Der kritische Rationalismus

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
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#21 Re: Mehr als Evolution?

Beitrag von Pluto » Do 7. Aug 2014, 02:40

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Falls etwas was durch die Theorie vorhergesagt wird, nicht eintrifft, sagt man in der Wissenschaft, die Theorie sei falsifiziert.
Schon klar.
Zwei Beispiele:

A:
Jemand behauptet, dass hinter dem Mond grüne Männchen wohnen. - Irgendwann umrundet jemand die Rückseite des Mondes und stellt bei genauerem Hingucken fest, dass dort KEINE grünen Männchen wohnen. - Die Behauptung war also falsch - dort gab es nie grüne Männchen und keinerlei Hinweise darauf (Skelette, Ruinen, etc.). - Das ist Falsifizierung in meinem Verständnis.

B:
Jemand behauptet, dass die Sonne existiert. -Nun explodiert die Sonne und ist nicht mehr da. - Ist damit die vorherige Behauptung falsifiziert - vor dem Hintergrund, dass die Sonne tatsächlich vorher existiert hat? Denn die Behauptung vorher hat sich doch auf den Status bezogen, dass es die Sonne gab. - Umgekehrt: Derselbe, der vorher (als es die Sonne noch gab) behauptet hat, dass es sie gibt, würde es doch NICHT mehr behaupten, dass es sie gäbe, nachdem sie explodiert ist.
ad (A):
Naja.... Du brauchst nicht hinter dem Mond suchen. Da tuts die poppersche Geschichte mit den schwarzen Schwänen ebensogut, und sie ist sogar wahr!

ad (B):
Wenn die Sonne unerwartet explodiert, oder spurlos verschwindet, dann ist die Theorie einer existierenden Sonne natürlich falsifiziert.

closs hat geschrieben:Wenn ich behaupte "Pluto lebt", weil er mir ständig auf meine Posts antwortet, kann mir doch keiner in 50 Jahren kommen und sagen: "Du hattest unrecht - inzwischen ist nachgewiesen, dass er tot ist - Deine Behauptung ist also falsifiziert". :o
Schon klar.

O.T.
Du sollst der Gnade Gottes keine Grenzen setzen. Ich glaubs zwar auch nicht, aber es besteht doch eine geringe Chance, dass ich in 50 Jahren noch lebe.

closs hat geschrieben:In diesem Sinne waren weder Augustinus noch Descartes Solipsisten. - Davon abgesehen, dass "metaphysischer Solipsismus" aus meiner Sicht absoluter Schwachsinn ist.
Ganz meine Meinung. :lol:

closs hat geschrieben:"Dem Cartesianismus zufolge gibt es nur zwei Arten von Seiendem: Bewusstsein (res cogitans) und materielle Objekte (res extensa). Nur die Existenz des eigenen denkenden Ichs ist erkenntnistheoretisch gewiss. Darüber hinaus gegeben sind uns nur Bewusstseinsgehalte.“ (wik) In diesem Sinne ist Descartes selbstverständlich Solipsist - nur hat das eine ganz andere Bedeutung wie A - weshalb ich Descartes nie aus eigenen Stücken Solipsisten NENNEN würde - weil es zu Verwirrung führt.
Sehe ich nicht so (s.o.). Der methodologische Solipsismus in seiner reinen Form ist ebenfalls Schwachsinn weil er zum Konzept der Matrix führt.
Zudem gilt der cartesianische Dualismus als wissenschaftliche Theorie ohnehin als falsifiziert. Man kann zeigen, dass jede Steuerung (mit Rückkopplung) eines Körpers durch Fremdeinwirkung Energie benötigt. Ohne Energiequelle also nicht machbar. Auch war jede Suche nach dem "Steuermann" (res cogitans) im Gehirn bisher erfolglos. Ein weiteres Problem von Descartes These war schon im alten Rom bekannt unter dem Begriff quis custodiet ipsos custodes (Wer bewacht diese Bewacher?): Wer steuert den "Steuermann"?
Am Ende hate man eine endlose Matrjoschka Puppe, und kommt nicht weiter. :lol:

closs hat geschrieben:"Descartes betonte: „Die Außenwelt könnte ein bloßer Traum sein.“ (wik).
IMO irrt Descartes, denn das wäre in der Tat solipsistisch.

closs hat geschrieben:Im Grunde sind Sachen, über die wir hier seit Monaten sprechen, mindestens seit 1.500 Jahren (Augustinus) oder 500 Jahren (Descartes) klar. - Es war der ideologische Materialismus, der diese Erkenntnisse in den Hintergrund hat treten lassen.
Das sehe ich anders. Nur diejenigen Vorstellungen die entweder nicht falsifizierbar sind, oder falsifiziert wurden, wurden "verdrängt". Andere Ideen dieser Herren bleiben bestehen. Descartes war ein genialer Mathemathiker und Erfinder der analytischen Geometrie.

closs hat geschrieben:"Die meisten Varianten des Konstruktivismus gehen davon aus, dass ein erkannter Gegenstand vom Betrachter selbst durch den Vorgang des Erkennens konstruiert wird" (wik) - das ist KEIN Solipsismus?
Oder: man gehe weiter in den Radikalen Konstruktivismus, der ja an sich konsequent zu Ende denkt (nicht unsympathisch): "Deshalb ist Objektivität im Sinne einer Übereinstimmung von wahrgenommenem (konstruiertem) Bild und Realität unmöglich; jede Wahrnehmung ist vollständig subjektiv" (wik). - Da war doch was mit "ontologischer Differenz". ;)
Ich meinte auch den Radikalen Konstruktivsimus.
Und ja... es gibt einen Unterschied zwischen Realität und Wahrnehmung, aber ich vermute Heidegger verstand das noch anders.

closs hat geschrieben:... aber konnte ich den Unterschied zur wissenschaftlichen Theorie des RK darstellen? - Es liegt an den Sujet des zu Untersuchenden und handelt sich NICHT um konkurrierende Theorien, weil sie Unterschiedliches untersuchen.
Nee, nee, es sind unterschiedliche Kategorien: Hermeneutik ist eine Theorie; der kritische Rationalismus ist eine Methodik (Philosophie).

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Deshalb habe ich dir schon oft vorgeschlagen, die lexikalischen Definitionen zu verwenden, sofern nichts anderes vereinbart wurde.
Das das genausowenig klappt, haben wir gerade beim Begriff "Solipsismus" gemerkt.
Wieso "nicht geklappt"? Ich habe sofort eingesehen, das es Unterschiede gibt. Beide Arten (metaphysischer und methodologischer) des Solipsismus sind IMO unrealistisch. Der Erste ist Schwachsinn, und der Zweite geht in Richtung Matrix (der Film).

closs hat geschrieben:Im übrigen reicht es manchmal nicht, bei wiki nachzuschlagen - es muss auch geistes-geschichtlich verständlich sein - will heißen: Was hat derjenige, von dem wir sprechen, mit dem Wort x gemeint, als er es benutzt hat. - Es ist leider nach Belieben üblich, dass man Rezeptions-Verzerrungen über Jahrhunderte zum Maßstab des Ursprungs macht.
Wiki ist nicht perfekt (ich würde auf Grund von Wiki keine Diss schreben wollen) aber es ist heute weitaus besser als alles andere, weil es gut recherchierte und schnelle wenn auch oberflächliche Erklärungen liefert.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das Verständnis der Kopenhagener Deutung hat sich aber meines Wissens seit 1927 nicht verändert.
Kann ich nicht mitreden. - Ich habe nur in einer Diskussion mitgekriegt, dass Person A) "so" (möglicherweise wie Einstein?) formuliert hat und Person B nach der Kopenhagener Deutung. - Es war also ein Missverständnis, weil verschiedene Standards (ein alter/ein neuer) aufeinanderprallten - also eine Defintionsproblem - um mehr geht es mir hier nicht.
Stimmt. Halman und Janina.
Janina bestand auf der Kopenhagener Deutung der Wellenfunktion (und sie hatte Recht).
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#22 Re: Mehr als Evolution?

Beitrag von closs » Do 7. Aug 2014, 09:46

Pluto hat geschrieben:Wenn die Sonne unerwartet explodiert, oder spurlos verschwindet, dann ist die Theorie einer existierenden Sonne natürlich falsifiziert.
NAtürlich - aber die Theorie ist nicht falsifiziert, weil sie zum Zeitpunkt ihres Entstehens falsifizierbar war, sondern weil sich einfach die Umstände geändert haben. Mit anderen Worten: Die Theorie existiert zum Zeitpunkt ihrer Falsifizierung gar nicht mehr.

Pluto hat geschrieben:Zudem gilt der cartesianische Dualismus als wissenschaftliche Theorie ohnehin als falsifiziert.
Aus Sicht des Materialismus - ontologisch nicht.

Pluto hat geschrieben:Am Ende hate man eine endlose Matrjoschka Puppe
Nicht unbedingt. - Geht man von einem "Omegapunkt" aus (so was nennt Ihr, glaube ich, Singularität (?)), ist die Sache NICHT endlos.

Pluto hat geschrieben:IMO irrt Descartes, denn das wäre in der Tat solipsistisch.
Ontologisch eine selbstverständlich. - Allerdings nennt man es dort nicht "Solipsismus", sondern "ontologische Differnenz". - Im übrigen: Dann wäre jeder Platoniker Solipsist.

Deshalb würde ich den Begriff "Solipsist" nicht materialistisch, sondern ontologisch belegen - will heißen: "Solipsist" ist man, wenn man davon ausgeht, dass nicht außer einem selbst "ist". - "Solipsist" ist man NICHT, wenn man weiss, dass jegliches Sein außerhalb des Ichs nicht sicher wahrnehmbar ist. - Descartes hat NIE geglaubt, dass die "res externa" ein Traum seien - aber er hat gewusst, dass er nicht falsifizieren kann, dass sie "real" sind. - Das ist eine große ontologische Denkleistung - die allerdings Augustinus schon 1.000 Jahre vorher erbracht hatte - und die heute materialistisch überlagert zu sein scheint.

Im Grunde macht Descartes dasselbe wie Popper - er durchdenkt etwas, macht seine Annahmen - und wird daraufhinaus zum Wissenschafts-Theoretiker.

Pluto hat geschrieben:Zudem gilt der cartesianische Dualismus als wissenschaftliche Theorie ohnehin als falsifiziert.
Unter materialistischen Setzungen mag das möglich sein - ontologisch KANN es nicht möglich sein.

Pluto hat geschrieben:Nur diejenigen Vorstellungen die entweder nicht falsifizierbar sind, oder falsifiziert wurden, wurden "verdrängt".
Das Nicht-Falsifizierbare ist per Definition irrelevant - dies ist methodologisch ok in Bezug auf die Naturwissenschaft - aus philosophischer Sicht ist es ideologisch. - Das, was falsifizierbar war, wurde auf materialistischer Basis falsifiziert - ist also ontologisch (also seins-mäßig) nicht entscheidend.

Es ist immer dasselbe: Innerhalb dessen, was der Materialismus erfassen kann, ist Popper richtig gut. - Seine Methodik scheitert, sobald dieses Innenverhältnis verlassen wird - eigentlich ist das auch eine Art von "Solipsismus" ("außer "uns" gibt es nichts").

Pluto hat geschrieben: Hermeneutik ist eine Theorie; der kritische Rationalismus ist eine Methodik (Philosophie).
"Hermeneutik" ist eine philosophische Methodik, KR ist eine wissenschaftliche Methodik.

Pluto hat geschrieben: Beide Arten (metaphysischer und methodologischer) des Solipsismus sind IMO unrealistisch.
Genau das sind sie bei Unterlegung des materialistischen Realitäts-Begriffs - die Setzung macht's.

Pluto hat geschrieben:Wiki ist nicht perfekt (ich würde auf Grund von Wiki keine Diss schreben wollen) aber es ist heute weitaus besser als alles andere, weil es gut recherchierte und schnelle wenn auch oberflächliche Erklärungen liefert.
Genau so sehe ich das auch.

Pluto
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#23 Re: Mehr als Evolution?

Beitrag von Pluto » Do 7. Aug 2014, 13:00

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wenn die Sonne unerwartet explodiert, oder spurlos verschwindet, dann ist die Theorie einer existierenden Sonne natürlich falsifiziert.
NAtürlich - aber die Theorie ist nicht falsifiziert, weil sie zum Zeitpunkt ihres Entstehens falsifizierbar war, sondern weil sich einfach die Umstände geändert haben. Mit anderen Worten: Die Theorie existiert zum Zeitpunkt ihrer Falsifizierung gar nicht mehr.
Das ist wurscht.
Wenn die Theorie auf "Sand" gebaut war, war sie halt von vornherein falsch.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Zudem gilt der cartesianische Dualismus als wissenschaftliche Theorie ohnehin als falsifiziert.
Aus Sicht des Materialismus - ontologisch nicht.
Ontologie spielt hier keine Rolle. Es ist eine Frage der Gesetzmäßigkeite der Natur.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Am Ende hat man eine endlose Matrjoschka Puppe
Nicht unbedingt. - Geht man von einem "Omegapunkt" aus (so was nennt Ihr, glaube ich, Singularität (?)), ist die Sache NICHT endlos.
Leider ging die Theorie des Omega-Punktes von falschen Voraussetzungen aus und ist deshalb nichtig.
Der cartesianische Dualismus ist ein klassischer unendlicher Regress und deshalb ein Scheinargument. Mit der Einführung der res cogitans als eine Art Stuermann im Gehirn, wird die Frage nur um eine Ebene nach hinten versetzt.

closs hat geschrieben:Descartes hat NIE geglaubt, dass die "res externa" ein Traum seien - aber er hat gewusst, dass er nicht falsifizieren kann, dass sie "real" sind. - Das ist eine große ontologische Denkleistung - die allerdings Augustinus schon 1.000 Jahre vorher erbracht hatte - und die heute materialistisch überlagert zu sein scheint.
Du vermengst hier zwei unabhängige Dinge: Descartes' Dualismus mit seiner Erkenntis "Ich denke, als bin ich". Ersteres ist wertlos während Letzteres tatsächlich eine starke Denkleistung war.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Zudem gilt die Theorie des cartesianischen Dualismus ohnehin als falsifiziert.
Unter materialistischen Setzungen mag das möglich sein - ontologisch KANN es nicht möglich sein.
Ontologie hin oder her; Der cartesianische Dualismus verstößt gegen die Naturgesetze. Er wurde (vom englischen Philosophen Gilbert Ryle, 1949) physikalisch widerlegt und ist deshalb Schwachsinn. Wegen Ryles sauberer Bweisführung glaubt heute kein einziger Philosoph von Rang mehr daran; man ist in der Philosophie zum Monismus übergegangen.

closs hat geschrieben:Das Nicht-Falsifizierbare ist per Definition irrelevant - dies ist methodologisch ok in Bezug auf die Naturwissenschaft - aus philosophischer Sicht ist es ideologisch.
Das kannst du persönlich so sehen aber die Philosophie sieht es anders.

closs hat geschrieben: "Hermeneutik" ist eine philosophische Methodik, KR ist eine wissenschaftliche Methodik.
Das ist wieder mal eine "closssche Privatmeinung", die so weit ich weiß von der Wissenschaft insgesamt abgelehnt wird. Lies doch einfach den wiki Artikel dazu.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Beide Arten (metaphysischer und methodologischer) des Solipsismus sind IMO unrealistisch.
Genau das sind sie bei Unterlegung des materialistischen Realitäts-Begriffs - die Setzung macht's.
[/quote]Ich sehe darin keine Setzungennur semantische Definitionen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#24 Re: Mehr als Evolution?

Beitrag von closs » Do 7. Aug 2014, 14:21

Pluto hat geschrieben:Wenn die Theorie auf "Sand" gebaut war, war sie halt von vornherein falsch.
Wenn wir HEUTE behaupten "Die Sonne geht auf" (und das offensichtich keiner falsifizieren kann) UND in 1 Mio Jahren die Sonne explodieren würde (warum auch immer), wäre die heutige Behauptung "Die Sonne geht auf" auf Sand gebaut gewesen?

Pluto hat geschrieben:Ontologie spielt hier keine Rolle. Es ist eine Frage der Gesetzmäßigkeite der Natur.
Du irrst. - Der cartesianische Dualismus heisst doch so, weil es ZWEI Seiten gibt - eine davon ist das, was Du "Gesetzmäßigkeit der Natur" nennst - also die "res extensa". - Du bzw der Materialismus behaupten nun, es gäbe überhaupt keinen Dualismus, weil ihr die "res extensa" als einziges als "das, was der Fall ist", setzt und Euch darauf stützt. - Mit anderen Worten: Ihr lasst den Dualismus erst gar nicht entstehen.

Stattfinden kann dieser Dualismus jedoch nur auf ontologischer Ebene. - Wenn man den Räuber fragt, ob der Gendarm recht hat, wird er auch "nein" sagen: "Gendarm? Nie gehört" :lol:

Pluto hat geschrieben:Du vermengst hier zwei unabhängige Dinge: Descartes' Dualismus mit seiner Erkenntis "Ich denke, als bin ich".
Auch hier irrst Du: Der Dualismus ist notwendige Folge des Satzes "Cogito, ergo sum". - Denn dadurch, dass Descartes im "Cogito" die einzige sichere Erkenntnis erkennt, ist der Rest NICHT sicher erkennbar. - Und schon haben wir den Dualismus.

Das war doch geradezu der Grund (nämlich derselbe wie bei Augustinus), warum Descartes überhaupt zu diesem Satz kam.

Pluto hat geschrieben:Der cartesianische Dualismus ist ein klassischer unendlicher Regress und deshalb ein Scheinargument.
Methodische oder weltanschauliche Befindlichkeiten spielen bei der Frage nach "Sein" oder "Nicht-Sein" keine Rolle.

Pluto hat geschrieben:Mit der Einführung der res cogitans als eine Art Stuermann im Gehirn, wird die Frage nur um eine Ebene nach hinten versetzt.
Nein - nicht, wenn man Gott als überzeitliche Größe versteht - genau so tut es das Christentum (anders geht es auch nicht). - "Allmacht" und "Allwissen" sind keine rhetorischen Superlative, sondern ontologische Größen.

Pluto hat geschrieben: Der cartesianische Dualismus verstößt gegen die Naturgesetze. Er wurde (vom englischen Philosophen Gilbert Ryle, 1949) physikalisch widerlegt und ist deshalb Schwachsinn.
Er wurde INNERHALB materialistischer Setzungen widerlegt - bei Fragen nach "Sein" und "Nicht-Sein" irrelevant.

Pluto hat geschrieben: man ist in der Philosophie zum Monismus übergegangen.
Das kann nur ein materialistischer Monismus sein - also auch ein Sich-Einrichten im Innenverhältnis. - Damit hätte sich die Philosophie ent-spiritualisiert - wozu bräuchte man sie dann noch?

Im übrigen denkt auch das Christentum monistisch, weil die Abgeleitete vom EINEN (Gott/Geist) nicht in dualem Verhältnis zum Ableitenden steht.

Pluto hat geschrieben:Das kannst du persönlich so sehen aber die Philosophie sieht es anders.
Kann ich nicht beurteilen, da mir der heutige State of the Art der Philosophie nicht geläufig genug ist. - Dann muss die Zeit halt warten, bis es wieder einmal anders (aus meiner Sicht: vorwärts) geht.

Pluto hat geschrieben: Lies doch einfach den wiki Artikel dazu.
"Sie <die Hermeneutik> entwickelte sich zu einer allgemeinen Lehre von den Voraussetzungen und Methoden sachgerechter Interpretation und zu einer Philosophie des Verstehens" (wik). - Das geht schon in meine Richtung.

Pluto hat geschrieben:Ich sehe darin keine Setzungen, nur semantische Definitionen.
Setzungen SIND semantischer Natur.

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#25 Re: Mehr als Evolution?

Beitrag von Pluto » Do 7. Aug 2014, 15:58

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wenn die Theorie auf "Sand" gebaut war, war sie halt von vornherein falsch.
Wenn wir HEUTE behaupten "Die Sonne geht auf" (und das offensichtich keiner falsifizieren kann) UND in 1 Mio Jahren die Sonne explodieren würde (warum auch immer), wäre die heutige Behauptung "Die Sonne geht auf" auf Sand gebaut gewesen?
Du verscheibst wieder mal die Torpfosten!
Meine Aussage war: Wenn die Sonne morgen nicht aufgeht ist unsere Vorstellung des Universums falsifiziert.

Tatsächlich wissen wir sehr viel mehr über die Sonne als auf den ersten Blick erkennbar ist. Der Sonne wird in etwa 5 Milliarden Jahren der Brennstoff ausgehenm und sie wird sich zum sog. roten Riesen aufblähen der sich bis zur Umlaufbahn der Erde erstrecken wird. Spätestens dann wir alles Leben auf der Erde erlöschn. Aber zuvor wird sie, entsprechung unserem Axiom der Welt, jeden Tag aufgehen.

closs hat geschrieben:Du bzw der Materialismus behaupten nun, es gäbe überhaupt keinen Dualismus, weil ihr die "res extensa" als einziges als "das, was der Fall ist", setzt und Euch darauf stützt. - Mit anderen Worten: Ihr lasst den Dualismus erst gar nicht entstehen.
Weder ich noch der Materialismus behaupten das, sondern das ist der Konsens der modernen Philosophie weltweit. Wenn du die Philosophen überzeugen willst, rede mit ihnen.

closs hat geschrieben: Der Dualismus ist notwendige Folge des Satzes "Cogito, ergo sum". - Denn dadurch, dass Descartes im "Cogito" die einzige sichere Erkenntnis erkennt, ist der Rest NICHT sicher erkennbar. - Und schon haben wir den Dualismus.
Auch hier wieder ein private clossche Interpretation.
Wieso sollte das ICH welches denkt, etwas anderes sein als das ICH was existiert?

closs hat geschrieben:
pluto hat geschrieben:Der cartesianische Dualismus ist ein klassischer unendlicher Regress und deshalb ein Scheinargument.
Methodische oder weltanschauliche Befindlichkeiten spielen bei der Frage nach "Sein" oder "Nicht-Sein" keine Rolle.
Das ist irrelevant. Ein uendlicher Regress ist unabhängig von Fragen des Seins.

closs hat geschrieben: "Allmacht" und "Allwissen" sind keine rhetorischen Superlative, sondern ontologische Größen.
Allmacht und Allwissen sind menschliche Vorstellungen von Gott die sich gegenseitig widersprechen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Der cartesianische Dualismus verstößt gegen die Naturgesetze. Er wurde (vom englischen Philosophen Gilbert Ryle, 1949) physikalisch widerlegt und ist deshalb Schwachsinn.
Er wurde INNERHALB materialistischer Setzungen widerlegt - bei Fragen nach "Sein" und "Nicht-Sein" irrelevant.
Es bedarf hier keinerlei materialistischer Setzungen. Beim Dualismus geht es um eine postulierte Wecheslwirkung zwischen Sein und Dasein, die so nicht funktioniert wie Descartes es sich vorstellte. Darum ist er widerlegt.

closs hat geschrieben:Das kann nur ein materialistischer Monismus sein - also auch ein Sich-Einrichten im Innenverhältnis. - Damit hätte sich die Philosophie ent-spiritualisiert - wozu bräuchte man sie dann noch?
Weil die Philosophie sich am Dualismus nicht erschöpft hat.

closs hat geschrieben:Im übrigen denkt auch das Christentum monistisch, weil die Abgeleitete vom EINEN (Gott/Geist) nicht in dualem Verhältnis zum Ableitenden steht.
Das kann nicht sein, denn es gibt mit Sicherheit mehr auf der Welt als nur Gott und Geist.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Lies doch einfach den wiki Artikel dazu.
"Sie <die Hermeneutik> entwickelte sich zu einer allgemeinen Lehre von den Voraussetzungen und Methoden sachgerechter Interpretation und zu einer Philosophie des Verstehens" (wik). - Das geht schon in meine Richtung.
Stimmt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#26 Re: Mehr als Evolution?

Beitrag von closs » Do 7. Aug 2014, 16:09

Pluto hat geschrieben: das ist der Konsens der modernen Philosophie weltweit
Rein materialistisch stimmt es ja auch. - Aber die "moderne Philosphie" scheint überfordert zu sein, wenn es mehr als um Materie geht. Ich verstehe das als Zeiterscheinung und nicht als geistiger Fortschritt.

Pluto hat geschrieben:Wieso sollte das ICH welches denkt, etwas anderes sein als das ICH was existiert?
Es ist NICHTS anderes - genau das Ich ist das einzige, bei dem Wahrnehmung und Existenz identisch sind. - Das ist doch genau die Aussage von Descartes.

Pluto hat geschrieben:Ein uendlicher Regress ist unabhängig von Fragen des Seins.
Ja - aber er ist selbst kein Sein.

Pluto hat geschrieben:Allmacht und Allwissen sind menschliche Vorstellungen von Gott die sich gegenseitig widersprechen.
Das behauptest Du regelmäßig - ich habe nach wie vor nicht den geringsten Ansatz, wie Dein Ansatz funktionieren soll.

Pause - muss weg.

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#27 Re: Mehr als Evolution?

Beitrag von closs » Do 7. Aug 2014, 16:51

Pluto hat geschrieben:Es bedarf hier keinerlei materialistischer Setzungen.
Doch - dass es nur Materie gibt, ist eine Setzung.

Pluto hat geschrieben:Weil die Philosophie sich am Dualismus nicht erschöpft hat.
Hat sie sich nicht vereinfacht, indem sie sich einfach ein Glied abhackt?

Pluto hat geschrieben:Das kann nicht sein, denn es gibt mit Sicherheit mehr auf der Welt als nur Gott und Geist.
Das behauptet auch keiner. - Es gibt noch Materie, die als Ableitung des Geistes verstanden wird - also nicht als Gegenstück (= Dualismus) zu Geist, sondern als Ableitung von Geist..

Pluto hat geschrieben:Darum ist er widerlegt.
Es ist aus Sicht des Materialismus widerlegt, der setzt, dass es nur Materie gibt und daraus falsifiziert, dass es keinen Geist gibt. :lol: :lol: :lol:

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#28 Re: Mehr als Evolution?

Beitrag von sven23 » Do 7. Aug 2014, 17:05

closs hat geschrieben:Auch hier irrst Du: Der Dualismus ist notwendige Folge des Satzes "Cogito, ergo sum". - Denn dadurch, dass Descartes im "Cogito" die einzige sichere Erkenntnis erkennt, ist der Rest NICHT sicher erkennbar. - Und schon haben wir den Dualismus.

Ehrlich gesagt, habe ich die angebliche Genialität dieses Satzes nie so richtig verstanden. Und Descartes ist ja nicht der Weisheit letzter Scluß, man könnte ihn sogar als falsifiziert betrachten.

http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/2 ... widerlegen
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#29 Re: Mehr als Evolution?

Beitrag von closs » Do 7. Aug 2014, 18:16

sven23 hat geschrieben:Ehrlich gesagt, habe ich die angebliche Genialität dieses Satzes nie so richtig verstanden.
"Genial" ist auch übertrieben - die Leistung besteht darin, dass Descartes begriffen hat, dass alles außer dem Ich "res extensa" sind - und somit als "real" gesetzt werden müssen. - Benutzt wird Descartes aus einem anderen Grund: Das "cogito ergo sum" ist griffig für Anthropozentrisches - also sehr modern.

sven23 hat geschrieben:man könnte ihn sogar als falsifiziert betrachten
Geht gar nicht, da nicht falsifizierbar. - Was Dein eingestelltes Beispiel damit zu tun hat, habe ich nicht kapiert.

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#30 Re: Mehr als Evolution?

Beitrag von sven23 » Do 7. Aug 2014, 18:38

closs hat geschrieben:"Genial" ist auch übertrieben - die Leistung besteht darin, dass Descartes begriffen hat, dass alles außer dem Ich "res extensa" sind - und somit als "real" gesetzt werden müssen. - Benutzt wird Descartes aus einem anderen Grund: Das "cogito ergo sum" ist griffig für Anthropozentrisches - also sehr modern.

Auch das hat Hume schon widerlegt.
Die logischen Fehler in Descartes Gottesbeweis hat Kant aufgezeigt. Ist Descartes überhaupt noch aktuell?

closs hat geschrieben: Was Dein eingestelltes Beispiel damit zu tun hat, habe ich nicht kapiert.

Die Hirnforschung zeigt, daß Entscheidungen nicht vom Denken allein beeinflußt werden, sondern auch stark von Emotionen. Ich fühle, also bin ich, sagt der Forscher.
Aber ehrlich gesagt, halte ich Humes Argumente für noch besser, da er auf logischer Ebene argumentiert.
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