closs hat geschrieben:Andreas hat geschrieben:"Überzeitlichkeit" passt WEDER in einen naturwissenschaftlichen NOCH in einen geisteswissenschaftlichen Kontext. Dort ist Überzeitlichkeit ein leicht durchschau- und widerlegbarer Etikettenschwindel
NAturwissenschaftlich hast Du recht - geisteswissenschaftlich ist "Überzeitlichkeit" gut begründbar. - Wie anders willst Du "Fügung" verstehen? - Oder wie steht's mit dem infiniten Regress (was war vor Gott?)?
Der infinite Regress ist ein Problem der klassisch-physikalischen Weltsicht, nicht eines der Wahrheit. Ich kann nur empfehlen, sich mit Quantenphysik auseinanderzusetzten, denn sie kehrt das klassische Weltbild auf den Kopf und fordert von uns ein anderes Bewusstsein über die Welt.
Sie sagt nämlich letztlich aus:
Die Welt ist nicht, wie gemäß newton'schem Verständnis, aus ihren Einzelbestandteilen zusammengesetzt, sondern sie ist ein geschlossenes, universelles Ganzes, das uns begrenzten Wesen nur in Einzelaspekten erscheint. Materie, Energie etc. sind lediglich oberflächliche Eindrücke einer Dynamik, die uns unerschlossen bleibt, weil sie ganzheitlich ist und unseren Erfahrungshorizont überschreitet.
Letztlich ist das Wesen der Welt die Wirksamkeit von Information, die sich in der einen oder anderen Form manifestiert. Diverse Physiker wie Heisenberg wagen es sogar, von Geist zu sprechen. Was uns erscheint, ist nur der Ausdruck der Wirksamkeit der Information oder des Geistes.
Dürr veranschaulicht das sehr schön mit einem Ozean, den wir oberflächlich in seinen Wellenbewegungen erkennen zu glauben. Für den Seefahrer, der seiner alltäglichen Beschäftigung nachgeht, reicht das völlig aus. Er muss nur wissen, bei welchem Wellengang er hinausfahren kann und wann nicht. Was 500 Meter unter der Oberfläche vor sich geht, kann er nicht sehen und es ist für seine Existenz auch nicht relevant.
Der (klassische) Physiker kann die Wellen sogar näher untersuchen. Er kann Wechselwirkungen feststellen: wenn dort ein Wellenberg entsteht, gibt es benachbart ein Wellental. Das ist immer so und daraus leitet er Naturgesetze ab. Er kann sogar die Welle zerlegen: in Wassertropfen, weiter in H2O-Moleküle und noch weiter in Wasserstoff- und Sauerstoffatome. Aber all das erklärt ihm weder die Natur der Welle und schon gar nicht die Natur des Ozeans im Ganzen. Die Wirklichkeit ist die Ganzheit des Ozeans, dessen Dynamik sich in den Wellenbewegungen manifestiert. Die Wellen selbst sind nicht Teile des Ozeans, der Ozean ist nicht aus Wellen zusammengesetzt, sondern sie sind Ausdruck und Wirkung von Dynamik, repektive Information.
Die Natur des Ozeans zu erkennen ist die Aufgabe, der sich die Quantenphysik verschrieben hat.
Auf primärer Ebene ist die Natur immateriell und reine Information/ reiner Geist. Das ist für uns kaum vorstellbar. Wie soll Information/ Geist unabhängig von Materie existieren? Auch dazu ein Beispiel:
Ich lese in einem Buch ein Gedicht von Goethe. Als klassischer Wissenschaftler kann ich den Gegenstand untersuchen: das Gedicht besteht aus sieben Strophen zu je vier Versen. Es gibt so und so viele Sätze, bestehend aus einer bestimmten Anzahl von Buchstaben und Satzzeichen. Alle Zeichen sind mit Druckerschwärze auf Papier gedruckt. Die Druckerschwärze enthält Kohlenstoff, ebenso wie das Papier.
Und nun, lieber Wissenschaftler: erkläre uns das Gedicht!
Durch materialbasierte Analyse lässt sich der Informationsgehalt nicht erschließen. Übrigens kann das Gedicht sich auch auf CD oder Tonband befinden. Die Materie ist lediglich ein Medium für die Information. Noch mehr: Materie ist ein totes Medium für Information, denn die Information kann sich aus sich heraus hier nicht mehr ändern. Dürr spricht im Zusammenhang mit der Materie von "erstarrtem Geist" oder plastischer: Geist, dem nichts mehr einfällt.
Letztlich ist die Kernfage bei diesem Beispiel eines Gedichts von Goethe, das ich lese, folgende:
Was wechselwirkt hier miteinander?
Wechselwirkt gemäß klassischer Wissenschaftssicht hier das Buch mit meinem Körper? Nein, dadurch würde sich keine Information ableiten lassen.
In Wahrheit wechselwirkt hier der (statisch manifestierte) Geist Goethes mit meinem Geist. Dieser Informationsaustausch ist vollständig immateriell, er bedarf - ausschließlich aufgrund unserer menschlichen Beschaffenheit - lediglich eines materiellen Mediums zur Übermittlung - welches ist dabei völlig Banane.
In diesem Sinne ist die moderne Quantenphysik eine adäquate, wenn auch komplett unvollständige Minimalbeschreibung Gottes. Und man könnte aus dieser Perspektive heraus postulieren: die gesamte Wirklichkeit unserer Wahrnehmung ist Geist Gottes. Unsere Wirklichkeit spielt sich im Geist Gottes ab. Alles, was wir wahrnehmen, sind letztlich Gottes Gedankengänge - wenn man es sehr profan darstellen möchte.