Alles Teufelszeug? VII

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sven23
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#661 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » So 1. Sep 2019, 09:38

closs hat geschrieben:
Fr 30. Aug 2019, 20:47
Die HKM muss Aussagen wie "Jesus irrte sich" unterlassen, wenn die HKM apriorifrei bleiben soll -
Das ist die Meinung des glaubensideologischen Laien closs.
Im Grunde sagt closs: die historische Jesusforschung dürfe keine Aussagen zu Jesus machen. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
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#662 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » So 1. Sep 2019, 17:54

Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
Ja eben. Was denn sonst? Das ist die HKE, wie die Bibelkommission sie als wissenschaftliche Auslegungsmethode aus der Praxis kennt und schätzt.
Kleiner analytischer Einschub: Das Problem scheint zu sein, was man unter "apriorifrei" versteht.

Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
Dass diese Theologen Jesus aus ihrer wissenschaftlich-historischen Sicht NICHT als Halbgott behandeln, diese Kröte musst Du redlicherweise schlucken.
Da gibt es nichts zu schlucken, weil davon gar nicht die Rede ist. - Mir scheint, dass "apriorifrei" von manchen nur religiös, aber nicht säkular verstanden wird - die Kommission versteht natürlich BEIDES darunter.

Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
Die HKE benötigt und fordert keinen apriorischen Glaubensentscheide ihrer Exegeten.
Natürlich tut sie das nicht, wenn man sich streng an ihre Methoden-Schritte hält - aber das tut man offenbar nicht immer - konkret: Der Satz "Jesus irrt" ist NICHT apriorifrei generiert - das ist das, was die Kommission als hermeneutisch kontaminiert versteht.

Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
Apriorien lägen nur dann vor, wenn die HKE explizit feststellte: Gott existiert nicht, Jesus hat keine Wunder bewirkt, er ist nicht von den Toten auferstanden etc.
Das ist nur die halbe Wahrheit - Apriorien liegen auch dann vor, wenn man interpretiert,
* als ob es Gott nicht nötig habe, in Wundern zu sprechen (Bultmann), oder
* wenn man Jesus das AT-Denken (= damalige zeitgenössische Denken) unterstellt, anstatt in ihm einen Paradigmenwechsel für möglich zu halten, oder
* wenn man heilsgeschichtliche Erkenntnis-Entwicklungen ausschließt ("Erst nach und nach hat man begriffen, was Jesus wirklich meinte").

Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
das Original Jesus ist seit 2000 Jahren mausetot. Er kann nicht mehr befragt werden. Also ist die Exegese auf seine überlieferten Worte angewiesen. U
Richtig - und das tut man anhand der Quellen und deren hermeneutisch unterschiedlichen Interpretationen. - Aber eben nicht nur EINE hermeneutische Interpretation.

Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
Ideologen sind ausschließlich die glaubensdogmatisch zugekleisterten Theologen, die sich im Besitz ewig gültiger Wahrheiten wähnen.
Nein - es sind auch Menschen, die meinen, nur ihre Hermeneutik sei wahrheits-führend - und das auch noch apriorifrei. - So wie ihr die HKM darstellt, seid Ihr ideologischer als berger und Ratzinger.

Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
closs hat geschrieben:
Die HKM muss Aussagen wie "Jesus irrte sich" unterlassen.

Muss sie nicht, wird sie nicht.
Das ist ok, wenn sie gleichzeitig den Anspruch aufgibt, apriorifrei zu sein.

Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
Der Konsens über Jesu Irrtum innerhalb der wissenschaftlich ausgerichteten Fraktion der HKE beruht übrigens nicht auf apriorischen Glaubensannahmen, sondern auf historischen Fakten. Weder kamen der richtende Menschensohn noch das Reich Gottes.
Das ist das Gefährliche: Du erkennst nicht, dass das Kommen des Reich Gottes in DEINEM Verständnis falsch sein kann, somit Dein Verweis auf "historische Fakten" auf völlig falscher Grundlage stehen kann.

Richtig wäre:
"WENN meine (also Müneks/Svens) hermeneutische Vorannahmen richtig sind, DANN sprechen historischer Fakten dagegen". - Wie die Theologie zeigt, werden diese Eure Vorannahmen abgelehnt.

Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
Selbstverständlich darf die HKE untersuchen, wen der alttestamentliche Prophet Jesaja mit der eigentümlichen Gestalt des "leidenden Gottesknechts" gemeint haben könnte.
Analytisch darf sie das - natürlich. - Apriorifrei wäre, verschiedene Alternativen zu benennen, ohne diese historisch zu bewertem (im Sinne von: "A ist historisch richtig, B nicht").

Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
sven23 hat geschrieben: ↑
Fr 30. Aug 2019, 19:52
Nein, die Forschung macht keine inhaltlichen Aussagen zu Wundern.

Dass sie das NICHT macht, ist für Closs wieder ein Beweis für Apriori innerhalb der HKE. Verrückt!
Absichtliches Falsch-Verstehen?

Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
Nimm Deine ideologische Glaubensbrille vom Kopf und studiere das Kommissions-Dokument nochmal in aller, aller Ruhe.
ICH weiß, wie die RKK denkt und was Theologen dazu sagen - und zwar dasselbe, was ich auf Anhieb aus dem Text verstanden habe. - Das Problem scheint mir zu sein, dass HKM-Jünger versuchen, die Kommisssions-Inhalte im Sinne ihrer Hermeneutik umzudeuten. - Deutlich wird dies, wenn nicht erkannt wird, dass Ratzingers Antichrist-Vorwurf voll auf der Linie der Kommisssion ist - nur dass diese halt ihre Texte sehr wohlwollend -diplomatisch geschrieben hat. - Wir können den Text gerne Satz für Satz durchgehen. :)

Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:52
Man kann und sollte aber die Bibel durchaus auch ohne Glaubensbrille lesen.
Es geht nicht um "Glaube", sondern um eine spirituelle hermeneutische Perspektive: "Was steht im Text, falls Christen recht haben, dass Jesus göttlich ist?". - Das kann auch ein Atheist, wenn er ein guter Wissenschaftler ist.

Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:52
Was den Bereich der "Schriftauslegung = Exegese" betrifft, gibt es eine solche Instanz an den theologischen Fakultäten NICHT.
Damit ist der Bereich VOR Apg. 8,30 gemeint - natürlich gibt es da sonst nichts.

Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:52
. Aber wir haben noch die katholische Glaubenslehre mit ihren Dogmen.
Die rührt diesen "Bodenplatten-" Bereich nicht an - auch dazu sagt die Kommisssion etwas.

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sven23
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#663 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » So 1. Sep 2019, 18:14

closs hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 17:54
Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
Apriorien lägen nur dann vor, wenn die HKE explizit feststellte: Gott existiert nicht, Jesus hat keine Wunder bewirkt, er ist nicht von den Toten auferstanden etc.
Das ist nur die halbe Wahrheit - Apriorien liegen auch dann vor, wenn man interpretiert,
* als ob es Gott nicht nötig habe, in Wundern zu sprechen (Bultmann),
Egal, ob man es für nötig hält oder nicht, es gibt einfach keine Wunder. Das wird vor 2000 Jahren nicht anders gewesen sein. Nimmt man dann noch das mythische Weltbild der Antike, dann erklären sich "Wunder" quasi von selbst.


closs hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 17:54
oder
* wenn man Jesus das AT-Denken (= damalige zeitgenössische Denken) unterstellt, anstatt in ihm einen Paradigmenwechsel für möglich zu halten, oder
Den Paradigmenwechsel gab es doch: er bestand in der Thoraverschärfung, wie man das bei reliösen Eiferern gerne findet, und in dem Glauben an die unmittelbar bevorstehende Gottesherrschaft. Deshalb die Mahnung zur Umkehr und Eile.

closs hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 17:54
* wenn man heilsgeschichtliche Erkenntnis-Entwicklungen ausschließt ("Erst nach und nach hat man begriffen, was Jesus wirklich meinte").
Natürlich wurde im Laufe der Zeit klar, dass die Gottesherrschaft nicht kam, Jesus sich also geirrt hat.
Das Heil, das Jesus seinen Anhängern versprochen hatte (die Letzen werden die Ersten sein), blieb aus. Die christliche Heilsgeschichte wurde dann gegen die Lehre Jesu entwickelt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#664 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » So 1. Sep 2019, 18:22

closs hat geschrieben:
Fr 30. Aug 2019, 20:47
Ratzinger ist Theologie und Wissenschaftler.

Ratzinger ist vor allem Glaubensideologe.
Er hat zwar die Macht, innerhalb seines Glaubensystems die Vorhölle abzuschaffen, aber auch er muss sich wissenschaftlichen Prinzipien beugen.
Er hat nicht die Macht, ex cathedra festzulegen, was Wissenschaft ist. Ein argumentum ad verecundiam hatte mal im Mittelalter Gültigkeit. Das weiß auch ein Ratzinger, deshalb bleibt ihm nur der Aufruf zum Glaubensentscheid.
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#665 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » So 1. Sep 2019, 19:29

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:06
Nein, wer ohne religiöse Glaubensbekenntnisse auskommt, hat die Nase vorn, und zwar deutlich vorn.
Ein völlig willkürliches Postulat - eigentlich ideologisch. ---- Die Antwort auf die Frage, ob Jesus historisch nur Mensch oder auch göttlich war, ist völlig offen - beide Seiten, ob religiös-weltanschaulich-hermeneutisch oder säkular-weltanschaulich-hermeneutisch, können recht oder unrecht haben. - Apriorifrei gesehen ist das historisch vollkommen offen.

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:06
Genau das macht doch die Forschung: Z. B. gilt die Bergpredigt als unhistorisch, bzw. als reine Eigenkomposition eines unbekannten Verfassers.
Das muss substantiell nichts bedeuten. - Wenn ein Text in Nachfolge Jesu entsteht, der von ihm spirituell sein könnte, ist das HKM-mäßig bemerkenswert, aber kein inhaltliches KO-Kritierium für eine Authentizität zu Jesus.

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:06
Wie oft denn noch? Die Forschung macht keine inhaltlichen Aussagen zu Wundern
Doch. - Wenn ein Forschungs-Zweig meint, dass die Geschichte ein naturalistisch ungebrochener Wirkungszusammenhang ist, bedeutet dies, dass man so interpretiert, als gäbe es keine Wunder. - Man muss als Wunder-Erzählungen in den Quellen als unhistorisch setzen.

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:06
Closs als eingefleischter Glaubensideologe weiß nicht einmal, ob es einen Gott gibt, er weiß aber, dass er einen unhehelichen Sohn hatte. Warum ist dir das so wichtig?
Mindestens 3 Fehler:
1) Poly-Hermeneutik und Ideologie sind zwei völlig unterschiedliche Begriffe.
2) "Wissen" kann der Mensch nur inner-systemisch - universal kann man nur glauben - das geht gar nicht anders.
3) "Unehelicher Sohn" in Bezug auf Gott ist mindestens unsinnig (andere würden es schärfer bezeichnen)

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:06
Von der Forschung religiöse Apriorifreiheit zu fordern und selbst hinterher alles mit religiösen Glaubensbekenntnisse zu kontaminieren, macht nun wirklich keinen Sinn.
Du hast NICHTS verstanden:
1) Nicht von "der Forschung", sondern von der HKM wird aus Sicht der Kommisssion "Apriorifreiheit" gefordert.
2) Diese Apriorifreiheit bezieht sich auf religiöse und säkular-weltanschauliche Aprioris - also BEIDES.
3) Dies gilt nur für die HKM-Forschung, da sie nach ihren Methodenschritten vor-interpretativ ist, was unmittelbar über Quelle und Verfasser hinausgeht - im Klartext: Keine Interpretationen zu Jesus, solange Apriorifreiheit herrscht.
4) Dass es NACH der Grundlagenarbeit der HKM wissenschaftliche Disziplinen gibt, die wertend-hermeneutisch interpretieren, ist keine Kontaminierung des apriorifreien Teils zuvor.

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:06
Also werden die Forschungsergebnisse überhaupt nicht benötigt.
q.e.d.
Falsch - lies einfach mal den Kommissions-Text. ---- Forschungsergebnisse werden sowohl seitens der HKM als auch von den nachfolgenden theologischen Disziplinen benötigt.

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:06
Wie soll sie gemäß closs denn nicht in einen apriorischen Bereich rutschen? :roll:
In dem sie sich strikt an die Methodenschritte hält (guckst Du wik).

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:06
Laut closs ist ja schon der Verzicht auf religiöse Glaubensbekenntnisse automatisch ein säkulares apriori.
Nein - es geht um deren Ersatz durch säkulare "Glaubensbekenntnisse".

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:06
Wer Glaubensbekenntisse voraussetzt, die sich in den Quellen wiederfinden, kann nur zirkelreferent und nicht ergebnisoffen arbeiten.
Das ist falsch formuliert. - Wenn, dann müsste es heißen:
"Wenn jemand Quellen im Sinne seiner Vorannahmen interpretiert, ist es zirkelreferent".

Das KANN man im ganz weiter Deutung von "Zirkelreferenz" so sagen - aber dann ist auch die HKM zirkelreferent - siehe Beispiele oben. -- Persönlich würde ich den Wortgebrauch von "zirkelreferent" beschränken auf echte Argumentationsfehler und hermeneutische Ergebnisse NICHT als zirkelreferent, sondern als schlüssig im Sinne von Vorannahmen bezeichnen. - Das ist meines Wissens auch so Usus in der Wissenschaft.

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:06
Weil alle Ergebnisse der Forschung (siehe Theißens Jesusbuch) von den Glaubensdideologen abgelehnt werden.
Sachliche Ergebnisse im Rahmen ihrer Methodenschritte werden sicherlich nicht abgelehnt - dass es in einigen Fällen Diskussions-Bedarf gibt, sollte nicht als Majestäts-Beleidigung aufgefasst werden.

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:06
Du magst ja die päpstiche Bibelkommission als unsachlich bezeichnen
Im Gegenteil - dieser Text ist seit langem einer der coolsten, den ich gelesen habe (und über dem ich mich inzwischen mit einigen Theologen ausgetauscht habe).

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:06
wenn der Verzicht auf religiöse apriori für das echte Textverständnis unverzichtbar ist, dann können im Umkehrschluss religiöse apriori nicht ebenfalls für das echte Verständnis unverzichtbar sein.
Du hast nicht den Unterschied zwischen HKM-Ebene und Apg. 8,30-Ebene verstanden - die HKM-Ebene ist eine unverzichtbare VOR-Stufe der Apg- 8,30-Ebene.

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:06
Weil closs meint, der Verzicht auf Wunderglaube wäre ein säkulares Apriori und würde die Ergebnisoffenheit beeinträchigen.
Der Glaube, dass die Geschichte als ein naturalistisch kontinuierlicher Wirkungszusammenhang zu vestehen sei, ist ein säkulares Apriori - richtig.

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:06
Dann hätte Ratzinger es mal vorexerzieren können, wie das gehen soll. Aber auch da hat er kläglich versagt.
Das WOLLTE er doch gar nicht. - Ratzinger hat auf religiös-hermeneutische Weise ein Gegengewicht zu den in den letzten Jahrzehnten gängigen säkular-hermeneutische Weise geschaffen - als Aprori religiös vs. Apriori säkular. - Beides hat (nicht nur aus) meiner Sicht "IN" der HKM nichts zu suchen.

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:09
Aber gerade der Irrtum der Naherwartung spricht dagegen, da sie sich schon bei Abfassung der Evangelien als Irrtum erwiesen hat und schwerlich hätte erfunden werden können.
Klassischer Zirkelschluss:
"Ich setze, dass 'nahes Reich' so von Jesus gemeint war, wie ich, Sven, es verstehe - also war diese Naherwartung ein Irrtum".

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:09
Das sind ja die glaubensideologischen "Zugänge", die posthum entwickelt wurden und sich immer weiter von der Lehre des Wanderpredigers entfernten.
Und wieder: Rein säkular-apriorisiertes Verständnis, das aus sich selber ein ontisches historisches Faktum macht.

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:09
ich meine immer noch, dass wissenschaftliche Forschung etwas anderes ist als Kanonik, also reine Glaubensideologie
Aber doch nur, weil Du "WIssenschaft" gewohnheitsmäßig ideologisch besetzt hast. - Auch hier: Zirkelreferenz.

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:09
Wie solls denn sonst gehen?
Weder religiös-apriorisch noch säkular-apriorisch - ganz einfach. - Ein Wissenschaftler kann problemlos sagen:
1) Der Verfasser meint das.
2) Folgende Möglichkeiten gibt es noch.
3) Aus heutiger Sicht ist Möglichkeit C am wahrscheinlichsten.
4) Wirklich der Fall gewesen sein können die Fälle A,B und C.
Das ist apriorifrei. ----- Allein, dass Du fragst, zeigt mir, wie weit Du Dich an Aprioris in der HKM gewöhnt hast.

Leila hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:20
Wer Glaubensbekenntnisse benötigt, der scheidet aus wissenschtlicher Sicht aus.
Da stolperst Du, wie gewohnt, über Deine eigenen Füße. - Es geht hier nicht um Glaubensbekenntnisse, sondern um hermeneutische Perspektiven (Plural!) in der Wissenschaft. Damit scheidet man nicht aus der Wissenscahft aus. :roll:

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:09
Also müßte die Forschung sagen: die unbekannten Schreiber wollen uns weismachen, dass Jesus von den Toten auferstanden ist.
Nicht "weismachen", sondern "sagen" - WENN Diesbezügliches im Text drinsteht.

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:09
Wie du inzwischen von Bultmann wissen solltest, kann es eine voraussetzunglsose Exegese nicht geben.
Entweder glaubt man an Wunder oder eben nicht.
Entweder setzt man die Schriften als göttlich inspiriert und irrtumsfrei voraus oder eben nicht.
Beides sind Voraussetzungen, wobei letzeres die ergebnisoffene Quellenuntersuchung nicht beeinträchtig
Die Quellenuntersuchung lt. Methodenschritten ist doch gar nicht das Thema!!! - Die Frage ist, ob etwas interpretativ ergebnisoffen ist - und das ist es im zitierten Bultmann-Fall selbstverständlich NICHT.

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#666 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » So 1. Sep 2019, 19:49

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 18:14
Egal, ob man es für nötig hält oder nicht, es gibt einfach keine Wunder.
DAs ist eine erlaubte Glaubensbekundung und sonst nichts - wissenschaftlich gesehen ist es ein Apriori.

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 18:14
Den Paradigmenwechsel gab es doch: er bestand in der Thoraverschärfung, wie man das bei reliösen Eiferern gerne findet
Die Theologie sieht einen ganz anderen Paradigmenwechsel - aber auch hier: Beides ist eine erlaubte Glaubensbekundung - wissenschaftlich gesehen ist es ein Apriori.

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 18:14
Die christliche Heilsgeschichte wurde dann gegen die Lehre Jesu entwickelt.
Dito.

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 18:22
Ratzinger ist vor allem Glaubensideologe.
Dito. - Warum er gerade KEIN Ideologe ist, wurde Dir mehrfach erklärt.

sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 18:22
Ein argumentum ad verecundiam hatte mal im Mittelalter Gültigkeit.
DAs ist bei Wissenschafts-Ideologen auch noch heute der Fall - guckst Du, was Du so alles als Testimonial zitierst, als sei es die Wahrheit.

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#667 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Leila » So 1. Sep 2019, 20:41

Du hast mich zitiert, aber das sind nicht meine Worte?
Leila hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:20
sven23 hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 09:09


Der Theologieprofessor Werner Stenger nimmt Nietzsches Philippika als Ansporn für die bei ihm Studierenden, indem er warnend den Finger hebt, Nietzsche habe aufgedeckt, dass "Theologen in der Gefahr stehen, für ihre Auslegung der Bibel solche Privilegien zu beanspruchen"(6) und er meint mit Privilegien den Fehler, den mancher Theologe macht, wenn er "als Glaubender den Büchern der Bibel eine größere Autorität über sich einräumt als anderen Büchern" und dann versucht ist, "die biblischen Texte bei der Auslegung methodisch grundsätzlich anders zu behandeln als andere schriftliche Dokumente aus Vergangenheit und Gegenwart.""

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Und der Gläubige? Was sagt der? Er sagt, siehe, er starb im Wahn! Als ob nicht Gott gewirkt hätte, immer schön aufpassen, wem du dein Ohr leist...

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#668 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Münek » Mo 2. Sep 2019, 21:10

closs hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 17:54
Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
Ja eben. Was denn sonst? Das ist die HKE, wie die Bibelkommission sie als wissenschaftliche Auslegungsmethode aus der Praxis kennt und schätzt.
Kleiner analytischer Einschub: Das Problem scheint zu sein, was man unter "apriorifrei" versteht.
Ich greife hier mal auf Wiki zurück, um Dir bei Deinem Problem zu helfen: ;)

"Alltagssprachlich und in verschiedenen fachsprachlichen Zusammenhängen werden Sachverhalte, die bereits mit der Annahme bestimmter Bedingungen "VON VORNHEREIN" festliegen, als "A PRIORI" bezeichnet." Frage: Hast Du das verstanden?


Für die HKE liegt nichts von "vornherein fest". Für sie liegt es beispielsweise nicht fest, dass sich die biblisch überlieferten Wunder nicht ereignet haben können. Sie äußert sich nicht dazu, weil dies aus wissenschaftlicher Sicht inhaltlich-qualitativ überhaupt nicht möglich ist.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
Die HKE benötigt und fordert keinen apriorischen Glaubensentscheide ihrer Exegeten.
Natürlich tut sie das nicht.
Na also.

closs hat geschrieben:Der Satz "Jesus irrt" ist NICHT apriorifrei generiert.
Doch doch - Deine falsche Aufassung kollidiert mit der historischen Tatsache, dass weder der richtende Menschensohn mit den Wolken des Himmels kam noch Gott auf Erden seine Herrschaft aufgerichtet hat.

Da hilft es nichts, (mittlerweile) fünf verschiedene Versionen des Begriffs "Reich Gottes" (apriorisch) zu präsentieren, um ein Irrtum Jesu auszuschließen. :)

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
Apriorien lägen nur dann vor, wenn die HKE explizit feststellte: Gott existiert nicht, Jesus hat keine Wunder bewirkt, er ist nicht von den Toten auferstanden etc.
Das ist nur die halbe Wahrheit - Apriorien liegen auch dann vor, wenn man interpretiert,
* als ob es Gott nicht nötig habe, in Wundern zu sprechen (Bultmann),
Das ist Bultmanns persönliche Glaubensauffassung. Die HKE als solche äußert sich nicht zu den biblisch überlieferten Wunderberichten.

closs hat geschrieben:oder * wenn man Jesus das AT-Denken (= damalige zeitgenössische Denken) unterstellt, anstatt in ihm einen Paradigmenwechsel für möglich zu halten,
Jesu Botschaft ist kein Paradigmenwechsel zu entnehmen. Er kündigte die von den alttestamentlichen Propheten verheißene Gottesherrschaft - das Eingreifen Gottes auf Erden - als nahe bevorstehend an.

Er hat dem Volk NICHT verkündet, ER sei der vom Himmel herabgekommene SOHN GOTTES, werde demnächst für die Sünden
der Menschen den Sühnetod erleiden, am dritten Tage wieder auferstehen und zu Gott zurückkehren.


Seine Botschaft war eine völlig andere...

oder * wenn man heilsgeschichtliche Erkenntnis-Entwicklungen ausschließt ("Erst nach und nach hat man begriffen, was Jesus wirklich meinte").
Du Witzbold. Warum sollten wissenschaftlich arbeitende Exegeten "heilsgeschichtliche Erkenntnis-Entwicklungen" EINSCHLIESSEN? :lol:

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#669 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Mo 2. Sep 2019, 22:18

Münek hat geschrieben:
Mo 2. Sep 2019, 21:10
"Alltagssprachlich und in verschiedenen fachsprachlichen Zusammenhängen werden Sachverhalte, die bereits mit der Annahme bestimmter Bedingungen "VON VORNHEREIN" festliegen, als "A PRIORI" bezeichnet." Frage: Hast Du das verstanden?
WEIL ich es verstanden habe, weise ich darauf hin, dass eine Interpretation auf Basis von "Ich glaube, dass Gott Wunder nicht nötig hat und interpretiere so" apriorisch ist. - Oder: "Ich glaube, dass Jesus so lange nur als Mensch zu interpretieren ist, so lange er nicht als göttlich nachgewiesen ist" apriorisch ist. - Etc.

Münek hat geschrieben:
Mo 2. Sep 2019, 21:10
Für die HKE liegt nichts von "vornherein fest". Für sie liegt es beispielsweise nicht fest, dass sich die biblisch überlieferten Wunder nicht ereignet haben können. Sie äußert sich nicht dazu, weil dies aus wissenschaftlicher Sicht inhaltlich-qualitativ überhaupt nicht möglich ist.
So lange die HKM sich im Terrain aufhält, das in den MEthodenschritten begrenzt ist, hast Du recht - solange das so ist, ist die Kommission damit einverstanden.

Münek hat geschrieben:
Mo 2. Sep 2019, 21:10
closs hat geschrieben:
Der Satz "Jesus irrt" ist NICHT apriorifrei generiert.

Doch doch - Deine falsche Aufassung kollidiert mit der historischen Tatsache, dass weder der richtende Menschensohn mit den Wolken des Himmels kam noch Gott auf Erden seine Herrschaft aufgerichtet hat.
Gerade schwadronierst Du noch über Apriorifreiheit, um dann einen Satz später das Gegenteil zu beweisen. - Du produzierst hier einen Zirkelschluss nach dem Motto: "Apriori setze ich, dass Jesus die Ankunft der himmlischen Herrschaft so verstanden hat wie ich (= Münek & Co). - Also ist apriorifrei bewiesen, dass Jesus geirrt hat, da diese Art himmlischer Herrschaft nachweislich nicht gekommen ist" (letzteres stimmt nun wirklich). - Somit bastelst Du aus "Jesus irrte" eine "historische Tatsache", obwohl es nur dann eine ist, wenn Deine Apriori-Setzung "Jesus hat es so verstanden wie ich" stimmt - was sie höchstwahrscheinlich nicht tut.

Münek hat geschrieben:
Mo 2. Sep 2019, 21:10
Jesu Botschaft ist kein Paradigmenwechsel zu entnehmen.
Natürlich geht das mit Deiner Hermeneutik nicht. - Was die HKM betrifft: Solche Fragen betreffen Agp. 8,30 und gehen somit über eine apriorifreie HKM hinaus. --- Aus DENSELBEN Quellen kommt die Theologie mit IHREN Methoden/IHRER Hermeneutik zu ganz anderen ERgebnissen. - Der Unterschied: Die theologischen Disziplinen bezeichnen sich nicht als apriorifrei, also bezeichnen sich offen als interpretierende Disziplinen im Sinne von Apg. 8,30.

Münek hat geschrieben:
Mo 2. Sep 2019, 21:10
Seine Botschaft war eine völlig andere...
Seine Botschaft war in Deiner ebenfalls apriorischen, aber anders apriorischen Interpretation eine völlig andere. --- Das ist ja in der Wissenschaft ausdrücklich erlaubt - aber man muss es wissen und sich dazu bekennen.

Münek hat geschrieben:
Mo 2. Sep 2019, 21:10
Du Witzbold. Warum sollten wissenschaftlich arbeitende Exegeten "heilsgeschichtliche Erkenntnis-Entwicklungen" EINSCHLIESSEN? :lol:
Da LACHST Du auch noch. :o --- Es ist doch nicht nur dann Wissenschaft, wenn man eigene Aprioris nicht erkennt, Du Gleichfalls-Witzbold.

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#670 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Münek » Mo 2. Sep 2019, 23:02

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: das Original Jesus ist seit 2000 Jahren mausetot. Er kann nicht mehr befragt werden. Also ist die Exegese auf seine überlieferten Worte angewiesen.
Richtig.
Warum stellst Du dann immer wieder auf das "ORIGINAL JESUS" ab?

closs hat geschrieben:und das tut man anhand der Quellen und deren hermeneutisch unterschiedlichen Interpretationen. - Aber eben nicht nur EINE hermeneutische Interpretation.
Weshalb es die glaubensbasierte "kanonische Exegese" als "hermeneutisch andere Interpretation" nicht an die theologischen Fakultäten geschafft hat, dürfte doch wohl offensichtlich sein. :)

Sie wäre unter dem weiten dunklen Rock der allein selig machenden Mutter Kirche sicher besser aufgehoben. Nur wird da halt keine Exegese betrieben.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
Ideologen sind ausschließlich die glaubensdogmatisch zugekleisterten Theologen, die sich im Besitz ewig gültiger Wahrheiten wähnen.
Nein - es sind auch Menschen, die meinen, nur ihre Hermeneutik sei wahrheits-führend - und das auch noch apriorifrei.
Nö - die historisch-kritisch arbeitenden Exegeten sind alles andere als "dogmatisch zugekleistert". Sie wähnen sich auch nicht im Besitz der Wahrheit.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
Der Konsens über Jesu Irrtum innerhalb der wissenschaftlich ausgerichteten Fraktion der HKE beruht übrigens nicht auf apriorischen Glaubensannahmen, sondern auf historischen Fakten. Weder kamen der richtende Menschensohn noch das Reich Gottes.
Das ist das Gefährliche: Du erkennst nicht, dass das Kommen des Reich Gottes in DEINEM Verständnis falsch sein kann
Es geht doch gar nicht um mein Verständnis, sondern um eine für jedermann nachvollziehbare historische TATSACHE: Weder kamen der richtende Menschensohn mit den Wolken des Himmels hernieder noch errichtete Gott seine Herrschaft auf Erden.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:23
Selbstverständlich darf die HKE untersuchen, wen der alttestamentliche Prophet Jesaja mit der eigentümlichen Gestalt des "leidenden Gottesknechts" gemeint haben könnte.
Analytisch darf sie das - natürlich.
Nichts anderes macht sie.

closs hat geschrieben:Apriorifrei wäre, verschiedene Alternativen zu benennen.

:lol: :lol: :lol: Nein - ganz gewiss nicht.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:52
Man kann und sollte aber die Bibel durchaus auch ohne Glaubensbrille lesen.
Es geht nicht um "Glaube", sondern um eine spirituelle hermeneutische Perspektive: "Was steht im Text, falls Christen recht haben, dass Jesus göttlich ist?".
Die "spirituelle hermeneutische Perspektive" beruht AUSSCHLIESSLICH auf Glaube, Du Witzbold.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
So 1. Sep 2019, 02:52
Was den Bereich der "Schriftauslegung = Exegese" betrifft, gibt es eine solche Instanz an den theologischen Fakultäten NICHT.
Damit ist der Bereich VOR Apg. 8,30 gemeint - natürlich gibt es da sonst nichts.
Eben - die Auslegung biblischer Texte findet ausschließlich im theologischen Fachbereich "EXEGESE" statt. Das darfst Du nie vergessen.

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