Woher kommt unsere Moral?

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Catholic
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#91 Re: Woher kommt unsere Moral?

Beitrag von Catholic » Fr 10. Okt 2014, 20:04

Pluto hat geschrieben:Es gibt genausowenig ein absolutes Gut und Böse. Auch das ist relativ (aus der Sicht eines Beobachters).

Dann ist es also grundsätzlich in Ordnung,wenn ich meinen Nachbarn ersteche,weil er eine krumme Nase hat,sofern das aus meiner Sicht in Ordnung ist?

Pluto
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#92 Re: Woher kommt unsere Moral?

Beitrag von Pluto » Fr 10. Okt 2014, 20:19

Catholic hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es gibt genausowenig ein absolutes Gut und Böse. Auch das ist relativ (aus der Sicht eines Beobachters).

Dann ist es also grundsätzlich in Ordnung,wenn ich meinen Nachbarn ersteche,weil er eine krumme Nase hat,sofern das aus meiner Sicht in Ordnung ist?
Für dich mag es in Ordnung sein (sonst würdest du es nicht tun), aber aus Sicht der Staatsanwalts wohl eher nicht. ;)
Da wird die unterschiedliche Sicht zweier Beobachter deutlich.

Ein anderes Beispiel:
Ist es Mord, wenn eine Mutter tötet um ihr Kind vor der sicheren Verschleppung in die Prostitution verteidigt?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

JackSparrow
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#93 Re: Woher kommt unsere Moral?

Beitrag von JackSparrow » Fr 10. Okt 2014, 21:33

Catholic hat geschrieben:Und da stellt sich die Frage:warum?
Angst.

Pluto hat geschrieben:Genau... und woher?
Vielleicht können sich die Leute, die (angeblich) für unsere Sicherheit sorgen, einfach nur sehr gut vermarkten.

Dann ist es also grundsätzlich in Ordnung,wenn ich meinen Nachbarn ersteche,weil er eine krumme Nase hat,sofern das aus meiner Sicht in Ordnung ist?
Ist es in Ordnung, den Nachbarn nur deshalb nicht zu erstechen, weil vom Gesetzgeber dann Strafen drohen würden? Macht das den potenziellen Täter einem echten Täter irgendwie moralisch überlegen?

Catholic
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#94 Re: Woher kommt unsere Moral?

Beitrag von Catholic » Fr 10. Okt 2014, 22:37

JackSparrow hat geschrieben: Ist es in Ordnung, den Nachbarn nur deshalb nicht zu erstechen, weil vom Gesetzgeber dann Strafen drohen würden?

Ich bin fest überzeugt,dass es Handlungen gibt,die so oder so nicht in Ordnung sind -- und ich schreibe bewusst nicht "nicht erlaubt sind" oder "böse sind" --unabhängig davon,ob sie von der gerade "herrschenden" Gesellschaftsordnung akzeptiert werden oder nicht.

Catholic
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#95 Re: Woher kommt unsere Moral?

Beitrag von Catholic » Fr 10. Okt 2014, 22:45

Pluto hat geschrieben: Ist es Mord, wenn eine Mutter tötet um ihr Kind vor der sicheren Verschleppung in die Prostitution verteidigt?

Ob es Mord ist,kann ich nicht sagen,denn dafür würden meines Erachtens die niederen Beweggründe (oder wie der Volksmund sagt:die kriminelle Energie) fehlen,ich würde die Tat als eine Verzweiflungstat betrachten genauso würde ich aus dem Grund eine Abtreibung,sofern sie nicht absolut freiwillig von der Schwangeren beabsichtigt wird,nicht als Mord bezeichnen.
Denoch ist eine Handlung die schlecht ist im Sinne von nicht in Ordnung nicht dadurch gut im Sinne von in Ordnung,nur weil die Absicht/Intention gut ist.
Ob ich jemandem 1000 Euro stehle um mir eine teure Uhr zu kaufen oder um meinem kranken Kind das überlebenswichtige Medikament zu besorgen,so oder so handelt es sich um Diebstahl und der Richter,der das Urteil fällen muss, wird den Dieb nicht freisprechen mit dem Argument
"Er hat aus guter/edler Absicht gehandelt und deswegen hat er keinen Diebstahl begangen!"
sondern wird höchstens ein milderes Urteil fällen,weil der Dieb aus edlem,menschlich verständlichem Grund das Geld gestohlen hat,aber es ist und bleibt Diebstahl.

Pluto
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#96 Re: Woher kommt unsere Moral?

Beitrag von Pluto » Fr 10. Okt 2014, 22:48

Catholic hat geschrieben:Ich bin fest überzeugt,dass es Handlungen gibt,die so oder so nicht in Ordnung sind.
Da hast du vollkommen Recht!
Man kann nicht einfach so hingehen, und seinen Nachbarn erschlagen. Das eigene Schwein (oder Rind oder Kaninchen) hingegen, dass man selbst großgezogen (gemästet) hat, darf man erschlagen, weil es als Nutztier zum Essen freigegeben ist.

Das sind millionen Jahre alte Regeln der Moral, die fest in uns einprogrammiert sind. Die kann man nicht einfach unter den Teppich kehren.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#97 Re: Woher kommt unsere Moral?

Beitrag von Catholic » Fr 10. Okt 2014, 22:52

Pluto hat geschrieben:
Catholic hat geschrieben:Ich bin fest überzeugt,dass es Handlungen gibt,die so oder so nicht in Ordnung sind.
Da hast du vollkommen Recht!
Man kann nicht einfach so hingehen, und seinen Nachbarn erschlagen.
Das sind millionen Jahre alte Regeln der Moral, die fest in uns einprogrammiert sind. Die kann man nicht einfach unter den Teppich kehren.

D´accord,dann stellt sich eine - wie ich finde - interessante Frage.
Wir empfinden Menschen gegenüber,die uns nahe stehen (Familie,Freunde) Empathie und können es nicht haben,wenn diese leiden.
Warum empfinden wir aber diese Empathie auch gegenüber Menschen,die wir weder kennen noch gesehen haben oder sehen (also direkt,von Mensch zu Mensch)?

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#98 Re: Woher kommt unsere Moral?

Beitrag von Pluto » Fr 10. Okt 2014, 22:57

Catholic hat geschrieben:Warum empfinden wir aber diese Empathie auch gegenüber Menschen,die wir weder kennen noch gesehen haben oder sehen (also direkt,von Mensch zu Mensch)?
Weißt du was Spiegelneuronen sind? Nach dem gleichen Prinzip funktioniert auch die Empathie.
Wir empfinden die gleichen (ähnlichen) Gefühle wie andere Menschen, wenn sie Freude oder Leid empfinden — ein biologischer Vorgang.
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#99 Re: Woher kommt unsere Moral?

Beitrag von closs » Fr 10. Okt 2014, 23:36

Pluto hat geschrieben:Was ist Platons "absolute Entität"?
Der Spur nach: Das Ideal dessen, was im Dasein immer nur partiell umsetzbar ist. - Siehe auch Universalienstreit, der dafür das Wort "Universalie" benutzt - wiki sagt dazu: "In der Philosophie wird seit der Antike eine grundlegende Diskussion darüber geführt, ob man Universalien eine ontologische Existenz beimessen kann oder ob es sich um rein verstandesmäßige Begriffsbildungen handelt. Diese Kontroverse fand in der mittelalterlichen Scholastik einen Höhepunkt und reicht bis in die Gegenwart. ... Eines der Kernthemen der Philosophie Platons ist das Verhältnis der sogenannten ‚Ideen‘ (ideai) zu den empirischen Gegenständen und den Handlungen der Menschen. In den Platonischen Dialogen fragt Sokrates nach dem, was gerecht, tapfer, fromm, gut usw. ist. Die Beantwortung dieser Fragen setzt die Existenz der Ideen, die in den Allgemeinbegriffen ausgedrückt werden, voraus. Die Idee ist das, was in allen Gegenständen oder Handlungen dasselbe bleibt, so sehr sich diese auch voneinander unterscheiden mögen. Sie ist die Form (eidos) oder das Wesen (ousia) der Dinge. Die Ideen werden bei Platon durch eine Art geistiger „Schau“ (theoria) erkannt. ... Die Ideen sind das „Urbild“ (paradeigma) aller Dinge. Sie sind unveränderlich und den Einzeldingen vorgeordnet (universale ante rem), die an ihnen nur teilhaben (methexis). Nur sie sind im wahren Sinn des Wortes seiend. Die sichtbaren Einzeldinge stellen nur mehr oder minder vollkommene Abbilder der Ideen dar. Einzeldinge entstehen, verändern sich und vergehen.".

Konkret: Es gibt "das Gute" (von dem wir hier annehmen wollen, dass es als Basis der "Moral" angenommen werden darf) als absolute Größe, also als Universalie - jede Umsetzung des Guten = Universalie - x. - Umsetzung ist also immer weniger als das Ideal, weil man nicht in einer idealen Welt lebt.

Das Problem heute ist: Während man früher das eigene Scheitern als objektives Scheitern vor dem Ideal (der "Realie") verstanden hat, ist man heute zu diesem Scheitern nicht mehr im Stande, weil man sich seine Universalien selber macht - je nach Gusto oder Opportunität - es gibt also keine Universalie mehr. - Daraus entwickelt sich folgerichtig der Schluss: Es gibt kein absolut Gutes/keine absolute Moral. - Dieser Schluss ist aber nur deshalb logisch, weil man sich VORHER geistiger Präsenz in Bezug auf Realien/Universalien/absolute Entität enthoben hat, ohne von diesem Opfer zu wissen.

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#100 Re: Woher kommt unsere Moral?

Beitrag von closs » Fr 10. Okt 2014, 23:38

Pluto hat geschrieben:ein biologischer Vorgang.
Ein biologisch abgebildeter Vorgang - die Tatsache, dass etwas biologisch abgebildet ist, heisst nicht, dass die Biologie die Ursache ist.

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