Anton B. hat geschrieben:AlTheKingBundy hat geschrieben:Falsch. Die Schrift ist die oberste Instanz, welche entscheidet, ob eine Tradition biblisch ist oder eher deswegen konstruiert wurde, um menschliche Interessen durchzusetzen.
Das ist -- mit Verlaub -- Unsinn. Die "Schrift" wurde uns als Hilfsmittel an die Hand gegeben. Sie muss durch den Leser interpretiert werden
Martin Luther hat mal gesagt, dass sich die Schrift selbst auslegt (Sacra scriptura sui ipsius interpres). Das ist jedoch absolut realitätsfremd und, um ganz offen und ehrlich zu sprechen, eine vollkommen idiotische Aussage. Die Schrift kann sich nicht selbst auslegen, weil sie kein denkendes und bewusstes Wesen ist. Logischer Weise ist nicht die Schrift, sondern der Geist die oberste Instanz: und der Lesende projiziert immer seine eigene Mentalität, seine seelische Verfassung, seine Vorurteile und Glaubenssätze in seine Bibelauslegung mit hinein. Luther hat einige hervorragende Gedanken formuliert, aber manchmal hat er einfach nur dummes Zeug geredet

ich sage immer: die Ignoranz liest mit und dessen sollte sich jeder Leser der Bibel bewusst sein und kritische Selbstreflexion betreiben.
Anton B. hat geschrieben:Du berufst Dich ultimativ auf Schriften, die durch Menschen kanonifiziert wurden
Die Schriften wurden durch die Kirche kanonisiert und darum ist sie die schriftliche Form der apostolischen christlichen Tradition (darum gehören Schrift und Tradition auch zusammen). Zur Tradition gehört auch ein umfassendes Verständnis aller möglichen Bibelauslegungen. Wer sie verneint, schneidet sich selbst von diesem riesigen Quellstrom der Weisheit ab, sodass ihm am Ende nur noch die eigene persönliche Auslegung bleibt und die ist vergleichsweise sehr beschränkt, denn kein einzelner Mensch ist wirklich so viel heiliger und erleuchtet, wie ganze Generationen von Christen über Jahrtausende hinweg. Die Schrift ist eine wesentliche Quelle des Glaubens, aber ganz sicher nicht die einzige. Selbst wenn wir nur die Bibel betrachten, so können wir aus ihr inhaltlich ableiten, dass immer der Geist an der ersten Stelle steht. Am Anfang stehen immer Menschen, wie Mose, Jesus und der Evangelist Johannes, die tiefe Glaubenserfahrungen gemacht haben, das wunderbare Geheimnis der Liebe und eine persönliche Begegnung mit Gott erlebt haben. Das wurde dann weitererzählt und irgendwann schriftlich verarbeitet. Daran können wir schon sehen, dass der Geist und die lebendige Erfahrung in der Hierarchie der Bedeutung zweifellos an der ersten Stelle steht, denn ohne diese würde es keine Texte geben. Für jeden Christen sollte die eigene Erfahrung darum ebenfalls an der ersten Stelle stehen, denn nur im Licht unsrer eigenen Erfahrung beginnen die Schrift und die Tradition dann lebendig und aktuell zu werden.
“Die Berufung auf den Glauben und auf ein religiöses Bekenntnis, kann dem nach Gotteserfahrung Verlangenden nicht ausreichen. Ihm (dem Verlangenden) geht es um lebendige Erfahrung und nicht um einen im äußerlichen Glaubensbekenntnis nur gedachten Gott, denn - wenn der Gedanke an ihn vergeht, vergeht auch der Gott - der nichts weiter als nur ein Gedanke war.†~ Wolfgang Kopp