Alles Teufelszeug? IX

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Münek
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#91 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » So 4. Mär 2018, 18:27

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Tja - aber genau das ist die Aufgabe der historisch-kritischen Exegese. Und diese erledigt sie - entsprechend den Vorgaben der "Päpstlichen Bibelkommission" - bravourös und professionell.
Auf Sacheebene stimme ich Dir nach wie vor zu.
Die Aufgabe der historisch-kritischen Exegese erschöpft sich nicht in der wissenschaftlichen Analyse der biblischen Texte hinsichtlich ihrer Struktur, ihrem literarischen Aufbau und den in ihnen enthaltenen literarischen Gattungen sowie den Fragen nach der möglichen Verfasserschaft, evtl. erkennbare Adressaten und Entstehungsort und -zeit, sondern besteht vor allem in der Ermittlung des Wortsinns, den die Verfasser ihren Texten beilegen wollten (Aussageabsicht, Intention, Theologie).

Während ersteres zur rein sachbezogenen "Einleitungswissenschaft" gehört, die eine wichtige Diziplin der biblischen Exegese ist, stellt letzteres die eigentliche Textinterpretation = Auslegung = Exegese der biblischen Texte dar. Für das Verständnis/Verstehen der Texte sind beide Diziplinen unerlässlich. Sie bilden ein Gesamtpaket.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Falls Jesus göttlich gewesen wäre, hätte er sich dennoch geirrt. "Sein Vater" hat nachweislich NICHT seine Königsherrschaft auf Erden errichtet
Wenn Du das sagst, macht das nichts. - Wenn es HKM-Vertreter sagen, ist eine hermeneutische Interpretation auf Basis von Sachergebnissen, der man widersprechen kann, weil man das Sachergebnis auch anders deuten kann.
Nein - Jesu Irrtum bestand darin, dass das von ihm angekündigte Gottesreich NICHT gekommen ist. Gott hat seine Regentschaft NICHT auf Erden errichtet. Jesu Jünger und die damalige Generation haben trotz seiner ausdrücklichen Zusicherung NICHT das Kommen des richtenden Menschensohnes erlebt.

Die kläglichen Versuche, die eindeutigen Aussagen Jesu mit Gewalt umzudeuten und sich zurecht zu biegen, sind ein Ausdruck der Hilflosigkeit und können bei objektiver Betrachtung nicht ernst genommen werden (Gottesreich ist Jesus in Person, Gottesreich befindet sich im Kopf der Menschen, Gottesreich ist mit der Kirche identisch).

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das schultern gestandene Exegeten locker. Diese Jungs sind theologische Experten und kennen sich bestens in der Bibel und deren Umfeld aus.
Sachlich-neutrale Kompetenz, die selbstverständlich da ist, reicht nicht aus - man braucht auch die richtige Hermeneutik.
Nein - bei der Textinterpretation geht es NICHT um irgendeine Hermeneutik des Exegeten, sondern ausschließlich um die Aussageabsicht und Intention des gläubigen Textverfassers. Persönliche Glaubensauffassungen des Exegeten haben bei der Textauslegung NICHTS zu suchen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Ratzinger weiß genau, dass die HKM wissenschaftlich ausgerichtet ist und deshalb bei ihrer professionellen Arbeit Gott NICHT als tatsächlich existierende Entität berücksichtigen kann.
Auf sachlich neutraler Ebene soll sie das doch auch gar nicht.
Ach - und bei der Textauslegung als solche soll die wissenschaftliche Diziplin historisch-kritische Exegese Gott als eine tatsächlich existierende Entität berücksichtigen? Das ist nicht Dein Ernst.

:lol: :lol: :lol:

closs hat geschrieben:dafür steht das "apriori setzungsfrei".
Eine solchen Schwachsinn kommentiere ich nicht.

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closs
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#92 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » So 4. Mär 2018, 21:12

Münek hat geschrieben:sondern besteht vor allem in der Ermittlung des Wortsinns, den die Verfasser ihren Texten beilegen wollten (Aussageabsicht, Intention, Theologie).
Natürlich - das steht doch nicht in Zweifel. - Aber selbst das ist noch nicht interpretiert im Sinne von Apg. 8,30. - Und vor allem sagt dies nur indirekt etwas über Jesus.

Konkret: Wenn man Paulus nachweisen kann, dass er zeitweise an eine Naherwartung Jesu in Deinem Verständnis glaubte, heißt das noch lange nicht, dass er damit Jesus richtig verstanden hat.

Münek hat geschrieben:stellt letzteres die eigentliche Textinterpretation = Auslegung = Exegese der biblischen Texte dar.
Da kann ich Dir zustimmen, wenn Du im Gegenzug verstehst, dass dies noch keine theologische Interpretation im Sinne von Apg. 8,30 ist.

Münek hat geschrieben:Nein - Jesu Irrtum bestand darin, dass das von ihm angekündigte Gottesreich NICHT gekommen ist. Gott hat seine Regentschaft NICHT auf Erden errichtet.
Genau das ist eine Aussage, die mehr mit dem Interpreten als mit dem Bibeltext zu tun hat. - Andersrum: Wenn die Theologie unterm Strich NICHT von einer Naherwartung in DEINEM Verständnis ausgeht, dann sicherlich nicht deshalb, weil sie die Texte nicht kennen würden.

Münek hat geschrieben:Die kläglichen Versuche, die eindeutigen Aussagen Jesu mit Gewalt umzudeuten und sich zurecht zu biegen, sind ein Ausdruck der Hilflosigkeit und können bei objektiver Betrachtung nicht ernst genommen werden (Gottesreich ist Jesus in Person, Gottesreich befindet sich im Kopf der Menschen, Gottesreich ist mit der Kirche identisch).
Hier haben wir das Motiv, dass der spirituell Außenstehende die komplexen Gedankengänge oft gar nicht versteht und ersatzweise zu Gunsten seiner eigenen Meinung/Hermeneutik/Weltanschauung argumentiert.

Das heißt NICHT, dass alle Schlussfolgerungen spiritueller-seits richtig sein müssen - ganz und gar nicht. - Aber es heißt genauso wenig, dass sie falsch sein müssen. - Es ist eine eigene Dimension, die über Analyse, Wortsinn und mutmaßliche Verfassermeinung hinausgeht.

Münek hat geschrieben:Nein - bei der Textinterpretation geht es NICHT um irgendeine Hermeneutik des Exegeten, sondern ausschließlich um die Aussageabsicht und Intention des gläubigen Textverfassers.
Das funktioniert nicht - sobald man interpretiert, ist die eigene Hermeneutik immer dabei - und diese ist oft vom Zeitgeist bestimmt.

Münek hat geschrieben: bei der Textauslegung als solche soll die wissenschaftliche Diziplin historisch-kritische Exegese Gott als eine tatsächlich existierende Entität berücksichtigen?
Selbst bei der Interpretation im Sinne von Apg. 8,30 MUSS es nicht so sein - aber man muss wissen, dass man bspw. eine säkulare Hermeneutik bei der Interpretation eines geistigen Textes anlegt. - Das ist es eigentlich: Man muss SEINE Hermeneutik kennen und sich dazu bekennen. - Wenn man natürlich nicht zwischen "Sachaussage" und "hermeneutischer Aussage" unterscheiden kann oder will, wird es zappenduster.


Münek hat geschrieben: closs hat geschrieben:
dafür steht das "apriori setzungsfrei".

Eine solchen Schwachsinn kommentiere ich nicht.
Wie bitte? - Dann hättest Du nicht verstanden, was mit "apriori setzungsfrei" gemeint ist? - Wie rechtfertigst Du übrigens hermeneutische Interpretationen der HKM, wenn die HKM apriori setzungsfrei ist?

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#93 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Di 6. Mär 2018, 18:00

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:sondern besteht vor allem in der Ermittlung des Wortsinns, den die Verfasser ihren Texten beilegen wollten (Aussageabsicht, Intention, Theologie).
Natürlich - das steht doch nicht in Zweifel. - Aber selbst das ist noch nicht interpretiert im Sinne von Apg. 8,30.
Selbstverständlich ist es das. Sonst wären hervorragende Kommentare von Exegeten beispielsweise zu den Paulusbriefen überhaupt nicht möglich. Um Pauli christologische Glaubensvorstellungen zu VERSTEHEN, muss man sie nicht teilen. Wenn Du das aber voraussetzt, hast Du NICHTS verstanden.

closs hat geschrieben:Konkret: Wenn man Paulus nachweisen kann, dass er zeitweise an eine Naherwartung Jesu in Deinem Verständnis glaubte, heißt das noch lange nicht, dass er damit Jesus richtig verstanden hat.
Das behauptet auch niemand - und darum geht es hier auch nicht.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:stellt letzteres die eigentliche Textinterpretation = Auslegung = Exegese der biblischen Texte dar.
Da kann ich Dir zustimmen, wenn Du im Gegenzug verstehst, dass dies noch keine theologische Interpretation im Sinne von Apg. 8,30 ist.
Es genügt für die Textinterpretation, verstanden zu haben, was beispielsweise Paulus geglaubt hat und den Lesern seiner Briefe gegenüber zum Ausdruck bringen wollte. Das scheinst Du nicht kapiert zu haben.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nein - Jesu Irrtum bestand darin, dass das von ihm angekündigte Gottesreich NICHT gekommen ist. Gott hat seine Regentschaft NICHT auf Erden errichtet.
Genau das ist eine Aussage, die mehr mit dem Interpreten als mit dem Bibeltext zu tun hat.
So einen Blödsinn kann nur ein theologischer Laie von sich geben. Der KONSENS in der historisch-kritischen Exegese von Jesu Irrtum besteht schließlich nicht ohne Grund.

closs hat geschrieben:Andersrum: Wenn die Theologie unterm Strich NICHT von einer Naherwartung in DEINEM Verständnis ausgeht, dann sicherlich nicht deshalb, weil sie die Texte nicht kennen würden.
Ratzinger und Berger ignorieren nachgewiesenermaßen die einschlägigen Texte und gehen einer dezidierten Auseinandersetzung mit exegetischen Gegenargumenten aus dem Weg.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die kläglichen Versuche, die eindeutigen Aussagen Jesu mit Gewalt umzudeuten und sich zurecht zu biegen, sind ein Ausdruck der Hilflosigkeit und können bei objektiver Betrachtung nicht ernst genommen werden (Gottesreich ist Jesus in Person, Gottesreich befindet sich im Kopf der Menschen, Gottesreich ist mit der Kirche identisch).
Hier haben wir das Motiv, dass der spirituell Außenstehende die komplexen Gedankengänge oft gar nicht versteht.
Spirituell-transzendente Glaubensvorstellungen haben in der wissenschaftlichen Exegese NICHTS zu suchen.

Die "geistigen Gedankengänge" scheinen in der Tat dermaßen komplex zu sein, dass sich die spirituell Erleuchteten nicht darüber einigen können, was denn nun unter "Reich Gottes" eigentlich zu verstehen ist (siehe obige drei Versionen).
:)

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nein - bei der Textinterpretation geht es NICHT um irgendeine Hermeneutik des Exegeten, sondern ausschließlich um die Aussageabsicht und Intention des gläubigen Textverfassers.
Das funktioniert nicht.
Wie die Praxis zeigt, funktioniert es hervorragend. Die historisch-kritische Exegese interpretiert biblische Texte in derselben Art und Weise wie andere antike Texte auch - und gut is. Christologische Hermeneutiken á la Ratzinger haben hier nichts zu suchen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:dafür steht das "apriori setzungsfrei".
Eine solchen Schwachsinn kommentiere ich nicht.
Wie bitte? - Dann hättest Du nicht verstanden, was mit "apriori setzungsfrei" gemeint ist?
Das sagt der Richtige. Ich habe Dir diesen Begriff nicht erst einmal erklärt.

Sachverhalte, die bereits mit der Annahme bestimmter Bedingungen "von vornherein" festliegen, werden als "a priori" bezeichnet (siehe Ratzingers geforderten Glaubensentscheid). Gerade weil die historisch-kritische Exegese eine wissenschaftliche Diziplin ist, erwartet die "Päpstliche Bibelkommission", dass sie sich "a priorischer Vorannahmen" enthält.


closs hat geschrieben:Wie rechtfertigst Du übrigens hermeneutische Interpretationen der HKM, wenn die HKM apriori setzungsfrei ist?
Von welchen hermeneutischen Interpretationen der HKM redest Du?

closs
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#94 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Di 6. Mär 2018, 19:52

Münek hat geschrieben:Selbstverständlich ist es das. Sonst wären hervorragende Kommentare von Exegeten beispielsweise zu den Paulusbriefen überhaupt nicht möglich.
Moment: Du darfst nicht vergessen, dass diese Kommentare von Menschen geschrieben werden, die gelegentlich Christen sind, in denen das Apg. 8,30-Gen drinsteckt.

Münek hat geschrieben:Wenn Du das aber voraussetzt, hast Du NICHTS verstanden.
Das meinst Du, weil Du bewährt zu kurz springst.
1) Richtig - ein fitter und gläubiger jüdischer Rabbi wird das verstehen und nicht unbedingt teilen.
2) Falsch - ein spirituell nicht aktivierter Wissenschaftler tut sich mindestens schwer damit.

Münek hat geschrieben:Es genügt für die Textinterpretation, verstanden zu haben, was beispielsweise Paulus geglaubt hat und den Lesern seiner Briefe gegenüber zum Ausdruck bringen wollte.
Sehr schön - da hätten wir also schon mal Original (Jesus) und Rezipient (hier Paulus) entkoppelt. - Und Du meinst, das damit Apg. 8,30 eingelöst ist?

Münek hat geschrieben: closs hat geschrieben:

Münek hat geschrieben:
Nein - Jesu Irrtum bestand darin, dass das von ihm angekündigte Gottesreich NICHT gekommen ist. Gott hat seine Regentschaft NICHT auf Erden errichtet.

Genau das ist eine Aussage, die mehr mit dem Interpreten als mit dem Bibeltext zu tun hat.


So einen Blödsinn kann nur ein theologischer Laie von sich geben. Der KONSENS in der historisch-kritischen Exegese von Jesu Irrtum besteht schließlich nicht ohne Grund.
"Konsens in der HKE" = Interpretationsebene.

Die Frage lautet immer wieder: Wie ist die Kluft zwischen HKE-Konsens (so es ihn gibt) und großkirchlichen Theologien zu verstehen? - Alles "theologische Laien"?

Münek hat geschrieben:Ratzinger und Berger ignorieren nachgewiesenermaßen die einschlägigen Texte und gehen einer dezidierten Auseinandersetzung mit exegetischen Gegenargumenten aus dem Weg.
Viel zu billig - hier übernimmst Du die Rolle des Zwergen auf der Schulter des Riesen, der zum Riesen sagt: "Ich bin größer als Du".

Münek hat geschrieben:Spirituell-transzendente Glaubensvorstellungen haben in der wissenschaftlichen Exegese NICHTS zu suchen.
Deshalb soll sie sich ja auf die Sachebene beschränken und auf hermeneutische Experimente verzichten. - Insofern: Grundsätzlich stimme ich Dir zu - aber nur um den Preis, dass die HKM auf interpretative Hermeneutiken verzichtet.

Münek hat geschrieben: Die historisch-kritische Exegese interpretiert biblische Texte in derselben Art und Weise wie andere antike Texte auch
Was ist das für eine Antwort? - Was hat das damit zu tun, dass der heutige Interpret von antiken Texten immer seine eigene Heremeneutik einschleußt?

Münek hat geschrieben: Gerade weil die historisch-kritische Exegese eine wissenschaftliche Diziplin ist, erwartet die "Päpstliche Bibelkommission", dass sie sich "a priorischer Vorannahmen" enthält.
Vollkommen richtig - aber mit dem ausgesprochenen oder unausgesprochenen Zusatz, dass sie innerhalb der Sachebene bleibt und keine eigenen Hermeneutiken aufbaut (welche dann NICHT apriori setzungsfrei sein können). - Mit anderen Worten: Ratzinger meint das an der HKM, was apriorisch von Vorannahmen frei ist, und will das andere in der HKM gerade eben NICHT.

Münek hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Wie rechtfertigst Du übrigens hermeneutische Interpretationen der HKM, wenn die HKM apriori setzungsfrei ist?


Von welchen hermeneutischen Interpretationen der HKM redest Du?
Hä???? - Worüber reden wir eigentlich die ganze Zeit?

1) "Wir INTERPRETIEREN die Bibel so, als sei es ein normaler antiker Text". - "Beschreiben" ist sachlich neutral - "interpretieren" ist hermeneutisch.
2) "Wir INTERPRETIEREN die Bibel im Kontext einer Geschichtsauffassung, wonach es keine 'echten' Wunder geben kann".
3) "Wir verstehen Gott aus Sicht der damaligen Zeit <ok>, haben aber selbst ein Gottesbild, wonach Gott entweder eine menschliche Vorstellung oder Teil des physikalischen Universums ist".
4) "Wir argumentieren kritisch-rational, lassen also das, was (historisch) sein könnte, weg, wenn es nicht falsifizierbar ist".
5) "Wir INTERPRETIEREN so, als seien ältere Quellen näher am Denken Jesu als jüngere, lassen also heilsgeschichtliche Prozesse weg".
6) etc

Ich behaupte nicht, dass alle diese hermeneutischen Vorannahmen jeweils in einem HKM-Interpreten vereint wären - aber alle diese Beispiele haben nur dann etwas in "Wissenschaft" zu suchen, wenn man "(Geistes-) Wissenschaft" als hermeneutische Veranstaltungen versteht.

Also:
1) Entweder "Wissenschaft" ist sachlich-neutral - dann darf es KEINE Hermeneutiken geben. -
2) Oder "Wissenschaft" untersucht methodisch unteschiedliche hermeneutische Ansätze. - Entweder, oder.

Aber eben nicht "Entweder-sowohl als-weder-noch". - Bei 1) ist die Kanonische Exegese KEINE Wissenschaft - aber dann muss die HKM auf ihre hermeneutische Interpretations-Ebene verzichten. - Bei 2) ist auch die Kanonische Exegese eine Wissenschaft. - Entweder, oder. Aber eben nicht "Entweder-sowohl als-weder-noch".

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#95 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Di 6. Mär 2018, 22:17

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Selbstverständlich ist es das. Sonst wären hervorragende Kommentare von Exegeten beispielsweise zu den Paulusbriefen überhaupt nicht möglich.
Moment: Du darfst nicht vergessen, dass diese Kommentare von Menschen geschrieben werden, die gelegentlich Christen sind, in denen das Apg. 8,30-Gen drinsteckt.
Häh? :shock: Was soll denn dieser Quatsch schon wieder?

Historisch-kritische Exegeten, die excellente Kommentare zu biblischen Schriften verfassen, sollen Menschen sein, die GELEGENTLICH Christen sind, in denen das "Apg. 8:30-GEN" drinsteckt? Was für ein GEN? Wo hast Du denn diese Wahnsinnshypothese her?


Es genügt völlig, Pauli Christologie verstanden zu haben, um als ausgewiesene Exegeten seine Briefe angemessen interpretieren können.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wenn Du das aber voraussetzt, hast Du NICHTS verstanden.
Das meinst Du, weil Du bewährt zu kurz springst.
Nee, nee, mein Lieber. Deine These, nur gläubige Christen seien in der Lage, biblische Texte "richtig "zu interpretieren, ist FALSCH. Es genügt völlig, beispielsweise Pauli Christologie verstanden zu haben, um seine Briefe angemessen interpretieren zu können. Das will nicht in Deinen Kopf.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es genügt für die Textinterpretation, verstanden zu haben, was beispielsweise Paulus geglaubt hat und den Lesern seiner Briefe gegenüber zum Ausdruck bringen wollte.
Sehr schön - da hätten wir also schon mal Original (Jesus) und Rezipient (hier Paulus) entkoppelt.
Da gibt es nichts zu "entkoppeln". Paulus ist kein Rezipient, sondern er vertritt seine höchstpersönlich entwickelte CHRISTOLOGIE, die mit dem historischen Jesus von Nazareth so gut wie nichts zu tun hat.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:So einen Blödsinn kann nur ein theologischer Laie von sich geben. Der KONSENS in der historisch-kritischen Exegese von Jesu Irrtum besteht schließlich nicht ohne Grund.
"Konsens in der HKE" = Interpretationsebene.
Es mag Dich verwundern. Aber die INTERPRETATION biblischer Texte IST nun mal die Hauptaufgabe der historisch-kritischen Exegese. Danach kommt nichts mehr. Die von Ratzinger favorisierte glaubensbasierte "kanonische Exegese" existiert nur auf dem Papier.

closs hat geschrieben:Die Frage lautet immer wieder: Wie ist die Kluft zwischen HKE-Konsens (so es ihn gibt) und großkirchlichen Theologien zu verstehen? - Alles "theologische Laien"?
Diese Kluft existiert insofern NICHT, als die Theologie zu diesem Konsens keine offizielle Gegenposition bezieht und sich in Schweigen hüllt. Ratzingers und Bergers persönliche unbegründete Meinungen sind irrelevant. Das gilt auch für die Auffassung Deines Dorfpfarrers.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ratzinger und Berger ignorieren nachgewiesenermaßen die einschlägigen Texte und gehen einer dezidierten Auseinandersetzung mit exegetischen Gegenargumenten aus dem Weg.
Viel zu billig - hier übernimmst Du die Rolle des Zwergen auf der Schulter des Riesen, der zum Riesen sagt: "Ich bin größer als Du".
Mehr fällt Dir zu meinem berechtigten Vorwurf nicht ein? Ich habe doch mit meiner Kritik völlig recht.

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#96 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Di 6. Mär 2018, 22:49

Münek hat geschrieben:Historisch-kritische Exegeten, die excellente Kommentare zu biblischen Schriften verfassen, sollen Menschen sein, die GELEGENTLICH Christen sind
Hoffentlich hast Du es jetzt nicht so verstanden, dass derselbe Menschen mal so und mal so ist. :lol:

Münek hat geschrieben:Es genügt völlig, Pauli Christologie verstanden zu haben, um als ausgewiesene Exegeten seine Briefe angemessen interpretieren können.
Möglich - ich spreche davon, was sie spirituell bedeuten - und das hängt davon ab, was man selber spirituell begriffen hat. - Das sind zwei unterschiedliche Baustellen.

Münek hat geschrieben:Es genügt völlig, beispielsweise Pauli Christologie verstanden zu haben, um seine Briefe angemessen interpretieren zu können.
Auf methodischer Ebene stimme ich Dir nach wie vor zu.

Münek hat geschrieben: Paulus ist kein Rezipient
In Bezug auf Jesus ist er selbstverständlich Rezipient. - Natürlich ist er kein Rezipient zu seiner eigenen Christologie. :|

Münek hat geschrieben:Aber die INTERPRETATION biblischer Texte IST nun mal die Hauptaufgabe der historisch-kritischen Exegese.
Nichts dagegen - aber hier gilt dann: Keine Interpretation ohne dazu genannte Hermeneutik. - Was ist aus Deiner Sicht die Hermeneutik zu dem, was DU "Interpretation" nennst?

Münek hat geschrieben:Diese Kluft existiert insofern NICHT, als die Theologie zu diesem Konsens keine offizielle Gegenposition bezieht und sich in Schweigen hüllt.
Auch das hatten wir x-mal. - Es scheint, so wie ich es immer wieder höre, längst kein Thema mehr zu sein. - Egal, welche Gründe: Im Großen und Ganzen geht die Theologie NICHT davon aus, dass Jesus eine Naherwartung - wichtig! - im von Dir vertretenen Sinne hatte. - Dass er "die Nähe des Himmelreiches" thematisiert hat, schon - aber nicht in dem von Dir vertretenen Sinne.

Münek hat geschrieben:Mehr fällt Dir zu meinem berechtigten Vorwurf nicht ein? Ich habe doch mit meiner Kritik völlig recht.
Du scheinst eine Hermeneutik zu haben, aus der Dir dies aufrichtig so erscheint.

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#97 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Di 6. Mär 2018, 23:46

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Spirituell-transzendente Glaubensvorstellungen haben in der wissenschaftlichen Exegese NICHTS zu suchen.
Deshalb soll sie sich ja auf die Sachebene beschränken und auf hermeneutische Experimente verzichten.
Du willst doch nicht im Ernst der historisch-kritischen Textinterpretation ihre eigentliche Hauptaufgabe entziehen wollen? Die "Einleitungswissenschaft" (wann was von wem für wen und wo verfasst wurde etc.) ist doch nur der vorbereitende Teil für die
sich anschließende Textauslegung.


closs hat geschrieben:Insofern: Grundsätzlich stimme ich Dir zu - aber nur um den Preis, dass die HKM auf interpretative Hermeneutiken verzichtet.
Ich werde Deinen Wunsch auf Verzicht "interpretativer Hermeneutiken" gelegentlich an die theologischen Fakultäten (Fachabteilung: Exegese) weiterleiten.

:lol: :lol: :lol:

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Die historisch-kritische Exegese interpretiert biblische Texte in derselben Art und Weise wie andere antike Texte auch
Was ist das für eine Antwort? - Was hat das damit zu tun, dass der heutige Interpret von antiken Texten immer seine eigene Heremeneutik einschleußt?
Das macht er ja gerade nicht, weil für ihn NICHT seine eigene Glaubensvorstellung, sondern AUSSCHLIESSLICH die des antiken Textverfassers maßgeblich ist. Das ist genau das, was die "Päpstliche Bibelkommission" von der historisch-kritischen Exegese
erwartet.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Gerade weil die historisch-kritische Exegese eine wissenschaftliche Diziplin ist, erwartet die "Päpstliche Bibelkommission", dass sie sich "a priorischer Vorannahmen" enthält.
Vollkommen richtig - aber mit dem ausgesprochenen oder unausgesprochenen Zusatz, dass sie innerhalb der Sachebene bleibt.
Blödsinn - erstens existiert dieser Zusatz nur in Deiner Fantasie. Und zweitens ergäbe eine solche Apriori-Einschränkung bezogen auf die geschichtswissenschaftliche Sachebene überhaupt keinen SINN.

Nee nee - der geforderte Verzicht auf apriorische Vorannahmen betrifft die reine Textinterpretation. Auf KEINEN Fall aber die Frage, wann - von wem - wo - für wen - in welchem Umfeld - ein Text verfasst worden ist.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Wie rechtfertigst Du übrigens hermeneutische Interpretationen der HKM, wenn die HKM apriori setzungsfrei ist?
Von welchen hermeneutischen Interpretationen der HKM redest Du?
Hä???? - Worüber reden wir eigentlich die ganze Zeit?
Von christologischen Setzungen à la Ratzinger und der darauf basierenden Hermeneutik.

Nur: Mit Setzungen hat die HKM nichts am Hut. Zur Existenz von Göttern, Teufeln, Engeln und Dämonen, Sühnetod eines Gottessohnes, Höllen- und Himmelfahrt, Wiederauferstehung von den Toten etc. äußert sie sich inhaltlich nicht - weder PRO noch CONTRA. Sie legt biblische Texte aus wie andere antiken Texte auch: Ohne irgendwelche spirituell-transzendente Vorannahmen. DAS ist Wissenschaft!
:thumbup:

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#98 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Mi 7. Mär 2018, 00:15

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Diese Kluft existiert insofern NICHT, als die Theologie zu diesem Konsens keine offizielle Gegenposition bezieht und sich in Schweigen hüllt.
Auch das hatten wir x-mal.
Ja leider. :yawn:

closs hat geschrieben:Es scheint, so wie ich es immer wieder höre, längst kein Thema mehr zu sein.
Es war nie ein Thema. Das behauptest Du nur. Der einvernehmlichen Position der historisch-kritischen Exegese wurde NIEMALS durch ein offizielles kirchliches Dokument widersprochen.

closs hat geschrieben:Egal, welche Gründe: Im Großen und Ganzen geht die Theologie NICHT davon aus, dass Jesus eine Naherwartung - wichtig! - im von Dir vertretenen Sinne hatte.
Ich denke nicht, dass "die" Theologie dem zentralen Inhalt der jesuanischen Botschaft widerspricht und damit auch nicht den diesbezüglichen Ergebnissen der historisch-kritischen Exegese.

Persönliche Einzelmeinungen frommer Theologen sind irrelevant.

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#99 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Mi 7. Mär 2018, 00:28

Münek hat geschrieben:Du willst doch nicht im Ernst der historisch-kritischen Textinterpretation ihre eigentliche Hauptaufgabe entziehen wollen?
Nein - aber dann muss man sich den Hermeutiken stellen, die dabei zum Zuge kommen. - Unter uns: Das IST auch so - Andreas hat nicht umsonst darauf hingewiesen, wie oft das Wort "Hermeneutik" bei Theißen vorkommt.

Münek hat geschrieben:Ich werde Deinen Wunsch auf Verzicht "interpretativer Hermeneutiken" gelegentlich an die theologischen Fakultäten (Fachabteilung: Exegese) weiterleiten.
Ist nicht nötig - die wissen das alles doch, wenn sie redliche Wissenschaftler sind. - Und weil sie es wissen, SAGEN sie, nach welcher Hermeneutik etwas interpretieren. - In der wissenschaftlichen Praxis ist das alles viel weniger ideologisch, als es hier im Forum dargestellt wird.

Münek hat geschrieben:Das macht er ja gerade nicht, weil für ihn NICHT seine eigene Glaubensvorstellung, sondern AUSSCHLIESSLICH die des antiken Textverfassers maßgeblich ist. Das ist genau das, was die "Päpstliche Bibelkommission" von der historisch-kritischen Exegese
erwartet.
Das sind jetzt zwei Sachen auf einmal:
1) Richtig - die päpstliche Kommission will möglichst hermeneutik-freie Sachdarstellungen.
2) Trotzdem wird es oft NICHT so in der HKM gemacht - zumindest in der Darstellung der HKM hier im Forum. - Mit anderen Worten und konkret: Die Aussage "Jesus hatte eine Naherwartung" ist keine reine Sachaussage im Sinne von "Das ist es und sonst nichts", sondern eine Aussage auf Basis einer Hermeneutik: "Wir interpretieren so, dass wir folgendes NICHT berücksichtigen, was ebenfalls sein könnte".

Das ist durchaus nicht unredlich, aber eben differenziert und differenziert zu betrachten. - Wenn natürlich daraus ein "Faktum" wird (wohl gemeint als "so war es der Fall"), wie es Thaddäus ehemals gemeint hat, ist die Schwelle zur wissenschaftlichen Unredlichkeit überschritten. - Denn man müsste sagen: "Es war der Fall, wenn meine Hermeneutik hier richtig ist".

Das alles beachtet man in der HKM - es wäre Zeit, dass wir es ebenfalls täten.

Münek hat geschrieben:Und zweitens ergäbe eine solche Apriori-Einschränkung bezogen auf die geschichtswissenschaftliche Sachebene überhaupt keinen SINN.
Das ist doch gerade NICHT eine "Apriori-Einschränkung", sondern eine "Apriori-Auflösung" - also genau das Gegenteil.

Münek hat geschrieben:Von christologischen Setzungen à la Ratzinger und der darauf basierenden Hermeneutik.
NAtürlich hat auch Ratzinger eine Hermeneutik - und natürlich sagt er, dass ihm einige Hermeneutiken innerhalb der HKM nicht gefallen. - Aber er gibt zu erkennen, dass er WEISS, welche Hermeneutik er hat.

Es ist vollkommen i.O., eine Hermeneutik bei der Interpretation zu haben - aber es ist unredlich, die eigene Hermeneutik zu negieren und statt dessen zu sagen: "Wieso ich? Was ich interpretiere, ist doch nicht hermeneutisch, sondern sachlich".

WÄRE das ok, wäre auch Ratzingers Hermeneutik ok - nur: Dann gäbe es widersprüchliche "Fakten" :angel: zur selben Frage - dann wäre es "Tatsache", dass Jesus eine Naherwartung hatte und dass er KEINE Naherwartung hatte - und das geht nicht. - Wenn man "Tatsache" nicht anthropozentrisch, sondern ontisch versteht, kann nur EINE Aussage richtig sein.

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#100 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Mi 7. Mär 2018, 00:29

Münek hat geschrieben:Ich denke nicht, dass "die" Theologie dem zentralen Inhalt der jesuanischen Botschaft widerspricht und damit auch nicht den diesbezüglichen Ergebnissen der historisch-kritischen Exegese.
Das tut sie auch nicht - aber sie versteht es ganz anders als Du.

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