nicht in die Hauptthemen passen.
Pluto
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#21 Re: Muss man an die Wissenschaft glauben?

Beitrag von Pluto » Sa 11. Okt 2014, 19:12

sven23 hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:maximal albern machst du dich aber immer wieder dann, wenn du verzweifelt versuchst, das Wissen über die Erde und die Sonne als Glaube darzustellen, um deinen eigenen Glauben an deine eigenen ausgedachten Träumereien irgendwie mit dem ersteren auf eine Stufe zu stellen... :D
Das kommt mir immer vor, als wenn jemand in der 1. Liga mitspielen will, aber gerade mal die Kreisliga geschafft hat. :lol:
Wenn wir die Polemik außen vor lassen, haben wir alle mehr von der Diskussion.

Danke.
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Samantha

#22 Re: Muss man an die Wisseschaft glauben?

Beitrag von Samantha » So 12. Okt 2014, 23:54

Mir gefallen die Aussagen von Eckard von Hirschhausen. Wenn man alles so tierisch ernst nimmt, wird man in 50 oder 100 Jahren recht dumme Wissenschaftler haben. Was weiß man denn heute schon? Nur das, was man gestern noch nicht wusste.

Unser Wissen kann man sich als eine Insel vorstellen: Je größer die Insel des Wissens, umso länger wird automatisch das Ufer zum Ozean unserer Ignoranz.
Wissenschaft ist immer nur der aktuelle Stand des Irrtums.
Interview mit Eckard von Hirschhausen

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#23 Re: Muss man an die Wisseschaft glauben?

Beitrag von Pluto » Mo 13. Okt 2014, 00:11

Samantha hat geschrieben:Mir gefallen die Aussagen von Eckard von Hirschhausen.
Wissenschaft ist immer nur der aktuelle Stand des Irrtums.
Womit der Gute sicherlich Recht hat. :)

Aber die Wissenschaft hat auch einige sehr positive Seiten, gegenüber alle anderen Methoden der Erkenntnisgewinnung.
- Sie überprüft ihre eigenen Aussagen und passt sich laufend neuen Erkenntissen an.
- Sie ist somit immer auf dem neusten Stand des Wissens.
- Sie funktioniert in der Praxis.
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ThomasM
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#24 Re: Muss man an die Wisseschaft glauben?

Beitrag von ThomasM » Mo 13. Okt 2014, 10:58

Pluto hat geschrieben: Aber die Wissenschaft hat auch einige sehr positive Seiten, gegenüber alle anderen Methoden der Erkenntnisgewinnung.
- Sie überprüft ihre eigenen Aussagen und passt sich laufend neuen Erkenntissen an.
- Sie ist somit immer auf dem neusten Stand des Wissens.
- Sie funktioniert in der Praxis.
Wie Sven nicht müde wird zu betonen und wie Pluto hier zusammengefasst hat, ist die Naturwissenschaft angetreten, sich vom Glauben (im Sinn des autorativen Meinens - man müsste mal darüber nachdenken, was Glaube eigentlich ist. Sven nutzt den Begriff nur sehr eingeschränkt) zu lösen. Eben durch Nachprüfbarkeit und Logik.

Mit dieser Methode hat man sehr viel Erkenntnis gewonnen, gelangt aber inzwischen bei einigen Themen an Grenzen.

Typische Themen dieser Art sind die Fragen:
- Woher kommt das Universum, was war vor dem Universum?
- Was ist die Ursache von Krankheit und wie wird man wieder gesund?
- Was ist der Mensch?
- welche Moral soll gelten?
usw.

Die Methode, über die sich Naturwissenschaft definiert, funktioniert aus verschiedenen Gründen für derartige Fragestellungen nicht. Es können Mangel an Messmethoden und Daten sein, es kann Komplexität sein (Krankheit bzw. der menschliche Körper ist zu komplex, um in seiner Gänze naturwissenschaftlich beherrscht zu werden), es können nicht-definierbare Begriffe sein.
All das sind Gründe, in denen die Naturwissenschaft versagt, wo man aber mit Glaube weiterkommt.

Und dann sehen wir ein interessantes Phänomen: Je mehr die Menschen sehen, dass Naturwissenschaft nicht in der Lage ist, ihre Fragen wirklich zu beantworten, desto mehr wird eben der Grundsatz der Naturwissenschaft in Frage gestellt.
Beispiele:
- Die Soziologie hat angefangen, physikalische Phänomene (wie Gravitation) als reine gesellschaftliche Vereinbarungen zu sehen.
- Menschen ignorieren wissenschaftliche Ergebnisse und misstrauen ihnen, weil Wissenschaftler zu oft ihre persönliche Weltanschauung benutzt haben
- Glaubenssysteme greifen wissenschaftliche Aussagen an (Islam, christliche Fundamentalisten) und setzen ihre eigenen Aussagen dogmatisch dagegen.

Was ist der Effekt dieser Angriffe?
Die Erkenntnis, dass auch die Vereinbarung, naturwissenschaftlich vorzugehen und ihre Ergebnisse objektiv zu sehen, eine Vereinbarung ist (egal, ob die Ergebnisse nun tatsächlich objektiv sind oder nicht).

In diesem Sinn ist Naturwissenschaft Glaubenssache.
Übrigens: Die Naturwissenschaftliche Revolution vor 500 Jahren war nicht die Einführung von Logik, war nicht die Benutzung experimenteller Methoden, war nicht das Erscheinen kluger Menschen, sondern die Vereinbarung, die Ergebnisse der Naturwissenschaft als Grundlage des Begriffes Objektiv zu sehen.
Machen wir das wieder rückgängig, werden wir wieder Zeiten, wie im Mittelalter erleben.

Gruß
Thomas
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#25 Re: Muss man an die Wisseschaft glauben?

Beitrag von Pluto » Mo 13. Okt 2014, 12:25

ThomasM hat geschrieben:Die Erkenntnis, dass auch die Vereinbarung, naturwissenschaftlich vorzugehen und ihre Ergebnisse objektiv zu sehen, eine Vereinbarung ist (egal, ob die Ergebnisse nun tatsächlich objektiv sind oder nicht).
Nu mal langsam, lieber Thomas :!:
Man kann Objektivität nicht einfach unter den Teppichkehren.
Wissenschaft ist für mich auch keine bloße "Vereinbarung", sondern ein Prozess zur Sammlung und Strukturierung von Erkenntnissen.
Man könnte die Methoden der Wissenschaft (Kritischer Rationalismus) als "Vereinbarungen" beschreiben weil sie die Objektivität in der Erkenntnisgewinnung gewährleisten.

In diesem Sinn ist Naturwissenschaft Glaubenssache.
Inwiefern?
Für mich ist Natuwissenschaft der Inbegriff schechthin von Skeptizismus, also das genaue Gegenteil von Glaube.
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#26 Re: Muss man an die Wisseschaft glauben?

Beitrag von ThomasM » Mo 13. Okt 2014, 12:48

Pluto hat geschrieben: Nu mal langsam, lieber Thomas :!:
Man kann Objektivität nicht einfach unter den Teppichkehren.
Ich versuche das mal anders zu formulieren.

Wenn die Leute aufhören zu glauben, dass Naturwissenschaft objektive Ergebnisse hervorbringt, dann wird sie nicht mehr als die Quelle objektiver Aussagen angesehen und kann diese Aufgabe also auch nicht mehr erfüllen.

Zum Beispel wird dann das Wort "objektiv" umgedeutet werden. Du kannst dann gar nicht mehr erklären, was objektiv eigentlich ist. Wenn beispielweise alle Menschen um dich sagen und meinen "objektiv ist, was als Aussage in der Bibel steht", dann wird dir niemand mehr glauben, dass 2+2=4 ist oder dass pi von 3 verschieden ist. Denn das wäre ja nicht objektiv richtig (weil es so nicht in der Bibel steht).

Es ist gesellschaftliche Vereinbarung, die Methode, die hinter der Naturwissenschaft steht, als Quelle der Wahrheit zu benutzen. Fällt diese gesellschaftliche Vereinbarung, dann fällt der Wert der Naturwissenschaft.

Gruß
Thomas
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#27 Re: Muss man an die Wisseschaft glauben?

Beitrag von Pluto » Mo 13. Okt 2014, 12:59

ThomasM hat geschrieben:Zum Beispel wird dann das Wort "objektiv" umgedeutet werden. Du kannst dann gar nicht mehr erklären, was objektiv eigentlich ist. Wenn beispielweise alle Menschen um dich sagen und meinen "objektiv ist, was als Aussage in der Bibel steht", dann wird dir niemand mehr glauben, dass 2+2=4 ist oder dass pi von 3 verschieden ist. Denn das wäre ja nicht objektiv richtig (weil es so nicht in der Bibel steht).
Wenn Menschen nicht an die Objektivität glauben, ändert das rein gar nichts an den Gesetzen der Mathematik und Logik. Das Ergebnis von 2 + 2 bleibt davon unberührt.

Es ist gesellschaftliche Vereinbarung, die Methode, die hinter der Naturwissenschaft steht, als Quelle der Wahrheit zu benutzen. Fällt diese gesellschaftliche Vereinbarung, dann fällt der Wert der Naturwissenschaft.
Ich denke, es ist weit mehr als nur eine Art "Vereinbarung". Die Ergebnisse der Naturwissenschaft funktionieren in der Praxis. Die semantische Bedeutung von "Objektiv" ist dort aber nicht relevant, weil sie keinen Einfluss auf die Praxis hat.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#28 Re: Muss man an die Wisseschaft glauben?

Beitrag von ThomasM » Mo 13. Okt 2014, 13:09

Pluto hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben:Zum Beispel wird dann das Wort "objektiv" umgedeutet werden. Du kannst dann gar nicht mehr erklären, was objektiv eigentlich ist. Wenn beispielweise alle Menschen um dich sagen und meinen "objektiv ist, was als Aussage in der Bibel steht", dann wird dir niemand mehr glauben, dass 2+2=4 ist oder dass pi von 3 verschieden ist. Denn das wäre ja nicht objektiv richtig (weil es so nicht in der Bibel steht).
Wenn Menschen nicht an die Objektivität glauben, ändert das rein gar nichts an den Gesetzen der Mathematik und Logik. Das Ergebnis von 2 + 2 bleibt davon unberührt.

Es ist gesellschaftliche Vereinbarung, die Methode, die hinter der Naturwissenschaft steht, als Quelle der Wahrheit zu benutzen. Fällt diese gesellschaftliche Vereinbarung, dann fällt der Wert der Naturwissenschaft.
Ich denke, es ist weit mehr als nur eine Art "Vereinbarung". Die Ergebnisse der Naturwissenschaft funktionieren in der Praxis. Die semantische Bedeutung von "Objektiv" ist dort aber nicht relevant, weil sie keinen Einfluss auf die Praxis hat.
Pluto, wir drehen uns im Kreis.

Was du sagst ist meinetwegen korrekt. Aber nicht relevant. Eine prinzipielle Quelle von Objektivität ist irrelevant, wenn es keinen Menschen mehr gibt, der sie kennt oder anerkennt.
Vielleicht gibt es ja eine göttliche Quelle von Genialität und Objektivität, die gilt, aber du siehst sie eben nicht ein und deshalb kannst du sie auch nicht nutzen.

Gruß
Thomas
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#29 Re: Muss man an die Wisseschaft glauben?

Beitrag von ThomasM » Mo 13. Okt 2014, 13:32

Pluto hat geschrieben: Ich denke, es ist weit mehr als nur eine Art "Vereinbarung". Die Ergebnisse der Naturwissenschaft funktionieren in der Praxis.
p.s.

Es ist eine Tatsache, dass bereits im alten Griechenland, in China, in Indien, in den islamischen Staaten usw. lange vor der naturwissenschaftlichen Revolution in Europa Ergebnisse auf Grund der naturwissenschaftlichen Methoden erzeugt wurden und Berühmtheit erlangten. Die Logik hatte bereits eine lange Tradition und war sehr geachtet. Experimentelle Nachweise waren völlig normal.

Warum wohl, lieber Pluto, waren das Einzelereignisse, ohne Einfluss auf die Gesellschaft, ohne Wirkung für die Zukunft, ohne Folgerungen für die gesellschaftliche Entwicklung?
Und wenn du einen Grund gefunden hast, meinst du nicht, dass es in Europa dazu kommen könnte, dass genau diese Gründe auch bei uns wieder gelten?

Gruß
Thomas
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#30 Re: Muss man an die Wisseschaft glauben?

Beitrag von Pluto » Mo 13. Okt 2014, 13:33

ThomasM hat geschrieben:Was du sagst ist meinetwegen korrekt. Aber nicht relevant. Eine prinzipielle Quelle von Objektivität ist irrelevant, wenn es keinen Menschen mehr gibt, der sie kennt oder anerkennt.
Vielleicht gibt es ja eine göttliche Quelle von Genialität und Objektivität, die gilt, aber du siehst sie eben nicht ein und deshalb kannst du sie auch nicht nutzen.
Vielleicht ist aber auch nur eine Erkenntnis aus dem anthropischen Prinzip: Es gibt intelligente Lebewesen in der Welt, die in der Lage sind, mit hilfe sebst entwickelter Methoden, Fragen zu stellen und Antworten zu erarbeiten. Der Glaube spielt dabei nur die Rolle eines Lückenbüssers für den Fall, dass wir keine Antwort finden.
Unabhängig von unseren Bestrebungen nach Objektivität, bleibt die Welt wie sie ist.
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