Magdalena61 hat geschrieben:
Ja, aber warum hat Er die Sündhaftigkeit des Menschen und die Notwendigkeit der Vergebung so betont? Kein Mensch kann etwas dafür, in diese Welt hineingeboren worden zu sein und den Ansprüchen Gottes nicht zu genügen.
Damit, dass Jesus nicht großzügig über die verkehrten Gedanken und Taten hinweg sah, ärgerte Er die Leute und ärgert sie heute noch.
Aber schau mal genau hin, welche Taten und bei welchen Personen er kritisiert hat. Das waren doch immer nur diejenigen, die glaubten, selbst richtig zu sein und die andere verurteilt haben.
Bei denen, die schwach waren und sich bewusst, dass sie Fehler machen, hat er oft sogar schon Sündenvergebung ausgesprochen, ohne dass diese überhaupt etwas davon erwähnt haben.
Die Notwendigkeit der Vergebung liegt, meiner Meinung nach, auch allein beim Menschen. Weil Menschen meistens nur extrem eingestellt sind. Entweder fühlen sie sich so fehlerfrei, dass sie über andere richten können. Während die anderen unter ihren Fehlern so belastet sind, dass sie vor lauter Lasten Gott nicht mehr finden können. Beide Extreme passen nicht zu dem Umgang mit der Sünde. Beides sollte vorhanden sein, bei jedem Menschen - aber so ausgewogen, dass man trotzdem Gottes Spuren und Gottes Reden noch wahrnehmen kann.
Hm, ja, ich glaube, da geht es noch um mehr. Nicht nur um die Heilung/ Wiederherstellung des Menschen, sondern da gibt es noch einen anderen, wichtigen Aspekt, unter dem wir uns meist nichts oder nicht viel vorstellen können:
Gott ist heilig.
Nichts Unreines, nichts Unheiliges darf in seine Nähe kommen.
Der natürliche Mensch ist nicht heilig. Leider. Deswegen muß der Mensch gerecht gemacht (geheiligt/ heilig) werden, damit er Gemeinschaft haben kann mit JHWH.
Ich finde als Vergleich für die Heiligkeit Gottes das Feuer ganz gut - wenn auch begrenzt.
Menschen können mit Feuer arbeiten, aber auch von ihm verbrannt werden. Das Feuer schafft manches vollends zu vernichten. So als wenn es das nie gegeben hätte. Aber Feuer kann auch wärmen und vor der Kälte schützen, Licht spenden und die Dunkelheit verdrängen.
Im Umgang mit Begegnungen zwischen Gott und Menschen schaue ich mir gerne das Beispiel von Jesaja an.
Jesaja 6 hat geschrieben:1 In dem Jahr, als der König Usija starb, sah ich den Herrn sitzen auf einem hohen und erhabenen Thron und sein Saum füllte den Tempel. 2 Serafim standen über ihm; ein jeder hatte sechs Flügel: Mit zweien deckten sie ihr Antlitz, mit zweien deckten sie ihre Füße und mit zweien flogen sie. 3 Und einer rief zum andern und sprach: Heilig, heilig, heilig ist der HERR Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll! 4 Und die Schwellen bebten von der Stimme ihres Rufens und das Haus ward voll Rauch. 5 Da sprach ich: Weh mir, ich vergehe! Denn ich bin unreiner Lippen und wohne unter einem Volk von unreinen Lippen; denn ich habe den König, den HERRN Zebaoth, gesehen mit meinen Augen. 6 Da flog einer der Serafim zu mir und hatte eine glühende Kohle in der Hand, die er mit der Zange vom Altar nahm, 7 und rührte meinen Mund an und sprach: Siehe, hiermit sind deine Lippen berührt, dass deine Schuld von dir genommen werde und deine Sünde gesühnt sei. 8 Und ich hörte die Stimme des Herrn, wie er sprach: Wen soll ich senden? Wer will unser Bote sein? Ich aber sprach: Hier bin ich, sende mich! 9 Und er sprach: Geh hin und sprich zu diesem Volk: Höret und verstehet's nicht; sehet und merket's nicht!
Jesaja war in dem Moment, wo er Gott begegnete, buchstäblich überwältigt. Er hatte das Gefühl, nicht bestehen zu können. Aber eine einfache Geste von Gott hat ihm bestätigt, dass er "geheiligt" wurde, für diesen Moment. Weil Gott ihm etwas sehr Wichtiges mitzuteilen hatte. Auch hier hat Gott ihm nicht einfach den Auftrag übergestülpt, sondern gefragt: "Wen soll ich senden, wer soll mein Bote sein". So dass Jesaja die Entscheidung selbst treffen musste, um für den Auftrag fähig zu sein.
Ich denke, das ganze Drumherum, die Rituale und die Erscheinungen waren nicht so wichtig. Aber sie dienten dazu, dass Jesaja sich seiner Stellung bewusst wurde und dazu, dass er den Auftrag mit ganzem Willen ausführt. Diese Dinge dienten letztlich dem Menschen Jesaja. Nicht dass sie notwendig waren, um der Heiligkeit Gottes angemessen gegenüber treten zu können. Sondern dem Jesaja die Erwählung für seinen Auftrag bewusst zu machen und darauf vorzubereiten, dass er ein Stückweit diese Heiligkeit Gottes den anderen Menschen verkündigen musste. Jesaja hat wahrscheinlich auch hier nur eine winzige Facette der Heiligkeit Gottes gesehen. Anders hätte er es nicht ausgehalten. Es war nur so viel, wie er brauchte für seinen Auftrag. Aber für ihn schon überwältigend - geradezu umwerfend.
Menschen werden nie "angemessen" Gott begegnen können. Wenn ein Mensch "geheiligt" wird, dann geht das von Gott aus. Auch dann ist der Mensch nur fähig, Gott zu begegnen. Angemessen ist er nie. Weil Gott über allem steht. Aber Gott macht es möglich, dass Menschen ihm begegne können. Jedem so, wie er es versteht.