Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person?

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#211 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von closs » So 1. Dez 2013, 23:55

Pluto hat geschrieben:Jedoch können wir uns durch Messungen der Realität beliebig annähern, so dass kaum mehr Zweifel darüber bestehen.
Missverständnis - ich glaube zu wissen, was Du meinst.

Du meinst (??), dass unsere Mess-Möglichkeiten so gut sind, dass sie ganz nahe an die Realität führen - so wie die Zahl pi nach ein paar Stellen hinter dem Komma recht nah an die Realität "Kreis" führt.

Ich dagegen meine, dass wir überhaupt nicht wissen können, ob sich unsere Messungen (wie genau auch immer) überhaupt auf die Realität beziehen (wir könnten genauso gut unser eigenes Kopfkino vermessen).

Ontologisch IST das so, weil (auch objektive) Wahrnehmung und Realität zueinander autonom sind. - Pragmatisch ist es ganz anders - selbstverständlich setze auch ich, dass es Frankreich als Realität gibt, wenn ich dorthin zum Campen fahre.

Trotzdem sollte man es immer wieder betonen, um klarzustellen, dass sowohl Naturwissenschaft und Spiritualität nur deshalb funktionieren, weil sie (sehr unterschiedlich) etwas a priori setzen - also so gesehen im Prinzip gleich sind.

Pluto
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#212 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von Pluto » Mo 2. Dez 2013, 01:06

closs hat geschrieben:Trotzdem sollte man es immer wieder betonen, um klarzustellen, dass sowohl Naturwissenschaft und Spiritualität nur deshalb funktionieren, weil sie (sehr unterschiedlich) etwas a priori setzen - also so gesehen im Prinzip gleich sind.
Keineswegs, denn Spiritualität lässt sich nicht messen. Die Naturwissenschaft ist der "Spatz in er Hand", während Spiritualität wie eine imaginäre Taube auf dem Dach ist.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#213 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von closs » Mo 2. Dez 2013, 02:04

Pluto hat geschrieben:Die Naturwissenschaft ist der "Spatz in er Hand", während Spiritualität wie eine imaginäre Taube auf dem Dach ist.
Das stimmt. - NACHDEM man seine Setzung positioniert hat, fährt man mit der Naturwissenschaft am besten - diesen Luxus würde sich die Spiritualität auch gerne gönnen - was aber per se nicht geht.

Aber immer wieder: Die besten Messungen nützen nicht, wenn man nicht die Setzung/den Glauben vorschaltet, dass sich objektivierbare Beobachtungen auf Realität beziehen.

Pluto
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#214 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von Pluto » Mo 2. Dez 2013, 02:21

closs hat geschrieben:Aber immer wieder: Die besten Messungen nützen nicht, wenn man nicht die Setzung/den Glauben vorschaltet, dass sich objektivierbare Beobachtungen auf Realität beziehen.
Nicht ganz... denn die Setzungen der NW lassen sich verifizieren.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

barbara
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#215 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von barbara » Mo 2. Dez 2013, 06:42

Pluto hat geschrieben:Nicht ganz... denn die Setzungen der NW lassen sich verifizieren.

auch nur durch jenen Sinnesapparat, von dem man gar nicht wissen kann, inwiefern er das, was er einem zeigt, als "Realität" durchgehen kann...

Es ist nicht auszuschliessen, dass auch Naturwissenschaft lediglich eine kollektive Massenhalluzination sein kann - mit konsistent halluzinierten Messergebnissen.

gruss, barbara

closs
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#216 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von closs » Mo 2. Dez 2013, 09:52

Pluto hat geschrieben:Nicht ganz... denn die Setzungen der NW lassen sich verifizieren.
N E I N. - Was Du meinst, ist: Deine Setzungen lässt sich durch Deine Beobachtung bestätigen (oder ist das dasselbe, was Du mit Verifizieren meinst?). - Wie auch immer: Das geht einem Christen mit Gott genauso. - Der Unterschied: Du kannst (naturgemäß) Deine Setzung objektiv bestätigen - was (naturgemäß) beim Christen nicht geht.

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#217 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von Scrypton » Mo 2. Dez 2013, 21:24

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Nicht ganz... denn die Setzungen der NW lassen sich verifizieren.
N E I N.
D O C H.

closs hat geschrieben:Was Du meinst, ist: Deine Setzungen lässt sich durch Deine Beobachtung bestätigen (oder ist das dasselbe, was Du mit Verifizieren meinst?). - Wie auch immer: Das geht einem Christen mit Gott genauso.
Nein, tut es nicht.
In der Glaubenswelt gibt es konkrete Widersprüche zueinander. Sie lassen sich selbst spirituell weder verifizieren noch falsifizieren, sie lassen sich schlicht nicht prüfen egal auf welche Weise.
In der Naturwissenschaft ist das keinesfalls so. Wenn dort eine Behauptung aufgestellt wird, kann man diese entkräften aufgrund objektiver Methoden, die für andere überprüfbar/wiederholbar sind.

closs hat geschrieben:Der Unterschied: Du kannst (naturgemäß) Deine Setzung objektiv bestätigen
Richtig, du kannst deinen Wahn hingegen keinesfalls bestätigen lassen - sei es nun Pumuckl, die Zahnfee, der Wolperdinger oder dein Gott.
Das einzige, was du hast, ist deine eigene Überzeugung deiner eigenen Gedanken. Na super!

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#218 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von closs » Mo 2. Dez 2013, 21:47

Darkside hat geschrieben:D O C H.
Nicht die Setzungen lassen sich verifizieren, sondern die Folgen der Setzungen. - Man setzt, dass sich die eigene Wahrnehmung auf eine naturalistische Realität bezieht (tue ich auch) - also NICHT Kopfkino ist - , und kann unter dieser Voraussetzung (!!!) zeigen, dass die naturwissenschaftliche Methode solide Kenntnis über die naturalistische Realität erbringt (hat übrigens noch nie einer bestritten).

Darkside hat geschrieben:Nein, tut es nicht ... sie lassen sich schlicht nicht prüfen
Objektiv im Sinne der Naturwissenschaft nicht - hat auch nie einer behauptet. - Im übrigen gilt immer der Satz: Realität hängt nicht davon ab, ob sie prüfbar ist.

Darkside hat geschrieben:Das einzige, was du hast, ist deine eigene Überzeugung deiner eigenen Gedanken.
Du tappst immer in die selbe Falle: Du meinst, dass der Umstand, "nur" subjektiv zu erkennen, darauf hinweisen würde, dass keine Realität dahinter stünde. - Deshalb nochmals: Wahrnehmung und Realität sind unterschiedliche Kategorien.

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#219 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von Demian » Mo 2. Dez 2013, 23:39

Pluto hat geschrieben:Nicht ganz... denn die Setzungen der NW lassen sich verifizieren.

Genau genommen arbeitet die Naturwissenschaft mit Modellen über die Wirklichkeit. Wer behauptet sie könne absolut die Objektivität wiedergeben, macht bereits einen Wissenschaftsglauben daraus. Um das zu vermeiden gibt es den methodischen Naturalismus, den kritischen Rationalismus, das Prinzip der wissenschaftlichen Eleganz - man spricht auch von Ockhams Rasiermesser, wonach gilt:

* von verschiedenen Theorien ist die einfachste zu bevorzugen
* je weniger Hypothesen und Variablen eine Theorie besitzt, desto einfacher ist sie
* je einfacher eine Theorie ist, desto leichter kann man sie widerlegen, verbessern oder bestätigen

Dieses methodische Verständnis entstammt unteranderem der christlichen Scholastik. So hat man sie nach Wilhelm von Ockham benannt, der eine solche Idee 1341 in seiner Summa logicae herausausgearbeitet hat. Er fügte jedoch aus geistlicher Perspektive bei: diese bewusste Reduktion ist eine sinnvolle Regel für die Erkenntnistheorie, unsre Theorien sollten dem Sparsamkeitsprinzip folgen. Theologisch fragt er aber auch: warum sollte Gott nicht ebenso den, aus unsrer Sicht, komplizierteren oder paradoxen Weg wählen? Die Wirklichkeit kann eben ganz anders sein, als unsere Theorien das glauben machen. Darum hat Kant seine Kritik der reinen Vernunft/ Kritik der Urteilskraft geschrieben, wonach alles jenseits der sinnlichen Erkenntnis bereits geglaubte Realität ist.

Man bedenke, Wikipedia:
Tatsächlich ist es so, dass Ockhams Rasiermesser erst dann angesetzt werden kann, wenn mehrere Theorien vorhanden sind, die die gewünschte Erklärung in gleicher Tiefe liefern können. Eine kompliziertere Theorie, die den Gegenstand besser erklärt, kann daher einer einfacheren vorgezogen werden. So ist die Relativitätstheorie komplizierter als die klassische Mechanik, da sie verschiedene Kräfte in komplexen mathematischen Beziehungen betrachtet, sie kann aber zusätzlich einen größeren Phänomenbereich erklären.

Pluto
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#220 Re: Gott: Ein geistiges Prinzip, Phantasie oder reale Person

Beitrag von Pluto » Di 3. Dez 2013, 00:35

Darkside hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Was Du meinst, ist: Deine Setzungen lässt sich durch Deine Beobachtung bestätigen (oder ist das dasselbe, was Du mit Verifizieren meinst?). - Wie auch immer: Das geht einem Christen mit Gott genauso.
Nein, tut es nicht.
In der Glaubenswelt gibt es konkrete Widersprüche zueinander. Sie lassen sich selbst spirituell weder verifizieren noch falsifizieren, sie lassen sich schlicht nicht prüfen egal auf welche Weise.
In der Naturwissenschaft ist das keinesfalls so. Wenn dort eine Behauptung aufgestellt wird, kann man diese entkräften aufgrund objektiver Methoden, die für andere überprüfbar/wiederholbar sind.
Ich würde das noch ergänzen...
Eine Theorie ist nur so gut wie ihre Vorhersagekraft. Kann eine Hypothese keine Vorhersagen machen, sollte man sie verwerfen, denn sie ist leer und verdient nicht die Bezeichnung "Theorie".

Konkrete Frage @ closs
Welche intersubjektiv überprüfbaren Vorhersagen macht die Spiritualität?
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