Pluto hat geschrieben:Anhand dieser beiden Faktoren wählt der Mensch aus den aktuell verfügbaren Alternativen, die für ihn am geeignetsten erscheinende aus.
Ja - das entspräche meinem Ansatz, dass Wille Folge von Erkenntnis ist ("Ich erkenne, dass ich von Natur aus ("vererbte Prägung") dieses oder jenes vorziehe, und habe weiterhin durch persönliche Erfahrung erkannt, dass ... - Deshalb beziehe ich meinen Willen auf das, was mir somit zugänglich ist. - Bingo.
Pluto hat geschrieben:Allerdings ist auch das eine Wahl, weil es voraussetzt, dass man von Gott gehört hat.
Das ist auch aus meiner Sicht der entscheidende Punkt - der in heutiger Zeit im Normalfall NICHT erfüllt ist (wenn man unter "hören" etwas Qualitatives versteht und nicht nur "Ich habe mal gehört, dass es in Grönland Giraffen gibt".
Pluto hat geschrieben:Im weiten Sinne ist mit Willensfreiheit mindestens die unterstellte menschliche Fähigkeit gemeint, zwischen verschiedenen Optionen einen Wahlentscheid zu treffen.
Hinzufügen sollte man, dass "Option" aus Sicht des Wählenden etwas qualitativ Begriffenes ist - nicht nur Worthülse.
Rembremerding hat geschrieben:Im Geist des Menschen gibt es von Gottes Gnaden 3 Hauptseelenkräfte: Gemüt, Vernunft, Wille.
"Gemüt" kann man nachprüfen ("gute Laune/schlechte Laune")/Vernunft auch ("Ich fahre auf der Straße rechts und nicht links").
"Willen" insofern auch, dass der Mensch das Bedürfnis und die Notwendigkeit hat, zu handeln ("Ich WILL meiner Vernunft folgen und rechts statt links fahren") - aber was sagt das QUALITATIV zu unserem Thema? - Denn da geht es doch darum, dass man sich willentlich für Gott entscheiden muss, wenn man (christlich gesehen) gerettet sein will. - Das macht ja auch jeder, der (im Rahmen menschlicher Wahrnehmungs-Möglichkeite) weiss, wer Gott ist. - Aber "weiss" ist wieder ein Synonym für "erkennen".
Insofern sind wir damit nicht weiter, als dass Wollen sich nur auf "verfügbare", also erkannte Größen beziehen kann - also eine Folge von Erkenntnis ist - was Du aber exakt NICHT so gesehen haben möchtest.
Rembremerding hat geschrieben:Durch sich selbst und ohne Hilfe von Vernunft und Wille kann die Seele nie zur Erkenntnis vom Wesen irdischer Geschöpfe, ihrer Eigenschaften und der Ursache von deren Existenz und Erschaffung kommen.
Da sind wir uns weitgehend einig. - Eventuell müsste man darüber diskutieren, wie kindliches Wissen einzuordnen ist (Man spürt völlig ohne Analyse, dass man in etwas aufgehoben ist, was ein anderer analytisch als "Gott" bezeichnet).
Rembremerding hat geschrieben:Die Vernunft ist jene Kraft, mit der der Mensch das Schlechte vom Guten, das Schlechte vom Schlechteren, das Gute vom Besseren und das Bessere vom Besten scheidet.
Dann ist die Vernunft aber zeit-bedingt außer Kraft gesetzt - denn: Die meisten Sünden werden UNWISSEND begangen, weil die Formatierung des Menschen (un-) kulturell bedingt anders ist.
Rembremerding hat geschrieben:Der Wille ist jene Kraft, durch die wir das Gute wählen, nachdem es zuvor durch die Vernunft als solches bestimmt worden ist.
Was aber auch nur dann Sinn macht, wenn die Vernunft ihre Arbeit in Deinem Sinne gemacht hat - das ist heute eher die Ausnahme als die Regel.
Im übrigen: Selbst wenn Deine idealistische Auffassung (ich halte sie für unangebracht idyllisch) richtig ist, sind wir wieder an dem Punkt, dass Wille Folge einer Einsicht ("Erkenntnis") ist - was Pluto und ich ja verfechten.
Rembremerding hat geschrieben:Vor dem Sündenfall ließ sich der Wille in seiner Wahl, seinem Willen, seiner Liebe und seinem Wirken nicht täuschen
Du wirst jetzt geschockt sein: Es gab KEINEN Willen im Paradies, weil Wille eine teleologische, also heilsgeschichtliche Größe ist. - Wille tritt ausschließlich im dialektischen Raum auf - und verschwindet wieder in dem, was man "Visio Beatifica" (oder nenne es die Existenz nach dem "Lebensbaum") nennt.
Rembremerding hat geschrieben:Nach dem Sündenfall hält der Wille oftmals etwas für gut, was böse ist und nur den Schein des Guten hat.
So ist es - "es irrt der Mensch, so lang' er strebt", meint Goethe dazu - und die, die nicht streben, irren ohnehin. - Das ist der rauhe Weg zur eigenen Erkenntnis hin, der durch Leid geprägt ist (Erkenntnis-Schübe entstehen meistens im Heterostatischen).
Rembremerding hat geschrieben:Vielleicht liegt das Nichtverstehen oder das Mißverstehen daran, dass man gerne die Erkenntnis als erste Wirkkraft zum Handeln sieht, obwohl sie weder eine Seelenkraft ist, noch als erstes das Handeln bestimmt.
Kann sein, dass man da begrifflich noch nachfeilen muss. - Rein faktisch und auch biblisch sollte aber festgehalten werden, dass das Motiv des "menschlichen Erkennens" in der Bibel viel häufiger thematisiert wird als das Motiv des "menschlichen Willens".
Wie gesagt: Bei sehr gezielten Studium des AT bis (bisher) Hiob kam mir das Motiv "Wille" ganz, ganz, ganz selten unter - und dann in der Regel nur indirekt - also so, dass man es hinein-interpretieren musste. - Währenddem das Motiv des "göttlichen Willens" häufig vorkommt.
Mein persönlicher Verdacht ist, dass sich die Bibel-Exegese über viele Jahrhunderte derart verrannt hat, dass man die Bibel nicht mehr frei lesen und übersetzen (!!) kann. - Deshalb ziehe ich jüdische Übersetzungen vor (Buber/AT und Stern/NT), weil dort der Schwerpunkt auf dem Phänomen als solches liegt und NICHT auf der willens-orientierten Bewertung des Phänomens - wäre ein eigenes Thema.
Rembremerding hat geschrieben:Erkenntnis könnte ohne Vernunft nicht entstehen und ohne Willen nicht wirken.
Das klingt gut (würde man un-analytisches Erkennen Gottes - etwa per Liebe - unter dem Begriff "Vernunft" subsummieren). - Dass (wie auch immer) "Erkanntes" nur über "Wille" nicht wirksam werden kann, ist nachvollziebar - aber einmal mehr: Dann ist Wille Konsequenz aus etwas - nämlich Erkenntnis. - Und das ist eigentlich exakt meine Auffassung.
Insgesamt habe ich den Eindruck, dass Du Voraussetzungen anlegst (der Mensch wisse, was gut und böse - Gott und Teufel - etc - ist), die de fakto nicht vorausgesetzt werden können. Die Lebenserfahrung spricht volle Pulle dagegen.