Spice hat geschrieben: ↑Do 13. Feb 2020, 13:56
Naqual hat geschrieben: ↑Do 13. Feb 2020, 11:09
Grobe Denkfehler sind dies nicht bei Punch. Nicht einmal kleine. Das, was Punch anspricht läuft unter dem Fachbegriff "Theodizee-Problem". Dies gilt grundsätzlich als ungelöst.
das stimmt nicht mehr. Inzwischen wurde das Theodizee-Problem gelöst: In einer Rezension zu Helmut Obsts Buch „Reinkarnation. Weltgeschichte einer Idee“schreibt Kirsten Dietrich:
"Reinkarnation erscheint schlüssig, auch wenn man keine ausformulierte Religion hat. Und Reinkarnation bietet eine unbarmherzige, aber vernünftige Lösung für die Frage, warum es in der Welt so viel Leid gibt, die sogenannte Theodizee-Frage. Nicht ein undurchschaubarer Gott ist dafür verantwortlich, die Menschen haben sich ihr Los durch vergangene Taten selber eingebrockt. Gegen diese Vorstellung protestieren vor allem die christlichen Kirchen. Aber auch sie, so Obst, sollten versuchen, nach kreativen Verbindungen von christlicher Auferstehung und allgemein-religiöser Reinkarnation zu suchen. Für ihre Gläubigen ist das nämlich schon längst Realität.“
Mit Zitaten muss man genauso aufpassen wie mit Bibelzitaten, sie haben schnell Schwächen in der Interpretation.
Reinkarnationsvorstellungen haben den Vorteil gerechter zu sein als viele andere Vorstellungen. Letztlich bekommt dann jeder was er verdient. Im Positiven wie im Negativen. Diese Vorstellungen (so sehr auch ich hiermit sympatisiere) zielen aber auf die Gerechtigkeit Gottes, nicht auf das Theodizee-Problem.
Das Theodizee-Problem hat nicht die theoretische Schwäche, das von Menschen verursachtes Leid das Paradoxon um den "guten Gott" aufbaut, nicht gesehen wird. Das Problem zielt auf genau das Leid, das völlig unabhängig vom menschlichen Handeln entsteht und weiterwirkt. Und dies gibt es nunmal auch. Wenn die Reinkarnationsvorstellungen das Theodizee-Problem lösen würden, müssten sie Antworten geben auf z.B. folgende Fragen:
Warum tötet ein Vulkanausbruch alle, nicht nur die Bösen, die es verdient haben?
Wozu braucht Gott für die Veredlung des Menschen über die verschiedenen Inkarnationen Leid wie Naturkatastrophen? Das "Abbekommen des selbst verursachten Leids" würde ja genügen. Wozu braucht Gott Krokodile, die töten? An dieser Stelle setzt ja das Kernargument des Theodizee-Problems an: wie kann ein allmächtiger Gott die Welt so schaffen, dass es Leid gibt? Er hätte es als allmächtiger und gütiger Gott auch anders machen können. Und hier merkt man dann schnell: das Problem ist nicht gelöst, auch mit Reinkarnation nicht.
In dem Moment, wo man die Reinkarnationsvorstellungen mit einem allmächtigen und guten Gott verbindet, entsteht auch das Problem.
Eine Teillösung gibt es m.E. nur in der Richtung, dass man die Bipolaritäten des Denkens auflöst (viele östliche Religionen sind da zu nennen). Also ohne das jetzt im Detail zu beschreiben nur die kurzen Grobskizzen: Leid mag unangenehm sein, es ist aber nicht böse. Sondern gut. Denn am Leid wächst man. Und das Gute wird besonders sichtbar umgeben vom Bösen. Ja, es kann teilweise erst existent werden, aufgrund des Bösen. Wie wolltest Du z.B. jemanden lieben, der schon alles hat? Du könntest ihm nichts Gutes tun.
Das erklärt zwar viel, aber löst das Theodizee-Problem nicht vollständig. Denn bei einem allmächtigen guten Gott würde man diesem zutrauen die Welt so zu schaffen, dass es auch ohne unangenehmes Leid geht. Das ist dann auch der Punkt, an dem ich innehalte ohne deswegen meinen Theismus aufzugeben (wobei hier Gott bei mir nicht als personales Wesen vorgestellt wird wie im Christentum, Judentum oder Islam, das umgeht die Problematik ebenfalls ein wenig, wäre aber ein kompliziertes Extra-Thema).