Was ist Bewusstsein?

Ethik und Moral
Medizin & Krankheit
closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#291 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von closs » Fr 30. Mai 2014, 19:38

Naqual hat geschrieben:Wenn Du eine geisteswissenschaftliche Ausbildung als Hintergrund hast (nehme ich an) kannst Du als Autodidaktik selbst Theologie bzw. Religionswissenschaften studieren.
Vielen Dank für den Hinweis - aber um einen weiteren Ausbildungsnachweis geht es mir nicht. Mir ging es damals darum, Gleichgesinnte zu treffen. Das aber scheint sehr, sehr schwer zu sein, weil auch die Geisteswissenschaften derart "aufklärerisch" (also ego-zentriert) sind, dass man da nur von Modellen hört, aber nicht von Erkenntnis.

Es gibt sehr wenige Menschen (die ich suche), die sowohl (geistes-)wissenschaftlich akzeptiert sind als auch erkenntnis-theoretisch fundamental aufgestellt sind - ein Horror. - Neulich habe ich von einer theologischen (!) Habilitations-Arbeit gehört, die nachweist :devil: , dass es mehr als 3 (in Worten: 3) :shock: Geschlechter gibt - Gendering läuft halt gut.

Naqual hat geschrieben: Setzungen müssen zwar normalerweise genannt werden, aber nicht, wenn sie in ihrer Zeit als selbstverständlich gelten.
Genau das ist der Punkt. - Wäre es selbstverständlich, dass jeder eigene Setzungen kennt, müsste man nicht ständig drüber reden.

Naqual hat geschrieben: Naja, und die Philosophen hinterfragen dann gleich soviel, dass es selbst mir manchmal keinen Spaß mehr macht (und spätestens bei den Erkenntnistheoretikern merkt man, das eigentlich nichts nicht hinterfragbar ist.
Auch das ist eine "aufgeklärte" Falle: Man weist nach, dass man a) kritisch ist (ist egozentrisch, läuft also gut) und dass man b) nichts erfolgreich hinterfragen kann (WEIL man egozentrisch herangeht). - Folge: Man ordnet sich nolens volens der Naturwissenschaft unter, die innerhalb ihres Systems objektiv ist (was ja wirklich das Fall ist). - Mit anderen Worten: Man verrät seine eigene (geisteswissenschaftliche) Disziplin, weil man in sich keine Substanz hat.

Naqual hat geschrieben:Selbst das "cogito ergo sum". Liegt am "O" bei cogito. Was ist "ich"?).
So ist es. - Die "con-scientia" (das bewusste Mit-Wissen an Gott und der Welt) wird ersetzt durch das Ich-Wissen, das Selbst-Bewusstsein. - Der Mensch macht sich zum Mittelpunkt des Seins. - Die Geisteswissenschaften, weil sie nichte anderes mehr kennen. - Die Naturwissenschaften, weil sie nichts neben ihrem selbst-erschaffenen System gelten lassen.

Als wäre das Buch Hiob nie geschrieben worden. - Wir sind geistesgeschichtlich zurückgeworfen auf das 1.Jt. vor Christus.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#292 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Pluto » Fr 30. Mai 2014, 20:02

closs hat geschrieben:Mir ging es damals darum, Gleichgesinnte zu treffen. Das aber scheint sehr, sehr schwer zu sein, weil auch die Geisteswissenschaften derart "aufklärerisch" (also ego-zentriert) sind,
Sachamal closs,
Aus welchem alten Mülleimer holst du eigentlich deine etymologischen Wortdefinitionen? :roll:
Aufklärung hat mit Egozentrik nun wirklich nichts zu tun. Wikipedia definiert diese Begriffe wie folgt:
dass man da nur von Modellen hört, aber nicht von Erkenntnis.
Modelle (Theorien) führen i.d.R. zu neuen Erkenntnissen.

closs hat geschrieben:Die "con-scientia" (das bewusste Mit-Wissen an Gott und der Welt) wird ersetzt durch das Ich-Wissen, das Selbst-Bewusstsein. - Der Mensch macht sich zum Mittelpunkt des Seins.
Sorry, aber das ist gequirlter Quark.
Ich-Wissen hat mit ICH-Bewusstsein nichts zu tun.
Man nennt es das "ICH-Bewusstsein", weil dort unsere Denkvorgänge verortet sind, und wir (fast) alles was wir denken, in der ersten Person denken.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Demian
Beiträge: 3533
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:09

#293 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Demian » Fr 30. Mai 2014, 20:15

closs hat geschrieben:So ist es. - Die "con-scientia" (das bewusste Mit-Wissen an Gott und der Welt) wird ersetzt durch das Ich-Wissen, das Selbst-Bewusstsein. - Der Mensch macht sich zum Mittelpunkt des Seins. -

Jedes Lebewesen ist ein Ausdruck des einen Seins. Wenn Du von „Mit-Wissen“ sprichst, welches Wissen ist dann gemeint? Es gibt das Sprichwort, dass wir von uns selbst, von unsrem eigenen Herzen gerufen wurden. Dieser Ruf der Gnade ist für mich das Selbst – das eine ewige, grenzenlose Sein – Bewusstsein – das wir sind. Das ist der unveränderliche Hintergrund oder die Wahrheit des Seins von der alle Weisen gesprochen haben. Darum konnte Jesus sagen „Ich und der Vater sind eins“. Die christliche Religion hat daraus gemacht: „Jesus und der Vater sind eins“. Das ist aber nicht richtig, denn Jesus hat uns alle auf die Liebe und Weisheit des einen Lebens, des innersten Lebendigseins verwiesen, in der sich das Eine, das Göttliche verwirklichen möchte. Meister Eckhart unterschied darum den äußeren und den inneren Menschen. Der innere Mensch – der göttliche Lebensfunke – ist die eigentliche Realität, der wir durch Vernunft (!) und Liebe inne werden. Für ihn ist die Vernunft die schöpferische Quelle der eigenen Freiheit. Das was uns wach und lebendig macht.

Das was Sigmund Freud dem Christentum unterstellte: lediglich die vorgestellte Wunscherfüllung von Kind-gebliebenen Erwachsenen zu sein, das trifft auf das in „Kinderschuhen“ stecken gebliebene Christentum zu, was aber heute nicht mal Ansatzweise genug sein kann. Darum stimme ich der Erkenntnis J.Moltmanns zu: „Darum müssen auch Christen ihre Pubertät überwinden und reif und weise werden.“ Durch eine Vereinigung von Mystagogie und philosophischer Praxis. Glaube ohne Philosophie - ohne Erkenntnis, Liebe zur Weisheit, ohne Vernunft - ist aber überflüssig und keineswegs ein Ausweis von Heiligkeit, Würde und echter Nachfolge.

Benutzeravatar
Demian
Beiträge: 3533
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:09

#294 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Demian » Fr 30. Mai 2014, 20:40

Pluto hat geschrieben:Modelle (Theorien) führen i.d.R. zu neuen Erkenntnissen.

Dem möchte ich mit einem Lehrgedicht des chinesischen Dichters Tschuang-tse erwidern: Der gelbe Kaiser verliert auf dem Weg nach Hause seine nachtfarbene Perle. Darauf schickt er die Wissenschaft, die Kritik und die Logik aus. Doch sie finden die verlorene Perle nicht. Schließlich findet das Nichts die nachtfarbene Perle. Darauf sagt der gelbe Kaiser: "Seltsam für wahr: Das Nichts, welches nicht ausgeschickt war und nichts unternahm, um zu finden, hatte die nachtfarbene Perle." Warum hat das Nichts die Perle?

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#295 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Pluto » Fr 30. Mai 2014, 20:46

Demian hat geschrieben:Jedes Lebewesen ist ein Ausdruck des einen Seins. Wenn Du von „Mit-Wissen“ sprichst, welches Wissen ist dann gemeint? Es gibt das Sprichwort, dass wir von uns selbst, von unsrem eigenen Herzen gerufen wurden. Dieser Ruf der Gnade ist für mich das Selbst – das eine ewige, grenzenlose Sein – Bewusstsein – das wir sind.
Wir werden vom Herzen gerufen...? Von einem Muskel :o von einer Pumpe? :shock:
Witz lass nach.... kann ich nur sagen.
Liest du zu viel fernöstliche Esoterik, oder nimmst du dir bloß poetische Freiheiten heraus?

Bewusstsein ist lediglich die Summe unserer bewussten Gedanken. Bewusstsein entsteht als Produkt der nicht-linearen Komplexität des Neocortex eines "höheren" Lebeswesens. Der Ursprung bewussten Denkens ist rein mechanistisch erklärbar.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Demian
Beiträge: 3533
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:09

#296 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Demian » Fr 30. Mai 2014, 21:02

Pluto hat geschrieben:Wir werden vom Herzen gerufen...? Von einem Muskel :o von einer Pumpe? :shock:

Was meinen die Menschen seit Jahrtausenden, wenn sie vom Herzen sprechen? Doch wohl kaum einen bloß organischen Muskel, sondern das intuitive Wissen, dass „ICH BIN“, des innersten, intimsten und tiefsten Lebendigseins. Diese innere Würde und Freiheit. Gibt es diesen inneren Reichtum in deinem Leben nicht?

Bewusstsein ist lediglich die Summe unserer bewussten Gedanken. Bewusstsein entsteht als Produkt der nicht-linearen Komplexität des Neocortex eines "höheren" Lebeswesens

Die Wissenschaft erforscht das formlose Bewusstsein anhand einer Form und identifiziert es damit. Mit welcher Begründung?

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#297 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Pluto » Fr 30. Mai 2014, 21:13

Demian hat geschrieben:Diese innere Würde und Freiheit. Gibt es diesen inneren Reichtum in deinem Leben nicht?
Ja sicher gibt es die, aber sie ist in meinem Kopf angesiedelt. Wie gesagt, poetische Freiheiten sind natürlich erlaubt, aber nicht wirklich förderlich für die Erklärung des menschlichen Bewusstseins.

Die Wissenschaft erforscht das formlose Bewusstsein anhand einer Form und identifiziert es damit. Mit welcher Begründung?
Mit der Begründung, dass es uns erlaubt das gestörte Verhalten vieler am Gehirn verletzten Patienten. Mit einer Bewusstsein-vor-Materie Hypothese schafft man Ähnliche nicht, denn diese wirkt eher kontraproduktiv bei der Erforschung von Verhaltensstörungen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#298 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von closs » Fr 30. Mai 2014, 21:25

Pluto hat geschrieben:Aufklärung hat mit Egozentrik nun wirklich nichts zu tun.
Ursprünglich ist sie wirklich nicht so gemeint - aber de fakto hat sie sich dahion entwickelt. - Allerdings muss ich mich korrigieren: Es darf nicht "egozentrisch" heißen, sondern muss "anthropozentrisch" heißen. - Mein Fehler.

Pluto hat geschrieben:Ich-Wissen hat mit ICH-Bewusstsein nichts zu tun.
Ich weiss nicht genau, worauf Du rauswillst. - Mir geht es um die Gegenüberstellung von Orientierung an der Schöpfung ("con-scientia") und Orientierung am Ich.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#299 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Pluto » Fr 30. Mai 2014, 21:30

closs hat geschrieben:Ich weiss nicht genau, worauf Du rauswillst. - Mir geht es um die Gegenüberstellung von Orientierung an der Schöpfung ("con-scientia") und Orientierung am Ich.
Weder das eine noch das andere ist mir ein Begriff, deshalb erkläre ich was "ICH-Besusstsein" bedeutet.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#300 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von closs » Fr 30. Mai 2014, 21:41

Pluto hat geschrieben:deshalb erkläre ich was "ICH-Besusstsein" bedeutet.
Das wäre eine Kategorie aus der Psychologie und hat dort sicherlich seine Berechtigung.

Pluto hat geschrieben:Weder das eine noch das andere ist mir ein Begriff
Hmm - es ist ein Unterschied, ob man sich selbst zum Hauptthema macht oder das, was man erkennt. - Kommen wir uns näher?

Demian hat geschrieben:Jedes Lebewesen ist ein Ausdruck des einen Seins. Wenn Du von „Mit-Wissen“ sprichst, welches Wissen ist dann gemeint?
Dass der Mensch ein Ausdruck des einen Seins ist. :)

Pluto hat geschrieben:Bewusstsein entsteht als Produkt der nicht-linearen Komplexität des Neocortex eines "höheren" Lebeswesens. Der Ursprung bewussten Denkens ist rein mechanistisch erklärbar.
Hier haben wir dasselbe Problem wie bei unserer Diskussion über Mathematik: Der Mensch entwickelt sich in etwas hinein, was es schon gibt - konkret:

"Bewusstes Denken" ist die Fähigkeit, Dinge geistig zu erkennen. Das, was man erkennt, ist ewig (so sollte es wenigstens sein :lol: ) - wird also nicht erfunden, sondern entdeckt. - Die mechanistischen Voraussetzungen sind als Werkzeug nötig, um dahin zu kommen - denn dafür sind sie da.

Antworten