Pluto hat geschrieben:closs hat geschrieben:Pluto hat geschrieben:Kann man den Wehrdienst geistig rechtfertigen, oder nicht?
Zu Ende gedacht kann man den Wehrdienst meines Erachtens aus christlicher Sicht NICHT rechtfertigen.
Darin widerspricht dir aber Bundespräsident Joachim Gauck entschieden:
Gauck verteidigt in dem Brief, den sein Staatssekretär David Gill verfasst hat, den Einsatz von Soldaten als äußerstes Mittel in Konflikten. „Pazifismus ist nicht der einzige vom Evangelium gewiesene Weg“, schrieb er.
Ich habe erst einmal ein Problem damit, wenn jemand schreibt "aus christlicher Sicht". Einfach deswegen, weil dann jeder der diese Sicht nicht hat eine unchristliche hätte. Das andere ist, dass es tiefgläubige Christen bei der Bundeswehr gibt, aber auch tiefgläubige Menschen bei den Kriegsdienstverweigerern. Also wird es ein wenig schwierig mit "DIE christliche Sicht ist...".
Gauck widerspreche ich: Das Evangelium lehrt keinen Pazifismus in unserem heutigen Sinne. Und andere Alternativen werden auch nicht genannt.
Natürlich steht im NT z.B. "unsere Waffen sind nicht fleischlich, sondern mächtig...." Dies als Pazifismus auszulegen ist exegetisch nicht haltbar. "Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen" Auch diese Aussage nimmt keine Stellungnahme zu militärischen Konflikten oder etwaigen moralischen Begrenzungen der Staatsmacht. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass lediglich auf die konkrete Situation diese Aussage gilt. Jesus, seine Jünger und Petrus der zum Schwert greift, wird darauf hingewiesen, dass umzingelt von römischen Soldaten allein der Griff zum Schwert schon Selbstmord ist.
Im AT wäre der Gedanke des Pazifismus anbetracht des Handelns des jüdischen Volkes mit dem gleichen Gott Jahwe sogar pervers befremdlich, wenn man die Geschichten liest.
Ich persönlich sehe es so:
(Jede) Gewalt ist die Praxis, mit der man einem anderen seinen abweichenden Willen aufdrückt. Das ist erst einmal auf den ersten Blick lieblos.
Daraus könnte man nun schlussfolgern, dass Gewalt unchristlich sei.
Ist es nicht. Eltern, um ihr Kind besorgt, drücken ihren Willen gegen den erklärten Willen des Kindes durch. Ist das nun lieblos? Wenn sie z.B. ihrem Kind damit sogar etwas Gutes tun oder Gefahr für das Kind verhindern?
Waffengewalt ist eine besonders harte Form jemand anders seinen Willen aufzudrücken. Mit erheblichen Nachteilen und Schmerzen für den Betroffenen. Da man aber Gewalt nicht grundsätzlich als Böse ausschließen kann und diese sogar gut sein kann, bedarf es eines besonders strengen Maßstabs anbetracht der erheblichen Nachteile für die Betroffenen.
Diese gibt es aber. Siehe Polizei.
Der Einsatz von Waffen bei der Bundeswehr im Ernstfall ist natürlich erheblich gravierender als alle anderen vorausgegangenen Beispiele. Aber auch hier gibt es gute Möglichkeiten das Handeln zu legitimieren. Aber die moralischen Anforderungen sind hier natürlich noch höher.
Jesus sagte übrigens zu Soldaten nicht, sie sollen desertieren. Auch nicht, dass ihr Handeln ethisch nicht legitimierbar sei.
Er sagte sie sollen nicht "morden" (Töten aus niedrigen und verwerflichen Absichten heraus).
Überhaupt lohnt es sich, nicht immer das "Handeln" isoliert zu betrachten, sondern immer auch die Motive für das Handeln mit einzubeziehen bei ethischen Würdigungen.