Der kritische Rationalismus

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#91 Re: Der kritische Rationalismus

Beitrag von closs » Sa 9. Aug 2014, 10:47

Demian hat geschrieben:Ist nicht alles Bewusstsein?
Das versteht keiner - unter Bewusstsein versteht die Umgangs-Sprache in erster Linie Ich-Bewusstsein.

sven23 hat geschrieben:War ihnen denn nicht bewußt, daß jeglicher Versuch scheitern muß
Scheint so - insofern ist Popper wirklich Gold wert: Nicht-Falsifizierbares ist nicht beweisbar. - Allerdings hätte man es schon vorher wissen können: Denn bereits vorher war klar, dass man Beweise nur auf Basis von Voraus-Setzungen erbringen kann (haben wir zumindest so in der Schule gelernt :geek: ).

sven23 hat geschrieben:Ein Wissenschaftler kann sich doch durch solche untauglichen Versuche nur die Reputation versauen.
Das gilt auch heute - es gibt heute Wissenschaftler, die es als "bewiesen" ansehen, dass Geist Folge von Materie ist - oder zumindest den Anschein erwecken, sie hielten es für bewiesen. - Tema con variazione.

Egal, welche Religion, Ersatz-Religion, Weltanschauung gerade dran ist: Sie wird sich immer als "bewiesen" darstellen wollen. - Insofern wollen wir mal Descartes keine Vorwürfe machen - wenn man mit dem einen Finger auf jemanden deutet, weisen immer die anderen vier Finger auf einen selbst zurück.

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Demian
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#92 Re: Der kritische Rationalismus

Beitrag von Demian » Sa 9. Aug 2014, 10:52

sven23 hat geschrieben:Ohne Gehirn kein Bewußtsein.

Das ist eine bloße Vermutung.

Oder hälst du es für möglich, daß eine Amöbe ein Bewußtsein hat?

Die gesamte Welt erscheint im Bewusstsein. Nur ein Objekt das aus Materie besteht, kann im Raum erscheinen. Nur ein Objekt das aus Geist besteht, kann im Geist erscheinen. Und nur ein Objekt das aus Bewusstsein besteht, kann im Bewusstsein erscheinen. Da letztlich alles im Bewusstsein erscheint ist (bei genauerer Betrachtung) alles aus Bewusstsein gemacht.

Das ist jedenfalls meine Schlussfolgerung.

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sven23
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#93 Re: Der kritische Rationalismus

Beitrag von sven23 » Sa 9. Aug 2014, 11:03

closs hat geschrieben:Das gilt auch heute - es gibt heute Wissenschaftler, die es als "bewiesen" ansehen, dass Geist Folge von Materie ist - oder zumindest den Anschein erwecken, sie hielten es für bewiesen. - Tema con variazione.

Nach allem, was wir beobachten können, ist es doch so. Je höher ein Gehirn entwickelt ist, desto größer die Wahrscheinlichkeit eines Ich-Bewußtseins. Primaten haben bereits so etwas wie ein rudimentäres Bewußtsein, dazu gibt es viele Versuche. Ihr Gehirn kommt dem unsrigen am nächsten. Bei einem Huhn mit einem relativ primitiven Gehirn können wir so etwas nicht beobachten.
Es gibt als ganz klar die Korrelation von Ich-Bewußtsein und hoch entwickeltem Gehirn.

closs hat geschrieben: - Insofern wollen wir mal Descartes keine Vorwürfe machen - .

Will ich auch nicht, seine Verdienste liegen auch auf anderem Gebiet.
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#94 Re: Der kritische Rationalismus

Beitrag von closs » Sa 9. Aug 2014, 12:12

sven23 hat geschrieben:Es gibt als ganz klar die Korrelation von Ich-Bewußtsein und hoch entwickeltem Gehirn.
Das ist bekannt - damit ist aber das "Henne - Ei"-Problem nicht gelöst - da unlösbar. - Bewusstsein kann es auch schon vor der MAterie gegeben haben - "Res cogitans".

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#95 Re: Der kritische Rationalismus

Beitrag von Demian » Sa 9. Aug 2014, 12:13

sven23 hat geschrieben:Je höher ein Gehirn entwickelt ist, desto größer die Wahrscheinlichkeit eines Ich-Bewußtseins. Primaten haben bereits so etwas wie ein rudimentäres Bewußtsein, dazu gibt es viele Versuche.

Weshalb sollte nicht die gesamte Welt und jeder Teil von ihr gleichermaßen, als Ausdruck von Bewusstsein gefühlt und verstanden werden, inklusive der Mannigfaltigkeit der Evolution?

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#96 Re: Der kritische Rationalismus

Beitrag von sven23 » Sa 9. Aug 2014, 12:23

closs hat geschrieben:Das ist bekannt - damit ist aber das "Henne - Ei"-Problem nicht gelöst - da unlösbar. - Bewusstsein kann es auch schon vor der MAterie gegeben haben - "Res cogitans".

Nur weil Descartes die res cogitans postuliert muß sie nicht richtig sein. Wie wir gesehen haben, irrte der Meister auch bisweilen.
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#97 Re: Der kritische Rationalismus

Beitrag von sven23 » Sa 9. Aug 2014, 12:25

Demian hat geschrieben:
Weshalb sollte nicht die gesamte Welt und jeder Teil von ihr gleichermaßen, als Ausdruck von Bewusstsein gefühlt und verstanden werden, inklusive der Mannigfaltigkeit der Evolution?

Weil es für ein Bewußtsein eines Gehirns bedarf. Wo ist das Gehirn, das einer Amöbe Bewußtsein verleiht? Oder einem abstrakten Mechanismus?
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#98 Re: Der kritische Rationalismus

Beitrag von Pluto » Sa 9. Aug 2014, 12:46

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es gibt als ganz klar die Korrelation von Ich-Bewußtsein und hoch entwickeltem Gehirn.
Das ist bekannt - damit ist aber das "Henne - Ei"-Problem nicht gelöst - da unlösbar. - Bewusstsein kann es auch schon vor der MAterie gegeben haben - "Res cogitans".
Das kann man als spiritueller Mensch so sehen, das muss aber deshalb nicht zwingend richtig sein.

Betrachtet man die rudimentären Formen des Bewusstseins bei vielen Tieren mit hohen kognitiven Fähigkeiten, so fällt auf, dass Ansätze da sind.
Inspbesodere ist deutlich zu erkennen, dass es keinerlei Unterschiede gibt die nicht als bloße Steigerung der Komplexität zu erklären wären.

Diese empirischen Erkenntnisse sprechen für das Argument, dass Bewusstsein und Geist Folgerscheinungen der Kompelxität des menschlichen Gehirns sind. Die eigentliche Frage ist:
Was spricht gegen eine solche materialistische Interpretation, außer dem anmaßendem Wunschdenken eines sterblichen Menschen? Was ist die Wahrscheinlichkeit dass ein Dualismus nach cartesianischer Art richtig ist?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#99 Re: Der kritische Rationalismus

Beitrag von closs » Sa 9. Aug 2014, 15:30

sven23 hat geschrieben:Nur weil Descartes die res cogitans postuliert muß sie nicht richtig sein.
Stimmt - immerhin wird offenbar, dass Descartes unter "Aufklärung" verstand, auf Basis des "Res cogitans", mal die "Res externa" genauer unter die Lupe zu nehmen - bei ihm gab es also noch ein Verständnis für den Unterschied von Geist und Materie. - Das ging ab dem 19. Jh. verloren - trotzdem nennt man es heute noch "Aufklärung", obwohl es etwas ganz anderes ist.

sven23 hat geschrieben:Weil es für ein Bewußtsein eines Gehirns bedarf.
Pure Setzung.

Pluto hat geschrieben:Das kann man als spiritueller Mensch so sehen, das muss aber deshalb nicht zwingend richtig sein.
Stimmt ebenfalls - beides ist nicht falsifizierbar.

Pluto hat geschrieben:Was spricht gegen eine solche materialistische Interpretation ... ?
Mal ein Verständnis-Beispiel ("Verständnis-Beispiel" soll heißen: Bitte nicht als erstes irgendwas zum Falsifizieren suchen, sondern erst mal verstehen, was damit gesagt werden will - "Chiffre"):

Stell Dir mal einen Ozean von Wasser vor und werfe einen Mini-Schwamm rein - dieser wird sich mit Wasser vollsaugen. - Wenn dies nun ein lebender Schwamm ist, wird er immer komplexer werden, so dass er immer mehr Wasser aufsaugen kann. - Insofern (!!!) wächst prinzipiell mit der Größe/Komplexität des Schwamms die Menge an Wasser im Schwamm. - Trotzdem erzeugt der Schwamm kein Wasser.

In diesem Sinne ist nach christlicher Ansicht Materie der "Schwamm", der je nach Größe und Komplexität Geist "aufsaugt". - Der Materialist dagegen sagt, dass Materie Geist produziere. - Beide Versionen sind NICHT falsifizierbar, weil naturwissenschaftliche Beobachtung in beiden Fällen exakt dasselbe beobacht - nämlich: Je umfangreicher die Größe/Komplexität des Schwammes ist, desto mehr saugt er auf.

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#100 Re: Der kritische Rationalismus

Beitrag von Pluto » Sa 9. Aug 2014, 15:48

closs hat geschrieben:Das ging ab dem 19. Jh. verloren - trotzdem nennt man es heute noch "Aufklärung", obwohl es etwas ganz anderes ist.
Ja. das 19. Jh. war das Zeitalter der Entmystifizierung, in dem der Positivismus einen enormen Aufschwung erlebte. Der "Todestoß" für einen cartesianischen (oder wie auch immer gearteten) Dualismus kam schließlich 1949 von Gilbert Ryle, der diesen Unfug endgültig falsifizierte.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Weil es für ein Bewußtsein eines Gehirns bedarf.
Pure Setzung.[/qote] Nein lieber closs. Das ist falsifizierbar ud die moderne Hirnforschung ist auf bestem Wege dahin, dies zu bestätigen. Jede bisherige Studie spricht dafür, dass ein waches Gehirn eine Vorbedignung für das Bewusstsein ist.
Was spricht denn deiner Meinung nach dagegen?

closs hat geschrieben:Stell Dir mal einen Ozean von Wasser vor und werfe einen Mini-Schwamm rein - dieser wird sich mit Wasser vollsaugen. - Wenn dies nun ein lebender Schwamm ist, wird er immer komplexer werden, so dass er immer mehr Wasser aufsaugen kann. - Insofern (!!!) wächst prinzipiell mit der Größe/Komplexität des Schwamms die Menge an Wasser im Schwamm. - Trotzdem erzeugt der Schwamm kein Wasser.
Wasser ist eine denbar schlechte Analogie für Bewusstsein, weil der absolut hirnlose Schwamm Löcher hat. :lol:

closs hat geschrieben:In diesem Sinne ist nach christlicher Ansicht Materie der "Schwamm", der je nach Größe und Komplexität Geist "aufsaugt". - Der Materialist dagegen sagt, dass Materie Geist produziere.
Der Materialist beobachtet die Ergebnissse der Hirnforschung (s.o.). Diese sprechen alle für ein Gehirn als unabdingbare Voraussetzung für das Bewusstsein. Was hast du als Hinweise vorzulegen, die dagegen sprechen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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