Aus der Werkstatt des Theologen

Themen des Neuen Testaments
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Thaddaeus
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#11 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von Thaddaeus » So 29. Sep 2019, 22:52

Andreas hat geschrieben:
So 29. Sep 2019, 22:29
Thaddaeus hat geschrieben:
So 29. Sep 2019, 22:10
Mt. und Lk. kennen aber auch beide Jesusworte, die sich bei Mk. nicht finden. Die müssen sie also aus einer anderen, gemeinsamen Logienquelle (= Jesusworte-Quelle) haben. Die wird als Logienquelle (Q) bezeichnet.
Also nur dies, "Matthäus und Lukas" stammt aus der Logienquelle Q. Okay.
Jesussprüche(!), die sowohl bei Mt., als auch bei Lk. vorkommen, aber nicht bei Mk. zu finden sind, stammen aus der Logienquelle (Q). Das muss eine spezielle Quelle gewesen sein, in der Jesussprüche gesammelt worden sind (die aber Mk. nicht vorlag). Es ist auch nachvollziehbar, dass vermeintliche oder wirkliche originale Jesussprüche als besonders wichtig und wertvoll für die Verkündigung galten und deshalb (irgendwann von irgendwem) speziell gesammelt wurden.

Andreas hat geschrieben:
So 29. Sep 2019, 22:29
Markinisches Sondergut gibt es auch in der Grafik. Hast du vermutlich vergessen zu erwähnen, denke ich. Falls das stimmt. Okay.
Ja. Das sind Geschichten, die ausschließlich bei Mk. zu finden sind und sonst in keinem anderen Evangelium.

Andreas hat geschrieben:
So 29. Sep 2019, 22:29
Nun gibt es in der Grafik aber auch noch diese beiden Kästchen in denen "Matthäus und Markus" und "Lukas und Markus" steht. Dann müsste man aber von einer Drei- oder sogar Vier-Quellen Theorie sprechen.
Nein, das sind lediglich die Geschichten, die speziell bei Mt. und Mk. oder eben bei Lk. und Mk. zu finden sind.

Andreas hat geschrieben:
So 29. Sep 2019, 22:29
Thaddaeus hat geschrieben:
So 29. Sep 2019, 22:10
Das sind also Quellen, die nur Mt. und Lk. vorlagen (aber nicht Mk.).
Aber das hatten wir doch jetzt oben schon als Logienquelle Q festgestellt.
Ja, wenn es Jesussprüche (= Logien) sind, die Mt. und Lk. vorlagen (aber nicht Mk.), ist die Logienquelle Q. Wenn es Geschichten sind, die speziell entweder Mt. vorlagen oder Lk. (aber nicht Mk.), dann ist es das mattheische oder lukanische Sondergut.

Ist doch alles ganz einfach ... :D
Zuletzt geändert von Thaddaeus am So 29. Sep 2019, 23:01, insgesamt 1-mal geändert.

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Andreas
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#12 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von Andreas » So 29. Sep 2019, 23:00

Thaddaeus hat geschrieben:
So 29. Sep 2019, 22:52
Nein, das sind lediglich die Geschichten, die speziell bei Mt. und Mk. oder eben bei Lk. und Mk. zu finden sind.
Jetzt hab' ich's geschnallt. Dies entstammt wie auch die "Dreifache Überlieferung" auch aus der 1. Quelle der Zweiquellentheorie - sprich Markus.

closs
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#13 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von closs » So 29. Sep 2019, 23:03

Thaddaeus hat geschrieben:
So 29. Sep 2019, 22:27
Wie man es dreht und wendet kommt am Ende aber keine Inspirationslehre dabei heraus, die hilfreich wäre für ein besseres Verständnis der Schriften, insbesondere, da sie inhaltlich eben voneinander abweichen.
Dazu werde ich viel später etwas sagen.
 

Leila
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#14 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von Leila » Mo 30. Sep 2019, 00:02

Es gibt gar nichts Schöneres, als ein Atheist, der dem Christ Gott erklärt, ihr sollt, ihr Christen, von Herzen dankbar sein und euch freuen, über diese Lehrer, deren Zuspruch ihr begehrt, deren Ehre ihr euch gewiss sein dürft, je weniger Jesus, je einiger werdet ihr euch sein, ein Hoch auf euch, ihr Kinderlein, ihr, die ihr sagt, Jesus ist mir sch   egal.  Ob es ihn gab je, oder nicht. Herrlich, ihr Freunde herrlich! Gott freut sich, das die Atheisten es sind, die euch läutern, eure Dankbarkeit, ist eine Freude für den Herrn, dessen seid euch gewiss, ganz gewiss! Bussichatt und ein Wienerle für eich.

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Thaddaeus
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#15 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von Thaddaeus » Mo 30. Sep 2019, 07:49

Mirjam hat geschrieben:
So 29. Sep 2019, 22:08
Dreifache Überlieferung ist einfach das, was in allen drei Evangelien vorkommt? Die Schnittmenge? So hatte ich das verstanden...
Exakt so ist es.

Tatsächlich ist der Versuch einer Erklärung, warum sich welche Stoffe in welcher Menge auf welche Evangelien verteilen schwierig, und es gab im Laufe der Zeit eine Menge versuche der synoptischen Frage Herr zu werden. Folgt man dem Wiki-Link zum SYNOPTISCHEN PROBLEM und liest sich alles aufmerksam durch, ist man eine Weile beschäftigt.

Die Links, die ich angebe, führen immer zu Hintergrundwissen für diejenigen, die tiefer interessiert sind. Ich kann diese durchaus spannenden, literaturtheoretischen Aspekte hier natürlich nicht in aller Ausführlichkeit vorstellen und diskutieren, sonst kommen wir nie zur Analyse unserer Wundergeschichte.

Festhalten kann man, dass die Zweiquellentheorie die literarkritische Hypothese ist, die praktisch von allen wissenschaftlich arbeitenden Exegeten akzeptiert wird und als Minimalkonsens und Arbeitsgrundlage verwendet wird.

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#16 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von Thaddaeus » Mo 30. Sep 2019, 08:45

Mirjam hat geschrieben:
So 29. Sep 2019, 21:13
Wie sieht es mit außerbiblischen Parallelen zu dieser Geschichte aus?
Also: Gibt es in dem Text Erzählmotive, die von anderen Vorlagen übernommen sein könnten?
(Das muss die Historizität der Anekdote nicht grundsätzlich in Frage stellen. Aber es kann ja sein, dass sich Markus bei der Art der Erzählung an eine bestimmte äußere Form hält, dass er absichtlich auf andere, ältere Geschichten anspielt, oder dass bestimmte Details aus anderen Quellen übernommen hat um die Geschichte auszuschmücken.)
Wie ich gerade entdeckt habe, gibt es tatsächlich eine sehr kühne Interpretation des Theologen Dennis MacDonald der bei der Geschichte der Heilung des Besessenen von Gerasa meint Parallelen zur ODYSSEE von Homer entdeckt zu haben, genauer: zum Kampf des Odysseus mit dem Kyklopen Polyphem.

MacDonald setzt dabei natürlich voraus, dass ILIAS und ODYSSEE zur Zeit Jesu in der antiken Welt allgemein bekannt waren (und auch den Evangelisten), was nicht völlig von der Hand zu weisen ist. Ich werde an geeigneter Stelle noch einmal darauf zurückkommen. Insgesamt dürfte dieser durchaus originelle Interpretationsansatz aber eher als Kuriosum zu betrachten sein.


Die Analyse des Textes hat noch nicht angefangen ... ;) Vermutlich muss ich erst noch eine Vorbemerkung zu Wundern allgemein machen.

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Thaddaeus
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#17 Re: Aus der Werkstatt des Theologen - Exkurs: Über Wunder und Wundertäter

Beitrag von Thaddaeus » Mo 30. Sep 2019, 19:52

Da wir es mit einer Wundergeschichte zu tun haben, ist noch ein kurzer Exkurs über Wunder und Wundertäter vonnöten.

Die Perikope von der Heilung des Besessenen von Gerasa gehört zur Textgattung der Wundergeschichten, zur Untergattung der Heilungswunder und in diesem Fall zur Kategorie der Dämonenaustreibungen bzw. Exorzismen. Es gibt auch viele andere Heilungswunder ohne Dämonenaustreibung wie z.B. die an unsere Geschichte direkt anschließende Heilung der blutflüssigen Frau (Mk.5, 21-43, Mt.9, 18-26 und Lk.8, 40-56) etc.

Die Heilung des Besessenen von Gerasa durch Jesus gehört zu den bekanntesten Wundern, die Jesus zugeschrieben werden, und es ist eines der spektakulärsten, aber auch kuriosesten, denn vieles in der Geschichte wirkt befremdlich. Es gilt als ziemlich sicher, dass Jesus zu Lebzeiten vor allem Heilungswunder und Exorzismen durchgeführt hat und viele Menschen in seiner Umgebung davon überzeugt waren, dass er Wunder wirken konnte. Dies stellt keine Überraschung dar, denn Propheten und ausgewiesene Wundertäter gab es zu Lebzeiten Jesu viele.

Exkurs zu Wundertätern:

Einigen Rabbinen wurde Wundertätigkeit nachgesagt, es gab zelotische Zeichenpropheten - die schon als Ausweis dafür, echte Propheten zu sein (und keine Betrüger) Zeichen und Wunder wirken können mussten - und es gab wunderwirkende Chassidim, so z.B. Honi, der Regen machen konnte.

Der jüdische Charismatiker Chanina ben Dosa, der - wie Jesus aus der Gegend von Sepphoris stammte und dezidiert als "Sohn Gottes" bezeichnet wurde - war berühmt für seine Gebetsheilungen. Von dem Heiler Eleazar - der von dem jüdischen Geschichtsschreiber Flavius Josephus erwähnt wird - ist bekannt, dass er sogar in Anwesenheit des Kaisers Vespasian einem Kranken einen Dämon aus der Nase gezogen hatte.

Einer der berühmtesten wundertätigen Männer war aber zweifellos der Philosoph und Wanderprediger Apollonius von Tyana (4 - 96), der als "theos aner" bezeichnet wurde, also als göttlicher Mensch, unter anderem, weil er eine auf ihrer Hochzeit tot umgefallene junge römische Braut wieder zum Leben erweckt hatte.
Apollonius lässt den durch Rom ziehenden Trauerzug anhalten, fragt nach dem Namen des Mädchens, rezitiert unverständliche magische Formeln, legt die Hand auf die Tote und erweckt sie damit zum Leben. Den ihm angebotenen Lohn stiftet er als Mitgift. (Philostratos 4,45; Euripides, Alkestis 1008-1152. H.-J. Klauck, Die religiöse Umwelt des Urchristentums I, 1995, S. 140 ff.: Ed. Meyer, Apollonius von Tyana, in: Kleine Schriften II, 1924, S. 131-191.).
In den Heiligtümern des Gottes Asklepios konnte man Hunderte von Tafeln finden, auf denen "auf wundersame Weise" geheilte Menschen dem Gott für das Wunder ihrer Heilung dankten.

Es gab aber auch damals schon Kritiker der zahlreich durch die Länder ziehenden Wundertäter, die deren angebliche Wunderkäfte bezweifelten und ihnen schlichten Betrug vorwarfen. Diese Kritiker waren vor allem stoische und epikureische Philosophen und römische Staatsbedienstete, denen die Wundertätigkeit in der Regel vor allem Scherereien bescherte, da sie für Unruhe und Aufregung in der Bevölkerung sorgten.

Berühmt wurde lange nach Christus der Fall des Asklepios-Priesters Alexander um die Mitte des 2. Jahrhunderts den Kult des Glykon begründete und dem der römische Satiriker Lukian von Samosata (um 120 – 180) eine eigene Schrift widmete, um ihn als Scharlatan zu entlarven. Dieser habe - so Lukians Schrift - aus Makedonien eine gezähmte Schlange eingeführt, ihr einen menschlichen Kopf, eine Attrappe aus Stoff und Pferdehaar, aufgesetzt und eigene Mysterien erfunden. Seine Anbeter scherten sich nicht um den aufgeklärten Spott, der sich über sie ergoss. Sie trugen ihren Glauben in die Welt und ihr Kult breitete sich seit der Mitte des 2. Jahrhunderts in Kleinasien, Thrakien, Dakien, ja sogar in Rom aus.

Während die Gebildeten zur Zeit Jesu Wunder durchaus kritisch betrachteten und viele Philosophen sie als Spektakel und Blödsinn für die Menge ansahen, standen Wunder bei den einfachen Menschen dagegen hoch im Kurs. Wollte man ein ernst zu nehmender Prophet oder Wanderprediger sein, wurde Wundertätigkeit von der Bevölkerung als Beweis der Macht und Autorität geradezu verlangt. Auffällig bei Jesus ist, dass er seine eigene Wundertätigkeit an vielen Stellen im Mk.-Ev. sogar geheim zu halten versucht. Man spricht vom so genannten MESSIASGEHEIMNIS. Einige Exegeten sehen darin den redaktionellen Versuch des Markus, den Blick der Gläubigen nicht auf das Spektakel von Jesu Wundertätigkeit, sondern auf seine Erlösungstat am Kreuz zu lenken. Ist dem so, dann wollte schon Markus, dass man nicht wegen seiner Wunder an Christus glauben sollte, sondern wegen seiner Erlösungstat am Kreuz.

Interessant ist auch, dass Paulus in seinen Briefen keine Wunder Jesu zu kennen scheint, denn er erwähnt keine (außer natürlich die Auferstehung). Das ist erstaunlich, denn es ist für seine Missionstätigkeit völlig unverständlich, wenn er Wunder Jesu gekannt haben sollte, warum er sie nicht erwähnte? Denn mit ihnen hätte er sicherlich viele Hörer beeindrucken und für das Christentum gewinnen können. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass Jesus tatsächlich viel weniger oder sogar gar keine Wunder gewirkt haben könnte und diese ihm erst später angedichtet wurden.

Man muss davon ausgehen, dass vor allem die einfachen Menschen, die die Jünger von Jesus als dem erwarteten Messias predigen hörten, nach solchen Wundern verlangten, damit sie an ihn glauben konnten. Denn je mehr und je größere Wunder Jesus zugeschrieben werden konnten, um so größer war in den Augen der meisten Hörer seine Macht und Autorität und um so mehr, wies er sich als der wahre Messias aus.

Gottseidank muss die Frage, ob Jesus wirklich Wunder wirkte oder nicht, für das Verständnis unserer Geschichte nicht geklärt werden. Die Heilung des Besessenen von Gerasa ist historisch-kritisch analysierbar, egal ob man die Wunder Jesu für möglich hält oder eben nicht.

Mirjam
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#18 Re: Aus der Werkstatt des Theologen - Exkurs: Über Wunder und Wundertäter

Beitrag von Mirjam » Mo 30. Sep 2019, 21:00

Thaddaeus hat geschrieben:
Mo 30. Sep 2019, 19:52
(Philostratos 4,45; Euripides, Alkestis 1008-1152. H.-J. Klauck, Die religiöse Umwelt des Urchristentums I, 1995, S. 140 ff.: Ed. Meyer, Apollonius von Tyana, in: Kleine Schriften II, 1924, S. 131-191.).
Ordentliche Quellenangaben!! Thaddaeus, ich bin gerade ein klein wenig verliebt in dich :hart2:

@Odyssee: Ja, durchaus vorstellbar das Homer bekannt war, oder? Schließlich wurden seine Werke die ganze Antike hindurch in den Schulen als Lehrtexte eingesetzt.

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Thaddaeus
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#19 Re: Aus der Werkstatt des Theologen: Ur-Markus und Deutero-Markus

Beitrag von Thaddaeus » Di 1. Okt 2019, 11:37

Thaddaeus hat geschrieben:
So 29. Sep 2019, 20:51
Die LITERARKRITISCHE Grundlage aller wissenschaftlich arbeitenden Theologen ist die so genannte ZWEI-QUELLEN-THEORIE.

Demnach lag das MARKUS-Evangelium dem Verfasser des MATTHÄUS-Evangeliums und dem Verfasser des LUKAS-Evangeliums schriftlich vor. Matthäus und Lukas verfassten ihre Evv. also auf der Grundlage des Markus-Ev. Dies wird erschlossen aus der Tatsache, dass sich sowohl bei Mt. als auch bei Lk. parallele Erzählungen finden, die sich bereits bei Mk. finden (bei Mk. aber eben bestimmte Erzählungen nicht, die sich bei Mt. und Lk. finden).
Nicht zuletzt wegen der Nachfragen zur Zweiquellentheorie und den Schaubildern, erscheint mir eine literarkritische Ergänzung sinnvoll.

Wie schon festgehalten ist die Zweiquellentheorie sozusagen der Minimalkonsens unter den neutestamentlichen akademischen Exegeten und sie stellt die literarkritische Grundlage ihrer Textanalysen dar.

Es gibt aber eine Beobachtung bei den Textveränderungen von Mt. und Lk. zu Mk., die sich nicht recht mit der Zweiquellentheorie in Einklang bringen lassen will. Diese Beobachtung hat zur Formulierung der UR-MARKUS-Hypothese geführt. Wiki führt hierzu zutreffend aus:

Gemäß der Zweiquellentheorie war das Markusevangelium das älteste der drei synoptischen Evangelien, es diente den anderen beiden Evangelien, den „Großevangelien“ Matthäus und Lukas, als Vorlage. Eine Schwierigkeit für die einfach klingende Zweiquellentheorie ergibt sich dadurch, dass bei Perikopen, die alle drei Synoptiker gemeinsam haben, oft Matthäus und Lukas in ihrer Formulierung miteinander übereinstimmen, während Markus eine abweichende Formulierung hat. Man spricht von „minor agreements“, also „kleineren Übereinstimmungen“. Dass Matthäus und Lukas beim Übernehmen und Bearbeiten ihrer Markus-Vorlage derart häufig zufällig zur selben Abänderung gelangten, ist äußerst unwahrscheinlich. Daher musste die Zweiquellentheorie dahingehend verändert werden, dass ein angenommener „Urmarkus“ die Vorlage für Matthäus und Lukas darstellte. Dieser Urmarkus habe die nun bei Matthäus und Lukas erkennbare – und von ihnen beibehaltene – Formulierung enthalten, während Markus beim Überarbeiten des ursprünglichen Urmarkus oft die Formulierung abänderte.
(Wiki zum Stichwort "Evangelium nach Markus_Wirkungsgeschichte")
Es gibt also Erzählungen bei Mk., die sich bei Mt. und Lk. stark verändert finden. Erstaunlich ist nun, dass Mt. und Lk. diese markinischen Erzählungen verblüffend oft in verblüffend ähnlicher Weise abändern. Wenn Mt. und Lk. beiden das Mk.-Ev. vorlag, ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass sie es beide so sehr ähnlich abändern. Mt. und Lk. verfassten ihre Evv. an völlig unterschiedlichen Orten und vermutlich auch nicht zur identischen Zeit (und Telefon oder Handys, mit denen man sich mal eben schnell hätte absprechen können, gab es keine).

Diese Beobachtung hat zur Annahme eines "Ur-Markus" geführt, also zur Annahme eines schriftlich fixierten Evangeliums, welches den Evangelisten Matthäus, Lukas UND auch bereits dem Markus vorlag. Bei den obigen Erzählungen übernahmen dann Mt. und Lk. beide die Fassung des Ur-Markus und Mk. änderte dieselben Erzählungen freilich ab. Das würde die obige Beobachtung erklären.

Eine weitere Möglichkeit ist die Existenz eines DEUTERO-MARKUS. In dem Fall hätte Mt. und Lk. ein ANDERER Markustext vorgelgen als der, der Eingang in unser Neues Testament gefunden hat. Dieser Deutero-Markus ist dann offenbar verloren gegangen bzw. ist bislang noch nicht als Quelltext gefunden worden.

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Andreas
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#20 Re: Aus der Werkstatt des Theologen

Beitrag von Andreas » Di 1. Okt 2019, 15:58

Btw möchte ich doch anmerken, dass mir die unterschiedlichen Quellentheorien bekannt sind. Ich konnte nur die grafische Umsetzung nicht auf Anhieb entschlüsseln.

Zu deinem letzten Post: Ein mir plausibler Ansatz wäre einfach, dass die minor agreements schlicht auf den zeitlichen Abstand der Abfassung zu Mk. zurück zu führen wären, bzw. ein Argument für diesen zeitlichen Abstand darstellen. In dieser kurzen Abfassungszeit des NT von vielleicht 50 Jahren, hat sich vieles immer wieder extrem schnell verändert. Beispielsweise das "Verhältnis" der existierenden Gläubigen, von Juden, Judenchristen, Heidenchristen, hellenistischen Christen usw. Im gegenseitigen Diskurs schärften sich die theologischen Profile aller, und so könnten sich die Übereinstimmungen von Mt. und Lk. als theologische Übereinstimmungen eines gemeinsamen Zeitgeistes erweisen, die sich dann auch in deren jeweiligem Schrifttum niedergeschlagen haben. Nur mal so als Idee.

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