sven23 hat geschrieben:"Die abrahamitischen Religionen fassen das Leid meist als Strafe Gottes für die Missachtung seines Willens und seiner Gebote auf."
Das ist spätestens seit dem Buch Hiob anders - allerdings hast Du recht: Eine Religions-Auffassung, die eine Begründung für Leid im Menschen braucht, argumentiert so - ein großes Problem in der christlichen Exegese.
Dein zitierter Satz ist insofern richtig, dass Leid generell ein Indikator für Leid ist. - Jesus leidet NICHT, weil er den göttlichen Willen missachtet, sondern weil Gott in ihm die Kluft zwischen Gott und Mensch schließt - das wäre jetzt aber eine fundamental-geistige Diskussion. - Individuell stimmt obiges Zitat NICHT - es ist NICHT so, dass der mehr im Dasein leidet, der gottfern lebt.
sven23 hat geschrieben:Der Holocaust war unzweifelhaft eine Grenzerfahrung. Ich kann in den Leichenbergen nichts spirituelles sehen
Der Mensch hat nicht die Aufgabe, Leid zu interpretieren, sondern Leid zu lindern. - Man kann in Leichenbergen nur dann etwas Spirituelles erkennen, wenn man einen Sinn hat für das Satanische in der Welt. Weil das verloren gegangen ist, tut man sich schwer und reduziert aufs Achselzucken.
sven23 hat geschrieben:Die meisten Menschen können keine 50000 Jahre warten.
Nicht mal 50 - deshalb sage ich ja, dass es egal ist ob die Heilsgeschichte ein paar Jahre oder 50.000 Jahre dauert. - Man darf das Thema Leid NUR individuell sehen. - Was ist mit dem
Einzelnen im Holocaust oder auf den Philippinen.
Würde man Deiner Logik folgen, dürfte es ÜBERHAUPT kein Leid geben. - Denn es geht spirituell NICHT, dass man von einem "besseren" Gott spricht, nur weil statt 5 Mio Menschen 5 Menschen grausam sterben - für die 5, die es trifft, ist es dasselbe. - Man kann Leid nicht bemessen an der Anzahl, die es trifft, sondern nur an dem, was im Einzelnen passiert.
sven23 hat geschrieben:Man sollte die Hirnforschung auch nicht überfordern.
Naja - es würde Dir vielleicht helfen, Dich auf neue geistige Ufer aufzumachen - wenn es naturwissenschaftliche Hinweise für Spiritualität gäbe. - Wenn nicht, ändert es nichts an der Sache.
sven23 hat geschrieben:Führt es denn erkenntis-mäßig weiter, wenn man sich Dinge zusammenfantasiert, die sich viel einleuchtender naturalistisch erklären lassen?
Goethe würde vielleicht folgendermaßen darauf antworten:
"Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung schwindet,
Der immerfort an schalem Zeuge klebt,
Mit gier'ger Hand nach Schätzen gräbt,
Und froh ist, wenn er Regenwürmer findet!" (Faust I/"Studierstube")