Alles Teufelszeug? VIII

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sven23
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#251 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Sa 30. Dez 2017, 12:54

closs hat geschrieben: WENN Roland das SO sagt, dann ist es in der Tat ein Zirkelschluss. -
Ja, der brave Roland hat das fast 20 mal so oder so ähnlich gesagt und begründet das mit den einschlägigen Bibelzitaten, in denen drin steht, dass die Verfasser sich als Zeugen bezeichnen. (Dann muss es ja wohl stimmen ;) ).
Mit anderen Worten: die Historizität des Geschilderten wird damit begründet, dass die Historizität in den Texten behauptet wird. Ein klassischer Zirkelschluss.

Ähnlich verfährt auch Berger, wenn er meint, man solle doch die biblischen Geschichten als historisch zuverlässig verstehen, denn schließlich stünde es ja so in den Texten, dass sie zuverlässig sind.


Roland hat geschrieben: Ich habe Sven mehrfach erklärt, dass ein Zirkelschluss ein Fehlschluss innerhalb eines Beweisverfahrens ist. Da nun aber kein Mensch behauptet, es sei bewiesen, dass die Evangelien Tatschanberichte seien, WEIL es in den Texten drin steht, existiert hier natürlich auch kein Zirkelschluss.
Es muss ja kein klassischer mathematischer Beweis sein. So was gilt auch als Zirkelschluss:

Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.
Quelle: wikipedia

Roland hat geschrieben: Umgekehrt scheint er diese Tatsache aber zu ignorieren und selbst einen Fehlschluss zu begehen: WEIL es in den Texten drin steht, KANN es nicht stimmen (denn es wäre ja sonst ein Zirkel). Das ist nun allerdings wirklich falsch.
Habe ich nie behauptet. Fakt ist, dass die Forschung zwischen authentischen und nicht authentischen Jesusworten und zwischen historischen und unhistorischen zu unterscheiden versucht.
Kanoniker und Glaubensdogmatiker haben diesen Anspruch gar nicht.

Roland hat geschrieben: Fakt ist: Die Texte erheben den Anspruch Tatsachenberichte zu sein: "Was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir euch." Und nun liegt es an uns, ob wir das glauben wollen oder nicht. Es ist hüben wie drüben eine Frage des Glaubens.
Und der Plausibilität.
Dann käme Ratzingers Glaubensentscheid ins Spiel, den er benötigt, um die Forschungsergebnisse unterlaufen zu können. Dafür ist er mit Recht abgewatscht worden.

https://www.bibelwerk.de/sixcms/media.p ... stbuch.pdf
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closs
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#252 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Sa 30. Dez 2017, 12:56

Pluto hat geschrieben:Weil die historische Forschungsmethode, es als einzige Methode erlaubt, sich der Wahrheit näher zu kommen.
Das ist nichts als ein Postulat (zumal die Selbstannahme, man habe KEINE Postulate, einfach nicht richtig ist. - Das gilt allenfalls für rein neutral sachliche Ergebnisse).

Pluto hat geschrieben:Eine rein geistige Interpretation gibt der Text nicht her.
Was meinst Du mit "rein geistig"? - Davon abgesehen: Natürlich kann man den Text aus unterschiedlichen Perspektiven interpretieren.

Der eine wird den Text nach Methode x auf seine Historizität untersuchen und das Geistige weglassen, weil das nicht Teil der Methodik ist. - Der andere untersucht unter geistigen Gesichtspunkten, was allerdings nur bei wenigen Texten geht (die Kanzlerschaft Adenauers kann man nur schwer spirituell-geistig untersuchen). - Eigentlich ist das alles sehr harmlos und nüchtern.

Pluto hat geschrieben:Ich bin kein Anhänger Jungs, sondern eher ein Kritiker seiner esoterischen Haltung, aber hier redet er Tacheles; dass dies dir nicht gefällt ist verständlich.
Sein "Tacheles" ist nicht das Problem, sondern dass er einen wichtigen Aspekt der Kerygmatik weglässt: Nämlich dass sie auf historischer Realität basiert. - Das heißt nicht, dass die Kerygmatik diesbezüglich in jedem Punkt recht hat, aber prinzipiell ist es so.

Pluto hat geschrieben:Schon mal überlegt, dass "geistige Wirklichkeit" vergleichsweise wertlos ist, weil sie auf sehr fragwürdige Prämissen (Jesus ist göttlich) aufbaut.
Ihr Wert hängt in der Tat davon ab, ob es, zuerst, Gott als Entität gibt, und hier im Speziellen, ob Jesus göttlich ist. - Umgekehrt heißt dies: Das materialistische Wirklichkeitsverständnis ist wertlos, falls es so ist. - Das gilt für beide Seiten.

Pluto hat geschrieben:Niemand kann jenseits von Bekanntem etwas wissen.
Richtig - davon abgesehen, dass man auch nur diesseits innerhalb von Modellen "wissen" kann (aber lassen wir das jetzt mal weg).

Pluto hat geschrieben:Wie schon Hans Küng feststellte, führt das direkt zum Gott der Lücken.
Aber das sind doch UNSERE Lücken.

Roland hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Du hast also NICHT behauptet, dass die Bibel wahr sei, WEIL in der Bibel stehe, dass die Bibel wahr sei - richtig?


Nie und mit keiner Silbe habe ich sowas behauptet.
Das habe ich mir gedacht.

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sven23
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#253 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Sa 30. Dez 2017, 12:57

closs hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Da nun aber kein Mensch behauptet, es sei bewiesen, dass die Evangelien Tatschanberichte seien, WEIL es in den Texten drin steht, existiert hier natürlich auch kein Zirkelschluss.
Darum ging es mir: Du hast also NICHT behauptet, dass die Bibel wahr sei, WEIL in der Bibel stehe, dass die Bibel wahr sei - richtig?
Siehe letzten Post an Roland


closs hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Die Texte erheben den Anspruch Tatsachenberichte zu sein: "Was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir euch." Und nun liegt es an uns, ob wir das glauben wollen oder nicht. Es ist hüben wie drüben eine Frage des Glaubens.
Genau so - es sind zwei Glaubensentscheide, was Sven aus ideologisch-dogmatischen Gründen für sich nicht zulassen kann.
Es ist definitiv nicht dasselbe, ob man mit wissenschaftlicher Methodik zu Ergebnissen kommt, die man dann aus glaubensideologischen Gründen wieder schleifen will.

closs hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Und offenbar nimmt man in der jüngsten Jesus-Forschung inzwischen vorsichtig Abstand vom Differenzkriterium und die Evangelien wieder als Geschichttexte ernst.
Das ist interessant und würde den historisch-kritischen und kerygmatischen Jesus etwas näher zusammenrücken lassen.
Was wieder mal zeigt, dass du den Link von Andreas überhaupt nicht gelesen hast. :roll:
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#254 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Catholic » Sa 30. Dez 2017, 13:39

@ sven23

Was wäre,wenn man an biblische Texte unter wissenschaftlichen Aspekten herangehen würde und sich im Laufe der Forschung herausstellen würde,dass das in den Texten Beschriebene stimmt und z.B. durch archäologische Funde bestätigt werden könnte?

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#255 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Sa 30. Dez 2017, 13:40

sven23 hat geschrieben:Siehe letzten Post an Roland
Schon - aber es KÖNNTE doch daran liegen, dass Du falsch einschätzt, was Roland WIRKLICH sagt.

sven23 hat geschrieben:Es ist definitiv nicht dasselbe, ob man mit wissenschaftlicher Methodik zu Ergebnissen kommt, die man dann aus glaubensideologischen Gründen wieder schleifen will.
DAS ist nicht dasselbe - aber darum geht es nicht. - Du stolperst immer wieder über Stolpersteine, die Du Dir selber in den Weg legst.

Denn es ist DEINE Idee, Exegesen beliebig in wissenschaftlich und nicht wissenschaftlich aufzuteilen - die Realität nimmt das gar nicht wahr. - Und deshalb erkennst Du nicht, dass "Wissenschaftlichkeit" und "Hermeneutik" sich überhaupt nicht beißen - im Gegenteil: Eine jeweilige Hermeneutik ist die Grundlage, auf der man wissenschaftlich arbeitet - egal ob HKM oder andere.

sven23 hat geschrieben:Was wieder mal zeigt, dass du den Link von Andreas überhaupt nicht gelesen hast.
Das war zunächst mal der Link von Roland. - Schnitt. - Andreas' Link habe ich, allerdings schnell, von von vorne bis hinten durchgelesen. - Worauf willst Du hinaus, wenn Du dies im Kontext Roland erwähnst? - Hast DU beide links von vorne bis hinten gelesen?

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sven23
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#256 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Sa 30. Dez 2017, 14:40

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das kann man sagen, wenn man weder von der historichen Jesusforschung noch von der kanonischen Exegese eine Ahnung hat.
Hör doch endlich mit Deinem ideologischen Wahn auf. - Wir wissen alle, dass die HKM mehr verfasser-orientiert ist und andere eher den Text verfasser-unabhängig erforschen. - Deshalb musst Du den jeweils anderen aber nicht vorwerfen, sie kännten nicht die gegenseitigen Vorgehensweisen.
Wer sagt denn, dass die Parteien nicht die Vorgehensweise der anderen kennen würde? Gerade weil man sie kennt, kann kanonische Exegese nicht in der historischen Forschung eingesetzt werden.

closs hat geschrieben: - Andere als HKM-Exegesen gibt es nicht deshalb, weil sie die HKM nicht kennen, sondern weil sie eine andere Hermeneutik haben.
Eben, mit Glaubenshermeneutik kann man in historischer Forschung nichts anfangen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die kanonische Exegese interessiert sich nicht für die ursprüngliche Bedeutung eines Textes
Das stimmt SO ebenfalls nicht. - Richtig ist, dass sie im Zweifel der Wirklichkeit Jesu höheren Rang einräumen als der Wirklichkeit des Verfassers.
Das ist zwar die Definition von Kathpedia und Wikipedia, aber was wissen die schon. Der closs weiss es ja mal wieder besser. :roll:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du behauptest also, die Texte enthielten Passagen, die gegen die Verfasserintention hineingeschmuggelt wurden?
Nein - ich behaupte, dass im Text Dinge sehen können, die der Verfasser selbst gar nicht vollumfänglich erfasst.
Also hat die unsichtbare Hand Gottes ihm die Feder geführt und der Schreiber war hinterher ganz verwundert: ei der daus, was hab ich denn da geschrieben? Ich muss wohl inspiriert gewesen sein. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Meine Aussage war, dass die 42000 Konfessionen nicht auf das Konto der Forschung gehen, sondern auf deine glaubenshermeneutischen Perspektivwechsler.
Aber so, wie Du HKM interpretierst, ist es doch selber eine Denomination!!!
Wenn es so wäre, dann nur eine, aber keine 42000 wie bei deinen Glaubenshermeneutikern.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mit deiner ewigen Falsifikation schießt du dich selbst ins Knie. Das Spaghettimonster ist auch nicht falsifizierbar. Was sagt das?
Es sagt, dass Du Dich rausredest. - Denn Deine Aussage ist erst dann valide, wenn Du nachweist, dass die HKM etwas WESENTLICHES falsifiziert, was Ratzinger behauptet.
Ratzinger behauptet nicht Falsifizierbares. Wie soll man nicht Falsifizierbares falsifizieren? :lol:
Insofern hat die Auferstehung die gleiche Glaubwürdigkeit wie das Spaghettimonster.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:An der historischen Forschung.
Und Du meinst, die HKM wäre die Instanz dazu? - Da müsstest Du konkret werden.
Konkreter als die historische Jesusforschung kann man nicht werden. Man müßte sich halt nur mal damit beschäftigen. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Man sollte es halt mal lesen und Apg 8,30 im Hinterkopf haben.
Apg. 8,30 muss man erst mal verstehen - damit ist NICHT gemeint, dass man einem durchaus ernstzunehmendem Artikel folgten muss. - Apg. 8,30 bezieht sich auf etwas, was Du prinzipiell ablehnst: Geistiges Verständnis.
Und das sprichst du dem katholischen Neutestamentler Theobald ab? Warum?

https://www.bibelwerk.de/sixcms/media.p ... stbuch.pdf


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dabei bestätigt Jung deine Aussage, dass "die Menschen bis in die Neuzeit mystische und historische Wahrheit nicht unterschieden haben." Darum geht es ganz zentral in Jungs Video und so erklärt sich auch die Diskrepanz zwischen historischem Jesus und kerymatischen Christus.
Aber Jung hat damit nicht das Wesen des "kerygmatischen Jesus" begriffen, sonst würde er am Ende nicht so einen Stuss reden.
Sagt der kleine Dunning-closs. Welchen Stuss meinst du konkret?

closs hat geschrieben: - Natürlich haben die Menschen lange nicht zwischen geistiger und historischer Wirklichkeit unterschieden - die HKM unterscheidet beides, schmeißt aber damit die geistige Wirklichkeit gleich mit weg.
Warum das denn? Die Unterscheidung dient doch dazu, die jeweiligen Bereiche sauber herauszuarbeiten. Man will ja wissen, was (historisch) der Fall war, und das geht nur so.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Vom Laien closs möglicherweise.
Nicht alles, als weiter denkt als Jung, ist deshalb "Laie". - Immer wieder das Motiv: "Wo unser Horizont aufhört, ist alles laienhaft". - Triumph aus Beschränktheit.
Ohne dir zu nahe treten zu wollen. Ich denke Jungs Wissens- und Erkenntnishorizont ist ein kleines bißchen größer und weiter als der von clösschen. :lol:
Es reicht eben nicht, jeden zweiten Satz mit "geistig" zu garnieren oder ständig das ontische "was der Fall ist" Geschwurbel zu verbreiten. Auf Dauer merkt dann auch der Letzte, dass da wenig Substanz und Fachwissen dahintersteckt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wo "schmiert" Jung konkret ab?
Am Ende, als er NICHT sagt, dass nicht jede geistige Wirklichkeit historisch-kritisch fassbar ist, sondern so tut, als sei der kerymatische Jesus eine gleichsam psychologische Größe, die Gläubigen halt irgendwie hilfreich sind. - So ähnlich, wie Erwachsene irgendwie doch noch ihren Teddybär brauchen. - Komplett spirituell "laienhaft".
Das kann aber auch daran liegen, dass du den Begriff des Kerygmas nicht verstanden hast. Den Verdacht hatte ich früher schon einmal.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du hast weder Ahnung von der historisch-kritischen Methode noch von der kanonischen Exegese oder der RKK und dem Katechismus.
Davon abgesehen, dass es keinen hier auf dem Forum gibt, der sich auch nur in EINEM dieser Felder als WIRKLICH kompetent bezeichnen darf, sollte nicht vergessen werden:
Zur Sache selbst: Nein, ich habe keine Theologie studiert (selbst das ist keine Gewähr für Kompetenz!), aber unzählige Male mit Theologen vom Dorfpfarrer bis zum Uni-Dozenten über viele unserer Themen gesprochen - deren Aussagen waren über beide großen Konfessionen hinweg sehr homogen.
Natürlich sind wir hier alle keine Theologie-Profis, bis auf den Semi-Profi Thaddäus vielleicht, darum geht es aber nicht. Man kann sich Fachwissen aneignen, was natürlich, wie Theißen betont, einige Arbeit macht. Aber Münek, Halman, Andreas und andere haben sich die Mühe gemacht. Man kann nicht auf Dauer seine Wissensdefizite mit ontischem Geschwurbel zukleistern.


closs hat geschrieben: - Ich warne davor, das Zitieren-Können irgendwelcher Texte mit Kompetenz zu verwechseln.
Tja, manche können nicht mal das. :roll:


closs hat geschrieben: Fakt ist, dass die HKM nicht zwischen ihrem reinen Sachbereich und ihrem interpretativ-hermeneutischen Bereich unterscheidet. Denn sonst könnte ein Satz wie "Jesus hatte eine Naherwartung" nicht vorkommen.
Nun ist Hermeneutik ok ("Unter unseren Bedingungen sehen wir es halt so") - aber nicht zu erkennen, dass es nicht neutral sachlich, sondern hermeneutisch-interpretativ ist, ist schon sehr bedenktlich.
Siehste, hättest du dir Theißens Buch schenken lassen, wüßtest du, dass er der hermeneutischen Reflexion ein ganzes Kapitel widmet.
Es ist lange nicht so eindimensional, wie du dir das immer vorstellst.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Historisch-kritische Exegese auf Basis wissenschaftlicher Hermeneutik. Das ist Standard in der historischen Jesusforschung.
Klar - Du verschiebst die hermeneutischen Prämissen in die Wissenschaft selber. - Was wäre mehr Vermanschung von Sachebene und hermeneutischer Ebene?
Verstehe ich nicht. Meine Aussage ist nach wie vor: wer den Anspruch von Wissenschaftlichkeit erhebt, muss sich auch an den Kriterien der Wissenschaft messen lassen. Wer diese Kriterien nicht erfüllt, scheidet aus.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Andreas
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#257 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Andreas » Sa 30. Dez 2017, 14:41

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wo "schmiert" Jung konkret ab?
Am Ende, als er NICHT sagt, dass nicht jede geistige Wirklichkeit historisch-kritisch fassbar ist, sondern so tut, als sei der kerymatische Jesus eine gleichsam psychologische Größe, die Gläubigen halt irgendwie hilfreich sind. - So ähnlich, wie Erwachsene irgendwie doch noch ihren Teddybär brauchen. - Komplett spirituell "laienhaft".
Psychologie ist weder das Gegenteil von geistig noch von geistlich, sondern beschreibt das eine wie das andere, gar nicht mal so schlecht und ganz gewiss nicht immer spirituell laienhaft, denn das kommt auf den Psychologen an. Da gibt es solche und solche.

Boah! Die von mir produzierten Textwüsten sind zum Grausen.
Weiterscrollen! Closs wird meine Sichtweise eh in Stücke reißen.

Ich behaupte mal, dass dein Modell dein Teddybär ist. Du weißt doch selbst, dass du nicht weißt, was der Fall ist und du selbst nicht feststellen kannst, ob dein Modell authentisch ist, zu dem, was ist. Du klammerst dich aber sehr an dein Modell, und wenn es jemand wagt, dieses in Frage zu stellen, fängst du das Rumheulen an. So wie der Teddybär dem Kind ein Modell für Liebe, Freundschaft, Geborgenheit, Zärtlichkeit, Nähe und Trost ist, ist dein Modell, das, was dich tröstet, dir die Sicherheit schafft, die du brauchst.

Die Mutter, ist die Mutter des Trostes, und auch jeder Erwachsene, verliert einen Teil dieses Trostes, wenn die Mutter stirbt. Der geistige Sinn aller Teddybären ist, die Eigenschaften der Mutter zu repräsentieren und zu vergegenwärtigen, wenn Mutter nicht zur Hand ist. Sie ist im Modell des Teddybären ansprechbar, wenn sie gerade nicht, der Fall ist. Sie ist im Modell des Teddybären fühlbar, wenn sie nicht, der Fall ist. Das Material, die Farbe usw. des Teddy ist austauschbar, aber nicht die Eigenschaften der Mutter, mit denen er geistig aufgeladen ist. Das alles ist geistig gut und sinnvoll für das Kind (im Manne, als Photographie der Familie im Portemonnaie oder auf dem Kaminsims oder als bloße Erinnerung). So ist auch dein Modell hilfreich und gut für dich und dein Sicherheitsempfinden. Das Entscheidende ist der Glaube an den Teddy, an dein Modell, an Christus, an die Wissenschaft, an das Geld, an die Kirche, an die Philosophie - um mit dem, was tatsächlich der Fall ist - mit dem Alltag zurechtzukommen.

Mit der Bibel ist es nicht anders. In ihr wechseln sich die Gottesbilder ab. Familiengott, Stammesgott, Kriegsgott, Rachegott, König, Vaterfigur bis hin zum Freund - je nachdem was grade im Alltag gebraucht wurde und wird. All diese unterschiedlichen theologischen Modelle sind in der Bibel verfügbar, wählbar. Und jeder bedient sich, wie er es gerade braucht. Du auch, wenn du sagst, dass im AT viel Finsternis ist, aber hie und da ein Licht aufleuchtet. Du wählst für dich diese Lichtinseln, weil du da das vorfindest, was du brauchst, ein anderer sieht die Lichtinseln an anderen Stellen als du. Der Mensch sieht, was er sehen will. Das ist auch hier im Forum überdeutlich an den Bibelzitateschlachten zu erkennen, weil halt jeder in seiner Filterblase hockt und keiner erkennen will, dass die Bibel nicht den einen einzigen universalen Gott beschreibt, sondern vielfältige und gegensätzliche Gottesbilder bedient.

Das ist doch alles nichts Schlechtes sondern gut für den Menschen. Natürliche wurde und wird damit Missbrauch getrieben und auch Gewalt gerechtfertigt. Dazu braucht es aber die Bibel und Religionen nicht. Wer das glaubt, ist naiv. Es wird locker ersetzt durch geistige Konstrukte von Wohlstand, unbegrenztem Wirtschaftswachstum, Konkurrenzfähigkeit, Patriotismus und völkischem Denken, von dem auch in der Bibel leider ein großes Maß vorhanden ist.

Als kleines hermeneutischen Experiment habe ich mal im AT gedanklich den Begriff Israel gegen Deutschland und alle israelische Namen durch irgendwelche deutsche ausgetauscht und die der anderen Nationen mit denen unserer heutigen Nachbarländer und mir selbst das dann in dieser Weise Teile des AT laut vorgelesen. Ein sehr heilsamer Augenöffner! Kann jeder selbst ausprobieren, aber die wenigsten werden es natürlich auch tatsächlich mal wagen, dieses Gedankenexperiment, welches geistige Horizonte für den Moment verschmelzen lässt.

Politische Ideale, wie Demokratie, Kommunismus, Sozialismus, Monarchie, Rechtsstaat sind als Legitimation für jeden brutalen Schwachsinn ebenso gut geeignet. Geld ist mittlerweile nichts als Glaube und damit eine geistige Größe geworden, aber es hat dennoch eine große Wirkungsgeschichte, ist tröstlich, ein gutes Ruhekissen, ein Teddy für den, der diesen Teddy besitzt und dieser Teddy wird mit Zähnen und Klauen verteidigt, so wie du hier dein Modell verteidigst, oder jeder andere "seine" Interpretation der Bibel. Es ist immer auch eine Frage der eigenen Resonanz.

Manches lässt sich tatsächlich falsifizieren und manches lässt sich tatsächlich bestätigen. Manches ist verhandelbar, anderes nicht, weil es unüberschreitbare Grenzen gibt. Wir leben in einem Meer von geistigen Fiktionen und Märchen. Der Mensch sieht, was er sehen will. Das ist aber kein ausschließlich religiöses Problem. Wer meint, ohne Religion wäre die Welt besser, ist wirklich naiv. Wir brauchen positive Illusionen und Visionen um in der Gleichgültigkeit der Natur, die tatsächlich der Fall ist, unseren Alltag besser zu gestalten. Die Theodizeefrage ist die Folge von dem Glaubensvorbehalt, dass Gott der Schöpfer der Natur sei. Glaubensvorbehalte sind austauschbar - davon kann man selbst in der Bibel einiges lesen. Apg. 8.30 ist dafür ja ein gutes Beispiel, weil ja da das durch Jesaja bereits erneuerte Gottesbild, durch den Bezug auf Christus wiederum erneuert und modifiziert wird. Das Modell von Gott vor Jesaja ist ein anderes als das des Jesaja und das des Lukas wieder ein anderes als das, des "historischen Jesus", wieder ein anderes als des tatsächlichen Jesus, der über die galiläischen Hügel wanderte und das er glaubte. Das Gottesbild der Kirchen ist wieder ein anderes, sich wandelndes.

Viel spannender als die Theodizeefrage finde ich die Frage, was wir heute für ein Gottesbild bräuchten um zu dem Menschen zu werden, der wir gerne sein würden, um das Bestmögliche aus dem Leben für alle zu machen. Insofern umzudenken, dass Gott nicht der Schöpfer von allem sei, ist nicht ganz einfach für mich gewesen, aber ist dieser Schritt der Falsifizierung an den Tatsachen erst einmal vollzogen, lebt es sich mit dem so erneuerten Glauben viel besser, weil ich jetzt einen Verbündeten zu haben glaube, gegen diese Gleichgültigkeit meiner Umwelt.

Der Glaubensanspruch göttlicher Universalität ist vielleicht eine Sackgasse, die uns daran hindert, uns auf das Begrenzte aber Leistbare liebevoll zu fokussieren. Das "Fürchte dich nicht!" wird ohne diesen Glaubensvorbehalt für mich viel glaubwürdiger, weil derjenige, der das spricht mir nicht mehr apokalyptisch in den Rücken fällt. Dieses Bewusstsein stärkt mein Vertrauen ungemein. Auch der apokalyptische Glaubensvorbehalt ist nur das - ein modischer Glaubensvorbehalt eben, den ich mir zu eigen mache - oder auch nicht. Das ist doch nur eine von vielen theologischen Ideen in der Bibel, aber jene die Ängste schürt und nicht von ihnen befreit. "Mein Jesus" ist durch seine überraschenden Zusagen, der Erlöser von meinen jetzigen Ängsten. Das empfinde ich durchaus als vertrauensbildend.

Ich glaube, das Glauben kann der Mensch nicht los werden. Entscheidend ist nur die Frage, an was er glaubt, denn das wird sich auf unser Leben auswirken - so oder so - in der Erkenntnis des Guten, wie des Schlechten.

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#258 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Sa 30. Dez 2017, 15:20

Andreas hat geschrieben:Psychologie ist weder das Gegenteil von geistig noch von geistlich, sondern beschreibt das eine wie das andere, gar nicht mal so schlecht und ganz gewiss nicht immer spirituell laienhaft, denn das kommt auf den Psychologen an. Da gibt es solche und solche.
Ich sprach von Jung und nicht von der Psychologie, als der Begriff "spirituelle laienhaft" fiel.

Ansonsten: Zustimmung.

Andreas hat geschrieben: Du weißt doch selbst, dass du nicht weißt, was der Fall ist und du selbst nicht feststellen kannst, ob dein Modell authentisch ist, zu dem, was ist. Du klammerst dich aber sehr an dein Modell, und wenn es jemand wagt, dieses in Frage zu stellen, fängst du das Rumheulen an.
Ich "heule" dann, wenn eigenes Denken nicht als Modell-Denken erkannt wird, sondern verabsolutiert wird. - Richtig: Ob mein Modell authentisch ist, "weiß" ich im absoluten Sinne nicht, weil man nur unter Setzungen alias modell-intern "wissen" kann. - Allein diese einvernehmliche Erkenntnis wäre schon viel wert.

Andreas hat geschrieben: Du auch, wenn du sagst, dass im AT viel Finsternis ist, aber hie und da ein Licht aufleuchtet. Du wählst für dich diese Lichtinseln, weil du da das vorfindest, was du brauchst, ein anderer sieht die Lichtinseln an anderen Stellen als du. Der Mensch sieht, was er sehen will.
Das ist mir etwas unzureichend formuliert - mir wäre lieber: Der Mensch kann nur im Rahmen seiner heilsgeschichtlichen Entwicklung erkennen.

Andreas hat geschrieben:Wir brauchen positive Illusionen und Visionen um in der Gleichgültigkeit der Natur, die tatsächlich der Fall ist, unseren Alltag besser zu gestalten.
Das wiederum wäre mir etwas zu psychologisch ausgedrückt - damit kann man dem, was manchen Menschen als "Berufung" bezeichnen, nicht gerecht werden.

Andreas hat geschrieben:Apg. 8.30 ist dafür ja ein gutes Beispiel, weil ja da das durch Jesaja bereits erneuerte Gottesbild, durch den Bezug auf Christus wiederum erneuert und modifiziert wird. Das Modell von Gott vor Jesaja ist ein anderes als das des Jesaja und das des Lukas wieder ein anderes als das, des "historischen Jesus", wieder ein anderes als des tatsächlichen Jesus, der über die galiläischen Hügel wanderte und das er glaubte. Das Gottesbild der Kirchen ist wieder ein anderes, sich wandelndes.
Richtig - und ich verstehe Dich hoffentlich richtig, dass Du damit nicht sagen willst, dass sich damit Gott ändern würde.

Andreas hat geschrieben:Viel spannender als die Theodizeefrage finde ich die Frage, was wir heute für ein Gottesbild bräuchten um zu dem Menschen zu werden, der wir gerne sein würden, um das Bestmögliche aus dem Leben für alle zu machen.
Damit kämpfen Religions-Lehrer jede Woche. - Vermutlich müsste man konsequent sämtliche theologischen Sprach-Chiffren abschaffen und darüber reden, was Christentum eigentlich für den Einzelnen bedeuten kann und warum. - Dazu muss man aber möglicher tiefer gehen, als ein Theologie-Studium vorsieht - es wäre ein ganz andere Ausbildung.

Andreas hat geschrieben:Der Glaubensanspruch göttlicher Universalität ist vielleicht eine Sackgasse, die uns daran hindert, uns auf das Begrenzte aber Leistbare liebevoll zu fokussieren.
Das ist christlich eigentlich andersrum - und so empfinde ich es auch: Gerade WEIL man ins Universelle abgeben kann, ist das Begrenzte stressfrei und frei angehbar.

Andreas hat geschrieben: Auch der apokalyptische Glaubensvorbehalt ist nur das - ein modischer Glaubensvorbehalt eben, den ich mir zu eigen mache - oder auch nicht. Das ist doch nur eine von vielen theologischen Ideen in der Bibel, aber jene die Ängste schürt und nicht von ihnen befreit.
Sehe ich genauso - aber eigentlich sind diese "theologischen Ideen in der Bibel" unbliblisch interpretiert, wenn man die Apokalypse gewaltsam interpretiert. - Gut, ich bin Allversöhner.

Andreas hat geschrieben:Ich glaube, das Glauben kann der Mensch nicht los werden. Entscheidend ist nur die Frage, an was er glaubt, denn das wird sich auf unser Leben auswirken - so oder so - in der Erkenntnis des Guten, wie des Schlechten.
Richtig - UND: Heute scheint mir der mehrheitliche Glaube zu sein, dass man an nichts glaubt, obwohl man es tut. - Das macht die Sache nicht einfacher.

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#259 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Sa 30. Dez 2017, 15:51

sven23 hat geschrieben:Gerade weil man sie kennt, kann kanonische Exegese nicht in der historischen Forschung eingesetzt werden.
NIEMAND will eine bessere historisch-kritische Forschung sein - dass Du das nicht verstehst. - Die Kanonische Exegese geht die Wirklichkeit Jesu ganz anders an und baut bei Bedarf auf HKM-Ergebnisse auf - aber sie ist doch nicht eine Auch-HKM - das will sie nicht sein.

sven23 hat geschrieben:Das ist zwar die Definition von Kathpedia und Wikipedia, aber was wissen die schon.
Bitte ein Zitat. - Oft verstehst Du einen Text anders, als er gemeint ist.

sven23 hat geschrieben:Also hat die unsichtbare Hand Gottes ihm die Feder geführt und der Schreiber war hinterher ganz verwundert: ei der daus, was hab ich denn da geschrieben? Ich muss wohl inspiriert gewesen sein.
Das geht anders: Man hat eine Spur, der man folgt, und schreibt etwas nieder, wasman nicht notwendigerweise in aller Konsequenz versteht. - Das ist nicht biblisch-exklusiv, sondern normal bei Künstlern - da gibt es ein Buch von C.G.Jung über Kunst und Archetypen. - Das geht so in diese Richtung.

sven23 hat geschrieben:Wenn es so wäre, dann nur eine, aber keine 42000 wie bei deinen Glaubenshermeneutikern.
Es wäre EINE - so wie es EINE ZJ-Denomination gibt. - Und insgesamt gibt es halt viele.

sven23 hat geschrieben:Ratzinger behauptet nicht Falsifizierbares. Wie soll man nicht Falsifizierbares falsifizieren?
EBEN - damit sagst Du, dass er nichts sagt, was historisch-kritisch widerlegbar ist.

sven23 hat geschrieben:Insofern hat die Auferstehung die gleiche Glaubwürdigkeit wie das Spaghettimonster.
Wenn man keine Ausstattung hat, beides zu unterscheiden, dann ist das so.

sven23 hat geschrieben:Konkreter als die historische Jesusforschung kann man nicht werden.
Das ist keine Antwort. - Wie kann die HKM sich als Instanz gegen andere verstehen, wenn es die Anderen nicht falsifizieren kann?

sven23 hat geschrieben:Und das sprichst du dem katholischen Neutestamentler Theobald ab? Warum?
Ich spreche es ihm NICHT ab - meine Aussage war, dass Apg: 8,30 relativ wenig mit inner-wissenschaftlichen Auseinandersetzungen zu tun hat.

sven23 hat geschrieben: Die Unterscheidung dient doch dazu, die jeweiligen Bereiche sauber herauszuarbeiten. Man will ja wissen, was (historisch) der Fall war, und das geht nur so.
Man will unterscheiden, was historisch-kritisch als Geschehenes belegbar ist und was nicht - das ist etwas ganz Anderes. - Historisch-kritisch kann man jedoch Geschehenes geistiger Natur NICHT belegen - diesem muss man sich anders nähern.

sven23 hat geschrieben:Ich denke Jungs Wissens- und Erkenntnishorizont ist ein kleines bißchen größer und weiter als der von clösschen.
In seinem Fach ganz bestimmt - aber das ist irrelevant, wenn es um Fragen außerhalb seines Faches geht.

sven23 hat geschrieben:Das kann aber auch daran liegen, dass du den Begriff des Kerygmas nicht verstanden hast.
Man sollte nichts ausschließen . - Davon abgesehen geht es mir darum, dass auch der gepredigte Jesus Grundlagen hat, auf denen er gepredigt wird. - Und diese Grundlage sind eine geglaubte Wirklichkeit, die historisch gewesen ist. - Glauben kann man es deshalb nur, weil man Jesu Denken nur geistig erschließen, nicht aber per Text "nachweisen" kann.

Natürlich basiert auch und gerade der kerygmatische Jesus auf den Bibel-Texten - aber eben nicht mit Fokus auf die Textverfasser, sondern mit Fokus auf Jesus selbst: "Was hat Jesus gedacht und gemeint, wenn er göttlich war, wie 'wir' glauben?". - Diese Wirklichkeit ist historisch-kritisch nicht ermittelbar, selbst wenn sie historisch stattgefunden hat.

sven23 hat geschrieben:Natürlich sind wir hier alle keine Theologie-Profis, bis auf den Semi-Profi Thaddäus vielleicht, darum geht es aber nicht. Man kann sich Fachwissen aneignen, was natürlich, wie Theißen betont, einige Arbeit macht.
Wem sagst Du das. - Aber Du verkennst eines: Was nützt lokal verstandene Texte, wenn man keinen Blick für deren Stellung im Gesamtzusammenhang hat? - Was nützt ein ultra-raffinierter methodischer Kniff der HKM (meine ich ausdrücklich positiv), um ein weiteres Puzzleteil zum Verständnis Pauli zu gewinnen, wenn man nicht weiß, was die HKM kann, was ein Modell kann - und vor allem, was beide NICHT können. ---???--- - DA ist der defizitäre Bereich - den Rest kann man sich anlesen.

sven23 hat geschrieben: Meine Aussage ist nach wie vor: wer den Anspruch von Wissenschaftlichkeit erhebt, muss sich auch an den Kriterien der Wissenschaft messen lassen. Wer diese Kriterien nicht erfüllt, scheidet aus.
Aber diejenigen, die Du vertrittst, haben doch nicht zu entscheiden, was "wissenschaftlich" ist!

Es gibt nach wie vor zwei Ansätze dafür:
1) "Wissenschaft" ist, wenn man etwas kritisch-rational ("nicht-falsifizierbar = nicht relevant") untersucht. Im Sinne von: Wenn das Objekt nicht falsifizierbar ist, kann man es nicht wissenschaftlich untersuchen.
2) Wissenschaft ist, wenn man etwa hermeneutisch untersucht, . Im Sinne von: Da das Objekt nicht falsifizierbar ist, untersuchen wir intersubjektiv nachvollziehbar, was wäre, wenn die Annahme bspw, "Jesus ist nur Mensch"/"Jesus ist auch GOtt" richtig wäre.

Auch (2) ist aus meiner Sicht und überhaupt aus Sicht der Geisteswissenschaft "Wissenschaft"

Roland
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#260 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Roland » Sa 30. Dez 2017, 15:52

sven23 hat geschrieben: Ja, der brave Roland…
…vielen Dank ;)

sven23 hat geschrieben: …hat das fast 20 mal so oder so ähnlich gesagt und begründet das mit den einschlägigen Bibelzitaten, in denen drin steht, dass die Verfasser sich als Zeugen bezeichnen. (Dann muss es ja wohl stimmen ;) ).
Das in Klammern hast du erfunden. Dass die Texte den Anspruch erheben Tatsachenberichte zu sein, ist schlicht Fakt.

sven23 hat geschrieben: Mit anderen Worten: die Historizität des Geschilderten wird damit begründet, dass die Historizität in den Texten behauptet wird.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Textgattung sich aus dem Text ergibt, natürlich. Wenn der Autor am Beginn seines Textes z.B. schreibt, dass er nun in guter Ordnung wiedergibt, was sich vor Kurzem zugetragen hat und was er von Augenzeugen sorgfältig erforscht hat und gleich mit geschichtlichen Daten beginnt, Zeitangaben, Ortsangaben, Namen, dann ist das nicht das selbe wie "Es war einmal ein Schneiderlein, das kaufte ein viertel Pfund Mus…", wie wir es aus Märchen kennen, sondern es erhebt den Anspruch darauf, ein Tatsachenbericht zu sein.

Ob er gelogen hat oder nicht, werden wir nie beweisen können. Es bleibt letztlich eine Sache des Glaubens. Und der Plausibilität.

sven23 hat geschrieben: Es muss ja kein klassischer mathematischer Beweis sein. So was gilt auch als Zirkelschluss:

Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.
Das ist aber in der Gestalt eines Beweises ausgedrückt. Und das sagt eben niemand, ich auch nicht.

Maximal kann man sagen: Die Bibel könnte Gottes Wort sein, denn sie erhebt diesen Anspruch. Und wenn es Gott, den Schöpfer der Welt tatsächlich gibt, dann ist es sogar absurd zu glauben, er könne kein Buch erschaffen. Ich würde sogar behaupten: das müsste dann das meistübersetzte, weitverbreitetste, bekannteste Buch überhaupt auf dieser Welt sein…
Und jedem steht es nun frei, sich zu diesem Buch zu verhalten, wie er es will.

Mir geht es nur darum zu zeigen dass der Satz "Die Bibel ist nicht Gottes Wort, denn eine bestimmte Exegese-Richtung hegt daran Zweifel…", auch nur als ein Glaubenssatz ist.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Fakt ist: Die Texte erheben den Anspruch Tatsachenberichte zu sein: "Was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir euch." Und nun liegt es an uns, ob wir das glauben wollen oder nicht. Es ist hüben wie drüben eine Frage des Glaubens.
Und der Plausibilität.Dann käme Ratzingers Glaubensentscheid ins Spiel, den er benötigt, um die Forschungsergebnisse unterlaufen zu können.
Es gibt kein einziges "Forschungsergebnis", das erweisen könnte, dass die Texte keine Tatsachenberichte sind. Folglich muss man auch nichts unterlaufen.
Und wie gesagt: "Die Forschung" beginnt die Texte wieder als wirkliche Geschichtserzählungen ernst zu nehmen. Auch wenn sich da das eine oder andere "noch nicht richtig abzeichnet" oder "derzeit noch nicht zu erkennen ist", die Richtung ist die richtige!
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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