Was ist die Substanz der Welt?

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Halman
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#21 Re: Was ist die Substanz der Welt?

Beitrag von Halman » Mi 1. Okt 2014, 17:22

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Die Teilchen selbst sind nicht fundamental, sondern Erscheinugnsformen von Quantenfeldern. Elektronen bspw. sind Anregungen des Dirac-Feldes.
Einverstanden.
Aber was verseht man unter einem "Quantenfeld" genau?
Diese Frage beschäftigt mich ebenfalls. Vielleicht können uns hier Thomas und Janina weiterhelfen.

Was ich hierbei erstaunlich finde, dass ihnen offenbar physikalische Realität zugeschrieben wird, auch dann, wenn ihr Energieniveau exakt 0 beträgt. Bei Vakuumfluktuationen ist die Feldstärke, wie mir Agent Scullie erklärte, unscharf, nicht die Energie.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Pluto
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#22 Re: Was ist die Substanz der Welt?

Beitrag von Pluto » Mi 1. Okt 2014, 18:42

Halman hat geschrieben:Was ich hierbei erstaunlich finde, dass ihnen offenbar physikalische Realität zugeschrieben wird, auch dann, wenn ihr Energieniveau exakt 0 beträgt. Bei Vakuumfluktuationen ist die Feldstärke, wie mir Agent Scullie erklärte, unscharf, nicht die Energie.
Verstehe ich auch so.

Um auf die Thread Frage zurück zu kommen, könnte man sagen, Substanz (Materie) ist eine andere Erscheinungsform von Energie, salopp gesagt, Materie ist erstarrte Energie.
Das entnehme ich der These des Komologen Alan Guth, wenn er es mit der verzögerten Erstarrung beim Phasenübergang in einer unterkühlten Flüssigkeit vergleicht.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Demian
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#23 Re: Was ist die Substanz der Welt?

Beitrag von Demian » Do 2. Okt 2014, 08:41

@Halman: Ja, grundsätzlich stimme ich deinem Beitrag zu. Es gibt zwei Arten sich der Wirklichkeit anzunähern: Wissenschaft und Spiritualität. Auf der einen Seite gibt es objektive naturwissenschaftliche Fakten und andererseits subjektive spirituelle Erfahrungen. Inwieweit wir Wahrheit erkennen können, ist umstritten, ich gehe aber davon aus, dass wir uns Selbst, die Welt und Gott definitiv erkennen können – denn die einzige Alternative wäre ein Wahrheits-Relativismus, der zwangsläufig ins Nihilistische mündet.

Der „Wissenschaftler“ beschreibt die Welt mit nach „außen gerichteten Sinnen“. Und der „Mystiker“ beschreibt die Welt mit nach „innen gerichteten Sinnen“. Sachlich gesehen ergänzen sich beide Ansätze. Spirituelle Erkenntnis geschieht durch innere Wahrnehmung. Torsten Brügge beschreibt es in seinem Beitrag „Aufklärung und Mystik“ folgendermaßen:

„Mystische Erkenntnis dagegen findet in der Perspektive der »ersten Person«, des Ichs statt. Hier geht es um innere Wahrnehmung. Der mystisch orientierte Mensch untersucht »sich«, also das Subjekt selbst, bzw. die Art und Weise, wie das Ich die »wirkliche Welt« wahrnimmt. Das tut auch schon die Psychologie auf der Ebene des personalen Bewusstseins. Die Mystik geht allerdings bei der Selbstbetrachtung über die Identifikation mit der Person hinaus: Sie erforscht die transpersonale Ebene, und das keinesfalls nur theoretisch, sondern sie versenkt sich in diese Ebene und erfährt sie.
Nach Wilber sollten beide Perspektiven – die äußere und die innere – gleichberechtigt gewürdigt werden. Beide besitzen Gültigkeit, denn beide wollen Klarheit und Wahrheit und untersuchen voller Begeisterung und Forscherdrang die Wirklichkeit. Nur eine der zwei Perspektiven zur einzig richtigen zu erklären, wäre einseitig.“


http://www.bodhisat.de/index.php/artike ... on-ii.html

Wenn wir nur theoretisch über das Absolute, Gott, die spirituelle bzw. transpersonale Dimension sprechen würden, dann wäre es nur Gerede. Gerede ist aber nicht das, was in einem geistlichen Leben im Vordergrund steht, sondern Versenkung, Hingabe, eine Herzens-Öffnung und dadurch inspirierter Lebenswandel, genauer gesagt eine Erweiterung, Ausdehnung und Vertiefung des Bewusstseins, bis hin zu dem klaren Erkennen, dass Bewusstsein alles ist, was existiert und wir nicht nur theoretisch, sondern wirklich mit allem verbunden sind.

"Die direkte Erfahrung meditativer Versenkung offenbart nämlich die untrennbare Einheit von Wahrnehmendem, Wahrnehmung und Wahrgenommenem. »Hörender, Hören und Gehörtes sind eins. Ich bin der Klang.« Oder: »In reinem Sehen fallen Gesehenes, Sehen und Sehender zusammen«. Solche oder ähnliche Beschreibungen innerer Erfahrung sind mystisch erlebenden Menschen sehr vertraut. Für einen Quantenphysiker, der um die Heisenbergsche Unschärferelation weiß, könnten solche Aussagen recht vertraut klingen, obwohl sie durch eine ganz andere Erkenntnisweise gewonnen wurden."

"Und wie viele Sonnensysteme gibt es in unserer 100.000 Lichtjahre breiten Galaxis? Astronomen vermuten bis zu 300 Milliarden. Und wieviele Galaxien gibt es im ganzen Universum? Etwa 100 Milliarden, die jeweils für sich hunderte Milliarden von Sonnensystemen beherbergen. Solche Zahlen lassen uns schwindelig werden. Sie sprengen unsere Vorstellungskraft, und genau dieser Effekt ist sowohl für Wissenschaftler als auch für Mystiker faszinierend. Angesichts dieser Dimensionen von Weite können wir nur schweigen und staunen, und dieses Staunen ist schon die Eröffnung einer mystischen Erfahrung. Der Begriff Mystik kommt nämlich vom griechischen »mystikós«. Das bedeutet sowas wie unbeschreiblich, unaussprechlich, geheimnisvoll.

Wer sich dieser Demut ganz hingeben kann, dem eröffnet sich eine Dimension der Wahrnehmung, die die egozentrische Vorstellung des kleinen Ichs wie eine Seifenblase platzen lässt. Das Bewusstsein löst sich dabei von all den kleingeistigen Geschichten des alltäglichen Lebens. Das Seinsgefühl dehnt sich in die Weite allumfassenden Bewusstseins aus. Diese Weite ist dann nicht mehr nur eine theoretische Zahl von Lichtjahren, sondern sie zeigt sich als eine äußerst lebendigen Erfahrung, die bis in den Alltag hinein die Grenzen von innen und außen sprengt."


Wie auch der Autor dieser Zeilen, bin ich der Ansicht, dass der Mensch die Weite allumfassenden Bewusstseins erleben und die umfassende Realität, als reines Bewusstsein erkennen kann. Dieses Thema ist eine Einladung mit der Haltung offenen Nicht-Wissens und Fragens tiefer darin einzutauchen und selber zu schauen, was wirklich ist. ;)

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#24 Re: Was ist die Substanz der Welt?

Beitrag von Pluto » Do 2. Okt 2014, 10:28

Demian hat geschrieben:Wie auch der Autor dieser Zeilen, bin ich der Ansicht, dass der Mensch die Weite allumfassenden Bewusstseins erleben und die umfassende Realität, als reines Bewusstsein erkennen kann. Dieses Thema ist eine Einladung mit der Haltung offenen Nicht-Wissens und Fragens tiefer darin einzutauchen und selber zu schauen, was wirklich ist. ;)
Genau so ist es!
Aber wie es in Elton Johns Musical "Lestat" heißt, "I want more!". Ja ich will mehr als bloß bewusst die Welt erfahren, ich will sie auch verstehen; will wissen warum etwas überhaupt da ist und nicht NICHTS. Woher kommt dieses unermessliche Universum mit den milliarden von Sternen und Galaxien? Und wenn Bewusstsein der Urpsrung von allem ist, woher kommt dieses Bewusstsein? Wer ist sein Schöpfer?

Für mich ist der Begriff des allgegenwärtigen Bewusstseins nur eine Art Feigenblatt, um unser Unwissen zu verbergen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

JackSparrow
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#25 Re: Was ist die Substanz der Welt?

Beitrag von JackSparrow » Do 2. Okt 2014, 19:47

Hamal hat geschrieben:Der größte Teil der Masse resultiert aus der starken WW.
Aber das macht nichts, wenn man für jede Art von Wechselwirkung einfach wieder ein neues Teilchen erfindet, das die entsprechende Wechselwirkung übermitteln soll. Dann fliegt die restliche Masse eben immer zwischen zwei Quarks hin und her, genauso wie bei zwei Atomen, die sich eins von ihren Außenelektronen teilen.

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Halman
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#26 Re: Was ist die Substanz der Welt?

Beitrag von Halman » Do 2. Okt 2014, 20:04

JackSparrow hat geschrieben:
Hamal hat geschrieben:Der größte Teil der Masse resultiert aus der starken WW.
Aber das macht nichts, wenn man für jede Art von Wechselwirkung einfach wieder ein neues Teilchen erfindet, das die entsprechende Wechselwirkung übermitteln soll. Dann fliegt die restliche Masse eben immer zwischen zwei Quarks hin und her, genauso wie bei zwei Atomen, die sich eins von ihren Außenelektronen teilen.
Die populärwissenschaftliche Darstellung, gem. der virtuelle Teilchen ganz real Wechselwirkungen übermitteln, solltest Du nicht allzu ernst nehmen. Es handelt sich nach meinem sehr bescheidenen Verständnis um die Beteiligung der Quantenfelder, in Form quantisierter Größen, die in den Gleichungen der Quantenfeldtheorie als virtuelle Teilchen in Erscheinung treten. Die Teilchen sind nur sekundär, die Felder sind primär. Die Physik der Teilchen ist überholt und wir sind längst in der Physik der Felder angelangt.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#27 Re: Was ist die Substanz der Welt?

Beitrag von Pluto » Do 2. Okt 2014, 20:49

Halman hat geschrieben:Die populärwissenschaftliche Darstellung, gem. der virtuelle Teilchen ganz real Wechselwirkungen übermitteln, solltest Du nicht allzu ernst nehmen.
Stimmt!
Jeder Versuch der Veranschauliching der Quantenwelt ist vermutlich nur eine Art Metapher, die der "skurrilen" unvertrauten Welt der Quantenphysik nicht gerecht wird.

Halman hat geschrieben:Es handelt sich nach meinem sehr bescheidenen Verständnis um die Beteiligung der Quantenfelder, in Form quantisierter Größen, die in den Gleichungen der Quantenfeldtheorie als virtuelle Teilchen in Erscheinung treten. Die Teilchen sind nur sekundär, die Felder sind primär. Die Physik der Teilchen ist überholt und wir sind längst in der Physik der Felder angelangt.
Führende Teilchenphysiker/Kosmologen wie Alan Guth sprechen von einer ewig währenden Inflation eines mit Quantenfeldern brodelnden Raumes. Darin finden Phasenübergänge statt, die zu einer Art "Erstarrung" der Energiefelder zu vertrauter Materie — die uns geläufigen Protonen, Elektronen, usw. — führen können.

Dieser Ansatz erscheint mir deshalb so interessant, weil solche Phasenübergänge immer und überall stattfinden können wo Expansion (Inflation) und folglich "Abkühlung" des Raums stattfindet. Alldieweil expandiert der Raum weiterhin zwischen den erstarrten Materieklumpen mit Überlichtgeschwindigkeit, so dass es zur Bildung einer Vielzahl solcher "Inseln" aus geklumpter Materie kommen kann, die untereinander keinen Kontakt haben, weil sie jeweils durch so gewaltige Entfernungen getrennt sind, dass sie sich hinter dem jeweils sichtbaren Horizont befinden. Somit könnte unser Universum nur eines unter vielen solcher Inseln sein, in denen auch die unterschiedlichsten Naturgesetze gelten könnten. "Unser" Universum hätte laut dieser Hypothese die zufällig richtigen Parameter, welche die Bildung von Galaxien, Sternen, Planeten zulassen und somit leztlich Leben, ja sogar intelligentes Leben hervorbringen kann, welches in der Lage ist, Fragen nach seinem Urpsrung zu stellen —

So erhält die Idee des Anthropischen Prinzips eine neue tiefere Deutung.
_____________________________________________________

@ Halman
Das ist in kurzen Worten meine Interpretation des Inhalts des Hauptteils des Buches Ein Universum aus Nichts von Prof. Lawrence Krauss.
Kann es dir übrigens wärmstens empfehlen! Viele neuen Ideen, spannend erzählt und humorvoll verpackt!
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

JackSparrow
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#28 Re: Was ist die Substanz der Welt?

Beitrag von JackSparrow » Fr 3. Okt 2014, 17:10

Zu sagen, Materie bestünde aus lokalen Unebenheiten eines allumfassenden Higgs-Feldes, hat leider ungefähr den gleichen Informationsgehalt wie die Aussage, Materie bestünde aus dem kondensiertem Bewusstsein des allgegenwärtigen Vishnu. So finden Esoterik und Wissenschaft am Ende eben doch noch zusammen.

Pluto
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#29 Re: Was ist die Substanz der Welt?

Beitrag von Pluto » Fr 3. Okt 2014, 18:28

JackSparrow hat geschrieben:Zu sagen, Materie bestünde aus lokalen Unebenheiten eines allumfassenden Higgs-Feldes, hat leider ungefähr den gleichen Informationsgehalt wie die Aussage, Materie bestünde aus dem kondensiertem Bewusstsein des allgegenwärtigen Vishnu.
Jede vernünftige Argumentation lässt sich ins absurde ziehen. Mir scheint, du argumentierst hier außerhalb deines Kompetenz-"Feldes".

Wer sprach hier eigentlich das Higgs Feld an? :?
Alan Guth bezog sich auf die Expansion/Inflation nach dem Urknall. Vom Higgs Feld ist bei Guth nirgendwo die Rede.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#30 Re: Was ist die Substanz der Welt?

Beitrag von Halman » Fr 3. Okt 2014, 18:48

JackSparrow hat geschrieben:Zu sagen, Materie bestünde aus lokalen Unebenheiten eines allumfassenden Higgs-Feldes, hat leider ungefähr den gleichen Informationsgehalt wie die Aussage, Materie bestünde aus dem kondensiertem Bewusstsein des allgegenwärtigen Vishnu.
Materie besteht ja auch nicht "aus lokalen Unebenheiten eines allumfassenden Higgs-Feldes". Es ist vielmehr so, dass die Elementarteilchen der Atome gem. der QFT als Anregungen von Quantenfeldern aufgefasst werden können, die wir als Teilchen bezeichnen. Diese Teilchen wiederrum wechselwirken mit dem Higgsfeld und erhalten dadurch ihre Masse.
Gem. der öffentlichen Darstellung der Uni Wuppertal beträgt die Summe der Quarkmassen eines Protons nur etwa 0.02GeV, die Masse eines Protons jedoch ca. 1GeV. Die stärkste aller fundamentalen Wechselwirkungen, die starke Kernkraft, fließt in die Gesamtmasse des Atomkerns ein und trägt so größtenteils zu unserer Masse bei.
Die Masse der Materie resultiert also aus der Wechselwirkung mit dem Higgsfeld und wird durch die starke WW um das Fünzigfache erhöht.
Daher halte ich die Betrachtung, die Masse analog zu Materie setzt, für irreführend. Besser scheint es mir zu sein, davon zu sprechen, dass Materie die Eigenschaft der Masse aufweist, also massebehaftet ist.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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