Der Verfasser des Matthäus-Evangeliums (Niederschrift etwa 80-90 n. Chr.) hat sich in besonderem
Maße darum bemüht aufzuzeigen, dass zahlreiche seiner von ihm geschilderten Ereignisse nichts an-
deres als die selbstverständliche Erfüllung alttestamentlicher Prophezeiungen darstellen.
"...DA WURDE ERFÜLLT, WAS DURCH DIE PROPHETEN..."
Dass er dabei ganz gewaltig mit der Wahrheit auf dem Kriegsfuß stand, habe ich in den Threads
"Aus Ägypten rief ich meinen Sohn..." und
"Erfüllte Prophezeiung? Der Kindermord in Bethlehem."
sicherlich nicht unbegründet nachzuweisen versucht; denn von alttestamentlichen Prophezeiungen (und
damit von deren Erfüllungen) konnte ernsthaft nicht die Rede sein! Da hat unser Matthäus entweder ganz
bewusst die Unwahrheit geschrieben oder er war bei der Abfassung seines Textes "nicht mehr ganz bei
sich gewesen." Kann man sich aussuchen.
Ich bringe nun ein weiteres Beispiel dieser Art:
Dem Joseph - so schildert es der Evangelist - erscheint ein Engel im Traum und versucht diesem weiszu-
machen, dass seine Verlobte Maria vom "Heiligen Geist" schwanger sei und sie einen Sohn gebären würde,
den er - Joseph - den Namen "Jesus" geben solle.
Aus diesem angeblichen Geschehnis macht Matthäus in bekannter Art eine erfüllte Prophezeiung, indem er
nassforsch postuliert (Matth. 1, 22-23):
"Dies alles aber ist geschehen, damit erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten geredet hat, der
spricht: "Siehe, eine Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären; und man wird ihm den Na-
men Immanuel geben; das heißt übersetzt: "Gott mit uns."
Gläubige, die diesen Text lesen, werden sicherlich nicht groß darüber nachdenken, dass Marias Sohn laut aus-
drücklichem Befehl des Engels eben nicht Immanuel" genannt werden sollte, sondern Jesus (ein damals weit-
verbreiteter Name, jüdisch = Jeschua). Also, das ist schon ein Hammer. Matthäus nennt zunächst den vom En-
gel vorgegebenen Namen Jesus und konstatiert dann zwei Verse weiter unter Hinweis auf den Namen Immanu-
el eine erfüllte Prophezeiung.
Ist das nun Unverfrorenheit oder naive Blödheit?
Weil der Text schon so lang geworden ist, erspare ich mir die in diesem Zusammenhang eigentlich weiter zu er-
wähnenden "matthäischen Klöpse" (Jes. 7, 14: König Ahas, zeitnahe Erfüllung der Prophezeiung, nicht 700 Jahre
später, im hebräischen Text: keine "Jungfrau", sondern "junge Frau" (alma), in der griechischen Septuaginta: Jung-
frau (parthenos).
Ja, ja, unser lieber Matthäus....Möglicherweise hatte er ja gehofft, die Leser seines "Evangeliums"
seien - alttestamentarisch - nicht ganz so "bibelfest" .

das "Wort Gottes"? Zumal der Evangelist ständig so verfahren ist!



sich wohl dabei gedacht, als er das Markus-Evangelium mit solchen "Reflexionszitaten" aus dem
"Alten Testament" erweiterte?
LG Münek