Die Anatomie des Willens

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
closs
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#161 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Do 17. Okt 2013, 09:04

Pluto hat geschrieben:Keine Ahnung woher das kommt.
Das kommt dann, wenn man Willens-Fetischismus biblisch umsetzt - diesen Satz von Lovetrail gibt es selbstverständlich NICHT von woher, sondern war eine willens-gemäße Transformation des Evangeliums.

barbara hat geschrieben: Wo es auch, nach aller Erkenntnis, durchaus mehrere Möglichkeiten gibt, die sich ernsthaft anbieten.
Einverstanden und pragmatischer Alltag. - Das Problem ist doch ein anderes:

Es wird gelegentlich der Eindruck erweckt, als wären diese (manchmal auch spontanen) Alltags-Entscheidungen Ausdruck bewusster eigener geistigen Positionierung. - Das KANN sein, muss aber nicht.

Gestern hat meine Tochter Kuchen mitgebracht und ich habe mich "entschieden", eines davon zu essen - danach ist mir eingefallen, dass ich mir eigentlich vorgenommen hatte, zwischen Mittag und Abend nichts mehr zu essen (Übergewicht!). War halt spontan, war halt die Tochter, haben wir halt Kaffee getrunken, war auch gut so. - Ich würde NIE auf die Idee kommen zu denken: "Ich habe mich gegen Abnehmen entschieden und muss nun die Konsequenzen tragen". - Natürlich muss ich die Konsequenzen tragen (ist ja MEIN Bauch) - aber muss man das immer gleich "delikt-fähig" darstellen? - Das Leben ist ganz anders.

barbara hat geschrieben:Erkenntnis fängt frühestens dort an, wo zwischen dem spontanen Impuls, etwas zu tun, und der Handlung, noch eine Schicht Reflexion dazwischen geschoben wird.
Verstanden. - Aber dann sind wir wieder im Bereich "Das Fleisch ist schwach" - was komischerweise von jedem als lässlich angesehen wird - auch von Jesus. - Das hieße: Der Wille setzt sich nicht gegen das Fleisch durch. - Und hier wäre weiter zu fragen: Geht das immer? - Wird es immer von Gott erwartet?

Hier geht es doch um etwas anderes: Die grundsätzliche Rolle des Willens in Bezug auf das eigene Heil. - Und da sehe ich nach wie vor im "Willen" lediglich den Lastwagen, der Erkenntnis transportiert (übrigens auch falsche Erkenntnis). - Der Wille ist also Knecht der Erkenntnis. - Also wäre die nächste Frage: Wo kommt Erkenntnis her?

barbara hat geschrieben:Und warum bringst du jetzt den Heroismus ins Spiel?
Ironisch gemeint - dieses "Ich-habe-entschieden" erweckt bei mir Ironie - so wie jemand frühs beim Fortfahren zur Arbeit zu seinem Partner sagt: "Ich entscheide jetzt, den Motor meines Autos per Zündschlüssel zu starten, da ich einen freien Willen habe".

barbara hat geschrieben:dass ich fähig bin, Gott in dieser besonderen Form wahrzunehmen, ist mein Bauch.
Bauch, Herz, Hirn - wo auch immer. - Aber wer entscheidet, dass diese Wahrnehmung aktiviert wird?

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lovetrail
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#162 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von lovetrail » Do 17. Okt 2013, 09:50

Pluto hat geschrieben:
lovetrail hat geschrieben:So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er ihr den freien Willen gab, auf dass jeder der sich für Ihn entscheidet, nicht verlorengeht, sondern ewiges Leben hat.
Keine Ahnung woher das kommt.
Da hat sich Jemand festgelegt und sich grundlegend geirrt.

Guten Morgen!

Ja genau, da hat sich jemand geirrt.
Zum Vergleich, der Original-Vers:
Denn so [sehr] hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengeht, sondern ewiges Leben hat. (Joh.3,16; Schlachter)

Vielleicht können wir uns dem Unterschied von Glauben und Willen so nähern:
Jesus sagt zu Nikodemus, wir müssen von neuem (von oben) geboren/gezeugt werden, damit wir das Reich/die Herrschaft Gottes sehen können. Was nämlich aus (dem Willen des) Fleisch geboren ist, das ist Fleisch, was aus Geist geboren ist, das ist Geist. (vgl. Joh.Kap. 3 und Joh.1,13).

Fleisch kann man hierbei auch synonym für Seele setzen. Der erste Mensch ist gesät als psychischer Leib, auferweckt wird aber ein geistlicher (pneumatischer) Leib. (1.Kor.15,44)

Der Wille ist mE nun aber primär ein Vermögen der Seele (in Bezug auf den Geist des Menschen spricht die Bibel so gut wie nie von Wille), die Seele ist jedoch vom Geist abhängig, so wie die Frau vom Manne abhängig ist. Die Ebenbildlichkeit Gottes liegt beim Menschen in seinem Geist. Dieser Geist ist aber gefallen, das heißt kraftlos und tot in seiner Entfremdung von Gott. (vgl. Eph.2,1-5)

Die Wiedergeburt erfolgt nun aber von Geist zu Geist. Der Geist Gottes macht den Geist des Menschen wieder lebendig. Und dieser wiedergeborene Geist durchstimmt dann auch die Seele. Dies resultiert dann in einer veränderten Grundstimmung, in einem veränderten Denken und Wollen.

Dem entspricht auch die Ermahnung und der Zuspruch, welche auf den Geist gerichtet sind.
Das Wort dafür ist "parakaleo" (=darüberhinaus-rufen). Der heilige Geist ist der PARA-KLET (= der Darüberhinaus-Rufer, Tröster, Ermahner, Zusprecher).

Für einen nicht-geistlichen Menschen bewirkt der Appell an seinen "guten" Willen allerdings dessen Erkenntnis der Sünde. Denn durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde (Röm.3,20).
Das Gesetz tötet also, damit der der Geist Gottes lebendig machen kann.

lg lovetrail
Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, so wird Christus dich erleuchten!

Rembremerding
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#163 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von Rembremerding » Do 17. Okt 2013, 13:35

Hallo und einen guten Mittag alle zusammen! :)

Vielleicht kann man etwas Entwirrung in die Anatomie des Willens bringen, wenn man seine Möglichkeiten im Menschen näher betrachtet. Der freie Wille des Menschen durchströmt ihn in Geist-Seele-Leib, aber in unterschiedlicher Weise und Auswirkung.
1. im Leib, auf dem natürlichen Gebiet, besitzen wir uneingeschränkt den freien Willen. Dieser ist beispielsweise hier gemeint:
Spr 16, 9; HSK
Des Menschen Herz plant seinen Weg, der Herr jedoch lenkt seinen Schritt.
Hier wird der Wille mit dem Herzen in Verbindung gebracht, in das bekanntlich allein der Herr sehen kann und danach wir auch gerichtet werden.
2. in der Seele, auf moralischen Gebiet besitzen wir den freien Willen zu entscheiden nach gut und böse. Das Problem hier ist aber, dass wir Sklaven der Sünde sind und uns, gebunden im Fleisch, mehr für das Böse entscheiden werden. Die Bibel weiß hier davon:
Joh 3,19; HSK
Das aber ist das Gericht, daß das Licht in die Welt gekommen ist und die Menschen die Finsternis mehr liebten als das Licht; denn ihre Werke waren böse.
Joh 8,34; HSK
Jesus erwiderte ihnen: »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Jeder, der die Sünde tut, ist Sklave der Sünde.
Gott offenbarte uns Gebote und Weisungen, um unserer Seele einen Maßstab zu geben.
Doch aus dieser Sklavenschaft könnte der Mensch aus eigener Kraft nicht gelangen. Es bedarf der Gnade eines göttlichen Lichts in seinem Erdenleben. Doch dieses Licht kann er nur in einer höheren Ebene empfangen, nämlich...
3. im Geist, in Bezug auf Gott. Dieses Licht erhält der Mensch als Chance in seinem Erdenleben sogar öfter:
Job 33, 28-30; HSK
Er löste meine Seele vom Hingang in die Grube, und mein Leben darf das Licht erschauen. Fürwahr, all das pflegt Gott zu tun, zweimal, dreimal mit dem Menschen, um seine Seele von der Grube abzuwenden, damit vom Licht des Lebens er beschienen werde.
Wer Tod ist im Geiste kann das Licht nicht sehen, aber lässt man dieses Licht wirken, besitzt der Mensch durch den Glauben an den Sohn seinen endgültigen, weil geistig freien Willen. Das Ergebnis als Erlöster ist, der Sünde keine Macht mehr zu verleihen:
Joh 8,36; HSK
Wenn also der Sohn euch frei macht, dann werdet ihr wirklich frei sein.
Doch auch in der Erlösung heißt es beharrlich am Glaubensgehorsam festzuhalten, den freien eigenen Willen mit dem Willen Gottes zu vereinen, denn geschieht dies nicht, dann:
1.Kor 10,12; HSK
Wer also meint, er stehe, der sehe zu, daß er nicht falle.
Die Sünde wider des Hl. Geistes kann nämlich nicht mehr gesühnt werden und führt in das ewige Feuer:
Hebr 10, 26-31; HSK
Denn wenn wir vorsätzlich sündigen, nachdem wir die volle Erkenntnis der Wahrheit erlangt haben, gibt es kein Opfer mehr für die Sünden. Es wartet unser vielmehr ein schreckliches Gericht und »ein wütendes Feuer, das die Widersacher verzehren wird". Wenn einer das Gesetz des Moses mißachtet hat, muß er ohne Erbarmen »auf Grund von zwei oder drei Zeugen sterben". Wieviel ärgere Strafe, meint ihr, verdient jener, der den Sohn Gottes mit Füßen tritt und das Blut des Bundes, durch das er geheiligt wurde, für gemein erachtet und den Geist der Gnade schmäht? Wir kennen ihn doch, der gesagt hat: »Mein ist die Rache, ich werde vergelten«, und ferner: »Der Herr wird richten sein Volk«.Schrecklich ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.
(Die Bibelverse sollten nur der Verdeutlichung dienen und keinesfalls zu einer Bibelversrallye herausfordern. ;))

Wenn ich versuche in den Schuhen derer zu laufen, die den freien Willen nicht akzeptieren, so ahne ich, dass ihre Argumentation sich allein auf den 2., moralischen Bereich, bezieht. Jene, die den freien Willen annehmen, könnten den Fehler machen, den uneingeschränkten freien Willen im natürlichen Bereich auch auf die Seele ausweiten zu wollen, ohne deren Läuterung und Befreiung aus der Sündensklavenschaft durch die Erlösung durch Glauben an den Herrn voranzuschalten.
Vielleicht löst sich so der vermeintliche Gegensatz Willen-Erkenntnis auf, in ein Sowohl-als auch.

Servus an alle und die Bitte darüber ohne ideologische Scheuklappen etwas nachzudenken. :wave:
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Pluto
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#164 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von Pluto » Do 17. Okt 2013, 14:46

Rembremerding hat geschrieben:Servus an alle und die Bitte darüber ohne ideologische Scheuklappen etwas nachzudenken. :wave:
Aber hoffentlich sind amit nicht nur die Säkularisten gemeint, sondern alle die mitdiskutieren.

Doch zur Sache...
Der freie Wille des Menschen durchströmt ihn in Geist-Seele-Leib, aber in unterschiedlicher Weise und Auswirkung.
Das zum Beispiel ist eine solche Ideologie. Warum?
Weil es suggeriert, dass ein wirklich freier Wille auch ohne Ursache funktionieren kann. Zum gefühlt 1000.ten mal...
In einer kausalen Welt, wie der in der wir leben, kann es keinen absolut freien Willen geben.

  • Das Beste was wir zustande bringen können, ist auf Grund unserer Veranlagung und Erfahrungen erlerntes, auf die gerade zur Verfügung stehenden Alternativen abwenden.

Das bedeutet in der Praxis des Alltags, die Freie Wahl zu haben, was aber nicht dem freien Willen entspricht.

Spr 16, 9; HSK
Des Menschen Herz plant seinen Weg, der Herr jedoch lenkt seinen Schritt.
Hier wird der Wille mit dem Herzen in Verbindung gebracht, in das bekanntlich allein der Herr sehen kann und danach wir auch gerichtet werden.
Nee, nee... so nicht. Wie kann man frei sein, wenn man gleichzeitig gelenkt wird? Das ist ein Oxymoron, welches der Quadratur eines Kreises gleichkommt. Das ist nicht nachvollziehbar!

2. in der Seele, auf moralischen Gebiet besitzen wir den freien Willen zu entscheiden nach gut und böse. Das Problem hier ist aber, dass wir Sklaven der Sünde sind und uns, gebunden im Fleisch, mehr für das Böse entscheiden werden. Die Bibel weiß hier davon:
Joh 8,34; HSK
Jesus erwiderte ihnen: »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Jeder, der die Sünde tut, ist Sklave der Sünde.
Jede Versklavung, egal welchen Ursprung sie hat, macht unfrei. Hier wird ein innere Zwang suggeriert, welche den Wille begrenzt, statt ich zu befreien.

Doch dieses Licht kann er nur in einer höheren Ebene empfangen, nämlich...
3. im Geist, in Bezug auf Gott. Dieses Licht erhält der Mensch als Chance in seinem Erdenleben sogar öfter:
Das bedrückt mich jetzt weil es suggeriert, ich könne Wahrheit nur dann empfangen, wenn ich die höhere moralische Ebene eines Glaubenden erreiche.
Wer aber bestimmt, was die höhere Moral ist? Eine die von "oben" vorgeschrieben wird, oder eine die im Mensch selbst entspringt?

Denn wenn wir vorsätzlich sündigen, nachdem wir die volle Erkenntnis der Wahrheit erlangt haben, gibt es kein Opfer mehr für die Sünden.
Wer bestimmt eigentlich, was Sünde ist?

Wenn ich versuche in den Schuhen derer zu laufen, die den freien Willen nicht akzeptieren, so ahne ich, dass ihre Argumentation sich allein auf den 2., moralischen Bereich, bezieht.
Ich kann nur für mich reden...
Es ist nicht so, dass ich einen freien Willen aus irgendwelchen vagen moralischen Gründen ablehne. Es geht vielmehr um die Logik er Kausalität die alles bestimmt was wir tun.

Und wenn ich die Argumente hier lese...
Da ist von Lenkung, Versklavung und Gehorsam die Rede... allesamt Begriffe welche die Willensfreiheit, ja sogar die Wahlfreiheit massiv einschränken. Es entsteht viel mehr der Eindruck, dass man sich um zu glauben, dem Willen einer höheren Macht (Gott) vollkommen unterordnen soll, oder aber im ewigen Feuer braten.

Was ist das für ein freier Wille, der unter Zwang erkauft werden muss?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#165 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Do 17. Okt 2013, 14:47

Rembremerding hat geschrieben:Vielleicht kann man etwas Entwirrung in die Anatomie des Willens bringen
Ja - das ist eine gute Idee, weil es hier offensichtlich unterschiedliche Begriffs-Besetzungen gibt.

Rembremerding hat geschrieben:Die Bibelverse sollten nur der Verdeutlichung dienen und keinesfalls zu einer Bibelversrallye herausfordern.
Und trotzdem sind Deine Zitate gut - komischerweise auch vereinbar.

Rembremerding hat geschrieben:Wenn ich versuche in den Schuhen derer zu laufen, die den freien Willen nicht akzeptieren, so ahne ich, dass ihre Argumentation sich allein auf den 2., moralischen Bereich, bezieht.
Weiß ich nicht. - Ich möchte nochmal etwas aus meiner persönlichen Lebenserfahrung wiederholen bzw. erweitern (vielleicht kommen wir über die Praxis näher an die Lösung):

Als ich im Jahr 1984 vor der Frage stand, ob ich in England einen Lehrauftrag weiterführe (also in eine "Uni-Karriere" eintrete) oder in Deutschland "auf Familie" mache, war das eine sehr, sehr schwere Entscheidung. - Da mich keiner zu etwas gezwungen hat, habe ich mich im "freien Willen" für Familie und Deutschland "entschieden" - also vom Ablauf her ganz Deine Linie.

WARUM habe ich mich so entschieden? - Weil ich gottgefällig sein wollte? NEIN. - Weil ich mir England nicht zugetraut hätte? NEIN. - Warum also? Da gab es drei Gründe: Erstens hatte ich das Gefühl (also "Erkenntnis"), dass es besser wäre, ins praktische Leben zu gehen als weiterhin in irgend einer Dachstube für die Ewigkeit zu denken. - Zweitens war da eine junge Frau mit zwei kleinen Kindern von 1,5 Jahren und 6 Wochen, wo ich das Gefühl hatte (also auch "Erkenntnis"), dass ich in diesem Umfeld einen nachhaltigen Lebenssinn umsetzen könnte. - Drittens hatte diese junge Frau (die auch noch heute meine Frau ist) eine Art von geistiger (NICHT intellektueller) Verwurzelung an sich, die mir bekannt vorkam (also nochmal "Erkenntnis"). - Und viertens hat mir die Frau natürlich sehr gefallen - aber das allein wäre NICHT entscheidend gewesen. - Unterm Strich hatte ich das Gefühl (also wieder "Erkenntnis"), dass es kein Zufall war, dass dieser Mix an Erkenntnissen jetzt so kam.

So - und jetzt der Punkt: Ich wäre NIE (und tue es heute noch nicht) auf die Idee gekommen, dass es hier um meinen "freien Willen" oder um meine "Entscheidung" ginge (außer halt als Werkzeug - als Folge von etwas), sondern dass es vielmehr um Erkenntnis-Stress ging. - Was ich getan habe, war ausschließlich Folge von einer "Erkenntnis-Sortierung". - DASS sich am Ende ein SChwerpunkt herausgebildet war (Familie schlägt Uni-Karriere), war NICHT mein Verdienst, sondern logische Folge der in mir seienden Erkenntnisse. - Eine andere Person hätte in der selben Situation einen ANDEREN Erkenntnis-SChwerpunkt haben können und hätte sagen können: "Warum soll ich einen Dreierpack aus einer Frau und zwei Kindern übernehmen und dafür meine Uni-Karriere in Frage stellen?" - Die daraus resultierende, andere "Entscheidung" wäre genauso authentisch gewesen - man hätte halt auf andere Weise "erkannt" und adäquate Schlussfolgerungen gezogen.

Insofern sind Wille und Entscheidung adäquate Schlussfolgerungen aus jeweiligen Erkenntnissen. - Und deshalb interessiert mich "Wille" und "Entscheidung" nicht, weil sie Folge von etwas sind. - Dieses "etwas" dagegen ist interessant - deshalb die Frage in die Runde:

Woran liegt es, dass Menschen komplett unterschiedliche Erkenntnis-Stände haben? - Das ist ausdrücklich NICHT schulisch oder intellektuell, sondern spirituell gemeint.

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#166 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Do 17. Okt 2013, 14:56

Pluto hat geschrieben:Es entsteht viel mehr der Eindruck, dass man sich um zu glauben, dem Willen einer höheren Macht (Gott) vollkommen unterordnen soll, oder aber im ewigen Feuer braten.
Ja - das kommt davon, wenn man Wille oder Gehorsam als Prinzipien- und nicht als Inhalts-Größe darstellt.

In meinem Jargon würde die Frage lauten: Welche Erkenntnis gilt es anzustreben, um frei zu sein - eben weil aus meiner Sicht "Wille" und "Entscheidung" irgendwelche irrelevanten Anhängsel sind (spirituell betrachtet). - Achtung: Wille und Entscheidungsfreiheit sind dann primär wichtig, wenn sie als solche eingeschränkt werden ("Ich-darf-nicht-tun-was-ich-erkenne"). Das ist in West-Europa aber nicht so sehr das Thema.

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#167 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von Pluto » Do 17. Okt 2013, 15:00

closs hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:Vielleicht kann man etwas Entwirrung in die Anatomie des Willens bringen
Ja - das ist eine gute Idee, weil es hier offensichtlich unterschiedliche Begriffs-Besetzungen gibt.
Sehe ich nicht so. Ich sehe es eher so, dass hier versucht wird die Ethymologie der Sprache so lange zu bemühen, bis aus einem Zwang, die Freiheit wird.

Da mich keiner zu etwas gezwungen hat, habe ich mich im "freien Willen" für Familie und Deutschland "entschieden" - also vom Ablauf her ganz Deine Linie.
Das, lieber closs ist Wahlfreiheit, nicht Willensfreiheit.

Insofern sind Wille und Entscheidung adäquate Schlussfolgerungen aus jeweiligen Erkenntnissen.
Nur eins möchte ich dir empfehlen. Wenn du schon von Erkenntnis schreibs, dann bitte im Zusammenhang mit Wahl, nicht mit Wille.

Woran liegt es, dass Menschen komplett unterschiedliche Erkenntnis-Stände haben? - Das ist ausdrücklich NICHT schulisch oder intellektuell, sondern spirituell gemeint.
Worin besteht in iesem Zusammenhang der Unterschied zwischen Intellektuell und Spirituell?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#168 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Do 17. Okt 2013, 15:26

Pluto hat geschrieben:Das, lieber closs ist Wahlfreiheit, nicht Willensfreiheit.
Wo ist da jetzt der große Unterschied? - "Wahl" wäre doch unmittelbare Folge von "Wille"?!?

Allerdings ist die Wahlfreiheit genauso beschränkt wie die Willensfreiheit - man kann nur wählen, was zur Auswahl steht - man kann nur wollen, was man kennt.

Pluto hat geschrieben:Worin besteht in iesem Zusammenhang der Unterschied zwischen Intellektuell und Spirituell?
"Intellektuell" hat etwas mit Schulbildung, gar Uni-Bildung zu tun und beschäftigt sich gerne analytisch. - "Spirituell" ist ein Synonym für "geistig" und ist bei Kindern genauso zu finden wie bei Debilen oder Genies.

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#169 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von barbara » Do 17. Okt 2013, 16:47

closs hat geschrieben: Ich würde NIE auf die Idee kommen zu denken: "Ich habe mich gegen Abnehmen entschieden und muss nun die Konsequenzen tragen". - Natürlich muss ich die Konsequenzen tragen (ist ja MEIN Bauch) - aber muss man das immer gleich "delikt-fähig" darstellen? - Das Leben ist ganz anders.

äh, doch. Nicht dass ich eine Diät mit Kalorienobergrenze für mich in Betracht zöge, aber ich wäge durchaus ab, auch bei kleinen Alltagshandlungen, will ich das jetzt oder will ich das nicht? Das Resultat davon kann schon mal sein, dass ich eine halbe Stunde durch die Gänge eines Supermarkts irre und mit nichts rauskomme, weil es an dem Tag grad nichts hat, das ich essen will.

Verstanden. - Aber dann sind wir wieder im Bereich "Das Fleisch ist schwach" - was komischerweise von jedem als lässlich angesehen wird - auch von Jesus. - Das hieße: Der Wille setzt sich nicht gegen das Fleisch durch. - Und hier wäre weiter zu fragen: Geht das immer? - Wird es immer von Gott erwartet?

Da hab ich ein schönes Zitat von Charles Eisenstein aus "the Yoga of Eating". Er schreibt:

"The proper function of willpower and self-discipline is to extend wisdom and insight into times of imperfect clarity; to remember and apply the messages of one's inner voice."

also "die Aufgabe von Willenskraft und Selbstdisziplin ist, Weisheit und Einsicht in Zeiten von unvollständiger Klarheit auszudehnen; sich die an Botschaften der eigenen inneren Stimme zu erinnern und sie anzuwenden."

Wer das nicht tut, bestraft sich selbst... denn wer der eigenen Stimme folgt, hat vielleicht kein bequemes, aber auf alle Fälle ein erfülltes, intensives, bedeutungsvolles Leben. Ein Leben mit Gott.


Bauch, Herz, Hirn - wo auch immer. - Aber wer entscheidet, dass diese Wahrnehmung aktiviert wird?

Aktiv ist diese Wahrnehmung sowieso, das ist Teil der Fähigkeiten des Körpers. Das bewusste Bewusstsein kann entscheiden, auf diese Wahrnehmung zu achten und lernen, sie immer genauer zu hören.

gruss, barbara

closs
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#170 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Do 17. Okt 2013, 17:02

barbara hat geschrieben:Aktiv ist diese Wahrnehmung sowieso, das ist Teil der Fähigkeiten des Körpers. Das bewusste Bewusstsein kann entscheiden, auf diese Wahrnehmung zu achten und lernen, sie immer genauer zu hören.
Kann ich aus der Lebenserfahrung überhaupt nicht bestätigen. - Dass das so gehen KANN oder gar SOLL, kann ich sehr gut nachvollziehen. - Aber es entspricht nicht der Realität unserer Zeit (vielleicht aller Zeiten) - Beispiel:

Es gab immer einen "Mainstream" - heut auch. - Nach heutigem Mainstream achtet man auf innere Wahrnehmungen, die von außen vorgegeben werden: "Willst Du nicht geachtet werden? Also mache Karriere" - "Willst Du nicht Deine Persönlichkeit unterstreichen? Also arbeite daran, dass Du Dir mal einen Porsche leisten kannst" - "Willst Du Spaß haben? - Also lebe Deine Sexualität" - "Willst Du gebildet sein? Also toleriere andere Kulturen".

Das waren jetzt absichtlich gemischte Felder (also nicht betont "gut" oder "böse") - aber es war ein Ausschnitt aus dem, was "in" ist. - Nach heutigem Mainstream wäre es NICHT "in" zu fragen: "Willst Du wissen, was Wahrheit ist? Also gehe geistig in die Tiefe". - Mit anderen Worten: Es liegen komplette Felder brach, die eben NICHT aktiviert sind.

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