Stochern wir im Nebel?

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
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#41 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Pluto » Di 15. Jul 2014, 11:51

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wissenschaftlich ist die Frage nicht beantwortbar
So ist es - weil sie nicht falsifizierbar ist.
Es ist eine Frage der Definition.
Du kostruierst eine Fantasie-Situation, mit der du die Fragestellung bewusst einer wissenschaftlichen Untersuchung entziehst, um dann zu behaupten es sei nicht falsifizierbar. Logisch sind transzendente Projektionen nicht falsifizierbar. Wenn du Realität mit Simulation vergleichst, ist das Okay.
Wenn du jedoch behauptest die Projektion existiere einfach ohne jede Ursache, dann ist das eine spirituelle Konstruktion die sich der Untersuchung entzieht.

closs hat geschrieben:Es geht nicht um "spirituelle Konstrukte",
Doch, NUR darum geht es.
Du forderst die Wissenschaft auf, etwas zu beurteilen, was du zuvor ganz bewusst außerhalb ihres Untersuchungsbereichs ansiedelst.
Das bestätigst du weiter oben:
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:zeige mir Realität neben Projektion
Geht gar nicht.
Mit diesem "Geht gar nicht" bestätigst du, dass die Projektion ins Transzendente verlagert wurde, warum sonst könnten wir nicht Beides vergleichen?
Damit entziehst du die Projektion einer wissenschaftlichen Untersuchung, und behauptest die Wissenschaft sei unfähig diese zu falsifizieren.
Das ist zirkelreferente Scheinargumentation.

closs hat geschrieben:Es geht darum, dass nach wie vor das "Cogito ergo sum" die einzige Instanz ist, mit der der Mensch wahrnehmen kann -
Auch das hatten wir schon.
An Descartes Ausage ist nichts Besonderes. Er hätte genauso sagen können, "Ich habe kalte Füße, also bin ich".
Klingt zwar nicht so elegant aber der Sinn wäre derselbe.
closs hat geschrieben: Und es geht darum, dass wir per Wahrnehmung nicht entscheiden können, was unsere Wahrnehmung ist - außer auf Basis von Setzungen.
Nochmals...
Du entziehst die Projektion der Realität, und forderst dann die Wissenschaft auf die transzendente Projektion zu falsifizieren.
Das ist ein Strohmann-Argument par excellence.

closs hat geschrieben:Ich kenne Popper aus Primär-Texten zu wenig
Dann befasse dich damit, bevor du seine Aussagen aus dem Kontext reißt und kritiserst.
closs hat geschrieben:
"Der Kritische Rationalismus übernimmt die im Alltagsverstand selbstverständliche Überzeugung, dass es die Welt wirklich gibt, und dass sie vom menschlichen Erkenntnisvermögen unabhängig ist" (wiki).
Nochmals: Dass die Welt (im alltagsverständlichen Sinn) existiert ist ein falsifizierbares Axiom, und kein Dogma.
Wo ist das Problem?

closs hat geschrieben:Es geht nicht um eine "spirituelle Vision",
Doch! — s.o.

closs hat geschrieben:Die Frage, auf welchem erkenntnis-theoretischen Fundament die Wissenschaft steht, ist von der Wissenschaft nicht beantwortbar.
:( *seufz*
Das ist eine unqualifizierte wissenschaftsfeindliche Behauptung, aber ich sehe langsam ein, ich werde dich von deiner Position nicht abbringen können.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#42 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von closs » Di 15. Jul 2014, 15:29

Pluto hat geschrieben:Du kostruierst eine Fantasie-Situation
Wenn das eine Fantasie-Situation ist, ist es auch eine, wenn man NAtur als das versteht, wie es Popper tut.

Pluto hat geschrieben:Wenn du jedoch behauptest die Projektion existiere einfach ohne jede Ursache
Wieso das? - Es gibt hier kein Problem, das es nicht auch unter naturalistischen Gesichtspunkten gäbe. - Auch der naturalistische Ansatz, dass das, was man wahrnehme, nicht Projektion, sondern unabhängig von der Projektion "der Fall sei", ist eine A-priori-Projektion.

Pluto hat geschrieben:Mit diesem "Geht gar nicht" bestätigst du, dass die Projektion ins Transzendente verlagert wurde
Das gilt für jeden A-Priori-Ansatz - also auch für den Ansatz des Naturalismus.

Pluto hat geschrieben:warum sonst könnten wir nicht Beides vergleichen?
NACHDEM die A-Priori-Projektion/Setzung/"Ding-an-Sich" (nenne es, wie Du willst) durch ist, kann man geistige und naturwissenschaftliche Wahrnehmung selbstverständlich NICHT beweisen - ab hier bin ich voll bei Dir.

Pluto hat geschrieben:Damit entziehst du die Projektion einer wissenschaftlichen Untersuchung
Wissenschaft KANN A-priori-Setzungen ("die 'Welt' ist eine Projektion!"/"die 'Welt' ist 'real'") nicht untersuchen - Voraus-Setzungen KANN man nicht falsifizieren) - auch nicht die eigenen. - Setzungen sind nicht empirischer Natur.

Folgender Satz, mit der Popper charakterisiert wird:
"Der Kritische Rationalismus übernimmt die im Alltagsverstand selbstverständliche Überzeugung, dass es die Welt wirklich gibt, und dass sie vom menschlichen Erkenntnisvermögen unabhängig ist" (wik).
ist nicht empirischer Natur, sondern Dogma (also nicht falsifizierbar). - Popper entscheidet sich hier für EINE mögliche Grundlage seiner Philosophie.

Genauso ist folgener Satz zur Beschreibung Kants Philosophie nicht empirisch bzw. falsifizierbar: "Das Ding an sich ist eine Begriffsbildung Immanuel Kants, der damit ein Seiendes bezeichnet, welches unabhängig von der Tatsache existiert, dass es durch ein Subjekt wahrgenommen wird und somit für dieses zum Objekt würde" (wik).

Beides sind geistige/philosphische Grundlagen, auf denen Empirisches, also Falsifizierbares aufgebaut wird.

Pluto hat geschrieben: Er hätte genauso sagen können, "Ich habe kalte Füße, also bin ich".
So platt war das nicht gemeint. - Es geht darum, dass in dem "Cogito" ersichtlich wird, dass Subjekt ("ICH") und Objekt ("MEINE kalten Füße") koinzidieren - und das es sonst KEINEN Fall gibt, in dem Subjekt und Objekt NOTWENDIG koinzidieren.

Pluto hat geschrieben:Du entziehst die Projektion der Realität
Du packst das immer noch falsch an - es geht doch darum, dass "Realität" A) im einen Fall das ist, was unabhängig von der Projektion der Fall ist, und im B) anderen Fall die Projektion selbst "Realität" ist (es also nichts gibt, was unabhängig von der Projektion - außer dem Ich oder den Ichs - "ist"). - Du könntest A) und B) in Deiner wissenschaftlichen Arbeit grundsätzlich NICHT unterscheiden - weil die "Welt" für Dich dasselbe wäre. - Es ist empirisch nicht unterscheidbar.

Pluto hat geschrieben: Dass die Welt (im alltagsverständlichen Sinn) existiert ist ein falsifizierbares Axiom, und kein Dogma.
Das bestreite ich erst mal: Denn dann müsste die Naturwissenschaft eine geistige "Welt" (anstelle der "Welt im alltagsverständlichen Sinn) empirisch untersuchen können. - Geht das?

Pluto hat geschrieben:Das ist eine unqualifizierte wissenschaftsfeindliche Behauptung
Ist es nicht - man kann sich nicht selber aus dem Sumpf ziehen.

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#43 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Pluto » Di 15. Jul 2014, 19:05

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wenn du jedoch behauptest die Projektion existiere einfach ohne jede Ursache
Wieso das? - Es gibt hier kein Problem, das es nicht auch unter naturalistischen Gesichtspunkten gäbe. - Auch der naturalistische Ansatz, dass das, was man wahrnehme, nicht Projektion, sondern unabhängig von der Projektion "der Fall sei", ist eine A-priori-Projektion.
Du gehst von falschen Annahmen aus.
Deine Vorstellung, Wahrnehmung würde mit Realität nicht koinzidieren ist grundlegend fehlerhaft. Wahrnehmung stimmt sehr wohl mit der Realität der Natur überein, zumindest soweit dass unsere Spezies sich erfolgreich entwickeln konnte.
Der Beweis? In der Praxis können wir einen Apfel mühelos von einer Birne, oder einen Säbelzahntiger von einem Mammut unterscheiden. Es ist die Erkenntnis, dass wir sehr genau das wahrnehmen was in der Welt ist. Das ist auch die Grundlage von Forschung und technischen Fortschritt.
Doch du weist diese Übereinstimmung zurück und überzeichnest dabei Unterschiede die gar nicht vorhanden sind. Gleichzeitig spielst du den Unterschied zwischen illusorischer Transzendenz und Wirklichkeit herunter.
Damit zeichnest du ein völlig falsches Bild, aus dem schließlich solche falschen Aussagen hervorgehen:
closs hat geschrieben:Die Frage, auf welchem erkenntnis-theoretischen Fundament die Wissenschaft steht, ist von der Wissenschaft nicht beantwortbar.
_______________________________

closs hat geschrieben:Genauso ist folgener Satz zur Beschreibung Kants Philosophie nicht empirisch bzw. falsifizierbar: "Das Ding an sich ist eine Begriffsbildung Immanuel Kants, der damit ein Seiendes bezeichnet, welches unabhängig von der Tatsache existiert, dass es durch ein Subjekt wahrgenommen wird und somit für dieses zum Objekt würde" (wik).
Wieso meinst du, sollten Begriffsbildungen wie "das Ding an sich" falsifizierbar sein?
Pluto hat geschrieben: Er hätte genauso sagen können, "Ich habe kalte Füße, also bin ich".
So platt war das nicht gemeint.- Es geht darum, dass in dem "Cogito" ersichtlich wird, dass Subjekt ("ICH") und Objekt ("MEINE kalten Füße") koinzidieren - und das es sonst KEINEN Fall gibt, in dem Subjekt und Objekt NOTWENDIG koinzidieren.
"Ich bin" und "ich habe kalte Füße" sind Beides Empfindungen des Gehirns die sich mit dem ICH identifizieren lassen — nur darauf kommt es an.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#44 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von closs » Di 15. Jul 2014, 20:16

Pluto hat geschrieben:Deine Vorstellung, Wahrnehmung würde mit Realität nicht koinzidieren ist grundlegend fehlerhaft.
Das ist nicht MEINE Vorstellung, sondern EINE Vorstellung - die genausowenig falsifizierbar ist wie Deine Vorstellung.

Pluto hat geschrieben: zumindest soweit dass unsere Spezies sich erfolgreich entwickeln konnte.
Die Entwicklung der Spezies wäre auch in derVorstellungswelt dieselbe.

Pluto hat geschrieben: In der Praxis können wir einen Apfel mühelos von einer Birne, oder einen Säbelzahntiger von einem Mammut unterscheiden.
Das könntest Du in der Vorstellungswelt auch - ALLES wäre aus Sicht des Wahrnehmenden dasselbe.

Pluto hat geschrieben:Es ist die Erkenntnis, dass wir sehr genau das wahrnehmen was in der Welt ist.
Es ist die Erkenntnis, dass wir sehr genau das wahrnehmen, was in der Vorstellung ist. - Nicht unterscheidbar.

Pluto hat geschrieben:Wieso meinst du, sollten Begriffsbildungen wie "das Ding an sich" falsifizierbar sein?
Es ist NICHT falsifizierbar. -
closs hat geschrieben:nicht empirisch bzw. <das rote "nicht" bezieht sich auch auf: > falsifizierbar

Pluto hat geschrieben:Doch du weist diese Übereinstimmung zurück
Nein - im einen Fall (Dein Fall) gibt es 'Welt' unabhängig von der Wahrnehmung/Projektion - dann stimmt diese Übereinstimmung. - Im anderen Fall (der NICHT mein Fall ist, aber genauso wenig falsifizerbar ist wie Deiner) ist ALLES Projektion.

Diese zweite Variante ist NICHT Grundlage meines Denkens, aber sie ist möglich - und darum geht es. - Somit ist NICHT entscheidbar, ob die Messreihe, die Du machst, oder der Nachbar, den Du siehst, oder meine Forums-Beiträge "real" (in Deinem Sinne) sind oder Projektion Deines Geistes. - Es ist nicht falsifizierbar, ob unsere Wahrnehmungen der Welt Gebilde unseres Geistes sind oder "real" (in Deinem Sinne) - um mehr geht es mir eigentlich gar nicht.

closs hat geschrieben:Die Frage, auf welchem erkenntnis-theoretischen Fundament die Wissenschaft steht, ist von der Wissenschaft nicht beantwortbar.
Nach wie vor richtig - auch bei Popper. - Popper sagt sinngemäß: "Über erkenntnis-theoretische Fragen a priori mache ich mir keinen Kopf - ich nehme die Welt, so wie sie von uns als "real" wahrgenommen wird, zur Grundlage. - Auf dieser Grundlage baue ich mein System, das u.a. den unendlichen Regress verhindert."

Popper macht (meines Wissens) KEINE ontologischen Aussagen (Achtung: "ontologisch" im platonisch-philosophischen Sinn). - Muss er auch nicht, weil er etwas ganz anderes im Auge hat. - Und deswegen könnte er sagen: "Ob es die 'Welt' unabhängig von unserem Ich gibt oder nicht - es interessiert mich nicht, weil meine Ergebnisse dieselben wären". - Also setzt er der Einfachheit halber die "Welt" als das, was man landläufig darunter versteht. Vorbehaltlich, dass ich bei Popper was überlesen habe. - Da hat Popper recht.

Pluto hat geschrieben:"Ich bin" und "ich habe kalte Füße" sind Beides Empfindungen des Gehirns die sich mit dem ICH identifizieren lassen — nur darauf kommt es an.
Augustinus/Descartes hätten ihren Satz aber nicht gesagt, wenn sie nicht darauf hinweisen hätten wollen, dass im "ICH" Subjekt und Objekt identisch sind - und zwar NUR da. - Genau deshalb kann der Mensch doch nicht unterscheiden, ob er "Realität" (in Deinem Sinne) oder "Projektionen" wahrnimmt.

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#45 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Pluto » Di 15. Jul 2014, 21:25

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Deine Vorstellung, Wahrnehmung würde mit Realität nicht koinzidieren ist grundlegend fehlerhaft.
Das ist nicht MEINE Vorstellung, sondern EINE Vorstellung
Der Punkt ist, du bauscht die Unterschiede zwischen Wahrnehmung und Realität auf, und behauptest dann es gäbe eine mögliche Erkenntnislücke zwischen Wahrnehmung und Realität.
In der Praxis existiert eine solche Erkenntnislücke nicht. Ich lasse mich aber gerne durch handfeste Beispiele des Gegenteils überzeugen.
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: zumindest soweit dass unsere Spezies sich erfolgreich entwickeln konnte.
Die Entwicklung der Spezies wäre auch in der Vorstellungswelt dieselbe.
Unbegründete Behauptung. Kannst du sie belegen?
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: In der Praxis können wir einen Apfel mühelos von einer Birne, oder einen Säbelzahntiger von einem Mammut unterscheiden.
Das könntest Du in der Vorstellungswelt auch - ALLES wäre aus Sicht des Wahrnehmenden dasselbe.
Dito.
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es ist die Erkenntnis, dass wir sehr genau das wahrnehmen was in der Welt ist.
Es ist die Erkenntnis, dass wir sehr genau das wahrnehmen, was in der Vorstellung ist. - Nicht unterscheidbar.
Dito.
closs hat geschrieben:Somit ist NICHT entscheidbar, ob die Messreihe, die Du machst, oder der Nachbar, den Du siehst, oder meine Forums-Beiträge "real" (in Deinem Sinne) sind oder Projektion Deines Geistes.
Irrelevant, weil die Alternative der Projektion nicht existiert.
closs hat geschrieben:Es ist nicht falsifizierbar, ob unsere Wahrnehmungen der Welt Gebilde unseres Geistes sind oder "real" (in Deinem Sinne) - um mehr geht es mir eigentlich gar nicht.
Lieber closs,
Selbstsverständlich ist das falsifizierbar.
In dem du hier versuchst eine nicht-existente Projektion ins Leben zu rufen, betreibst du ideologischen Hokuspokus.

Ich schlage dir ein Experiment vor:
Wenn du so sicher bist, dass die Wahrnehmung der Realität nicht falsifizierbar ist, steig in dein Auto und fahre damit gegen den nächsten Baum. —
Ganz egal ob du das Experiment durchführst oder nicht (weil du dir unsicher bist), ist die Annahme dass die Welt nur Ergebnis des Geistes ist, eine Selbsttäuschung.
Damit ist auch deine Hypothese falsifiziert.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#46 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von closs » Di 15. Jul 2014, 21:59

Pluto hat geschrieben:gäbe eine mögliche Erkenntnislücke zwischen Wahrnehmung und Realität.
Die gibt es sowieso - hier geht es darum, ob das, was wir als Realität bezeichnen, a) unabhängig von uns ist oder b) Projektion von uns ist.

Ich plädiere für a), kann es aber genauso wenig falszifieren wie b). - Wie unterscheidest Du einen Closs, den es wirklich gibt, von einem Closs, der Projektion Deines Geistes ist? - Beide schreiben dieselben Beiträge, beides sehen genauso aus - wie falsifizierst Du, dass Closs eine Projektion Deines Geistes ist?

Pluto hat geschrieben:Unbegründete Behauptung. Kannst du sie belegen?
Das ist doch keine Behauptung, sondern eine nüchterne Feststellung. - Siehe oben: Wie unterscheidest Du das eine vom anderen, wenn Dir beides bis aufs i-Tüpfelchen genauso erscheint?

Pluto hat geschrieben:Irrelevant, weil die Alternative der Projektion nicht existiert.
Wie willst Du das empirisch nachweisen, wenn beides wahrnehmungs-mäßig dasselbe ist?

Pluto hat geschrieben:Wenn du so sicher bist, dass die Wahrnehmung der Realität nicht falsifizierbar ist, steig in dein Auto und fahre damit gegen den nächsten Baum.
Auch da würde in beiden Fällen dasselbe passieren.

Aber Du machst schon wieder denselben Fehler, indem Du "Projektion" als Phänomen einer "äußeren Realität" verstehst. - In meiner Darstellung gibt es etwas anderes: nämlich entweder "Realität" als "äußere Realität" oder "Realität" als "Projektion des Ich" - also "Projektion" wäre das, was Du als "Realität" bezeichnest - und nicht ein Phänomen NEBEN einer "äußeren Realität".

Pluto hat geschrieben:Damit ist auch deine Hypothese falsifiziert.
Nur dann, wenn man - wie Popper offensichtlich - die "äußere Realität" als gegeben setzt (was ja sehr naheliegend ist - aber eben Setzung bleibt).

Mir wird durch unser Gespräch (und auch vorher mit Darkside, etc.) EINES klar: Die Arbeits-Grundlage (!!!!) der Naturwissenschaft, dass man sich nur um Falsifizierbares kümmern will, ist so tief ins allgemeine Bewusstsein eingedrungen, dass man nicht mehr erkennt, dass dies ausschließlich eine Arbeits-Grundlage und keine Plattform für ontologische Fragestellungen ist.

Das hat übrigens auch Popper so gesehen - siehe seine "Drei-Welten-Lehre" - wobei bei Popper die physikalische Welt W1 ist. - Noch mehr Penrose, der im Grunde dasselbe sagt, allerdings die Welt der objektiven Gedanken-Welt als W1 versteht. - Also, was bei Popper W1 ist, ist bei Penrose W3.

Beide SETZEN also diese 3 Welten, weil es vernünftig erscheint - es sind also geistige Arbeitsgrundlagen für Fragestellungen, die in ihrer Aufteilung Logos, Psyche und Physis (gab es schon bei den Griechen)- oder wie Popper sagen würde: Physis, Psyche und Logos (weil er eine andere Reihenfolge bevorzugt) - tatsächlich dann auch ontologische Fragestellungen zulassen.

Der entscheidende Punkt: Psyche und Logos sind keine Gegenstände naturwissenschaftlicher Methodik, weil sie da nicht hingehören. - Alle drei Welten sind real, sind aber methodisch anders anzugehen. - Vielleicht ist dieser Ansatz wirksamer als mein vorhergehender.

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#47 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Pluto » Di 15. Jul 2014, 23:09

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:gäbe eine mögliche Erkenntnislücke zwischen Wahrnehmung und Realität.
Die gibt es sowieso - hier geht es darum, ob das, was wir als Realität bezeichnen, a) unabhängig von uns ist oder b) Projektion von uns ist.

Ich plädiere für a), kann es aber genauso wenig falszifieren wie b). - Wie unterscheidest Du einen Closs, den es wirklich gibt, von einem Closs, der Projektion Deines Geistes ist? - Beide schreiben dieselben Beiträge, beides sehen genauso aus - wie falsifizierst Du, dass Closs eine Projektion Deines Geistes ist?
(b) ist Solipsismus und so unwahrscheinlich, dass man es ohne weitere Diskussion verwerfen kann. Wenn (a) als Einziges übrig bleibt, ist es falsifizierbar.

closs hat geschrieben:Das ist doch keine Behauptung, sondern eine nüchterne Feststellung.
Eine Feststellung ist dasselbe in Grün.
closs hat geschrieben:Wie unterscheidest Du das eine vom anderen, wenn Dir beides bis aufs i-Tüpfelchen genauso erscheint?
(b) kann man ausschließen (s.o.). Es ist in der Praxis redundant.

closs hat geschrieben:In meiner Darstellung gibt es etwas anderes: nämlich entweder "Realität" als "äußere Realität" oder "Realität" als "Projektion des Ich" - also "Projektion" wäre das, was Du als "Realität" bezeichnest - und nicht ein Phänomen NEBEN einer "äußeren Realität".
Ja. Aber das macht Alternative (b) auch nicht besser.

closs hat geschrieben:Nur dann, wenn man - wie Popper offensichtlich - die "äußere Realität" als gegeben setzt (was ja sehr naheliegend ist - aber eben Setzung bleibt).
Eine Setzung die aber falsifizierbar ist, während Alternative (b) nichts als mentale Konstruktion ist.
closs hat geschrieben:Die Arbeits-Grundlage (!!!!) der Naturwissenschaft, dass man sich nur um Falsifizierbares kümmern will, ist so tief ins allgemeine Bewusstsein eingedrungen, dass man nicht mehr erkennt, dass dies ausschließlich eine Arbeits-Grundlage und keine Plattform für ontologische Fragestellungen ist.
Naturwissenschaft ist eine Methode (Werkzeug) zur Erkenntnisgewinnung. Das schöne daran ist, dass sie in der Praxis funktioniert. Wenn du so willst, ist dies die pragmatische Erkenntnis der Aufklärung.

closs hat geschrieben:Beide SETZEN also diese 3 Welten, weil es vernünftig erscheint - es sind also geistige Arbeitsgrundlagen für Fragestellungen, die in ihrer Aufteilung Logos, Psyche und Physis (gab es schon bei den Griechen)- oder wie Popper sagen würde: Physis, Psyche und Logos (weil er eine andere Reihenfolge bevorzugt) - tatsächlich dann auch ontologische Fragestellungen zulassen.

Der entscheidende Punkt: Psyche und Logos sind keine Gegenstände naturwissenschaftlicher Methodik, weil sie da nicht hingehören. - Alle drei Welten sind real, sind aber methodisch anders anzugehen. - Vielleicht ist dieser Ansatz wirksamer als mein vorhergehender.
Ich kann mir Psyche und Logos nicht wirklich als real vorstellen. Sie scheinen mir eher geistige Verlängerungen des Gehrins zu sein, Prothesen, die man zum Denken über die Physis einsetzen kann, ihr aber untergeordnet sind, denn ohne physisches Gehirn (ohne bewusste Gedanken) kann es kein Logos und keine Psyche geben.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#48 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von closs » Mi 16. Jul 2014, 00:07

Pluto hat geschrieben:(b) ist Solipsismus und so unwahrscheinlich, dass man es ohne weitere Diskussion verwerfen kann.
Das ist aber methodisch nicht sauber. - Stelle Dir mal vor, es sei der schwarze Schwan. ;)

Pluto hat geschrieben:Es ist in der Praxis nicht relevant.
Weil die PRaxis erst beginnt, wenn die Basis-Arbeit gemacht ist - insofern Zustimmung. - Zumal bspw. Poppers System für a) und b) funktioniert.

Pluto hat geschrieben:Eine Setzung die aber falsifizierbar ist
Der Satz "Mein Nachbar ist ein Mensch - unabhängig von meiner Wahrnehmung" ist falsifizierbar??

Pluto hat geschrieben:Naturwissenschaft ist eine Methode (Werkzeug) zur Erkenntnisgewinnung.
Zum 2356. Mal - selbstverständlich.

Pluto hat geschrieben:Das schöne daran ist, dass sie in der Praxis funktioniert.
Das tun beide Varianten - Du wirst keinen einzigen Unterschied rauskitzeln können.

Pluto hat geschrieben:denn ohne physisches Gehirn (ohne bewusste Gedanken) gibt es kein Logos und keine Psyche.
Das ist Setzung pur - vollkommen willkürlich.

Denn die Tatsache, dass Du das Wie physiologischer Abläufe mit geistigen Abläufen korrelieren kannst, sagt überhaupt nichts aus, wer Herr und wer Diener ist. - Der eine sagt: "Geist entwickelt sich mit der Entwicklung der Physis". - Der andere sagt: "Geist bringt sich zum Ausdruck über die Entwicklung der Physis".

Von den 3 Welten Poppers akzeptiert der Materialismus nur die EINE Welt der Physis - Popper ist also von seinen Wesen her (wie auch Kant) kein Materialist - Das macht Popper umgekehrt nicht zu einen spirituellen Menschen. - Es heisst aber sehr wohl, dass das, womit Popper immer zitiert wird, sich ausschließlich auf den materialistischen Teil des Seins bezieht - also in seinen Worten "Welt 1". Es gibt übrigens auch ein metaphysisches Werk Poppers.

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#49 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Pluto » Mi 16. Jul 2014, 00:32

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Eine Setzung die aber falsifizierbar ist
Der Satz "Mein Nachbar ist ein Mensch - unabhängig von meiner Wahrnehmung" ist falsifizierbar??
Ohne Wahrnehmung geht nix. Wahrnehmung brauchst du schon, um die Merkmale zu beobachten.
Stell dir vor, eines Tages kommt ein Hund aus dem Haus, schließt ab, steigt ins Auto und fährt davon.
Ist der Nachbar immer noch ein Mensch?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Naturwissenschaft ist eine Methode (Werkzeug) zur Erkenntnisgewinnung.
Zum 2356. Mal - selbstverständlich.
Eben. Wissenschaft ist ein Werkzeug und demzufolge weder Arbeits-Grundlage noch Plattform, wie du meintest.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das schöne daran ist, dass sie in der Praxis funktioniert.
Das tun beide Varianten - Du wirst keinen einzigen Unterschied rauskitzeln können.
(b) ist jetzt weg, weil solipsistisch.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:denn ohne physisches Gehirn (ohne bewusste Gedanken) gibt es kein Logos und keine Psyche.
Das ist Setzung pur - vollkommen willkürlich.
Psyche erfordert Bewusstsen, und Bewusstsein erfordert Gehirn um denken zu können. Logos erfordert ebenfalls Gehirn um Gedanken in Worte zu fassen.

Der eine sagt: "Geist entwickelt sich mit der Entwicklung der Physis". - Der andere sagt: "Geist bringt sich zum Ausdruck über die Entwicklung der Physis".
Okay. Aus meiner Sicht ist Psyche nichts als die Gedanken der Physis.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#50 Stochern wir im Nebel?

Beitrag von closs » Mi 16. Jul 2014, 00:55

Pluto hat geschrieben:Ohne Wahrnehmung geht nix.
"Wahrnehmung" (also "perception" im weiteren Sinn) gibt es nicht nur in der Wissenschaft - sie ist DAS Charakteristikum des Menschen, also des Seienden. - Insofern steht "perception" im Mittelpunkt jedes "Cogito".

Pluto hat geschrieben:Stell dir vor, eines Tages kommt ein Hund aus dem Haus, schließt ab, steigt ins Auto und fährt davon. Ist der Nachbar immer noch ein Mensch?
OK - das heisst: Wenn Dein Nachbar Max Müller, 82 kg, soundso aussehend, morgen als Hund aus dem Hause käme und "Guten Morgen, Pluto" sagen würde", wäre das im Sinne der Wissenschaft möglich? Und somit die Aussage "Max Müller ist Mensch" falsifizierbar?

Pluto hat geschrieben:Wissenschaft ist ein Werkzeug und demzufolge weder Arbeits-Grundlage noch Plattform, wie du meintest.
OK - die Grundlage der Wissenschaft ist seine Methodik, zu der Wissenschaft ein Werkzeug ist. ---???---

Meine Aussage zielte dahin, dass sich Naturwissenschaft keine Gedanken zu grundlegenden Fragen des Seins macht, wenn diese nicht falsifizierbar sind. - Somit macht sie sich auch keine Gedanken, ob das von ihr Beobachtete falsifizierbare "äußere Realität" oder "falsifizierbare Projektion" ist. - Genau so wird auch der Kritische Rationalismus dargestellt: "Der Kritische Rationalismus übernimmt die im Alltagsverstand selbstverständliche Überzeugung, dass es die Welt wirklich gibt, und dass sie vom menschlichen Erkenntnisvermögen unabhängig ist" (wik). - Er übernimmt EINE Möglichkeit, weil sie als Arbeitsgrundlage passt. - Voll ok.

Pluto hat geschrieben:(b) ist jetzt weg, weil solipsistisch
Da (b) widerspruchsfrei denkbar ist, ist (b) NICHT weg. - Der Kritische Rationalismus hätte genauso sagen können: "Der Kritische Rationalismus übernimmt die im Alltagsverstand selbstverständliche Überzeugung, dass es die Welt als Projektion gibt, und dass sie damit vom menschlichen Erkenntnisvermögen abhängig ist" (wik). - Es würde am Kritischen Rationalismus nichts ändern, weil er sich als Methode versteht, mit dem umzugehen, was als beschreibbar vorfindbar ist - egal ob auf Basis (a) oder (b).

Pluto hat geschrieben:Aus meiner Sicht ist Psyche nichts als die Gedanken der Physis.
Aus Deiner weltanschaulichen Sicht darf das so sein - aus Sicht der wissenschaftlichen Methodik darf es NICHT so sein.
Zuletzt geändert von closs am Mi 16. Jul 2014, 00:58, insgesamt 1-mal geändert.

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