PeB hat geschrieben: ↑Mo 4. Mär 2019, 06:54
Andreas hat geschrieben: ↑So 3. Mär 2019, 13:45
Ich frage mich nur, warum du dasselbe Phänomen nicht auch innerhalb des Urchristentums bzw. der "Alten Kirche" sehen willst.
Will ich das nicht sehen??
Okay, du siehst es also, aber ich habe den Eindruck, dass wir das unterschiedlich bewerten.
PeB hat geschrieben: ↑Mo 4. Mär 2019, 06:54
Ich meine, andersrum wird ein Schuh draus: es wird ja gesehen, dass es in der alten Kirche "hierarchische Zwänge" gab, wie du das nennst. Ich stelle hier zum Ausgleich die hierarchischen Zwänge innerhalb der Wissenschaft entgegen und fordere daher ja auch:
PeB hat geschrieben: ↑Fr 1. Mär 2019, 09:14
Kurz: ich plädiere lediglich dafür, wissenschaftliche Aussagen mindestens ebenso kritisch zu hinterfragen, wie man die schriftlichen Zeugnisse hinterfragt, die man mittels dieser wissenschaftlichen Aussagen in Zweifel ziehen will.
Da rennst du offene Türen bei mir ein. Denn ich betrachte die wissenschaftlichen Aussagen
kritisch (im Sinne von vergleichen und unterscheiden). Der zweite Teil deines Satzes ist immer noch dieselbe ungerechtfertigte Unterstellung, dass wissenschaftliche Aussagen zum Ziel hätten, schriftliche Zeugnisse (des Glaubens der Bibelautoren) in Zweifel ziehen zu
wollen. Richtig ist, dass diese wissenschaftlichen Aussagen die Ergebnisse von gläubigen Christen sind, die um ein wahrhaftiges Verständnis der Texte der Bibelverfasser und ihrer Glaubenszeugnisse ringen. Kein Mensch
will da etwas in Zweifel ziehen. Es ist keine Bibel
kritik, Kritik im Sinne von "Wir kritisieren die Bibel um unseren eigenen Glauben zu zersetzen". Das wäre doch absurd, meinst du nicht auch?
Es bleibt einem gar nichts anderes übrig, als die wissenschaftlichen Aussagen kritisch zu hinterfragen, weil es da fast zu keiner Frage einen absoluten Konsens gibt. Da werden keine Wahrheiten verkündigt, und selbst wenn es dort Mehrheitsmeinungen gibt, so verschwinden die Minderheitenmeinungen nicht aus dem wissenschaftlichen Diskurs. Oft werden sie sogar zu Mehrheitsmeinungen, wenn die alten Professoren im Ruhestand, und die nächste Generation endlich am Drücker ist.
Im Gegensatz zur Abfassungszeit des NT und danach, zu Zeiten der Apostolischen Väter, der Apologeten und der Kirchenväter werden im wissenschaftlichen Betrieb keine Schriften vernichtet und keine Personen exkommuniziert oder getötet, die eine andere Meinung vertreten als der Mainstream. In der Kirche ist das bis zum Dreißigjährigen Krieg "inspirierte" Tradition gewesen.
Die meisten Christenverfolgungen gingen von streng Bibelgläubigen aus. Juden verfolgten Judenchristen, beispielsweise Saulus den Stephanus und das hörte ja nicht auf, nur weil Paulus die Seiten wechselte. Später in der Zeit, als es darum ging, einen neutestamentlichen Kanon zu generieren, verfolgten bibelgläubige Christen andere bibelgläubige Christen. Als der Kanon im 4. Jahrhundert endlich feststand, ging es dann so richtig in die Vollen damit, dass bibelgläubige Christen bibelgläubige Christen verfolgten.
Die meisten Christen assoziieren mit dem Wort Christenverfolgung gerade das nicht, weil die vom Heiligen Geist in die Wahrheit geleiteten Kirchen nur die Christenverfolgungen an die große Glocke hängen, die nicht von Christen veranstaltet wurden und über die eigenen Christenverfolgungen am besten gar nicht spricht. Ich habe da keine Zahlen zu bieten, aber mich würde nicht wundern, wenn von Christen mehr Christen getötet wurden als von allen anderen zusammen.
An solchen Früchten gemessen scheint mir die göttliche Inspiration an den Universitäten wesentlich stärker zu wehen als im Kirchenbetrieb. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Bibel einen erheblichen Einfluss auf den mittlerweile friedlicheren Umgang der Christen untereinander hatte.
Glaube mir, ich bin einer der ganz wenigen Christen, die über den eigenen Tellerrand schauen, die sich alles ansehen, egal aus welcher christlichen Ecke es kommt. Ich lese die Literatur der RKK, ebenso die aller evangelischen Richtungen, die evangelikalen eingeschlossen und ebenso die von christlichen Sondergemeinschaften, wie die der Zeugen Jehovas und selbst die Literatur von Atheisten kenne ich. Entscheidend ist aber in allen Fällen für mich die Nachvollziehbarkeit der Quellen und Begründungen von Aussagen. An der Qualität dieser trennt sich die Spreu vom Weizen. Prüfet alles, das Gute behaltet - aber das ist halt viel Arbeit. Viele lesen nur das, was sie gerne hören wollen und manche meinen sogar vor angeblich schädlicher Literatur warnen zu müssen. Kommt halt drauf an wem man vertraut:
Mk 7,18-23 hat geschrieben:Er antwortete ihnen: Begreift auch ihr nicht? Versteht ihr nicht, dass das, was von außen in den Menschen hineinkommt, ihn nicht unrein machen kann? Denn es gelangt ja nicht in sein Herz, sondern in den Magen und wird wieder ausgeschieden. Damit erklärte Jesus alle Speisen für rein. Weiter sagte er: Was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Lästerung, Hochmut und Unvernunft. All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein.
Nahrungsmittel sind in dieser Metapher nicht gemeint, denn kein Nahrungsmittel geht in das Herz und kommt als böser Gedanke wieder aus ihm heraus. Da braucht es keine HKM dazu um das richtig zu verstehen. Wer hier die Aufhebung jüdischer Speisegebote hinein deutet, kann nicht lesen.
PeB hat geschrieben: ↑Mo 4. Mär 2019, 06:54
Eine konkrete Frage dazu könnte beispielsweise lauten: wird die Spätdatierung von der Wissenschaft wegen "hierarchischer Zwänge" in der Ur-Kirche präferiert oder wegen "hierarchischer Zwänge" in der eigenen Wissenschaft?

Die Wissenschaft präferiert keine Spätdatierung. Das ist wieder nur dein Vorurteil. Das eine Beispiel hat dich also nicht überzeugt. Ich bringe dir so viele, die das Gegenteil belegen, bis du "Halt" sagst:
LMU - katholische Fakultät - Einleitungswissenschaft hat geschrieben:I. Zeit der Abfassung
In der Forschung ist man sich heute relativ einig, dass das MkEv gegen 70 n. Chr. entstanden sein muss. Mk 13 (die markinische Apokalypse) wird meist als Indiz für die bereits erfolgte (bzw. kurz bevorstehende) Zerstörung des Tempels gelesen.
Manchen Autoren sind die Anspielungen auf das Ende Jerusalems zu unspezifisch, um als vaticinium ex eventu gelten zu können. Würde wirklich bereits zurückgeblickt auf die Tempelzerstörung, wäre mit deutilicheren Bezügen zu rechnen.
Andere erkennen diese gerade im Bezug auf die »Zerstörung der großen Gebäude«, da die die Templeplattform selbst nicht zerstört wurde.
Ein Plus für die Zeit kurz nach 70 ergibt sich aus einer gattungskritischen Beobachtung: Die Frage der Jünger nach Zeichen und Zeitpunkt des Endes (Mk 13,4) weist in apokalyptischen Schulgesprächen auf die Sitaution einer enttäuschten Naherwartung (E. Brandenburger). Diese Enttäuschung dürfte im Urchristentum mit dem Ende des Tempels zusammenhängen.
Hier werden keine Wahrheiten verkündet. Hier gibt es kein: "Wir bekennen ..., wir verwerfen ..." wie in der evangelikalen Chicago-Erklärung zur Irrtumslosigkeit der Bibel, kein "... die belegt die katholische Kirche mit dem Anathema" wie es wörtlich im nicäischen Glaubensbekenntnis heißt.