Pluto hat geschrieben: ↑Di 9. Apr 2019, 11:02
ThomasM hat geschrieben: ↑Mo 8. Apr 2019, 09:10
Pluto hat geschrieben: ↑So 7. Apr 2019, 11:19
Warum haben Menschen einen Wunsch nach einem Schöpfer, bzw einer spirituellen Macht?
Warum haben die Menschen den Wunsch nach Gravitation bzw. nach der Fähigkeit, einen festen Boden unter den Füßen zu haben?
Der große Unterschied ist doch, dass die Gravitation real ist — man kann sie messen. Bei Gott hingegen, ist es der Gedanke an Geborgenheit das den Menschen antreibt.
Man kann die These “Gott existiert†entweder bejahen (Theismus), man kann sich eines Urteils bzgl. der These enthalten (Agnostizismus) oder man kann die These verneinen (Atheismus). Und ein Theist kann sich wünschen, Gott existiere nicht; ein Atheist kann sich wünschen, Gott existiere. Wir wollen doch die Überzeugung von dem Wunsch unterscheiden, oder?
Dass nur das existiert, was man messen kann, finde ich eine seltsame Einstellung. Allein schon weil “kann man messen†ziemlich undefiniert ist und man erstmal eine lange, vertrackte Diskussion über das Wesen von Messinstrumenten führen müsste. Denn die Messinstrumente fielen schließlich nicht vom Himmel, sondern wurden von Menschen gebaut. Schon für die Messung von etwas so fundamentalem wie der Zeit ist die Konstruktion einer Uhr notwendig – ein komplexes Gerät, dessen Konstruktion so einiges an prä-naturwissenschaftlichen Überlegungen voraussetzt.
Warum soll man die Gravitation denn selbst messen können? Nun sicher, es gibt sogenannte Gravimeter, aber deren Konstruktion setzt bereits eine wissenschaftliche Theorie voraus. Ohne diese kann man nur die Beschleunigung von Massen messen, was dann zu der passenden Theorie führte in der die Gravitation auftaucht.
Und wie man Entropie messen soll, hat mir auch noch niemand erläutern können…
Aber b2t: es gibt neben dem Wunsch nach Geborgenheit – wie es Ruth schön geschildert hat – noch einen weiteren Grund, warum sich Menschen
wünschen (unabhängig davon ob sie es tatsächlich glauben), Gott oder “das Göttliche†existiere. Nämlich das, was Graham Oppy tendenziös
kosmisches Melodram nennt und weiter gefasst dem ähnelt, was bei Thomas Nagel
religiöses Temperament heißt, der dazu dazu William James zitiert:
William James: “Die Vielfalt religiöser Erfahrung” hat geschrieben:Würde man gebeten, das Leben der Religion in den denkbar weitesten und allgemeinsten Begriffen zu charakterisieren, so könnte man sagen, es bestehe in der Überzeugung, daß es eine unsichtbare Ordnung gibt und daß unser höchstes Gut in einer harmonischen Anpassung an diese liegt.
In dem Sinne finde ich den “alten Atheismus†(Sartre, Camus, Nietzsche, Freud) auch intellektuell
gigantisch überlegen und befriedigender als den “neuen Atheismus†(Dawkins, Harris, Hitchens, Dennett), da bei ersterem der Konflikt zwischen unserer eigenen Existenz, des Kosmos, der diese hervorgebracht hat, und der Tatsache, dass in einem atheistisch-materialistischen Weltbild keinerlei menschlich relevante Verbindung zwischen dem Kosmos und uns existiert, ausreichend gewürdigt wird und “alte Atheisten†bemüht waren, auf diese Frage (wie man damit umgehen soll, dass es so eine Ordnung wie von William James beschrieben nicht gibt) eine Antwort zu geben anstatt die Frage einfach als verkehrt, verwirrt oder illegitim abzutun:
Richard Dawkins: “Das egoistische Gen” hat geschrieben:Wahrscheinlich wohnt dem Schicksal des Kosmos tatsächlich kein tieferer Sinn inne, aber knüpft irgendwer wirklich all sein Hoffen an das endgültige Schicksal des Kosmos? Natürlich nicht, nicht wenn er geistig gesund ist. Unser Leben wird durch alle möglichen näheren, wärmeren menschlichen Wünsche und Wahrnehmungen bestimmt. Der Wissenschaft vorzuwerfen, sie beraube das Leben jener Wärme, die es lebenswert macht, widerspricht meinen eigenen Gefühlen und denen der meisten aktiven Wissenschaftler so sehr, dass mich das fast so verzweifelt macht, wie mir fälschlicherweise unterstellt wird.