Was ist Bewusstsein?

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Naqual
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#271 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Naqual » Do 29. Mai 2014, 18:35

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Aber das hat halt wenig bis nichts mit dem zu tun, was "gut" und "böse" vom Grundbegriff her ist.
Schon möglich, aber da nur unsere Wahrnehmung zählt, ist der Grundbegriff nicht erfassbar, und somit uninteressant.
Wichtig finde ich, dass man "angenehm und unangenehm" wahrnimmt. Böse und Gut nicht. Es ist allenfalls eine innere Wahrnehmung auf der Grundlage einer Bewertung.
Es kommt darauf an, wie man gut und böse definiert. Gut und böse kann etwas nicht aus sich selbst heraus sein, sondern nur in Bezug auf einen normativ gesetzten Maßstab auf den man sich bezieht.
Wenn mir einer absichtlich mit dem Auto reinfährt während ich auf dem Fahrrad sitze, so ist das unstrittig unangenehm. Auf den ersten Blick auch recht böse. Muss es aber nicht sein, z.B. wenn ich aufgrund der Verletzung im Krankenhaus jemanden treffe, der positiv für meinen weiteren Lebensweg von entscheidender Bedeutung wird. Oder ich beim Kampf gegen die Verletzungen und die Folgen der ersten Zeit innerlich gestärkt werde. d.h. die bloße Wahrnehmung sagt noch nicht viel aus zu gut und böse. Es kommt immer etwas dazu. Und Bewertungen finde ich nicht einfach uninteressant. Sie sind das Interessanteste überhaupt! ;)

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#272 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von closs » Do 29. Mai 2014, 21:27

Pluto hat geschrieben:Schon möglich, aber da nur unsere Wahrnehmung zählt, ist der Grundbegriff nicht erfassbar, und somit uninteressant.
Das ist der Knackpunkt - selbstverständlich bin ich exakt umgekehrter Meinung:

Das Ideal/der Grundbegriff/die absolute Entität (christlich gesprochen: Jesus) ist das Eigentliche - Wahrnehmung ist der grundsätzlich zum Scheitern verurteilte Versuch, diesem Ideal zu entsprechen. - Allerdings ist es falsch, daraus eine leidende Sisyphos-Haltung zu konstruieren (was viele Christen tun) - im Gegenteil: Gerade die Unzulänglichkeit gibt Freiheit in der Erlösung durch "das Ideal" (christlich gesehen würde hier "Gott" stehen). - Goethe würde sagen: "Der gute (also ideal/gott-zugewandte) Mensch in seinem dunklen Drang ist sich des rechten Weges wohl bewusst" .bzw. "Wer ewig strebend sich bemüht, den können wir erlösen".

Das heisst: Der geistige Mensch ist sich immer der Differenz zwischen Ist- und Soll-Zustand bewusst.

Pluto hat geschrieben: Da für uns NUR Ersteres zählt, ist die absolute Entität selbst nicht relevant
Ganz im Gegenteil: NUR die absolute Entität ist unterm Strich relevant - es sei denn, man beschränkt sich auf Daseins-Erfolg. Dann ist auch richtig, dass der Mensch ein besonders gut ausgestattetes Tier ist. - Das hat dann aber nichts mehr zu tun mit "geistiger Existenz". - Wir kommen unseren Weltanschauungs-Differenzen konkret nahe.

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#273 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Pluto » Do 29. Mai 2014, 21:31

closs hat geschrieben:Das Ideal/der Grundbegriff/die absolute Entität (christlich gesprochen: Jesus) ist das Eigentliche - Wahrnehmung ist der grundsätzlich zum Scheitern verurteilte Versuch, diesem Ideal zu entsprechen.
Welchem Ideal denn?

Der geistige Mensch ist sich immer der Differenz zwischen Ist- und Soll-Zustand bewusst.
Wie?

NUR die absolute Entität ist unterm Strich relevant...
Welche Entität?

Es ist nicht möglich "Ideale" und "Entitäten" zu definieren, die wir nicht wahrnehmen können.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#274 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von closs » Do 29. Mai 2014, 21:39

Naqual hat geschrieben:Dualistisches Denken kann man im AT ausschließen.
Ja - die Rezeption bzw. die geistige Befähigung dazu ist erst auf dem Wege dorthin. Das ändert aber nichts daran, dass das AT genauso wie das NT in einer dialektischen und so gesehen "dualistischen Welt" lebt - denn sowohl AT als auch NT leben nach dem sogenannten "Sündenfall".

Naqual hat geschrieben: Paulus formuliert zumindest dualistisch.
Spätestens hier wäre zu klären, was man unter "Dualismus" versteht.

A)
Meint man damit die Trennung von Schöpfung und Gott ("Sündenfall"/"ontologische Differenz"/ etc.)? In diesem Fall steht der Monismus DARÜBER, demnach "alles in einem" IST.

B)
Oder meint man damit, dass Gott im Satan einen gleich-dimensionalen (!!!) Gegenspieler hat? - Das kann Paulus nicht gemeint haben - und ist im übrigen unbiblisch und unchristlich - und ist zudem etwas GANZ anderes als A).

Welcher Definition stimmst Du zu? - A) oder B) - oder gibt es ein C)?

Naqual hat geschrieben:Wieso? Ist doch ein Happy End. Hiob widersteht allen möglichen Anfeindungen und bleibt Gott treu.
Mit Verlaub: Das ist ein grandioses Missverständnis in Bezug auf Hiob - allerdings dem Umstand geschuldet, dass der "Dramenschluss" eigentlich im Widerspruch zur Handlung steht (deshalb meine Bemerkung "Deus-ex-Machina"). - Mit Deiner Interpretation fällst Du auf die Haltung Hiobs Freunde zurück, die Hiob erfolgreich auseinandernimmt.

Am Ende geht es Hiob nicht deshalb gut, weil seine Freunde recht haben, sondern obwohl sie unrecht haben. - Das Buch Hiob ist im übrigen derart durchsetzt von dialektischen Brechungen, dass man so ziemlich alles daraus deuten kann. - Und genau das ist aber das Thema, weshalb Gott am Ende so deutlich auftritt: "Hört auf zu deuten und fangt an zu hören" (in meinen Worten).

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#275 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von closs » Do 29. Mai 2014, 21:43

Pluto hat geschrieben:Es ist nicht möglich "Ideal" und "Entität" zu definieren, wenn wir sie nicht wahrnehmen können.
Stimmt - aber man kann unbekannterweise erkennen (meinetwegen "setzen"), dass Ideal/Entität/Gott für die letzte Form der Erkenntnis stehen, die uns zu Lebzeiten versagt bleibt.

Was glaubst Du, warum "Jahwe" "Ich-bin" heisst - also keinen "inhaltlichen" Namen hat - und warum man sich "kein Bild" von Jahwe/dem Ideal/der Entität machen soll? - Antwort: Weil Bild (Wahrnehmung) nicht zum Statthalter für Jahwe/Ideal/Entität (Realität) werden dürfen

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#276 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Pluto » Do 29. Mai 2014, 22:31

closs hat geschrieben:aber man kann unbekannterweise erkennen (meinetwegen "setzen"), dass Ideal/Entität/Gott für die letzte Form der Erkenntnis stehen, die uns zu Lebzeiten versagt bleibt.
Eine Setzung die man nicht überprüfen kann, gibt einem bestenfalls ein wohliges Gefühl in der Magengegend.

Weil Bild (Wahrnehmung) nicht zum Statthalter für Jahwe/Ideal/Entität (Realität) werden dürfen
Damit wird Gott bewusst "unergründlich" gemacht.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#277 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von closs » Do 29. Mai 2014, 23:48

Pluto hat geschrieben:Eine Setzung die man nicht überprüfen gibt einem bestenfalls ein wohliges Gefühl in der Magengegend.
Setzungen kann man NIE überprüfen - Setzungen sind immer nur plausibel erscheinende Entwürfe. - Das gilt für die Naturwissenschaft genauso wie für spirituelle Dinge.

Pluto hat geschrieben:Damit wird Gott bewusst "unergründlich" gemacht.
Nicht "gemacht", sondern "erkannt". - Es wird erkannt, dass es im dialektischen Raum (also im Dasein) nur Annäherungen geben kann. - Erkennen, wie man erkannt ist (1.Kor. 13,12), geht erst, wenn man nicht mehr im Dasein ist, sondern im EINS ist - also nicht mehr im dialektischen Raum ist.

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#278 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Pluto » Fr 30. Mai 2014, 00:21

closs hat geschrieben:Setzungen kann man NIE überprüfen.
Selbstverständlich kann man vernünftige Setzungen (Axiome) falsifizieren und verifizieren.
Wenn es sich allerdings um Dogmen handelt, wie bspw. die von dir behaupteten Ideale und Entitäten, dann sind sie nicht falsifizierbar. Dann kann man sie aber mit dem gleichen Mittel der Behauptung verwerfen.
- Setzungen sind immer nur plausibel erscheinende Entwürfe.
Sorry. Plausibilität ist kein Argument, sondern ebenfalls nur eine Setzung.

Es wird erkannt, dass es im dialektischen Raum (also im Dasein) nur Annäherungen geben kann.
Diese sind dann so nebulös, dass jeder sich seine eigene Vorstellung basteln kann.
Das ist mir eindeutig zu wenig.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#279 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von closs » Fr 30. Mai 2014, 00:38

Pluto hat geschrieben:Selbstverständlich kann man vernünftige Setzungen (Axiome) falsifizieren und verifizieren. Wenn es sich allerdings um Dogmen handelt
OK - dann bleiben wir bei dem allgemeinen Wort "Setzung". - In geistigen Dingen kann man Setzungen widerspruchsfrei darstellen - was gar nicht einfach ist.

Pluto hat geschrieben:die von dir behaupteten Ideale und Entitäten ... sind ... nicht falsifizierbar.
Altes Problem: Wie soll man etwas verifizieren/falsifzieren, das nicht Teil der naturalistischen Welt ist? - Teil der naturalistischen Welt sind "nur" die Ableitungen dieser Entitäten.

Der eine setzt halt dann, dass das Dasein letzte Instanz/höchste Existenzform ist - der andere setzt, dass das Dasein Ableitung der göttlichen Realität ist. - In beiden Fällen Glaubenssache.

Pluto hat geschrieben:Plausibilität ist kein Argument, sondern ebenfalls nur eine Setzung.
Nicht ganz - man kann sehr konkret denken und daraus Plausibilitäten ableiten - z.B. (ein beliebiges Beispiel): Gott ist keine dialektische Größe.

Pluto hat geschrieben:Diese sind dann so nebulös, dass jeder sich seine eigene Vorstellung basteln kann.
Stimmt - und ein Teil dieser Vorstellung wird sich als authentisch erweisen und ein anderer Teil nicht - aber halt nicht im Dasein. - Das ist das Los des spirituellen Menschen: Bis er erkennt, wie er erkannt ist, bleiben ihm nur Glaube, Hoffnung und die Liebe. - Eine ganz andere Baustelle als die naturalistische.

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#280 Re: Was ist Bewusstsein?

Beitrag von Pluto » Fr 30. Mai 2014, 01:19

closs hat geschrieben: In geistigen Dingen kann man Setzungen widerspruchsfrei darstellen...
Selbst wenn man es könnte, wäre es kein Argument für die Richtigkeit der Setzung.

Pluto hat geschrieben:die von dir behaupteten Ideale und Entitäten ... sind ... nicht falsifizierbar.
Altes Problem: Wie soll man etwas verifizieren/falsifzieren...
... was nicht existiert?

Der eine setzt halt dann, dass das Dasein letzte Instanz/höchste Existenzform ist - der andere setzt, dass das Dasein Ableitung der göttlichen Realität ist. - In beiden Fällen Glaubenssache.
Nein. Es ist immer eine Frage der Wahrscheinlichkeiten. Wenn ich setze, dass ein Flugzeug fliegen kann, kann ich dies anhand von Statistiken bestätigen. Wenn ich setze dass es ein Sein gibt, so kann ich das mit nichts bestätigen.

Pluto hat geschrieben:Plausibilität ist kein Argument, sondern ebenfalls nur eine Setzung.
Nicht ganz - man kann sehr konkret denken und daraus Plausibilitäten ableiten - z.B. (ein beliebiges Beispiel): Gott ist keine dialektische Größe.

Das ist das Los des spirituellen Menschen: Bis er erkennt, wie er erkannt ist, bleiben ihm nur Glaube, Hoffnung und die Liebe.
Ich würde sagen, es bleibt nur der Wunsch.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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