Alles Teufelszeug? VIII

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Münek
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#481 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Münek » Sa 6. Jan 2018, 03:54

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nee nee - es ist die Setzung, die aus der Sicht skeptischer Zeitgenossen auf den Prüfstand gehört, nicht die aus der Setzung gezogenen gläubigen Schlussfolgerungen.
Nicht-falsifiziere Setzungen: Auf welchen Prüfstand?
Was sind denn nicht-falsifizierbare Glaubensprämissen wert? Nichts. Nothing..

Solche Hirngespinste gehören natürlich auf den Prüfstand der Vernunft, der Einsichtigkeit, der Plausibilität und der Evidenz - und zwar aus objektiver Sicht. Setzen und glauben kann jeder alles. Das ist simple Beliebigkeit. Aber Grundannahmen kritisch zu hinterfragen, sollte schon erlaubt sein.


Wer sich dagegen wehrt, zeigt, wie es bei ihm um Wahrhaftigkeit bestellt ist.

closs hat geschrieben:Es reicht doch das Wissen, dass jegliche Aussage nur unter dem Vorbehalt der Setzung gilt.
Nein , Du Weltfremder.

Wenn ich zu meiner Frau sage, ich gehe jetzt aufs Klo, gilt meine Ausage ganz gewiss nicht unter dem Vorbehalt einer Setzung - gleichwohl ich mich setzen werde.


:lol: :lol: :lol:

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sven23
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#482 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Sa 6. Jan 2018, 07:19

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die historische Jesusforschung, wer sonst?
Nein - sie entscheidet es nicht, sondern leistet einen Beitrag. - Und lies genau: Ich sprach nicht vom (methodisch) historisch(-kritisch)en, sondern vom wirklichen Jesus.
Jaaa, der wirkliche Jesus war natürlich ganz anders, am besten so, wie man ihn glaubensdogmatisch benötigt. Widde-widdewittbumbum.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ganz genau. Man wollte ein Gegengewicht zur wissenschaftlichen Methodik haben
Nein - man wollte ein Gegengewicht zur historisch-kritischen Hermeneutik haben.
Falsch:

Die Kanonische Exegese wurde in den 1980er Jahren in den USA entwickelt, dort dezidiert als Gegenpol zur historisch-kritischen Methode
Quelle: Wikipedia


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Zirkelschlüsse wären das Ende des wissenschaftlichen Anspruchs.
Dann gewöhne Dir an, "Zirkelschluss" falsch zu definieren.
Nein, deine falsche Verwendung sollte sich niemand zu eigen machen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es gibt noch bessere Gründe, die angebliche Göttlichkeit in religiösen Texten nicht als gegeben vorauszusetzen.
Das tut eh keiner - wenn, dann wird sie als Möglichkeit der Geschichte berücksichtigt.
Häh?
Du selbst forderst doch ständig, Exegese müsse die Göttlichkeit Jesu voraussetzen. Jetzt sagst du: das tut eh keiner. :roll:

closs hat geschrieben: Aber lenke nicht ab: Ist...
closs hat geschrieben:Die HKM wird in wik so definiert, "dass die Bedingung der Auslegung darin liege, dass Interpret und Autor als Menschen in der gleichen geschichtlichen Welt lebten und sich gemeinsam in einem verstehenden Umgang mit Gegenständen und Mitmenschen befänden".
.... KEINE Setzung?
Aber die normalste der Welt. Meinst du, der Wanderprediger lebte im luftleeren Raum? Er war selbstvertändlich ein Kind seiner Zeit, untrennbar mit dem Judentum verbunden, wenn auch in einer radikalen Form.
Die Göttlichkeit Jesu voraussetzen und sie dann in den Texten zirkelreferent bestätigt finden ist keine Alternative für die Forschung, wenn sie wissenschaftlichen Ansprüchen genügen will. Und das will sie definitiv.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Rolands Beteuerung, die Texte seien historisch zuverlässig, weil das ja schließlich in den Texten von den Autoren so behauptet wird, ist zirkelschlüssig.
Er hat Deine Missdeutung seiner Texte ausdrücklich dementiert.
Wenn er es dementiert hat, dann muss es ja stimmen. :lol:
Genau so wie die Evangelien historisch zuverlässig sind, weil die Schreiber behaupten, dass sie zuverlässig sind. Du musst dich schon inhaltlich mit Texten befassen, sonst wird das nix. Roland hat gesagt....., reicht da nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Meinst du, der historischen Jesusforschung ginge es um die Unwirklichkeit Jesu?
Es geht ihr im Rahmen ihrer Hermeneutik sehr wohl um dessen Wirklichkeit - aber eben nur im Rahmen ihrer Hermeneutik.
In der historischen Forschung geht es nun mal nur mit wissenschaftlicher Hermeneutik.
Dein Problem ist, dass du dich in der glaubensdogmatischen Abteilung wohler fühlst, aber gleichzeitig gerne den Wissenschafts-TÜV-Stempel der historischen Forschung hättest. Beides gleichzeitig geht aber nicht. Entweder ist man Wissenschaftler oder Glaubensdogmatiker.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genau darum geht es aber. Wissenschaftliche Hermeneutik in der historischen Forschung vs. glaubensbekenntliche Hermeneutik.
Rede Dich nicht ständig mit falschen Behauptungen raus: Darum geht es nicht. - Es geht um inhaltliche Hermeneutiken, die halt unterschiedlich sind.
Eben, das sag ich doch. Die eine ist wissenschaftlich, die andere glaubensdogmatisch. :roll:
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#483 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Sa 6. Jan 2018, 07:41

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die historische Jesusforschung, wer sonst?
Nein - sie entscheidet es nicht, sondern leistet einen Beitrag. - Und lies genau: Ich sprach nicht vom (methodisch) historisch(-kritisch)en, sondern vom wirklichen Jesus.
Jetzt sollten wir langsam mal unser Geld zusammenschmeißen, um den Bau einer Zeitmaschine zu finanzieren, die es uns ermöglicht, ins Jahr 30 zurückzukehren, um den "wirklichen" Jesus kurz vor seinem Tod selbst zu befragen.
Genau, so teuer kann das Teil ja nicht sein.
Und wenn closs dabei den Morlocks in die Hände fällt, dann hat es Gott wohl so gefügt. :lol:

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Quelle
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#484 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Sa 6. Jan 2018, 08:16

closs hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Also auf die Frage: "Welche anderen Exegesen nehmen konkret eine Gegenposition zum HKM-Konsens bzgl. Jesu Irrtum ein" kann die Antwort lauten: Alle Exegesen, deren Betreiber Christen sind.
Prinzipiell ja, aber ganz stimmt es dann doch nicht.
Es stimmt sogar ziemlich gut, denn wer sich als Christ auf den verkündeten Christus der Kirche beruft, der muss sich im klaren darüber sein, dass dieser nicht viel mit dem historischen Jesus zu tun hat. Das ist dann eine reine Glaubenssache, weshalb alle glaubensbasierten Exegesen in der historischen Forschung nicht zu gebrauchen sind.
Noch schizophrener wird es bei Leuten wie Berger, die der historischen Jesusforschung Bibelfälschung vorwerfen und dann in einem Zeitungsinterview zugeben, dass sie selbst gar nicht an Wunder oder ein Leben nach dem Tod glauben.
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#485 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Roland » Sa 6. Jan 2018, 11:31

Pluto hat geschrieben: Wahrheit ist wohl einer der komplizierteste Begriffe der Philosophie überhaupt. Es wäre vermessen von mir, zu behaupten ich hätte eine Definition parat. Die meisten Philosophen der Geschichte haben irgendwann im Laufe ihres Lebens versucht sie zu ergründen und sind gescheitert.
Weil Wahrheit eine Person ist. Der Urgrund allen Seins: "Er ist vor allem und es besteht alles in ihm" (Kol.1, 17) und Jesus selbst sagt: "Ich BIN die Wahrheit". Und wenn die Bibel sagt, dass Gott die Liebe ist, dann wird klar, warum die Menschen sich nach nichts mehr sehnen als nach Liebe.
Gott ist der Urgrund allen Seins, er ist die Wahrheit, er ist die Liebe. Man kann es erfahren, wenn man sich Jesus vertrauensvoll zuwendet. Ich kann's dir nicht beweisen aber bezeugen!

Pluto hat geschrieben: Die Wahrheit einfach als Offenbarung eines Evangeliums hinzustellen, wie es Paulus tut, ist eine Vereinfachung die am Ende der Wahrheitssuche nicht gerecht wird, weil sie völlig am Begriff selbst vorbei geht.
Dieser Satz wischt pauschal alles vom Tisch und wird dem Evangelium in seiner ganzen Fülle in keinster Weise gerecht. Und das Ergebnis ist dann der Glaube an die Sinn- und Hoffnungslosigkeit des Seins, an die finale Nichtigkeit der menschlichen Existenz.
Aber das ist eben auch nur ein Glaube – und er hat nichts, was mir plausibel erscheint.

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Richtigerweise müsste sich jemand, der Jesus nicht als Christus sondern als rein menschlichen Philosophen interessant findet, als Anhänger jesuanischer Philosophie bezeichnen und nicht als Christ.
Ja - das kommt hin. - Und das scheint heute INNERHALB der Theologie nicht die Ausnahme zu sein.
Zieht man mal alles ab, was man dem Wanderprediger posthum in den Mund gelegt hat, bleibt nicht mehr allzu viel jesuanische Philosophie übrig.
Zieht man alles ab, was aufgrund naturalistischer Vorgaben als "pusthum in den Mund gelegt" vermutet wird, dann ist dem wohl so. Man nennt die HKM ja auch eine "Wissenschaft des Vermutens".
Dass Jesus irgend ein überliefertes Wort nicht gesagt habe, ist IMMER reine Vermutung und unerweisbar.
Unechtheitsvoten sind stets ideologiegeleitet.

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Nein, Rolands Begründung ist zirkelreferent.
Er hat es begründend dementiert, was Du nicht verstanden hast. - Daraus rekrutierst Du - wie üblich - etwas, was Du als Stärke empfindest. - "Was ich nicht versteh, tut mir nicht weh".
Nein, du willst nicht kapieren, was zirkelschlüssiges/zirkelreferentes Denken ausmacht. Rolands Beteuerung, die Texte seien historisch zuverlässig, weil das ja schließlich in den Texten von den Autoren so behauptet wird, ist zirkelschlüssig.
Ich möchte dich bitte nicht zu lügen, da mag ich überhaupt nicht. An keiner Stelle habe ich soetwas jemals gesagt. Stattdessen hab ich vergeblich versucht, dir zu erklären, dass Zirkelschlüsse Beweisfehler sind und die Frage ob die von den Autoren als Tatsachenberichte deklarierten Texte zuverlässig sind oder nicht, NICHT bewiesen werden kann. Es handelt sich, hüben wie drüben, letztlich um eine Glaubensfrage. Es geht also gar nicht um Beweisführung und deshalb ist ein Beweisfehler auch gar nicht möglich.
Umgekehrt ist es falsch den Eindruck zu erwecken WEIL in den Texten drin steht, dass es sich um Tatsachenberichte handelt, KÖNNE das nicht stimmen (denn es wäre ja sonst ein Zirkel). DAS wäre ein echter Fehlschluss.
Auch die Aussage: "Die Autoren lügen" ist ein Glaubenssatz! Es geht hüben wie drüben um Glauben. Und um Plausibilität aber nicht um Beweisführung.

sven23 hat geschrieben: …wer sich als Christ auf den verkündeten Christus der Kirche beruft…
Es geht überhaupt nicht um "die Kirche", sondern um die von der Wissenschaft rekonstruierten Texte des NT. Und die zeichnen einen völlig anderen Jesus, als die verschiedenen HKM-Jesus-Romane, die sich verschiedene Autoren erdacht haben.

sven23 hat geschrieben: …der muss sich im klaren darüber sein, dass dieser nicht viel mit dem historischen Jesus zu tun hat.
Da hilft es auch nichts, dass man diese verschiedenen HKM-Roman-Figuren als "den historischen Jesus" deklariert.

sven23 hat geschrieben: Das ist dann eine reine Glaubenssache, weshalb alle glaubensbasierten Exegesen in der historischen Forschung nicht zu gebrauchen sind.
Da ALLE Exegesen glaubensbasiert sind, da es voraussetzunglose Exegese nicht geben kann und das z.B. Theissen und Bultmann auch offen zugeben, wäre folglich keine zu gebrauchen. Das zu behaupten geht mE zu weit.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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#486 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Sa 6. Jan 2018, 11:56

Münek hat geschrieben:Was sind denn nicht-falsifizierbare Glaubensprämissen wert? Nichts. Nothing..
??? - Es ist auch nicht falsifizierbar, dass Jesus nur Mensch war.

Im übrigen ist Deine Aussage verräterisch, weil Du damit einmal mehr zeigst, dass Du "Realität" jenseits menschlicher Falsifizierungs-Möglichkeit verdrängst - als ob das die "Realität" interessieren würde.

Münek hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Es reicht doch das Wissen, dass jegliche Aussage nur unter dem Vorbehalt der Setzung gilt.


Nein , Du Weltfremder.
Doch, Du Weltfremder. - Natürlich kann man sich die Welt so klein machen, dass einem nichts fremd ist, aber die Welt ist größer.

sven23 hat geschrieben:Jaaa, der wirkliche Jesus war natürlich ganz anders, am besten so, wie man ihn glaubensdogmatisch benötigt.
Das würde sich jeder wünschen: Dass die Wirklichkeit so ist, wie es die eigene Hermeneutik erwarten lässt - aber es ist halt oft nicht so.

sven23 hat geschrieben:Du selbst forderst doch ständig, Exegese müsse die Göttlichkeit Jesu voraussetzen.
Das habe ich noch NIE gesagt: Meine Aussage ist immer, dass die Göttlichkeit Jesu als historische Option berücksichtigt werden müsse, WENN Exegese ergebnisoffen sein wolle.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Die HKM wird in wik so definiert, "dass die Bedingung der Auslegung darin liege, dass Interpret und Autor als Menschen in der gleichen geschichtlichen Welt lebten und sich gemeinsam in einem verstehenden Umgang mit Gegenständen und Mitmenschen befänden".

.... KEINE Setzung?


Aber die normalste der Welt.
Wenn man historisch-kritisch untersuchen will, ist das natürlich normal. - Aber es ist trotzdem eine hermeneutische Setzung - darum geht es doch.

sven23 hat geschrieben: Meinst du, der Wanderprediger lebte im luftleeren Raum?
Nein - aber er lebte in einem ganz anderen Verständnisraum, WENN er göttlich war. - Auf dieser Basis untersuchen christliche Hermeneutiken.

sven23 hat geschrieben:Die Göttlichkeit Jesu voraussetzen und sie dann in den Texten zirkelreferent bestätigt finden ist keine Alternative für die Forschung
Jesus nur als Kind seiner Zeit zu verstehen, wäre dann ebenfalls zirkelereferent, weil man auch dann nur Bestätigungen bei der Forschung fände. - Und das ist NICHT zirkelereferent, sondern normal - man untersucht nicht, OB Jesus nur menschlich ist, sondern untersucht Jesus nur so, als wäre er es - nämlich insofern, dass man ihn als Kind seiner Zeit untersucht.

sven23 hat geschrieben:Eben, das sag ich doch. Die eine ist wissenschaftlich, die andere glaubensdogmatisch.
Falsch. :lol: - Entweder sind beide wissenschaftlich oder beide glaubensdogmatisch.

sven23 hat geschrieben:Genau, so teuer kann das Teil ja nicht sein.
Oder einfach um den Preis darauf verzichten, dass man keine Deutungs-Hoheit hat - viel einfacher.

sven23 hat geschrieben:Es stimmt sogar ziemlich gut, denn wer sich als Christ auf den verkündeten Christus der Kirche beruft, der muss sich im klaren darüber sein, dass dieser nicht viel mit dem historischen Jesus zu tun hat.
Aber eventuell viel mit dem wirklichen Jesus in der Geschichte. - Deswegen macht man es doch.

sven23 hat geschrieben: Das ist dann eine reine Glaubenssache, weshalb alle glaubensbasierten Exegesen in der historischen Forschung nicht zu gebrauchen sind.
In der historisch-kritischen Forschung haben sie nicht zu suchen, aber doch sehr wohl in der Erforschung des wirklichen Jesus in seiner Zeit. - Merkst Du es? Du vermengst schon wieder "historisch = wirklich" mit "historisch = historisch-kritisch".

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sven23
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#487 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Sa 6. Jan 2018, 12:14

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Ja - das kommt hin. - Und das scheint heute INNERHALB der Theologie nicht die Ausnahme zu sein.
Zieht man mal alles ab, was man dem Wanderprediger posthum in den Mund gelegt hat, bleibt nicht mehr allzu viel jesuanische Philosophie übrig.
Zieht man alles ab, was aufgrund naturalistischer Vorgaben als "pusthum in den Mund gelegt" vermutet wird, dann ist dem wohl so. Man nennt die HKM ja auch eine "Wissenschaft des Vermutens".
Dass Jesus irgend ein überliefertes Wort nicht gesagt habe, ist IMMER reine Vermutung und unerweisbar.
Im strengen Sinne beweisbar ist nicht mal die Existenz des Wanderpredigers. Allerdings kann man sehr wohl zu den ältesten Traditionsschichten vordringen. Klar erkennbar ist demnach, dass der Vergottungsprozess im Laufe der Zeit immer weiter voranschreitet. Die angeblichen Wunder werden immer phantastischer, so dass der historische Jesus am Ende völlig von Legenden überwuchert ist.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Er hat es begründend dementiert, was Du nicht verstanden hast. - Daraus rekrutierst Du - wie üblich - etwas, was Du als Stärke empfindest. - "Was ich nicht versteh, tut mir nicht weh".
Nein, du willst nicht kapieren, was zirkelschlüssiges/zirkelreferentes Denken ausmacht. Rolands Beteuerung, die Texte seien historisch zuverlässig, weil das ja schließlich in den Texten von den Autoren so behauptet wird, ist zirkelschlüssig.
Ich möchte dich bitte nicht zu lügen, da mag ich überhaupt nicht. An keiner Stelle habe ich soetwas jemals gesagt. Stattdessen hab ich vergeblich versucht, dir zu erklären, dass Zirkelschlüsse Beweisfehler sind und die Frage ob die von den Autoren als Tatsachenberichte deklarierten Texte zuverlässig sind oder nicht, NICHT bewiesen werden kann.
Von Lüge kann keine Rede sein. Ich sprach auch nicht von einem Beweisverfahren, sondern von zirkelreferenter Argumentation.
Und die Schlussfolgerung, die Evangelien seien historisch zuverlässig, weil die Schreiber ja beteuern, dass sie zuverlässig sind, ist zirkelreferent bzw. zirkelschlüssig. Da beißt die Maus keinen Faden ab.


Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: …wer sich als Christ auf den verkündeten Christus der Kirche beruft…
Es geht überhaupt nicht um "die Kirche", sondern um die von der Wissenschaft rekonstruierten Texte des NT. Und die zeichnen einen völlig anderen Jesus, als die verschiedenen HKM-Jesus-Romane, die sich verschiedene Autoren erdacht haben.
Die Theologen, die die historische Jesusforschung betreiben, tun dies ja nicht als Selbständige, sondern unter dem Dach der Kirchen. Theoretisch gibt es die Freiheit von Forschung und Lehre, aber was passiert, wenn Theologen allzu offensiv die Ergebnisse vortragen, ist ja bekannt.
Trotzdem hast du Recht. Die Diskrepanz zwischen historischem Jesus und dem kerygmatischen Christus der Kirche bleibt bestehen.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: …der muss sich im klaren darüber sein, dass dieser nicht viel mit dem historischen Jesus zu tun hat.
Da hilft es auch nichts, dass man diese verschiedenen HKM-Roman-Figuren als "den historischen Jesus" deklariert.
So viel verschiedene sind das gar nicht, seit Albert Schweitzer die Jesusfiguren der liberalen Jesusforschung als Projektionen ihrer Verfasser entlarvt hat. Das heutige Bild ist im Kern erstaunlich einheitlich.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Das ist dann eine reine Glaubenssache, weshalb alle glaubensbasierten Exegesen in der historischen Forschung nicht zu gebrauchen sind.
Da ALLE Exegesen glaubensbasiert sind, da es voraussetzunglose Exegese nicht geben kann und das z.B. Theissen und Bultmann auch offen zugeben, wäre folglich keine zu gebrauchen. Das zu behaupten geht mE zu weit.
Es sind diejenigen nicht zu gebrauchen, die glaubensbasierte Zusatzhypothesen benötigen. Für die historisch-kritische Methode trifft dies nicht zu.

Was sagst du als großer Berger Fan übrigens zu seinem jüngsten Interview? Berger outet sich als jemand, der gar nicht an Auferstehung und ein Leben nach dem Tod glaubt. Und das nachdem er nicht müde war, die historische Jesusforschung als Biblefälscher zu diffarmieren.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#488 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Sa 6. Jan 2018, 12:19

sven23 hat geschrieben:Was sagst du als großer Berger Fan übrigens zu seinem jüngsten Interview? Berger outet sich als jemand, der gar nicht an Auferstehung und ein Leben nach dem Tod glaubt.
Bitte Original-Zitat im Kontext.

Pluto
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#489 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Pluto » Sa 6. Jan 2018, 12:40

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Was sind denn nicht-falsifizierbare Glaubensprämissen wert? Nichts. Nothing..
??? - Es ist auch nicht falsifizierbar, dass Jesus nur Mensch war.
Richtig! Deshalb sollte man solche Prämissen NICHT voraussetzen.

closs hat geschrieben:Das würde sich jeder wünschen: Dass die Wirklichkeit so ist, wie es die eigene Hermeneutik erwarten lässt - aber es ist halt oft nicht so.
Das ist ein generelles Problem welches durch Setzungen noch verschärft wird.

sven23 hat geschrieben:Du selbst forderst doch ständig, Exegese müsse die Göttlichkeit Jesu voraussetzen.
Das habe ich noch NIE gesagt: Meine Aussage ist immer, dass die Göttlichkeit Jesu als historische Option berücksichtigt werden müsse, WENN Exegese ergebnisoffen sein wolle.

closs hat geschrieben:Die HKM wird in wik so definiert, "dass die Bedingung der Auslegung darin liege, dass Interpret und Autor als Menschen in der gleichen geschichtlichen Welt lebten und sich gemeinsam in einem verstehenden Umgang mit Gegenständen und Mitmenschen befänden".

.... KEINE Setzung?
Nicht das ich wüsste...
Das ist selektives Zitieren vom Feinsten! Da wird der Wunsch zum Vater des Gedankens. Die HKM wird dort keineswegs so definiert, sondern es geht um theologische Hermeneutik! Dort steht:
  • Eine Zäsur innerhalb der theologischen Hermeneutik markierte schließlich die Dialektische Theologie, in deren Kontext v.a. Rudolf Bultmann stand. Bultmann knüpfte an Schleiermacher und Wilhelm Dilthey an und vereinte die historisch-wissenschaftliche Bibelkritik mit theologischen Fragestellungen. Er betonte, dass die Bedingung der Auslegung darin liege, dass Interpret und Autor als Menschen in der gleichen geschichtlichen Welt lebten und sich gemeinsam in einem verstehenden Umgang mit Gegenständen und Mitmenschen befänden.
Unverkennbar, ein völlig anderes Thema!
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#490 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Sa 6. Jan 2018, 13:18

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Jaaa, der wirkliche Jesus war natürlich ganz anders, am besten so, wie man ihn glaubensdogmatisch benötigt.
Das würde sich jeder wünschen: Dass die Wirklichkeit so ist, wie es die eigene Hermeneutik erwarten lässt - aber es ist halt oft nicht so.
Im Falle der Glaubensdogmatiker ist es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht so. :lol:


sven23 hat geschrieben:Du selbst forderst doch ständig, Exegese müsse die Göttlichkeit Jesu voraussetzen.
Das habe ich noch NIE gesagt: Meine Aussage ist immer, dass die Göttlichkeit Jesu als historische Option berücksichtigt werden müsse, WENN Exegese ergebnisoffen sein wolle.

Dann muss das eine anderer closs sein, der nicht müde wurde, zu fordern, man solle doch die Göttlichkeit Jesu voraussetzen, dann könne man die Texte anders interpretieren und käme dann zu genehmeren Ergebnissen. widde-widdewittbumbum.

Aber auch ein Theißen müsste sagen können: "Wenn ich den zweiten Fall annehme, dass Jesus 'Gottes Sohn'/Gott ist, kann etwas anderes rauskommen, was aber per HKM nicht bedienbar ist".

Denn auch die kanonische Exegese ist in sich ergebnisoffen. Zwar wird es immer drauf rauslaufen, dass Jesus göttlich ist - aber die Interpretation einzelner Textstellen ist vollkommen offen - das macht dann deren wissenschaftliche Arbeit. Dumm gucken würden sie, wenn ihre Setzung falsch wäre, dass Jesus göttlich war - dann wäre das Konstrukt gescheitert.

und so weiter, die Zitatenliste ist endlos lang.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Die HKM wird in wik so definiert, "dass die Bedingung der Auslegung darin liege, dass Interpret und Autor als Menschen in der gleichen geschichtlichen Welt lebten und sich gemeinsam in einem verstehenden Umgang mit Gegenständen und Mitmenschen befänden".
.... KEINE Setzung?
Aber die normalste der Welt.
Wenn man historisch-kritisch untersuchen will, ist das natürlich normal. - Aber es ist trotzdem eine hermeneutische Setzung - darum geht es doch.
Es ist aber keine Setzung, die die wissenschaftliche Ergebnisoffenheit in irgend einer Weise einschränken würde. So wie bei jedem anderen antiken Text auch.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Meinst du, der Wanderprediger lebte im luftleeren Raum?
Nein - aber er lebte in einem ganz anderen Verständnisraum, WENN er göttlich war. - Auf dieser Basis untersuchen christliche Hermeneutiken.
Und da kommt man dann zu den bekannten, zirkelreferenten Fehlschlüssen. Bringt für die historische Forschung goar nix.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Göttlichkeit Jesu voraussetzen und sie dann in den Texten zirkelreferent bestätigt finden ist keine Alternative für die Forschung
Jesus nur als Kind seiner Zeit zu verstehen, wäre dann ebenfalls zirkelereferent, weil man auch dann nur Bestätigungen bei der Forschung fände.
Nee, dass er Mensch ist, braucht nicht bewiesen zu werden. Ein Außerirdischer wird er wohl nicht gewesen sein. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eben, das sag ich doch. Die eine ist wissenschaftlich, die andere glaubensdogmatisch.
Falsch. :lol: - Entweder sind beide wissenschaftlich oder beide glaubensdogmatisch.
Nee, Göttlichkeit und historische Forschung vertragen sich wie Feuer und Wasser.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genau, so teuer kann das Teil ja nicht sein.
Oder einfach um den Preis darauf verzichten, dass man keine Deutungs-Hoheit hat - viel einfacher.
Über den historischen Jesus hat verständlicherweise nur die historische Jesusforschung die Deutungshoheit.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es stimmt sogar ziemlich gut, denn wer sich als Christ auf den verkündeten Christus der Kirche beruft, der muss sich im klaren darüber sein, dass dieser nicht viel mit dem historischen Jesus zu tun hat.
Aber eventuell viel mit dem wirklichen Jesus in der Geschichte. - Deswegen macht man es doch.
Der wirkliche Jesus ist der historische. Oder willst du eine neue Art von Trinität erfinden?
Der historische Jesus, der kerygmatische Jesus und der "wirkliche" Jesus. :lol: Wobei letzterer ausschließlich von der clossschen Wirklichkeitsforschung untersucht werden kann. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Das ist dann eine reine Glaubenssache, weshalb alle glaubensbasierten Exegesen in der historischen Forschung nicht zu gebrauchen sind.
In der historisch-kritischen Forschung haben sie nicht zu suchen, aber doch sehr wohl in der Erforschung des wirklichen Jesus in seiner Zeit. - Merkst Du es? Du vermengst schon wieder "historisch = wirklich" mit "historisch = historisch-kritisch".
siehe oben: closssche Wirklichkeitsforschung. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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