Münek hat geschrieben:Ein "imaginärer" Berg kann dies eben nicht!
Moment - vergessen wir einmal theologische Dinge und wenden uns der Erkenntnis-Theorie zu:
Der Mensch nimmt etwas wahr: Er nimmt sein Gegenüber wahr, einen Berg wahr, eine Messreihe, etc. wahr. Er geht jeweils davon aus, dass das, was er wahrnimmt, keine Illusion, sondern Realität ist. Er setzt also, dass seine Wahrnehmung real ist. Das ist normal - das tun wir alle.
Aber streng genommen kann das der Mensch nicht unterscheiden. - Frage mal einen Psychiater, was Patienten manchmal wahrnehmen: Sie sehen Dich oder mich und erkennen in uns (meinetwegen) Kaiser Barbarossa. Und sie sprechen mit Barbarossa - und Barbarossa antwortet sogar. Und so unterhält man sich.
Diese Wahrnehmung erscheint dem Betroffenen genauso real wie unsere, wenn wir uns gegenseitig wahrnehmen. - Mit anderen Worten: Die Wahrnehmung kann selbst nicht unterscheiden, ob das Objekt ihrer Wahrnehmung real ist oder Illusion ist.
Der Unterschied zwischen Realität (realer Barbarossa) und Illusion (eingebildeter Barbarossa) ist: Der reale Barbarossa ist auch noch da, wenn der Wahrnehmende nicht existiert - er braucht die Wahrnehmung nicht, um zu sein. - Der eingebildete Barbarossa jedoch verschwindet, wenn der Wahrnehmende nicht existiert - weil er ein eingebildetes Geschöpf des Wahrnehmenden ist.
FÜr unsere Fragestellung bedeutet das; Egal, ob etwas naturwissenschaftlich oder spirituell wahrgenommen wird:
a) Niemand kann entscheiden (auch der Naturwissenschaftler nicht), ob seine Wahrnehmung (Sinne, Messungen, etc.) real ist.
b) Ob etwas real ist, hängt ausschließlich davon ab, ob das Wahrzunehmende auch dann existiert, wenn wir nicht existieren - also unabhängig von uns "der Fall ist".
Behelfsweise setzen (!) wir, dass unsere Wahrnehmung realitätsbezogen ist. Dabei hat es der Naturalismus leichter als die Spiritualität, weil der Naturalismus tatsächlich veri- und falsifizieren kann - das kann Spiritualität nicht (was in der Tat zu Missbrauch einlädt). - Das ändert aber nichts daran, dass das, was man spirituell wahrnimmt, unabhängig von uns "der Fall ist".
Die Setzung des Naturalismus, dass seine Wahrnehmung real ist, nennt man "Glauben". - Die Setzung der Spiritualität, dass ihre Wahrnehmung real ist, nennt man ebenfalls "Glauben".
Wenn also der geistige Mensch Gott wahrnimmt, ihn aber nicht kennt ("Berg im Nebel"), handelt es sich um die Realität "Gott", wenn Gott unabhängig von uns "der Fall ist".