Was ist Verschränkung?

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Zeus
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#61 Re: Was ist Verschränkung?

Beitrag von Zeus » Do 5. Jun 2014, 08:48

closs hat geschrieben:Diese Black Box wird nun geöffnet, indem der Physiker reinguckt - und jetzt meine Frage: Ändert sich an dem, was in der geschlossenen Black Box passiert, dadurch etwas, dass man sie öffnet? - Ändert sich Geschehen in der Natur (in diesem speziellen Fall), weil es beobachtet/wahrgenommen wird? - Oder ändert sich gar nichts, nur meinen wir es als Folge unserer Wahrnehmung?
"Tut" das Geschehen dasselbe - egal ob wir reingucken oder nicht? - Oder "tut" das Geschehen etwas anderes, weil wir reingucken/messen?
Grob gesagt sehe ich das so: (Janina möge mich korrigieren)
Damit man etwas wahrnimmt, muss der Gegenstand (z.B.) beleuchtet werden. Der Impact des Lichtes ändert den Impuls des observierten Objektes. Dieser Effekt dürfte bei der Messung der Geschwindigkeit eines Autos schrecklich winzig sein. Wenn man aber atomare Teilchen beobachtet, wird durch den Impact jeglicher elektromagnetischer Strahlung die Messung mehr oder weniger stark (vereinfacht gesagt) verfälscht. Es handelt sich also um einen rein physikalischen Vorgang.MEHR HIER
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
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#62 Re: Was ist Verschränkung?

Beitrag von closs » Do 5. Jun 2014, 09:07

seeadler hat geschrieben:Es gibt nichts außerhalb unserer Wahrnehmung.
"Geben" tut es das (wahrscheinlich) schon - aber wir werden es erst nach dem Daseins-Tod so erkennen, wie wir bereits erkannt sind. - Der Tod ist die Aufhebung der ontologischen Differenz.

Zeus hat geschrieben:Es handelt sich also um einen rein physikalischen Vorgang.
Da sind wir uns ganz und gar einig.

Zeus hat geschrieben:Wenn man aber atomare Teilchen beobachtet, wird durch den Impact jeglicher elektromagnetischer Strahlung die Messung (vereinfacht gesagt) mehr oder weniger stark verfälscht.
Selbstverständlich - aber bei der Verschränkung geht es doch um mehr. - Auch mal gaaaanz vereinfacht gesagt:

Du sitzt im Wohnzimmer - jemand nimmt Dich wahr - und weil das so ist, ändert sich etwas bei Deinem Zwillingsbruder, der 3 Stockwerke höher vollkommen abgeschottet auf der Toilette sitzt. - Und daraus rekrutiere ich den Satz: Es ist erkenntnis-theoretisch/geistig bemerkenswert, dass allein durch Beobachtung von a der Zustand des (unverbundenen!!!) b verändert werden kann - es scheint ja keine physikalisch erklärbare "Nockenwelle" zwischen a) und b) zu geben.

DASS etwas erkenntnistheoretisch/geistig bemerkenswert ist, heisst NICHT, dass es sich um einen geistige Vorgang handelt - der Vorgang selbst ist physikalisch.

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seeadler
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#63 Re: Was ist Verschränkung?

Beitrag von seeadler » Do 5. Jun 2014, 09:43

Closs, in dem Moment, wo ich bin, ist alles andere auch! In dem Moment wo ich nicht bin, ist alles andere auch NIcht!

Selbst dein auf der Toilette sitzende Nachbar ist nur, weil du bist. Wenn du nicht bist, sitzt er nicht auf der Toilette ;) .

Der Schlüssel liegt in meiner diesbezüglichen Erkenntnis, die hier (noch) nicht verstanden, akzeptiert und belächelt wird, dass unsere Energie E = mc² durch unsere Beziehung zu jeglicher Materie, zum gesamten Raum und zur zu uns bestehenden Zeit erzeugt wird. Meine Energie mc² ist ein Produkt der Verschränkung meiner selbst mit dem Universum. Bin ich nicht - so ist auch das Universum nicht. Ergo, die Verschränkung besteht zu allem. Jede Bewegung irgend eines Teilchens, sogar eines beliebigen Fotons, selbst in gedachten Milliarden Lichtjahren Entfernung (es spielt dabei keine Rolle, ob dein Nachbar in zehn Meter Entfernung von dir auf seinem Lokus sitzt oder in zehn Milliarden Lichtjahren Entfernung) hat eine Wirkung auf unsere Existenz. Klar, dies könnte man jetzt etwas primitiv als Esoterik bezeichnen - aber es ist Physik.

Thomas hat es wunderbar einfach formuliert - "Gott ist, weil ich bin, bin ich nicht, so ist auch Gott nicht" ( meine Interpretation seines geschriebenen)

Gruß
Seeadler
Alles, was ich hier schreibe, verstehe ich lediglich als Gedanken und Anregungen, Inspirationen, keine Fakten! Wenn es mit tatsächlichen abgleichbaren Fakten übereinstimmt, dann zufällig.

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#64 Re: Was ist Verschränkung?

Beitrag von ThomasM » Do 5. Jun 2014, 09:59

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Ist es korrekt, dass es durch Dekohärenz zur Verschränkung von Mikrokosmos und Makrokosmos kommt? Führt diese Betrachtung denn nicht logisch zur Viele-Welten-Deutung?
Nach meiner Auffassung, haben Dekohärenz und Verschränkung nichts mit der Viele-Welten-Deutung zu tun. Dekohärenz ist einfach eine Folge der Wecheslwirkung mit der Umwelt, die es unmöglich macht, Makro-Systeme (wie Schrödingers Katze) mit der Mirkowelt (Zerfall eines Atoms) zu verknüpfen. Deshalb ist Schrödingers Katze in der Tat entweder tot oder lebendig, aber sie ist keinesfalls in einer Superposition von Beidem.
Mit dieser Frage sind wir bereits bis zum Hals in Metaphysik, denn die Physik kümmert sich nicht um solche Fragen, es genügt die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten hinreichend genau durchzuführen.

Als die QM entwickelt wurde, hat sich Bohr mit denselben Fragen beschäftigt. Woher kommt der Unterschied zwischen Mikro- und Makroobjekten?
Denn solange ich mit der Schrödinger Gleichung hantiere, habe ich keine Chance, auf das Makroobjekt zu kommen, auch eine Katze ist dann immer gemischt tot/lebendig aber niemals entweder/oder wie es die QM berechnet.
Als Ausweg erfand er den Kollaps der Wellenfunktion, d.h. in dem Augenblick, an dem man die Messung macht, bricht die Wellenfunktion auf eine der beiden möglichen Zustände zusammen.
Aber den Physikern war diese Deutung schom immer unangenehm, genau mit dem Argument, das Pluto hier bringt. Damit ist die Frage offen, wann und wie der Übergang zwischen Mikro und Makro stattfindet.

In neuerer Zeit hat sich Zeilinger intensiv experimentell mit dem Thema beschäftigt. Er fand keine echte Antwort, sondern er verschiebt die Frage. Das ist das, was Dekohärenz aussagt.
Seine Aussage ist: Nicht das "Nachschauen" macht den Übergang, sondern jede Wechselwirkung mit dem Rest des Universums. Sobald eine solche Wechselwirkung auftritt wird der Quantenzustand dekohärent und entwickelt sich in einen eindeutigen (Makro) Zustand. Nur in welchen kann man nicht vorhersagen.
Von der QM her verschiebt man damit das Problem, denn statt eines isolierten "Katze"-Systems muss man jetzt das ganze Universum in seine Gleichung aufnehmen. Die Verschränkung ist nicht weg, sie wird nur zu einer Verschränkung des gesamten Universums.
Das kann man nicht beobachten, wenn man sich aber auf die Katze konzentriert, ist sie tatsächlich entweder tot oder lebend, weil sich durch die Anwesenheit des Universums die Anteile der Mischung zu null mitteln. Die Katze ist nicht mehr gemischt, aber das Universum ist es noch.

Hinweis: Dieser Effekt ist ähnlich zu der Beobachtung, dass wir in einem Raum voller Luft nicht ersticken, wenn wir in einer Ecke sitzen. Theoretisch könnten wir ersticken, wenn sich nämlich alle Luftmoleküle auf der Seite versammeln, in der wir nicht sitzen. Berechnet man aber die Wahrscheinlichkeit für diesen Fall, dann sehen wir, weil es so extrem viele Moleküle sind, dass die Wahrscheinlichkeit für das Ersticken zu 0 geht (aber niemals ganz 0 ist). Was uns normalerweise das Leben rettet.

Damit haben wir die kuriose Situation, dass einzelne "Makro" Objekte wieder bequem klassisch gesehen werden dürfen (weil die Verschränkung an das Universum abgegeben wurde), aber das größte aller Makro-Objekte, das Univesum, nur noch quantenmechanisch zu sehen ist. Wie kommt das denn jetzt zu seinem Zustand?
Dafür wurde die Viele Welten Interpretation erfunden.
Es gibt auch andere Interpretationen, wie z.B. dass ein Gott entscheidet, welchen Zustand das Universum einnimmt.
Beide Interpretationen sind unbeobachtbar, unmessbar und daher keine Naturwissenschaft mehr.

Gruß
Thomas
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#65 Re: Was ist Verschränkung?

Beitrag von closs » Do 5. Jun 2014, 10:34

seeadler hat geschrieben:In dem Moment wo ich nicht bin, ist alles andere auch NIcht!
Stimmt - aus Sicht des Individuums. - "Sein" ist aber, was unabhängig davon "der Fall ist", ob jemand daran teilhat oder nicht.

seeadler hat geschrieben: "Gott ist, weil ich bin, bin ich nicht, so ist auch Gott nicht"
Auf ganz komplizierte Weise stimmt das wieder - ist aber auf verführerisches Weise missverständlich, da anthropozentrisch und somit satanisch. -

Ich formuliere deshalb um: "Da das, was aus Gott kommt, nicht verloren werden kann, ist beides untrennbar verbunden - WÜRDE das eine wegfallen, wäre das andere auch weg - übrigens ein gutes Argument für die Allversöhnung. - Wie wäre es mit folgender Formulierung:

"Ich bin, weil Gott ist, ist Gott nicht, bin auch nicht nicht" - das müsste doch eigentlich auch in Dein Modell passen.

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#66 Re: Was ist Verschränkung?

Beitrag von closs » Do 5. Jun 2014, 10:51

ThomasM hat geschrieben:Damit haben wir die kuriose Situation, dass einzelne "Makro" Objekte wieder bequem klassisch gesehen werden dürfen (weil die Verschränkung an das Universum abgegeben wurde), aber das größte aller Makro-Objekte, das Univesum, nur noch quantenmechanisch zu sehen ist.
Hieße das - vereinfacht gesagt -, dass das einzelne "Makro-Objekt" um den Preis klassisch gesehen werden kann, dass das Universum NICHT klassisch gesehen werden kann? - Wenn ja, wäre das eine interessante Aussage.

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#67 Re: Was ist Verschränkung?

Beitrag von Zeus » Do 5. Jun 2014, 10:56

seeadler hat geschrieben:Es gibt nichts außerhalb unserer Wahrnehmung.
closs hat geschrieben:"Geben" tut es das (wahrscheinlich) schon - aber wir werden es erst nach dem Daseins-Tod so erkennen, wie wir bereits erkannt sind. - Der Tod ist die Aufhebung der ontologischen Differenz.
Letztere ist sowieso nur ein Hirngespinst der Gläubigen.
Zeus hat geschrieben:Wenn man aber atomare Teilchen beobachtet, wird durch den Impact jeglicher elektromagnetischer Strahlung die Messung (vereinfacht gesagt) mehr oder weniger stark verfälscht.
closs hat geschrieben:Selbstverständlich - aber bei der Verschränkung geht es doch um mehr.
Richtig. Meine Antwort bezog sich nur auf den (angeblichen) Einfluss des Beobachtenden auf das, was der Fall ist.
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#68 Re: Was ist Verschränkung?

Beitrag von closs » Do 5. Jun 2014, 10:59

Zeus hat geschrieben:Meine Antwort bezog sich nur auf den (angeblichen) Einfluss des Beobachtenden auf das, was der Fall ist.
Aber diesen Einfluss scheint es doch bei der Verschränkung tatsächlich aus physikalischen (!) Gründen zu geben. - Wenn ja - um mehr geht es mir momentan nicht.

Zeus hat geschrieben:Letztere ist sowieso nur ein Hirngespinst
ALLES, was Wahrnehmung ist, ist "Hirngespinst" - so gesehen ist der Mensch eine Monade.

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#69 Re: Was ist Verschränkung?

Beitrag von Zeus » Do 5. Jun 2014, 11:43

ThomasM hat geschrieben:Es gibt auch andere Interpretationen, wie z.B. dass ein Gott entscheidet, welchen Zustand das Universum einnimmt.
Genauso wie früher der Gott Donar für Blitz und Donner verantwortlich war.
:mrgreen:
Bild
Gruß
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#70 Re: Was ist Verschränkung?

Beitrag von ThomasM » Do 5. Jun 2014, 12:31

closs hat geschrieben: Hieße das - vereinfacht gesagt -, dass das einzelne "Makro-Objekt" um den Preis klassisch gesehen werden kann, dass das Universum NICHT klassisch gesehen werden kann? - Wenn ja, wäre das eine interessante Aussage.
Es heisst zunächst:
WENN die QM als fundamentale Theorie korrekt ist (und momentan gibt es nichts, was dagegen spricht), dann ist der naturwissenschaftliche Ansatz, dass man Teile des Universums getrennt betrachten kann nicht korrekt, weil über die Verschränkung alles mit allem verknüpft ist.

Da das Universum aber ziemlich groß ist, ist es sehr oft eine gute Näherung, makroskopische Objekte makroskopisch zu betrachten. Das gilt aber nicht, wenn man den Aufbau so geschickt wählt, dass die Näherung nicht mehr zutrifft. Solche makroskopischen Gebilde, die quantenmechanische Eigenschaften aufweisen, werden aktuell in zunehmenden Maße erforscht.
In der Regel ist der Versuchsaufbau dann so, dass sich das makroskopische System in einer instabilen Situation befindet, so dass die QM Verschränkungen darauf Auswirkungen haben.

Das Universum selbst können wir aktuell nur klassisch betrachten, weil wir noch keine Quantentheorie der Gravitation haben. Sobald wir so etwas haben sollten, hoffen die Physiker, sich auch dem Verschränkungs Problem nähern zu können.
Für's erste ist da Problem nur einfach in weite Entfernung geschoben worden, was dann für praktsche Zwecke hinreichend ist.

Gruß
Thomas
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