Alles Fügung, oder was?

closs
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#11 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von closs » Mo 20. Jan 2014, 01:20

Magdalena61 hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass Gott das "Schicksal" aller Menschen "vorherbestimmt".
Das Wort "Vorherbestimmung" ist eh kritisch.

Wie soll man es nennen, dass Gott, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft "gleichzeitig" sieht, dabei
* vieles, was passiert, vom Menschen gestalten lässt
* UND gleichzeitig daraus das fügt, wie er's haben will.
Mir ist diese "Gleichzeitigkeit" von "Fügung seit den Urtagen" und trotzdem "freien Willen des Menschen" gedanklich vollkommen klar, aber die Sprache dafür ist schwer zu finden.

Magdalena61 hat geschrieben:Denn wenn das der Fall wäre, gäbe es keine Ungläubigen, keine Gottesleugner, keine Wahl- Atheisten.
Doch - denn es geht doch gerade darum, am Wahren und Unwahren seine eigene Erkenntnis zu stärken. - Jeder ist gefügt, seine heilsgeschichtliche Rolle zu spielen - auch wenn er dabei das hat, was er als "freien Willen" bezeichnet.

Ungläubige, Gottesleugner und Wahl- Atheisten sind das, was sie sind, weil sie (noch) nicht "erkennen". - Dazu kommen Christen, von denen einige erkennen und andere nicht. - Es ist ein Ragout.

Kein Mensch tut sich etwas wider eigenem besseren Wissens an. - Ungläubige, Gottesleugner und Wahl- Atheisten "wollen" das sein, weil sie nicht mehr "wollen" können, als das, was sie erkennen. - Aus meiner Sicht wird es keine Ungläubigen, Gottesleugner und Wahl- Atheisten geben, wenn alle erkannt haben, wie sie schon immer erkannt sind.

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#12 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von Pluto » Mo 20. Jan 2014, 01:23

Magdalena61 hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass Gott das "Schicksal" aller Menschen "vorherbestimmt".
Denn wenn das der Fall wäre, gäbe es keine Ungläubigen, keine Gottesleugner, keine Wahl- Atheisten.
So isses.
Und die Geschichte von A&E und der Schlange wäre dann auch keine freie Wahl, sondern müsste göttliche Fügung gewesen sein. Dazu müsste Gott aber den Sündenfall vorhergesehen und geplant haben, etwas was sich beim besten Willen nicht mit dem Bild eines barmherzigen, gütigen Gottes vereinbaren lässt.
[IMHO natürlich]
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#13 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von Pluto » Mo 20. Jan 2014, 01:34

closs hat geschrieben:Mir ist diese "Gleichzeitigkeit" von "Fügung seit den Urtagen" und trotzdem "freien Willen des Menschen" gedanklich vollkommen klar, aber die Sprache dafür ist schwer zu finden.
Sie kann dir nur deswegen klar sein, weil du davon ausgehst, dass unser Wille unabhängig von unserer Fügung ist. Sobald wir dies annehmen, treffen wir aber eine Wahl im Dasein, wo wir genau wissen, dass wir wählen können. Demzufolge ist Fügung nicht möglich.

Jeder ist gefügt, seine heilsgeschichtliche Rolle zu spielen - auch wenn er dabei das hat, was er als "freien Willen" bezeichnet.
Nein. Entweder man glaubt sein Leben sei durch eine höhere Fügung bestimmt, oder man glaubt man hätte die Freiheit der Entscheidung.
Beides kann ein Mensch nicht gleichzeitig glauben.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#14 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von closs » Mo 20. Jan 2014, 01:49

Pluto hat geschrieben:Denn wir haben immer die Freiheit der Wahl,
Das hat man doch bei Fügung auch - von der doch keiner was weiss. - Der Mensch steht innerhalb seiner Gestaltungs-Möglichkeiten vor Entscheidungs-Freiheiten, die er nutzen kann. - Er muss dabei nicht wissen, ob es Fügung gibt.

Pluto hat geschrieben: Wenn wir durch die Annahme einer göttlichen Fügung vorbestimmt sind, werden wir immer nur scheinbar wählen
Du wählst IMMER "nur scheinbar" - weil Du innerhalb Deiner Möglichkeiten wählst. - Was die Grenzen der eigenen Möglichkeiten sind, weiss man nicht.

Pluto hat geschrieben:Wenn du glaubst etwas aus Sicht einer höheren Macht sehen zu können
Jedenfalls sollte man bei solchen Fragen die Perspektive der übergeordneten Macht einnehmen - weil man sonst nichts verstehen KANN. - Dass man sich als Mensch dabei irren kann, ist eh klar. - Aber WENN man schon eine göttliche Einrichtung "Fügung" verstehen möchte, dann sollte man auch versuchen, deren Position einzunehmen - da nützen menschliche Koordinaten-Systeme gar nichts.

Wenn man sich auf menschliche Perspektiven beschränkt, sollte man schleunigst Begriff wie "Fügung" aus dem Wortschatz streichen - weil es von vorneherein nichts bringt.

Pluto hat geschrieben:Da wir aber nur aus Sicht des Menschen etwas wahrnehmen können, ist der Begriff "nicht kausale Fügung" ein Oxymoron.
Richtig - Du hast es genau richtig formuliert. - Aber aus Sicht Gottes eben NICHT.

Pluto hat geschrieben:Es gibt keinen Weg, überhaupt zu wissen was das Überzeitliche überhaupt ist.
F. Tipler hat es mal als Physiker für Physiker erklärt (egal, was er sonst meint - aber er hat die naturwissenschaftliche Sprache). - Ansonsten hast Du grundsätzlich recht.

Vielleicht hilft folgendes Bild weiter: Stehen zwei oder mehrere Spiegel in einer speziellen Konstelltion zueinander, sieht man, wie durch die ständige Widerspiegelung das, was dazwischen steht, unendlich oft und immer kleiner werdend abgebildet wird. - Man kann die ersten 5 oder 10 oder gar 20 Brechungen nachverfolgen und sieht dann nur noch das Verschwinden desselben in die Tiefe.

So ist es auch mit geistigen Dingen: Man sieht etwas Glasklares, das umso mehr verschwindet, je tiefer es geht. - Man hat eine feste Richtung ("da IST es") und kann es nicht fassen, je weiter es sich von einem (dem Dasein) in die Tiefe weg-entfernt. - Aber man weiss, wo die Richtung ist und kann (hermeneutisch) immer wieder mal einen Schritt mehr erschließen.

Aus solchem Sehen und Erschließen ergeben sich dann unter anderem auch Postulate, wie das der "Überzeitlichkeit" Gottes. - Anders und konkret zum Thema "Fügung" gesagt:

Gäbe es die Überzeitlichkeit Gottes NICHT, wäre das Wort "Fügung" von vorne herein Schwachsinn.

Pluto hat geschrieben:eine Frau kann ja nicht scheinbar schwanger sein
Das ist jetzt ein Sprachproblem: Man sagt das, wenn jemand schwanger aussieht (und jeder auch denkt, dass da jemand schwanger ist), es aber nicht ist. - Rein sprachlich heisst "scheinbar schwanger": Es sieht so aus, ist aber nicht so.

Pluto hat geschrieben:meine ich, wenn unser Leben durch Fügung vorbestimmt ist, haben wir de facto nicht einmal eine freie Wahl in dem was wir tun. Da wir letztere aber offenbar haben, kann es keine Fügung einer höheren Macht geben.
Moment - da stimmt was nicht.

Du sagst selber, dass "freie Wahl" bedeutet, dass der Mensch subjektiv Möglichkeiten sieht, unter denen er wählen kann - diese Möglichkeiten hat er de facto, auch wenn es Fügung gibt. - Der Mensch sieht, dass er nach Schweden oder Honolulu fahren kann und entscheidet sich für Honolulu - das macht NUR er - da ist er frei.

Auch in geistigen Dingen ist er insofern frei: Er lebt z. B. in einem christlichen Land, sieht aber auch die agnostische Alternative und entscheidet dann, ob er sich der christlichen oder der agnostischen Fraktion zurechnen lassen will. - Das geht alles.

OBJEKTIV hat der Mensch eh keine freie Wahl - aber den objektiven Aspekt braucht er doch gar nicht, um für sich selbst Wahl-Freiheit zu leben. - Was soll das bringen?

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#15 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von closs » Mo 20. Jan 2014, 02:04

Pluto hat geschrieben:Entweder man glaubt sein Leben sei durch eine höhere Fügung bestimmt, oder man glaubt man hätte die Freiheit der Entscheidung. Beides kann ein Mensch nicht gleichzeitig glauben.
Da kommt übrigens noch etwas dazu, worüber wir noch gar nicht gesprochen haben - weil es auch etwas kompliziert sein könnte:

"Überzeitlichkeit" Gottes/göttliche "Fügung" können AUCH bedeuten, dass das eigene Handeln des Menschen Teil der Fügung ist - konkret:
Gott sieht überzeitlich, was Du (subjektiv) in "freier Wahl" die nächsten 20 Jahre machst - und WEIL Gott das weiss, ist die überzeitliche Fügung eine andere, als würdest Du in den nächsten 20 Jahren etwas anderes "frei" machen. - Warum? - Weil "Fügung" immer passgenau ist.

Das gilt übrigens auch für Gebete: Wenn Menschen für andere Menschen beten, dann nützt das im gegebenen Fall NICHT deshalb, weil Gott sagt: "OK - ich ändere meine Meinung, weil ihr so aufrichtig betet". - Sondern es nützt deshalb, weil Gott zu jedem Zeitpunkt weiss, dass für diesen Menschen gebetet werden wird und es DESHALB in seine Fügung "von vorneherein" einbaut wird.

Eine klassische Fügung aus göttlicher Sicht wäre: "Weil ich füge, dass Du in 22 Jahren sterben sollst, wird schon heute das Gestein gelockert, das sich bei Deinem Aufstieg auf die Zugspitze am 20. Januar 2036 lösen wird, so dass Du abstürzt. - Den Aufstieg wirst Du vollkommen frei entscheiden - und zwar am 24. Dezember 2035 bei einer Weihnachtsfeier. - Du wirst nämlich am 18. Oktober 2035 frei entschieden haben, dass Du diese Weihnachtsfeier ausrichtest - dabei wirst Du ehemaligen Schulkollegen einladen. Einer davon wird Dich am 20. Januar 2036 auf die Zugspitze begleiten". - Etc. etc. etc. - Du machst das alles komplett frei - aber es ist "bereits heute" von Gott gewusst.

Verstehst Du in etwa die Richtung?

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#16 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von Pluto » Mo 20. Jan 2014, 02:14

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Da wir aber nur aus Sicht des Menschen etwas wahrnehmen können, ist der Begriff "nicht kausale Fügung" ein Oxymoron.
Richtig - Du hast es genau richtig formuliert. - Aber aus Sicht Gottes eben NICHT.
Was die "Sicht Gottes" ist, mein lieber closs, KANNST DU gar wissen, du kannst nur auf Grund einer Vermutung behaupten, dass du es weisst.

Pluto hat geschrieben:Es gibt keinen Weg, überhaupt zu wissen was das Überzeitliche überhaupt ist.
F. Tipler hat es mal als Physiker für Physiker erklärt (egal, was er sonst meint - aber er hat die naturwissenschaftliche Sprache). - Ansonsten hast Du grundsätzlich recht.
Man kann natürlich neue Wortkonstruktionen wie "Überzeitlichkeit" oder "gelber Strom" schaffen, aber sie bedeuten nichts, weil niemand sie erklären kann.

Man sieht etwas Glasklares, das umso mehr verschwindet, je tiefer es geht. - Man hat eine feste Richtung ("da IST es") und kann es nicht fassen, je weiter es sich von einem (dem Dasein) in die Tiefe weg-entfernt. - Aber man weiss, wo die Richtung ist und kann (hermeneutisch) immer wieder mal einen Schritt mehr erschließen.
Was nützt es, die Richtung zu kennen, wenn sich das Ziel, wie im Beispiel des Spiegels, im Unendlichen liegt?

Aus solchem Sehen und Erschließen ergeben sich dann unter anderem auch Postulate, wie das der "Überzeitlichkeit" Gottes.
Nochmals, das sind unverständliche Wortkonstruktionen. Versuche mal zu definieren was Überzeitlichkeit ist.

Pluto hat geschrieben:meine ich, wenn unser Leben durch Fügung vorbestimmt ist, haben wir de facto nicht einmal eine freie Wahl in dem was wir tun. Da wir letztere aber offenbar haben, kann es keine Fügung einer höheren Macht geben.
Moment - da stimmt was nicht.
Und ob das stimmt!

Auch in geistigen Dingen ist er insofern frei: Er lebt z. B. in einem christlichen Land, sieht aber auch die agnostische Alternative und entscheidet dann, ob er sich der christlichen oder der agnostischen Fraktion zurechnen lassen will. - Das geht alles.
Selbstverständlich hat ein Mensch auch im geistigen Dingen die Freie Wahl. Aber ein Glaube an eine freie Wahl schliesst einen Glauben an die Fügung aus.

OBJEKTIV hat der Mensch eh keine freie Wahl...
Sicher doch. Das passiert mir jeden Tag mit dem Auto. Wenn ich an der Kreuzung links fahre, ist das auch objektiv was anderes als wenn ich rechts fahre.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#17 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von closs » Mo 20. Jan 2014, 02:36

Pluto hat geschrieben:Was die "Sicht Gottes" ist, mein lieber closs, KANNST DU gar wissen
Natürlich nicht - man kann nur aus allem, was man weiss, SChlussfolgerungen ziehen - also im besten Fall lediglich näher kommen. - Aber das ändert doch nichts daran, dass es eine Sicht Gottes gibt - völlig unabhängig davon, ob man sie kennt oder nicht.

Pluto hat geschrieben: weil niemand sie erklären kann.
Doch - Tipler tut das. - Ich kann es auch - aber für Dich ist die naturwissenschaftliche Sprache die bessere Wahl.

Pluto hat geschrieben:Was nützt es, die Richtung zu kennen, wenn sich das Ziel, wie im Beispiel des Spiegels, im Unendlichen liegt?
Weil aus Sicht des Daseins das Ziel des Geistigen/Gottes nicht endlich sein KANN.

Pluto hat geschrieben:Aber ein Glaube an eine freie Wahl schliesst einen Glauben an die Fügung aus.
Wenn "freie Wahl" definiert ist als Spielraum, innerhalb dessen der Mensch agieren kann, widersprechen sich göttliche Fügung und freie Wahl NICHT. - Es würde sich nur dann widersprechen, wenn man unter "freier Wahl" verstehen würde, dass man ALLEs erreichen kann, wenn man es nur will.

Pluto hat geschrieben:Sicher doch. Das passiert mir jeden Tag mit dem Auto.
OK - mit "objektiv" habe ich das gemeint, was über das Subjektive hinausgeht. - Kann aber missverständlich sein. - Also nochmal:

Der Mensch hat freie Wahl innerhalb dessen, was er überblickt - das habe ich mit "subjektiv" gemeint. - Was über seine subjektive Wahrnehmung hinausgeht (und der Mensch nimmt letztlich NUR subjektiv wahr, auch wenn er objektive Messreihen wahrnimmt), kann er nicht per "freier Wahl" beeinflussen. - Und da es Dinge gibt, die über seine subjektive Wahrnehmung hinausgehen, hat er darüber keine "freie Wahl" (ich vermeide jetzt das Wort "objektiv").

Da "Fügung" etwas ist, was jenseits der Wahrnehmung des Menschen ist (wir thematisieren Fügung, kennen sie aber nicht für uns), spielt Fügung keine Rolle bei der eigenen "freien Wahl" - das ist eine Baustelle Gottes - off limits.

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#18 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von jk80 » Mo 20. Jan 2014, 02:43

Hallo!
Magdalena61 hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass Gott das "Schicksal" aller Menschen "vorherbestimmt".
Ich auch nicht. Eine Anhängerin der Prädestinationslehre hatte mich mal in einer E-Mail gebeten, ihr auch nur eine einzige Bibelstelle zu zeigen, in der von dem "freien Willen" des Menschen die Rede ist. Es mag sie enttäuscht haben, aber der von Gott gegebene "freie Wille" ist biblisch belegbar:

Richter 5, 2 (Elberfelder 1905)
Weil Führer führten in Israel, weil freiwillig sich stellte das Volk, preiset Jehova!

1. Chronika 29, 17 (Luther 1912)
Ich weiß, mein Gott, daß du das Herz prüfst, und Aufrichtigkeit ist dir angenehm. Darum habe ich dies alles aus aufrichtigem Herzen freiwillig gegeben und habe jetzt mit Freuden gesehen dein Volk, das hier vorhanden ist, daß es dir freiwillig gegeben hat.

Esra 1, 6 (Schlachter 2000)
Und alle ihre Nachbarn stärkten ihnen die Hände mit silbernen und goldenen Geräten, mit Gütern und Vieh und Kleinodien, außer dem, was sie alles freiwillig gaben.

1. Korinther 7, 37 (Luther 1984)
Wenn einer aber in seinem Herzen fest ist, weil er nicht unter Zwang ist und seinen freien Willen hat, und beschließt in seinem Herzen, seine Jungfrau unberührt zu lassen, so tut er gut daran.

1. Korinther 9, 17 (Konkordantes Neues Testament 1995)
Denn wenn ich diesen Dienst freiwillig verrichte, so habe ich darin meinen Lohn; wenn ich es aber unfreiwillig tue, so wurde ich doch mit der Verwaltung betraut.

Philemon 1, 14 (Paderborner Bibel 1937)
Aber ohne dein Einverständnis wollte ich nichts tun, damit deine gute Tat nicht unter Zwang, sondern aus freiem Willen erfolge.

1. Petrus 5, 2 (Einheitsübersetzung 1980)
Sorgt als Hirten für die euch anvertraute Herde Gottes, nicht aus Zwang, sondern freiwillig, wie Gott es will; auch nicht aus Gewinnsucht, sondern aus Neigung;

Ansonsten würde es auch keinen Sinn machen, wenn Gott die Menschen dazu auffordert, sich zu entscheiden:

5. Mose 30, 19-20 (NEÜ 2012)
Ich rufe Himmel und Erde als Zeugen gegen euch an: Ich habe dir heute Leben und Tod vorgelegt, Segen und Fluch. Wähle das Leben, damit du am Leben bleibst, du und deine Nachkommen! Das geschieht, indem du Jahwe, deinen Gott, liebst, ihm gehorchst und ihm treu bleibst. Denn das bedeutet Leben und hohes Alter für dich, und du wirst in dem Land wohnen bleiben, das Jahwe deinen Vorfahren Abraham, Isaak und Jakob unter Eid versprochen hat."

Josua 24, 15 (Neue Welt Übersetzung 1986)
Wenn es nun übel ist in euren Augen, Jehova zu dienen, so erwählt euch heute, wem ihr dienen wollt, ob den Göttern, denen eure Vorväter dienten, die jenseits des STROMES waren, oder den Göttern der Amorịter, in deren Land ihr wohnt. Ich aber und meine Hausgenossen, wir werden Jehova dienen.“

Josua 24, 22 (Textbibel 1906)
Da sprach Josua zu dem Volke: Ihr seid Zeugen gegen euch selbst, daß ihr euch dafür entschieden habt, Jahwe dienen zu wollen. Sie sprachen: Jawohl!

LG, jk80

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#19 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von sven23 » Mo 20. Jan 2014, 06:55

closs hat geschrieben: "Überzeitlichkeit" Gottes/göttliche "Fügung" können AUCH bedeuten, dass das eigene Handeln des Menschen Teil der Fügung ist - konkret:
Gott sieht überzeitlich, was Du (subjektiv) in "freier Wahl" die nächsten 20 Jahre machst - und WEIL Gott das weiss, ist die überzeitliche Fügung eine andere, als würdest Du in den nächsten 20 Jahren etwas anderes "frei" machen. - Warum? - Weil "Fügung" immer passgenau ist.

Ja sicher, wer Allmacht hat, kann alles passend machen.

closs hat geschrieben: Das gilt übrigens auch für Gebete: Wenn Menschen für andere Menschen beten, dann nützt das im gegebenen Fall NICHT deshalb, weil Gott sagt: "OK - ich ändere meine Meinung, weil ihr so aufrichtig betet". - Sondern es nützt deshalb, weil Gott zu jedem Zeitpunkt weiss, dass für diesen Menschen gebetet werden wird und es DESHALB in seine Fügung "von vorneherein" einbaut wird.

Sind das nicht kindlich naive, um nicht zu sagen, kindische Vorstellungen?

closs hat geschrieben: Eine klassische Fügung aus göttlicher Sicht wäre: "Weil ich füge, dass Du in 22 Jahren sterben sollst, wird schon heute das Gestein gelockert, das sich bei Deinem Aufstieg auf die Zugspitze am 20. Januar 2036 lösen wird, so dass Du abstürzt. - Den Aufstieg wirst Du vollkommen frei entscheiden - und zwar am 24. Dezember 2035 bei einer Weihnachtsfeier. - Du wirst nämlich am 18. Oktober 2035 frei entschieden haben, dass Du diese Weihnachtsfeier ausrichtest - dabei wirst Du ehemaligen Schulkollegen einladen. Einer davon wird Dich am 20. Januar 2036 auf die Zugspitze begleiten". - Etc. etc. etc. - Du machst das alles komplett frei - aber es ist "bereits heute" von Gott gewusst.

Der göttliche Gesteinslockerer greift aktiv in mein Leben ein. Bedenke: der Tod beschneidet meine Freiheit ganz erheblich.
Man kann es drehen und wenden wie man will. Göttliche Fügung und Entscheidungsfreiheit schließen sich aus.
Und eins ist noch zu bedenken: Gott als Verursacher von Leid und Bösem macht den Teufel arbeitslos. :devil:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#20 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von closs » Mo 20. Jan 2014, 10:05

jk80 hat geschrieben:aber der von Gott gegebene "freie Wille" ist biblisch belegbar
Aber nicht das, was exegetisch daraus gemacht wird. - Gehen wir mal einzeln durch:

jk80 hat geschrieben:Richter 5, 2 (Elberfelder 1905)weil freiwillig sich stellte das Volk
Buber: "Da ein Volk sich willig hergab" - Das heißt: Es wurde nicht gezwungen, sondern tat es aus eigenen Stücken.

jk80 hat geschrieben: 1. Chronika 29, 17 (Luther 1912)Darum habe ich dies alles aus aufrichtigem Herzen freiwillig gegeben
Buber: "In der Geradheit meines Herzens habe ich all dies gewilligt". - Das heißt: Nach Gewissensprüfung habe ich das gerne (freiwillig) getan.

jk80 hat geschrieben:Esra 1, 6 (Schlachter 2000) außer dem, was sie alles freiwillig gaben.
Buber: "Zusamt der Willigung für das Gotteshaus". - Das klingt mehr nach "Bewilligung" - aber egal: Sie wurden nicht gezwungen dazu.

jk80 hat geschrieben:1. Korinther 7, 37 (Luther 1984)Wenn einer aber in seinem Herzen fest ist, weil er nicht unter Zwang ist und seinen freien Willen hat
D.Stern "Wenn sich aber ein Mann sich fest entschlossen hat und unter keinerlei Zwang steht, sondern völlig sein eigener Herr ist". - Das heißt: Wenn jemand geprüft hat und zu einem Ergebnis kommt.

jk80 hat geschrieben:1. Korinther 9, 17 (Konkordantes Neues Testament 1995) Denn wenn ich diesen Dienst freiwillig verrichte, so habe ich darin meinen Lohn; wenn ich es aber unfreiwillig tue, so wurde ich doch mit der Verwaltung betraut.
D.Stern: "Denn wenn ich das freiwillig tue, habe ich einen Lohn; wenn ich es aber unfreiwillig tue, so tue ich es einfach, weil ich mit einer Aufgabe betraut wurde". - Das heißt: Es ist ein Unterschied, ob ich etwas mit Überzeugung tue, oder weil ich es tun muss.

jk80 hat geschrieben:Philemon 1, 14 (Paderborner Bibel 1937)damit deine gute Tat nicht unter Zwang, sondern aus freiem Willen erfolge.
D.Stern "Damit das Gute, das Du für mich tust, freiwillig sei und nicht erzwungen". - Das heißt: Es ist ein Unterschied, ob ich etwas mit Überzeugung tue, oder weil ich es tun muss.

jk80 hat geschrieben:1. Petrus 5, 2 (Einheitsübersetzung 1980) nicht aus Zwang, sondern freiwillig
D.Stern "Nicht gezwungen, sondern freiwillig". - Das heißt: Es ist ein Unterschied, ob ich etwas mit Überzeugung tue, oder weil ich es tun muss.

jk80 hat geschrieben:5. Mose 30, 19-20 (NEÜ 2012) Wähle das Leben,
"Buber "Wähle das Leben". - Das ist etwas komplizierter: Es steht in einem Umfeld, in dem Gott darum "heischt" (Buber. 5.Mose 10,12) (statt "fordert", wie es in anderen Übersetzungen heißt), dass der Mensch etwas kapiere. - Das geht aber nur, wenn der Mensch erkannt hat, was Mose resigniert in Abrede stellt: "„ein Herz zu erkennen“ habe Gott „bis zum heutigen Tag nicht gegeben“ (5.Mose 29,3). - Das heißt: Gott legt etwas vor, um die Alternative aufzuzeigen - aber dem Menschen ist es noch nicht gegeben (Passiv!!), es zu erkennen - sie können es (noch) nicht mit Überzeugung tun, weil die Erkenntnis fehlt.

jk80 hat geschrieben: Josua 24, 15 (Neue Welt Übersetzung 1986)so erwählt euch heute, wem ihr dienen wollt
Buber: "Wählet Euch heute, wem Ihr dienen wollt". - Das heisst: Überlegt Euch, was Ihr machen wollt (das klingt sehr pragmatisch und nicht nach innerer geistigen Anbindung - eher im Sinne von: Welchem Ordnungs-System wollt Ihr Euch unterwerfen? Eines müsst Ihr wählen.

jk80 hat geschrieben:Josua 24, 22 (Textbibel 1906) Da sprach Josua zu dem Volke: Ihr seid Zeugen gegen euch selbst, daß ihr euch dafür entschieden habt, Jahwe dienen zu wollen. Sie sprachen: Jawohl!
"Jeschoua sprach zum Volk: Zeugen seid Ihr wider Euch, dass selber ihr IHN Euch wähltet, ihm zu dienen. - Sie sprachen: Zeugen". - Das heisst: Wenn Ihr Euch dem Ordnungs-System JHWHs unterordnet, habt Ihr dabei zu bleiben.

Man fragt sich, ob diese Diskussion über den Willen nicht eine Phantom-Debatte ist. - Denn keiner hat jemals behauptet, dass die Israeliten dumpf betäubte Kreaturen gewesen seien, die außer Essen und Vermehrung nichts in der Birne gehabt hätten. Natürlich hat man damals zum Überleben Alltags-Entscheidungen getroffen.

Aber wenn man sich Deine Beispiele anschaut, lieber jk80, wird doch sehr klar, dass es sich
* entweder um rein pragmatische Alltags-Entscheidungen handelte ("Was bewilligen wir für den Tempelbau?")
* oder um Konsequenzen infolge eigener Erkenntnis ("Ich habe nachgedacht und halte dieses oder jenes für richtig - und jetzt tue ich es")
* oder weil man (unabhängig von Erkenntnis) entscheiden MUSS (siehe Josua).

All das hat NICHTS zu tun mit der Frage nach "Fügung". - Es begründet weiterhin NICHT, warum der "freie Wille" des Menschen ausschlaggebend für das eigene Heil sein sollte. - Es sind vielmehr ganz normale Verhaltensmuster, die es in jedem Kulturkreis der Welt gibt und gab:
* "Da gibt es einen Antrag zur Unterstützung eines Kinderheims. - Wollen wir was geben?"
* "Wir haben festgestellt (erkannt), dass dieses Grundstück hochwasserfrei ist - deshalb wollen wir dort den Bauhof hinbauen"
* "Hopp oder top - Ende März läuft die Frist aus. Wir müssen jetzt entscheiden, ob wir Solardächer installieren oder nicht. - WENN wir es tun, sind wir allerdings 20 Jahre lang daran gebunden".

Das sind alles keine spirituellen Dinge im Sinne eines persönlichen Gottesverhältnisses. - Allenfalls 5. Mose 30, 19-20 geht in diese Richtung - und exakt da wird der Zusammenhang zwischen Erkenntnis und Wahl deutlich: Gott "heischt" um Erkenntnis - zeigt den Weg, der nicht verstanden wird - das Volk entscheidet anders, weil es ihm nicht "gegeben" ist, zu erkennen. - Beim Wunder auf dem Karmel wird das pragmatischer gelöst:

Dort wird das Volk erst gar nicht nach seiner eigenen Erkenntnis gefragt, sondern man bietet ihm eine Show: "Deutschland sucht den Superstar" - "das Volkj sah zu" (1.Kön 18,39). - Elija gewinnt gegen die Baals-Priester (so sieht es das Volk) und ruft (applaudierend - möchte man meinen): "Jahwe ist Gott" (18,39) - hätten die Baal-Priester gewonnen, hätte das Volk ohne jegliche Regung genauso mechanistisch gerufen: "Baal ist Gott". - Man "erkennt" (aber eben nicht im spirituellen Sinne), dass Jahwe "gewonnen" hat. - Bayern hat gewonnen - Bayern ist Meister.

Und jetzt ist halt die Frage, was Wille eigentlich ist. - Es gibt dazu bisher zwei Ansätze:

* Pluto sieht "Wille" als mechanische Umsetzung eines Bedürfnisses, das es prinzipiell bei einer Amöbe genauso geben kann wie beim Menschen.
* Ich sehe "Wille" als kognitiv und/oder bewussten Ausdruck einer geistigen Erkenntnis.

Beide Definitionen erscheinen in sich schlüssig und gut zu sein - bezeichnen aber etwas ganz anderes. - Was verstehst Du, lieber jk80, unter "Willen"? - Denn das muss geklärt sein, weil man sonst nicht weiß, WAS man biblisch liest bzw. nachweist.

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