Alles Teufelszeug? VII

SilverBullet
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#281 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von SilverBullet » Fr 29. Sep 2017, 17:37

closs hat geschrieben:Oh - das geht schnellt: "Vorstellung" ist, wenn das Objekt Produkt des Subjekts ist. - "Echt" ist, wenn das Objekt eine Entität ist, also ohne Subjekt existiert.
…
Welche dritte?
Mit „Objekt ist Produkt des Subjektes“ zielst du exakt auf etwas ab, was „Vorstellung“ explizit nicht ist.

Hierzu ein simples Experiment:
Stell dir einen Tisch vor und stell dir vor, wie du dich darauf setzt.
Lebe ab dann die nächsten 20 Jahre in der Überzeugung, dass du dich „in echt“ auf einen „echten“ Tisch gesetzt hast.
=> Das wirst du noch nicht einmal einen Augenblick lang schaffen.
=> Bei „Vorstellung“ kann von „Produkt“ keine Rede sein.

Oder ein anderes Beispiel:
In der Glaubenswelt der Religionen ist ein zentrales und universelles Problem bekannt: der Zweifel.
Wenn es die Möglichkeit gäbe, „Vorstellung“ an die Stelle von „echt“ zu setzen, dann gäbe es nicht das Religions-Problem des Zweifelns.

Das sind Beweise, dass das, was du in Bezug auf „Vorstellung“ zur Verfügung hast, nicht die Grundlage von „echt“ sein kann.

„Objekt ist Produkt des Subjektes“ könnte damit nur eine uns unbekannte Disziplin sein.
Da du aber von vornherein den Begriff „Vorstellung“ verwendest, ist klar, dass du mit leeren Händen dastehst.

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sven23
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#282 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » Fr 29. Sep 2017, 18:12

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Atheisten glauben das, gehen davon aus - und nennen es dann "die Forschung".
Nun, Forschung und Wissenschaft können nun mal keine Rücksicht nehmen auf Ratzingers Glaubensbefindlichkeiten. Auf dieser Ebene hat er auch nichts zu melden, deshalb zieht er sich auf die Glaubensebene zurück.
Auf dieser Ebene befinden sich beide Seiten:
Nein, die Forschung benötigt keine Glaubensentscheide an übernatürliche Wunder und Auferstehungen.


Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wissenschaftlich arbeitende Theologen als Bibelfälscher zu bezeichnen, sagt ja eigentlich schon alles über die Glaubensideologie, die dahinter steckt.
Es ist vielmehr die Aufdeckung einer Glaubensideologie. Derjenigen nämlich, die nur glaubt, was sie mit ihren jämmerlich begrenzten Sinnen (und dass sie jämmerlich begrenzt sind, ist empirisches Ergebnis der Wissenschaft) wahrnehmen können.
Ein Buch also so zu erörtern, als gäbe es die Hauptakteure in diesem Buch nicht, und willentlich zu übergehen, was die Autoren sagen wollten - das ist faktisch Fälschung
Auch wenn man es noch so aufdringlich als "wissenschaftlich" bezeichnet.
Das ist eben die falsche Grundannahme, es handele sich bei religiösen Texten um historische Tatsachenberichte. Das gilt für die Texte aller Religionen und selbstverständlich auch für die christliche Mythologie.

Roland hat geschrieben: Von Jesus stammt der Ausspruch "das Heil kommt von den Juden" (Joh. 4, 22) und Paulus sagt klar, dass Gott sein Volk nicht verstoßen hat (Römer 11, 2). Auch Petrus verdammt die Juden nicht (Apg. 3, 17). Antijudaismus ist aus dem Gesamtkontext des NT nicht begründbar.
Das ist nachweislich falsch. Der christliche Antijudaismus hat seine Wurzeln im neuen Testament. Die zahlreichen Stellen dazu sind allseits bekannt.
Es wäre aber sich folgenlos geblieben, wenn die Kirchenväter nicht die Mär von den Gottesmördern in die Welt gesetzt hätten. Sie befeurten den christlichen Antijudaismus. Selbst der Reformator Luther ließ sich davon anstecken.

"Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, dass sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen...; Man sollte ihre Synagogen und Schulen mit Feuer anstecken, ... unserem Herrn und der Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, dass wir Christen seien (...) ihre Häuser desgleichen zerbrechen und zerstören."
(Luther: Von den Juden und ihren Lügen)


Roland hat geschrieben: Judenprogrome und die sog. "Kriminalgeschichte des Christentums", sind weder mit Christus noch mit der Bibel zu rechtfertigen. Deshalb ist dieses Argument gegen das Christentum so stinkend langweilig.
Nun, Deschner kann nichts dafür, dass die Gechichte des Christentums eine Kriminalgeschichte war. Und langweilig war sie aus Sicht der Opfer sicherlich auch nicht.
Wie Deschner sagte:

Das Christentum ist theoretisch der friedliebendste, praktisch aber der blutrünstigste Glaubensverband der Weltgeschichte.
Zuletzt geändert von sven23 am Fr 29. Sep 2017, 20:21, insgesamt 1-mal geändert.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Quintus Fixlein
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#283 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Quintus Fixlein » Fr 29. Sep 2017, 18:24

sven23 hat geschrieben: Wie Deschner sagte:

Das Christentum ist theoretisch der friedliebendste, praktisch aber der blutrünstigste Glaubensverband der Weltgeschichte.

Wäre es hier nicht redlicher zu schreiben: Das Christentum ist theoretisch der friedliebendste, der zum blutrünstigsten Glaubensverband der Weltgeschichte gemacht wurde? Von wem und wie auch immer.

Auch wenn es Fundamentalisten und fanatische Christen gibt, die lieber heute als morgen die Inquisition wieder errichten würden, so kann man doch nicht ewig die Christen im allgemeinen von heute für die Vergangenheit verantwortlich machen.
Ich kenne nicht wenige Christen, die alles andere als blutrünstig sind, oder bereit sind zu einem allgemeinen Autodafe der Heiden und Ketzer der Moderne.

Nur meine Meinung dazu.

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sven23
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#284 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » Fr 29. Sep 2017, 20:46

Quintus Fixlein hat geschrieben: Auch wenn es Fundamentalisten und fanatische Christen gibt, die lieber heute als morgen die Inquisition wieder errichten würden, so kann man doch nicht ewig die Christen im allgemeinen von heute für die Vergangenheit verantwortlich machen.
Ich kenne nicht wenige Christen, die alles andere als blutrünstig sind, oder bereit sind zu einem allgemeinen Autodafe der Heiden und Ketzer der Moderne.
Nur meine Meinung dazu.
Das heutige Christentum ist auch nicht mehr vergleichbar mit dem voraufklärerischen. Doch viele meinen, das heutige Christentum sei identisch mit dem Christentum der letzten 2000 Jahre. In Wahrheit wurden Christentum und Kirche erst durch die Aufklärung an die Kandarre genommen. Im Islam hat dieser kathartische Prozess nie stattgefunden. Die Folgen sind bis heute zu "bewundern".




Apropos Inquisition. Nach eigener Aussage hätte auch unser closs eine Rolle in der Inquisition für sich vorstellen könnnen, als ein "Mann des Wortes".
Aber wie wir wissen, beginnen alle ideoligisch motivierten Verbrechen mit Worten, denen dann die Taten folgen.
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#285 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Fr 29. Sep 2017, 22:35

SilverBullet hat geschrieben:Mit „Objekt ist Produkt des Subjektes“ zielst du exakt auf etwas ab, was „Vorstellung“ explizit nicht ist.
Vielleicht war das missverständlich (könnte man aber trotzdem verstehen): Was ich meinte, war: Das, was man als Objekt wähnt, ist nur Vorstellung.

Quintus Fixlein hat geschrieben:Wäre es hier nicht redlicher zu schreiben: Das Christentum ist theoretisch der friedliebendste, der zum blutrünstigsten Glaubensverband der Weltgeschichte gemacht wurde? Von wem und wie auch immer.
Man muss entscheiden, ob man vom "Christentum" spricht (also die christliche Lehre) oder von der Geschichte der Kirchen - das sind zwei komplett unterschiedliche Sachen.

Und selbst da wäre es angebracht, differenziert zu urteilen - es ist modern, kein ausgewogenes Bild zu zeichnen. - Redlich?

sven23 hat geschrieben: In Wahrheit wurden Christentum und Kirche erst durch die Aufklärung an die Kandarre genommen.
Nein - durch die Trennung von Säkularität und Spiritualität wurde das Christentum von ihrer Weltlichkeit befreit - das käme eher hin.

SilverBullet
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#286 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von SilverBullet » Fr 29. Sep 2017, 23:04

closs hat geschrieben:Vielleicht war das missverständlich (könnte man aber trotzdem verstehen)
Nein, es war nicht missverständlich und man kann es nicht verstehen, denn du präsentierst einen eindeutigen Fehler.

closs hat geschrieben:Was ich meinte, war: Das, was man als Objekt wähnt, ist nur Vorstellung.
Exakt das gibt der Begriff „Vorstellung“ ja gerade nicht her.

Schau ein Objekt an, mach die Augen zu und erinnere dich an die Szene -> „Vorstellung“
Jetzt mach die Augen auf -> „echt“

=> Der Sehvorgang (auch wenn dort Fehler enthalten sind) ist kein Vorstellungsvorgang

Es gibt Menschen, die transportieren minuziös Zusammenhänge von „echt“ über „Vorstellung“ nach „echt“ - photorealistische Maler – wahrlich ein „tierischer Aufwand“.
Unter Berücksichtigung ihrer täglichen Praxis wird keiner deiner Behauptung, „Vorstellung“ könnte die Grundlage von „echt“ sein, folgen können.

Du möchtest ausdrücken, dass „Materie“ keine Existenz sein könnte.
Da wir aber gar nicht wissen, was „Materie“ ist und auch nicht an „Existenz“ herankommen, stehe ich dem vollkommen tiefenentspannt gegenüber.

Für uns entscheidend ist der Zusammenhang der Wahrnehmungsunabhängigkeit (was auch Stimmigkeit und Korrektur enthält – ich habe die Punkte ja bereits genannt) und der liegt bei „echt“ vor und bei „Vorstellung“ nicht.

Weder mit „Vorstellung“ noch mit „echt“ kannst du „Materie“ wegargumentieren.

=> wo ist also die dritte Variante, die du für deine Behauptung so dringend benötigst?

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#287 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Fr 29. Sep 2017, 23:24

SilverBullet hat geschrieben:Exakt das gibt der Begriff „Vorstellung“ ja gerade nicht her.
Moment: Verstehst Du unter "Vorstellung", dass man sich ein "echtes" Objekt vorstellt? Das meine ich nicht. - Wir reden hier davon, dass es keine "echten" Objekte geben könnte (Res extensae), weil es nur Vorstellung gibt (res cogitans). - Stimmt dann Deine Argumentation immer noch?

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sven23
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#288 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » Sa 30. Sep 2017, 06:26

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: In Wahrheit wurden Christentum und Kirche erst durch die Aufklärung an die Kandarre genommen.
Nein - durch die Trennung von Säkularität und Spiritualität wurde das Christentum von ihrer Weltlichkeit befreit - das käme eher hin.
Diese Trennung war aber erst durch die Aufklärung möglich geworden und mußte dennoch gegen den Widerstand der Kirche hart erkämpft werden. Es ist eine urban legend, dass die Kirche dies freiwillig und aus eigener Einsicht tat.
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#289 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Sa 30. Sep 2017, 09:20

sven23 hat geschrieben:Diese Trennung war aber erst durch die Aufklärung möglich geworden und mußte dennoch gegen den Widerstand der Kirche hart erkämpft werden. Es ist eine urban legend, dass die Kirche dies freiwillig und aus eigener Einsicht tat.
Da hast Du schon recht - und diese Urban Legend kenne ich auch nicht.

Ein ganz normaler Vorgang - da nimmt Dir jemand Alkohol und Zigaretten weg und Du willst sie erstmal behalten - Angst vor Neuem. - Insofern war das Erstarken des Säkularismus ("Aufklärung" ist etwas irreführend) wirklich DIE Chance für die Kirche für eine Entzugskur in Bezug auf Weltlich Macht.

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#290 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » Sa 30. Sep 2017, 09:25

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Diese Trennung war aber erst durch die Aufklärung möglich geworden und mußte dennoch gegen den Widerstand der Kirche hart erkämpft werden. Es ist eine urban legend, dass die Kirche dies freiwillig und aus eigener Einsicht tat.
Da hast Du schon recht - und diese Urban Legend kenne ich auch nicht.

Ein ganz normaler Vorgang - da nimmt Dir jemand Alkohol und Zigaretten weg und Du willst sie erstmal behalten - Angst vor Neuem. - Insofern war das Erstarken des Säkularismus ("Aufklärung" ist etwas irreführend) wirklich DIE Chance für die Kirche für eine Entzugskur in Bezug auf Weltlich Macht.
Wie gesagt: die Entzugskur geschah nicht freiwillig, sondern mußte erst durch Einweisung zwangsweise angeordnet werden.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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