@Halman: Ja, grundsätzlich stimme ich deinem Beitrag zu. Es gibt zwei Arten sich der Wirklichkeit anzunähern: Wissenschaft und Spiritualität. Auf der einen Seite gibt es objektive naturwissenschaftliche Fakten und andererseits subjektive spirituelle Erfahrungen. Inwieweit wir
Wahrheit erkennen können, ist umstritten, ich gehe aber davon aus, dass wir uns Selbst, die Welt und Gott definitiv erkennen können – denn die einzige Alternative wäre ein Wahrheits-Relativismus, der zwangsläufig ins Nihilistische mündet.
Der „Wissenschaftler“ beschreibt die Welt mit nach „außen gerichteten Sinnen“. Und der „Mystiker“ beschreibt die Welt mit nach „innen gerichteten Sinnen“. Sachlich gesehen ergänzen sich beide Ansätze. Spirituelle Erkenntnis geschieht durch innere Wahrnehmung. Torsten Brügge beschreibt es in seinem Beitrag „Aufklärung und Mystik“ folgendermaßen:
„Mystische Erkenntnis dagegen findet in der Perspektive der »ersten Person«, des Ichs statt. Hier geht es um innere Wahrnehmung. Der mystisch orientierte Mensch untersucht »sich«, also das Subjekt selbst, bzw. die Art und Weise, wie das Ich die »wirkliche Welt« wahrnimmt. Das tut auch schon die Psychologie auf der Ebene des personalen Bewusstseins. Die Mystik geht allerdings bei der Selbstbetrachtung über die Identifikation mit der Person hinaus: Sie erforscht die transpersonale Ebene, und das keinesfalls nur theoretisch, sondern sie versenkt sich in diese Ebene und erfährt sie.
Nach Wilber sollten beide Perspektiven – die äußere und die innere – gleichberechtigt gewürdigt werden. Beide besitzen Gültigkeit, denn beide wollen Klarheit und Wahrheit und untersuchen voller Begeisterung und Forscherdrang die Wirklichkeit. Nur eine der zwei Perspektiven zur einzig richtigen zu erklären, wäre einseitig.“
http://www.bodhisat.de/index.php/artike ... on-ii.html
Wenn wir nur theoretisch über das Absolute, Gott, die spirituelle bzw. transpersonale Dimension sprechen würden, dann wäre es nur Gerede. Gerede ist aber nicht das, was in einem geistlichen Leben im Vordergrund steht, sondern Versenkung, Hingabe, eine Herzens-Öffnung und dadurch inspirierter Lebenswandel, genauer gesagt eine Erweiterung, Ausdehnung und Vertiefung des
Bewusstseins, bis hin zu dem klaren Erkennen, dass
Bewusstsein alles ist, was existiert und wir nicht nur theoretisch, sondern
wirklich mit allem verbunden sind.
"Die direkte Erfahrung meditativer Versenkung offenbart nämlich die untrennbare Einheit von Wahrnehmendem, Wahrnehmung und Wahrgenommenem. »Hörender, Hören und Gehörtes sind eins. Ich bin der Klang.« Oder: »In reinem Sehen fallen Gesehenes, Sehen und Sehender zusammen«. Solche oder ähnliche Beschreibungen innerer Erfahrung sind mystisch erlebenden Menschen sehr vertraut. Für einen Quantenphysiker, der um die Heisenbergsche Unschärferelation weiß, könnten solche Aussagen recht vertraut klingen, obwohl sie durch eine ganz andere Erkenntnisweise gewonnen wurden."
"Und wie viele Sonnensysteme gibt es in unserer 100.000 Lichtjahre breiten Galaxis? Astronomen vermuten bis zu 300 Milliarden. Und wieviele Galaxien gibt es im ganzen Universum? Etwa 100 Milliarden, die jeweils für sich hunderte Milliarden von Sonnensystemen beherbergen. Solche Zahlen lassen uns schwindelig werden. Sie sprengen unsere Vorstellungskraft, und genau dieser Effekt ist sowohl für Wissenschaftler als auch für Mystiker faszinierend. Angesichts dieser Dimensionen von Weite können wir nur schweigen und staunen, und dieses Staunen ist schon die Eröffnung einer mystischen Erfahrung. Der Begriff Mystik kommt nämlich vom griechischen »mystikós«. Das bedeutet sowas wie unbeschreiblich, unaussprechlich, geheimnisvoll.
Wer sich dieser Demut ganz hingeben kann, dem eröffnet sich eine Dimension der Wahrnehmung, die die egozentrische Vorstellung des kleinen Ichs wie eine Seifenblase platzen lässt. Das Bewusstsein löst sich dabei von all den kleingeistigen Geschichten des alltäglichen Lebens. Das Seinsgefühl dehnt sich in die Weite allumfassenden Bewusstseins aus. Diese Weite ist dann nicht mehr nur eine theoretische Zahl von Lichtjahren, sondern sie zeigt sich als eine äußerst lebendigen Erfahrung, die bis in den Alltag hinein die Grenzen von innen und außen sprengt."
Wie auch der Autor dieser Zeilen, bin ich der Ansicht, dass der Mensch
die Weite allumfassenden Bewusstseins erleben und die umfassende
Realität, als reines
Bewusstsein erkennen kann. Dieses Thema ist eine Einladung mit der Haltung offenen Nicht-Wissens und Fragens tiefer darin einzutauchen und selber zu schauen, was wirklich ist.
