closs hat geschrieben:Naqual hat geschrieben:Hier stehen sich zwei grundsätzlich unterschiedliche "Bewusstseine" gegenüber wie man sich die Welt bewusst macht und erklärt.
Ganz ehrlich: Ich sehe den Unterschied nicht so sehr. - Geht es nicht in beiden Fällen um die Dialektik aus "gut" und "böse"? - Den einzigen Unterschied, den ich sehe, ist, dass man im AT geglaubt haben könnte, das Heil sei diesseitig machbar. - Täusche ich mich da?
Ja.
Das AT (bzw. das "jüdische Denken") ist nicht dualistisch, das Christentum ja.
Gut und Böse sind im althebräischen Denken keine Gegensätze. Beides kommt von Gott für das Vollkommene. Das Böse muss allerdings überwunden werden dabei. Siehe Hiob: kein Gegensatz von Gott und Teufel (dualistisch), sondern der Teufel ist ein dienender Engel Gottes. Eine im Christentum zutiefst abstruse Vorstellung, die im dualistischen Denken eine gewisse Ratlosigkeit hinterlässt. Mir selbst habe ich damit vorstellungsmäßig beholfen, dass ich bei der althebräischen Vorstellung Gut und Böse schlicht mit "angenehm" und "unangenehm" übersetze. Wenn ein Mensch nur Angenehmes hat, kann es böse werden, andernfalls ist es auch so, dass Mensch manchmal Unangenehmes braucht um sich zum Guten zu wenden. Gott (Jahwe) hat keine opportunierende böse Kraft (Satan). Im jüdischen Denken exisitiert das Böse nicht wirklich, sondern es ist etwas, mit dem man zur Verherrlichung Gottes umgehen muss. Eine Herausforderung.
In diesem Denken ist die Welt auch nicht böse (sie ist ja von Gott geschaffen), sondern alles dient seinem guten Zweck. Wenn man auch nicht immer weiß warum dies im Einzelfall so ist, aber es wird dem vertraut (idealtypisch, praktisch ist es ein wenig komplizierter).
Im christlichen Denken wird ein böses Dieseits (Welt) einem guten Jenseits (Himmel) gegenübergestellt.
Natürlich ist im AT das Heil diesseitig machbar, wenn man an Gott orientiert ist. In diesem Denken wäre das Neue Jerusalem z.B. ein ganz irdisches Jerusalem an entsprechender Stelle auf der Weltkugel. In unserer Realität (!) würde dann das Richtige gemacht werden. Darum geht es eigentlich, dass der Wille Gottes geschieht hier auf Erden.
"Das Heil sei diesseitig nicht machbar" ist eine Aussage, die ich so in der Bibel nicht finde, aber im christlichen Denken.
In der Bibel beklagt sich Gott darüber, dass der Mensch das Heil nicht realisiert, sondern "rum-zickt".
Im christlichen Denken wird das Diesseitige oft zum "der Mensch schaff es eh nicht", aber dann in einem nicht weiter vorgestellten Himmel (außer das es da sehr schön sei müsste, so in Gottesnähe), nachdem einen Gott verwandelt hat, gehts auf einmal. Im AT-Denken ist es ja gerade das Gottlose, dass der Mensch es grundsätzlich kann und trotzdem nicht tut. Im neuzeitlich-christlichen Denken dominiert die Vorstellung, dass der Mensch grundsätzlich gar nicht kann.
Im AT-Denken geht es darum die Welt zu gestalten, im christlichen Denken wurde sie bereits aufgegeben (man trainiert hier nur noch ein wenig für das zukünftige jenseitige Reich).
So gesehen würde ich schon sagen, dass zwischen diesen Auffassungen Welten bestehen.