Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#591 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » Sa 23. Nov 2013, 17:09

closs hat geschrieben:
Naqual hat geschrieben:Es gibt Dinge, die man sich mit sinnlicher Wahrnehmung nicht mehr erklären kann.
Zumindest, wenn man sich auf die sogenannten "Fünf Sinne" beschränkt. - Es ist aus meiner Sicht vorstellbar, dass irgendwann sogar einmal im Rahmen der Hirnforschung ganz neue Sinne entdeckt werden - warten wir#s ab.

Man sollte die Hirnforschung auch nicht überfordern. Die meisten können froh sein, wenn sie ihre 5 Sinne beisammen halten können. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#592 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » Sa 23. Nov 2013, 17:12

closs hat geschrieben:Zeit ist vollkommen wurscht. - Entscheidend ist spirituell allein, was mit dem Einzelnen ist - ob das innerhalb von 5 Jahren mit wenigen oder 50.000 Jahren mit vielen passiert, ist qualitativ vollkommen egal.

Die meisten Menschen können keine 50000 Jahre warten. Gott könnte sich auch mal am menschlichen Maß orientieren und vom Humanismus lernen. Daß Gott überzeitlich sein soll, hilft den Menschen herzlich wenig.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#593 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » Sa 23. Nov 2013, 17:21

closs hat geschrieben:Es geht hier ausschließlich um das Motiv, dass Grenzbereiche des Leids zu Heterostasen führen - die (würden die Christen hinzufügen) spiritueller Natur sind.

Der Holocaust war unzweifelhaft eine Grenzerfahrung. Ich kann in den Leichenbergen nichts spirituelles sehen, auch nicht aus christlicher Sicht.

closs hat geschrieben: Das wäre das K.O. für alle abrahamitischen Religionen - und aus meiner Sicht nicht logisch.
Apropos abrahamitisch.
"Die abrahamitischen Religionen fassen das Leid meist als Strafe Gottes für die Missachtung seines Willens und seiner Gebote auf." Quelle


closs hat geschrieben: So dreht man es dann naturalistisch hin - innerbetrieblich korrekt, aber erkenntnis-mäßig nicht weiterführend.

Führt es denn erkenntis-mäßig weiter, wenn man sich Dinge zusammenfantasiert, die sich viel einleuchtender naturalistisch erklären lassen?

2680614483.jpg
2680614483.jpg (99.94 KiB) 1078 mal betrachtet
Quelle


Soll man wirklich glauben, daß sich die Überlebenden auf den Philippinen nach dem Sturm Gott näher fühlen?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#594 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von closs » Sa 23. Nov 2013, 21:21

sven23 hat geschrieben:"Die abrahamitischen Religionen fassen das Leid meist als Strafe Gottes für die Missachtung seines Willens und seiner Gebote auf."
Das ist spätestens seit dem Buch Hiob anders - allerdings hast Du recht: Eine Religions-Auffassung, die eine Begründung für Leid im Menschen braucht, argumentiert so - ein großes Problem in der christlichen Exegese.

Dein zitierter Satz ist insofern richtig, dass Leid generell ein Indikator für Leid ist. - Jesus leidet NICHT, weil er den göttlichen Willen missachtet, sondern weil Gott in ihm die Kluft zwischen Gott und Mensch schließt - das wäre jetzt aber eine fundamental-geistige Diskussion. - Individuell stimmt obiges Zitat NICHT - es ist NICHT so, dass der mehr im Dasein leidet, der gottfern lebt.

sven23 hat geschrieben:Der Holocaust war unzweifelhaft eine Grenzerfahrung. Ich kann in den Leichenbergen nichts spirituelles sehen
Der Mensch hat nicht die Aufgabe, Leid zu interpretieren, sondern Leid zu lindern. - Man kann in Leichenbergen nur dann etwas Spirituelles erkennen, wenn man einen Sinn hat für das Satanische in der Welt. Weil das verloren gegangen ist, tut man sich schwer und reduziert aufs Achselzucken.

sven23 hat geschrieben:Die meisten Menschen können keine 50000 Jahre warten.
Nicht mal 50 - deshalb sage ich ja, dass es egal ist ob die Heilsgeschichte ein paar Jahre oder 50.000 Jahre dauert. - Man darf das Thema Leid NUR individuell sehen. - Was ist mit dem Einzelnen im Holocaust oder auf den Philippinen.

Würde man Deiner Logik folgen, dürfte es ÜBERHAUPT kein Leid geben. - Denn es geht spirituell NICHT, dass man von einem "besseren" Gott spricht, nur weil statt 5 Mio Menschen 5 Menschen grausam sterben - für die 5, die es trifft, ist es dasselbe. - Man kann Leid nicht bemessen an der Anzahl, die es trifft, sondern nur an dem, was im Einzelnen passiert.

sven23 hat geschrieben:Man sollte die Hirnforschung auch nicht überfordern.
Naja - es würde Dir vielleicht helfen, Dich auf neue geistige Ufer aufzumachen - wenn es naturwissenschaftliche Hinweise für Spiritualität gäbe. - Wenn nicht, ändert es nichts an der Sache.

sven23 hat geschrieben:Führt es denn erkenntis-mäßig weiter, wenn man sich Dinge zusammenfantasiert, die sich viel einleuchtender naturalistisch erklären lassen?
Goethe würde vielleicht folgendermaßen darauf antworten:
"Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung schwindet,
Der immerfort an schalem Zeuge klebt,
Mit gier'ger Hand nach Schätzen gräbt,
Und froh ist, wenn er Regenwürmer findet!" (Faust I/"Studierstube")

Benutzeravatar
Zeus
Beiträge: 4745
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:32
Wohnort: Lyon
Kontaktdaten:

#595 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von Zeus » Sa 23. Nov 2013, 21:36

closs hat geschrieben: Dein zitierter Satz ist insofern richtig, dass Leid generell ein Indikator für Leid ist. -
Bist dir da ganz sicher? :shock:
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#596 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » Sa 23. Nov 2013, 21:49

closs hat geschrieben: - Man darf das Thema Leid NUR individuell sehen. -

Das stimmt einfach nicht. Auch das Ausmaß des Leids wird unter Theologen diskutiert.
Und für einen Überlebenden des Sturms ist es sehr wohl ein Unterschied, ob er einen Angehörigen oder seine komplette Familie verloren hat, ob er von außen Hilfe bekommen kann oder ob alle selbst so betroffen sind, daß er keine Hilfe erwarten kann.


closs hat geschrieben: Würde man Deiner Logik folgen, dürfte es ÜBERHAUPT kein Leid geben.
Habe ich nie behauptet


closs hat geschrieben: - Denn es geht spirituell NICHT, dass man von einem "besseren" Gott spricht, nur weil statt 5 Mio Menschen 5 Menschen grausam sterben - für die 5, die es trifft, ist es dasselbe. - Man kann Leid nicht bemessen an der Anzahl, die es trifft, sondern nur an dem, was im Einzelnen passiert.

Aber die 4999995 würden es Gott danken, und die 20 Mio Anghörigen bestimmt auch.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#597 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von closs » Sa 23. Nov 2013, 22:26

sven23 hat geschrieben:nd für einen Überlebenden des Sturms ist es sehr wohl ein Unterschied, ob er einen Angehörigen oder seine komplette Familie verloren hat
Jetzt stellst Du was auf den Kopf. - Denn der EINE Überlebende eines Sturms ist EINE Person - DAS ist der Maßstab, in der Tat. - Umgekehrt wird ein Schuh draus (und das war MEINE Argumentation): Für die Angehörigen untereinander, die leidend gestorben sind, ist es KEIN Unterschied, wer sonst gestorben ist oder überlebt hat.

sven23 hat geschrieben:Habe ich nie behauptet
Würdest Du aber tun, wenn Du Deinen Gedanken zu Ende führen würdest.

sven23 hat geschrieben:Aber die 4999995 würden es Gott danken, und die 20 Mio Anghörigen bestimmt auch.
Natürlich würde sie das. - Aber das hat nichts mit dem zu tun, was ich sage.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#598 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » So 24. Nov 2013, 07:26

closs hat geschrieben:Jetzt stellst Du was auf den Kopf. - Denn der EINE Überlebende eines Sturms ist EINE Person - DAS ist der Maßstab, in der Tat. - Umgekehrt wird ein Schuh draus (und das war MEINE Argumentation): Für die Angehörigen untereinander, die leidend gestorben sind, ist es KEIN Unterschied, wer sonst gestorben ist oder überlebt hat.


Du setzt Leid immer mit dem Tod des Leidenden gleich. Das muß aber nicht so sein. Ein schneller Tod hat mitunter weitaus weniger Leid bei dem Betroffenen erzeugt, als bei einem Überlebenden, der mit seinen Verlusten und traumatischen Erfahrungen noch eine ganzes Leben vor sich hat.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#599 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von closs » So 24. Nov 2013, 09:55

sven23 hat geschrieben:Du setzt Leid immer mit dem Tod des Leidenden gleich. Das muß aber nicht so sein.
OK - aber dann gilt doch dasselbe.

Benutzeravatar
Naqual
Beiträge: 1932
Registriert: Mi 12. Jun 2013, 19:44

#600 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von Naqual » So 24. Nov 2013, 11:52

closs hat geschrieben:Mit der Allmacht wird es schwierig. - Wenn man mal für einen Moment von der Macht weg geht und sich eher an den "Holon", also das Alles-in-Einem", orientiert, wäre die Gegenfrage, wie das überzeitliche und allpräsente Alles-in-Einem NICHT allmächtig sein könnte. - Denn der Holon (also Gott und die erkennende Schöpfung in Gott) kann nur als solcher gelten, wenn es keine Antithese zu ihm gibt (gäbe es diese, gäbe es nach wie vor ZWEI Orientierungspunkte, also keinen Holon).
Ich bin geneigt im "closs'schen Stil" zu antworten, dass die Allmacht im Sein ist, aber nicht in der Existenz. :devil:
In dem Moment, bei der das Unbegrenzte in das Begrenzte kommt, gibt es die Notwendigkeiten der Begrenztheiten, die man selbst mit Allmacht nicht aushebeln kann - sonst wäre man sofort wieder im Unbegrenzten.

Du könntest DANN recht haben, wenn man das Dasein als bewusstes Aussetzen der Allmacht versteht - am Ende (nach dem Tod) gibt es zwar Allmacht, aber jetzt erst mal nicht. - Scheint theoretisch denkbar zu sein - allerdings gäbe es da gewichtige Gegenargumente.
Bewusstes Aussetzen nicht als vorsätzliches Aussetzen, sondern als notwendiges. Wobei ich - wie gesagt - die Allmacht für nicht existent halte - denn selbst wenn sie nur im Sein existierte, wäre sie keine Allmacht mehr, da man von der Allmacht nicht eine Sphäre (z.B. der erfahrbaren Wirklichkeit) ausschließen darf. Also so rein logisch mal.

Antworten