Warum läßt Gott so viel Leid zu?

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Münek
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#761 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von Münek » Do 19. Dez 2013, 16:16

sven23 hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
Es geht schlicht um die Frage, warum die freundliche Erde, die Gott für
die Menschen geschaffen hatte, dessen Anstrengungen so kärglich be-
lohnt
(Dornen und Diesteln).

Genau so sehe ich das auch. Der Versuch einer Erklärung, warum das Leben für viele so schwer und mühsam in der damaligen Zeit war und das zusammen zu bringen mit einem gütigen Gott, der angeblich alles perfekt erschaffen hat. So kam man halt auf die Idee, daß der Mensch durch den Sündenfall selber Schuld an seinem Schicksal hat.
Die Bibelautoren waren auf ihre Weise auch durchaus ganz schön raffiniert, das muß man ihnen lassen.

Gewiss, gewiss, Sven,

und auf jeden Fall haben sie mit Sicherheit keine Texte
verfasst, die ihre Leser erst "dechiffrieren" (!) mussten,
um sie "richtig" (!) ;) zu verstehen!

Unser lieber Kurt liebt den Begriff "Chiffre".

Da gab es aber nichts zu dechiffrieren!

Lieben Gruß

Münek

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sven23
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#762 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » Do 19. Dez 2013, 16:32

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Um dann wieder bewußtlos zu sein?
Eben NICHT - das ist doch der Sinn, dass der Mensch Gott bewusst erkennt ("erkennen, wie man die ganze Zeit erkannt war" (vgl. 1.Kor. 13)).


Deine These war doch: vereint sein mit Gott (im Paradies) = Bewußtlosigkeit
Trennung von Gott (im Dasein) = Erkennen von Gott
Warum soll man Gott im Paradies nicht erkennen können? Ein allmächtiger Gott kann es so fügen, daß er erkannt wird, auch im Paradies. An der Story ist grundsätzlich was faul.

Beispiel:
Ein Wohnungsmakler zeigt einem interessierten Paar eine tolle Luxuswohnung in einer exlusiven Lage.
Dem begeisterten Paar sagt er aber: Nix da, wenn ihr hier einziehen wollt, müßt ihr erst 50 Jahre unten in den Slums gelebt haben.
Dabei weiß jeder, daß Slums Scheiße und Villen viel schöner sind, dazu braucht man keine 50 Jahre in Slums gelebt zu haben.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#763 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von closs » Do 19. Dez 2013, 16:52

sven23 hat geschrieben:Deine These war doch: vereint sein mit Gott (im Paradies) = Bewußtlosigkeit
Trennung von Gott (im Dasein) = Erkennen von Gott
Nochemal:
* Vereint sein mit Gott im Paradies, also im "embryonalen Zustand" = Bewußtlosigkeit - der Mensch erkennt (noch) nicht transzendent (weil er nur EIN Bezugssystem hat).

* Trennung von Gott (im Dasein) = Erkennen-Lernen von Gott (der Mensch erkennt die Dialektik von menschlichem Sein und göttlichem Dasein - aktiviert also seine angelegte Transzendenz-Fähigkeit (trans-zendent kann man nur sein, wenn einem mehr als EIN Bezugssystem zur Verfügung steht).

* Wieder-Vereinigung von Gott und Mensch (durch den Daseins-Tod) - der Mensch hat durch sein Erkennen der Dialektik des Daseins nun (erstmals) die Möglichkeit des BEWUSSTEN Erkennens von Gott.

sven23 hat geschrieben:Ein allmächtiger Gott kann es so fügen, daß er erkannt wird, auch im Paradies.
Er kann es aber nicht fügen, dass der Mensch ihn mit EIGEN-Bewusstsein erkennt. - Denn wenn er es verordnet bekommt, ist es kein EIGEN-Bewusstsein. - Da aber Eigen-Bewusstsein nur im dialektischen Raum möglich ist, kann es nicht im Paradies geschehen.

sven23 hat geschrieben:Beispiel
Kann ich überhaupt nix mit anfangen. - Man könnte vielleicht etwas draus machen, wenn man sagt: "Erst durch die Kenntnis der Slums hat der Mensch gelernt, dass seine Wohnung eine Luxuswohnung ist".

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sven23
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#764 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » Do 19. Dez 2013, 17:03

closs hat geschrieben:Er kann es aber nicht fügen, dass der Mensch ihn mit EIGEN-Bewusstsein erkennt. - Denn wenn er es verordnet bekommt, ist es kein EIGEN-Bewusstsein. - Da aber Eigen-Bewusstsein nur im dialektischen Raum möglich ist, kann es nicht im Paradies geschehen.

Aber sicher, wenn er allmächtig ist, kann er das auch, alles nur eine Frage des Wollens. Oder meinst du, Gott habe 2 Dumpfbacken in Paradies gesetzt?


closs hat geschrieben: Kann ich überhaupt nix mit anfangen. - Man könnte vielleicht etwas draus machen, wenn man sagt: "Erst durch die Kenntnis der Slums hat der Mensch gelernt, dass seine Wohnung eine Luxuswohnung ist".

Ist doch ganz einfach. Gott zeigt seinen Geschöpfen das Paradies nach dem Motto: das wäre ihr Preis gewesen um sie dann mit einem Fußtritt rauszuwerfen und sagt ihnen: Wenn ihr hier wieder rein wollt, müßt ihr erst Dreck fressen. Sieht das nach einem Plan eines allmächtigen, liebenden und gütigen Schöpfers aus?
Ich meine eher nicht. Das sind menschliche Phantasien.
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#765 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von closs » Do 19. Dez 2013, 17:15

sven23 hat geschrieben:Oder meinst du, Gott habe 2 Dumpfbacken in Paradies gesetzt?
Nein - zwei zur Transzendenz fähige Wesen, die aus dem Paradies rausmüssen, um diese Fähigkeit aktivieren zu können.

sven23 hat geschrieben:Wenn ihr hier wieder rein wollt, müßt ihr erst Dreck fressen.
Ihr kommt erst wieder rein, wenn ihr gut und böse zu unterscheiden gelernt habt, weil Ihr nur so mich bewusst erkennen könnt.

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sven23
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#766 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » Do 19. Dez 2013, 17:21

closs hat geschrieben: Nein - zwei zur Transzendenz fähige Wesen, die aus dem Paradies rausmüssen, um diese Fähigkeit aktivieren zu können.

Also im Paradies weiß man nicht, wo man ist? Erkennt Gott nicht, redet aber mit sprechenden Schlangen. Was du dir alles ausdenkst. :lol:

Bringen wir es auf den Punkt. Gott hat unvollkommene Wesen erschaffen. Kann ein vollkommener Gott etwas Unvollkommenes schaffen? Scheinbar gehts doch. :lol:
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#767 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von Pluto » Do 19. Dez 2013, 18:23

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Oder meinst du, Gott habe 2 Dumpfbacken in Paradies gesetzt?
Nein - zwei zur Transzendenz fähige Wesen, die aus dem Paradies rausmüssen, um diese Fähigkeit aktivieren zu können.
Genau liegt die Schwachstelle deiner These, lieber closs.
Warum hat Gott ihnen nicht auf anderem Wege die Fähigkeit zur Tranzendenz gegeben, anstatt den langwierigen und komplizierten Weg über das Apfelessen und den Sündenfall aufzuzwingen? War/ist der Schöpfer nicht allmächtig?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Münek
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#768 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von Münek » Do 19. Dez 2013, 19:26

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:EISEGESE
Es gibt nichts anderes als Eisegese - keiner soll glauben, dass Exegese möglich ist aus einem eigenen Vakuum heraus.

Mit Verlaub Kurt,

das ist schlicht Unsinn. Selbstverständlich gibt es einen Unterschied
zwischen sachlich-vernünftiger Exegese und wunschgesteuerter Eise-
gese
. Du scheinst letzteres zu bevorzugen.



Münek hat geschrieben:ht schlicht um die Frage, warum die freundliche Erde, die Gott für die Menschen geschaffen hatte, dessen Anstrengungen so kärglich belohnt (Dornen und Diesteln).
Das schließt sich ja nicht aus. - Der Mensch wird geboren, sieht die Welt, wie sie ist, und fragt, warum. Das führt bei geistig begabten Menschen zu grundlegenden transzendenten Fragstellungen.


Kurt, zwei Antworten:

1.Du kannst doch dem biblischen Verfasser nicht etwas unterstellen, was
dieser mit seiner Erzählung überhaupt nicht gemeint haben kann! Die
Brechstange ist hier fehl am Platz.

2. Was heißt denn hier "geistig begabte" Menschen? Jedes vernunftbegab-
te Individuum auf unserem Planeten und im unermesslich großen Univer-
sum stellt selbstverständlich unzählige Fragen; die spekulative Frage nach
einer vielleicht vorhandenen "Transzendenz" gehört natürlich schlicht und ein-
fach dazu. Was denn sonst?


Münek hat geschrieben: wann und wo hat sich denn dann das reale Geschehnis vom Vereintsein und späterem Verstoßensein, d.h. die tatsächliche harmonische/disharmonische Begegnung zwischen Gott und dem Homo sapiens in der Menschheitsgeschichte zugetragen?
Gar nicht.

Tja, dann verstehe ich nicht, wieso Du Dich hier im Forum sehr häufig
lang und breit über Sinn und Zweck des paradiesischen Sündenfalls
mit all seinen existenziellen Folgen für die Menschheit ausgelassen hast.



Münek hat geschrieben: Aber woher weißt Du das?
"Wissen" tut der Mensch a priori NICHTS, außer dass er "ist" ("Cogito") - ansonsten "weiß" der Mensch viel aufgrund von Setzungen (sei es Naturwissenschaft oder Spiritualität), wobei die Naturwissenschaft auf Basis ihrer Setzungen objektiv, die Spiritualität subjektiv weiss.[/quote].


Gewiss, jeder Gläubige schafft sich glaubensmäßig seine höchst-
persönliche "Realität". Eben halt auf subjektiver Basis. Das gilt
dann allerdings für alle möglichen und unmöglichen Annahmen!
(Astrologie, Gespenster- und Dämonenglauben, Kartenleserei, Wahr-
sagerei.......) Alles höchst real. Subjektiv gesehen! Wenn schon, denn schon. :D


Münek hat geschrieben:Für Paulus war die Paradiesgeschichte eine unumstößliche historische Tatsache - nix Gleichnis!
Wundert mich bei einem so analytischen Kopf - da wäre eher mein Verdacht, dass er das AT-Glaubensbild des Publikums aufgenommen hat, um das NT draufzusetzen - aber das ist jetzt wirklich nur eine Vermutung - müsste man sich genauer angucken.


Ich helfe Dir beim "genauer anschauen".

"Darum, gleich wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt ge-
kommen ist..." (Röm. 5, 12-17). Er meinte tatsächlich Adam. ;)

Im Übrigen:

Welchen Grund sollte Paulus gehabt haben, die Aussagen der "Hebräischen
Schriften" in Zweifel zu ziehen und sie deshalb "dechiffrierend" umzu-
deuten? Nee, Eisegese - wie Du es bevorzugst - betrieb er gewiss nicht!


LG Münek

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#769 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von closs » Do 19. Dez 2013, 19:47

Pluto hat geschrieben:Warum hat Gott ihnen nicht auf anderem Wege die Fähigkeit zur Tranzendenz gegeben
Wäre auch möglich gewesen - dann würde der nächste fragen: "Warum so und nicht anders?"

Das Entscheidende ist, dass es IM Paradies nicht geht, weil dort kein reflektierende Auseinandersetzung möglich ist - wo doch alles EINS ist. Es muss das Erkennen von gut und böse stattfinden (bzw. die Öffnung dazu = Schleuse Erkenntnisbaum) - also eine Trennung stattfinden - , um überhaupt eigenes, reflektierendes Bewusstsein zu entwickeln. - Sind wir uns da einig?

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#770 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von closs » Do 19. Dez 2013, 20:24

Münek hat geschrieben:Selbstverständlich gibt es einen Unterschied
zwischen sachlich-vernünftiger Exegese und wunschgesteuerter Eisegese.
Die Eisegese muss anhand vorliegender Quellen nachvollziehbar sein - sehr wohl. - Es gibt aber keine Exegese ohne eisegetische Elemente - das fängt schon bei Gutachten an.

Münek hat geschrieben:Du kannst doch dem biblischen Verfasser nicht etwas unterstellen, was dieser mit seiner Erzählung überhaupt nicht gemeint haben kann!
Das klingt so, als hätten die Verfasser einfach Texte ohne jeglichen spirituellen Hintergrund erstellt. - Dieser Verdacht ist bei manchen Passagen der Geschichtsbücher nicht von der Hand zu weisen (da läuft einiges Pro Domo), aber bei anderen Büchern überhaupt nicht - Hiob zum Beispiel ist eines der geistig anspruchsvollen Werke der Weltliteratur.

Münek hat geschrieben:Jedes vernunftbegabte Individuum auf unserem Planeten und im unermesslich großen Universum stellt selbstverständlich unzählige Fragen
Intellekt und Vernunft sind nicht notwendigerweise Garant für die Anwesenheit von Geist - es sei denn, man setzt Intellekt und Geist gleich.

Münek hat geschrieben: dann verstehe ich nicht, wieso Du Dich hier im Forum sehr häufig lang und breit über Sinn und Zweck des paradiesischen Sündenfalls mit all seinen existenziellen Folgen für die Menschheit ausgelassen hast.
Das verstehe ich jetzt überhaupt nicht. - Zusammenhang? - Gehst Du etwa davon aus, dass der "paradiesische" Zustand des Menschen Teil der Menschheitsgeschichte ist?

Münek hat geschrieben:Alles höchst real. Subjektiv gesehen!
Stimmt - auch der Demente, der als ehemaliger Soldat im zweiten Weltkrieg in der Badewanne die britische Flotte versenkt (so einen Fall kannte ich), erlebt dies als subjektive Realität. - Deshalb ist es doch so wichtig, dass es ein reales Gegenstück zu subjektiver Wahrnehmung gibt - einmal so, einmal anders - objektiv nicht unterscheidbar. - Aber der Unterschied selber ist eine objektive Größe.

Die Hilflosigkeit der Naturwissenschaft, mit eigenen Mitteln diesen Unterschied nicht objektivieren zu können, hat doch nichts damit zu tun, was hinter subjektiver Erkenntnis wahr oder unwahr ist. - Wir sprechen hier über das, was man "Unterscheidung der Geister" nennt.

Münek hat geschrieben: "Darum, gleich wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist..." (Röm. 5, 12-17)
Ach so - diese Stelle. - Würde ich glatt überlesen (in diesem Zusammenhang), weil Adam als Chiffre steht für den Beginn der Trennung in "gut" und "böse". Ob es ihn historisch gegeben hat, ist vollkommen unerheblich (für mich). - Möglicherweise hat das Volk aber in Kategorien der Historizität wahrgenommen. Why not?

Kleiner Quer-Blick in das Griechische: Aischylos hat tatsächlich an die Existenz von realen Göttern geglaubt - Euripides (gerade mal 2 Generationen später) hat sich darüber lustig gemacht, weil er das Transzendente nicht mit Götterbildern in Verbindung bringen wollte. - Andere Wahrnehmung.

Wie Paulus es tatsächlich gesehen hat, weiss ich nicht - vielleicht wissen es andere. - Entweder er war diesbezüglich Kind seiner Zeit und hat para-historisch wahrgenommen - oder er hat symbolhaft wahrgenommen. - Das ist aber nicht entscheidend, weil er in beiden Fällen dieselbe spirituelle Substanz gemeint hat.

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