Homöopathie

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closs
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#821 Re: Homöopathie

Beitrag von closs » Sa 7. Sep 2013, 09:00

Zeus hat geschrieben:wenn deine Wahrnehmung unabhängig von der Realität ist, dann wäre es sicherlich besser für dich und deine Umwelt, dich nicht frei herumlaufen zu lassen.
Dann dürfte man niemanden frei rumlaufen lassen - auch nicht Naturwissenschaftler.

Aber vielleicht verstehst Du hier das Wort "unabhängig" falsch.

Stelle Dir mal einen Bergsteiger und einen Berg vor. Der Berg (hier: Realität) ist gleich hoch, ob der Mensch (hier: Wahrnehmung) sich verbuddelt oder den Berg hoch steigt - beide, Berg und Mensch, sind also autonome Größen.

Der Unterschied ist, dass die Realität eine Konstante und die Wahrnehmung eine Variable ist.

Naturwissenschaftler neigen dazu, sich, erstens, NICHT vor der Realität zu verbuddeln, aber, zweitens, auch nur so weit zu steigen, wie ihre Messwerkzeuge funktionieren. Das ist ok und vorsichtig. Immerhin haben sie ein großes Maß an Übereinstimmung mit der Realität zu erwarten, soweit sie selbige "besteigen". - Nicht ok ist, wenn aufkommende Wolken rund um den Berg zur Schlussfolgerung führen, dass es nicht weiter geht: "Meine Wahrnehmung hört auf, also hört auch der Berg auf". - Hört man de facto oft.

Geistige Menschen (oder was auch immer sich unter diesem Begriff so alles versammelt) handeln viel inhomogener als Naturwissenschaftler, eben weil sie nicht so strenge Regeln haben wie Naturwissenschaftler. Da gibt es die einen, die sich verbuddeln und die Regenwürmer, die sie finden, für Gott halten. - Da gibt es die anderen, die über den Zugang der Naturwissenschaften hinaus spekulative Wege erschließen können, wie die weitere Route am Berg aussehen könnte, die aber aus menschlicher Wahrnehmung umwölkt ist.

Die geistigen Regenwürmer-Buddler sind den Naturwissenschaften unterlegen, die geistigen Routensucher sind den Naturwissenschaften überlegen - weil ihr Radius einfach größer ist. - Andererseits scheinen Naturwissenschaftler die Regenwürmer-Buddler nicht von geistigen Routensuchern unterscheiden zu können (was auch tatsächlich schwer ist). - Das ist nicht das Problem - das Problem ist, dass Naturwissenschaften beides oft gar nicht unterscheiden WOLLEN, weil sie meinen, es sei dasselbe ("Kopfkino").

Wie auch immer man das sieht: Offensichtlich sollte doch sein, dass Realität und (welche) Wahrnehmung (auch immer) autonome Größen sind !?!?!?!

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sven23
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#822 Re: Homöopathie

Beitrag von sven23 » Sa 7. Sep 2013, 09:18

closs hat geschrieben:
Naturwissenschaftler neigen dazu, sich, erstens, NICHT vor der Realität zu verbuddeln, aber, zweitens, auch nur so weit zu steigen, wie ihre Messwerkzeuge funktionieren.

Das stimmt einfach nicht. Ohne die Fähigkeit und Bereitschaft, neue Wege zu beschreiten, hätte sich die Naturwissenschaft niemals auf ihr heutiges Niveau bringen können.


closs hat geschrieben: Die geistigen Regenwürmer-Buddler sind den Naturwissenschaften unterlegen, die geistigen Routensucher sind den Naturwissenschaften überlegen - weil ihr Radius einfach größer ist. -


Was haben die geistigen Routensucher denn bisher gefunden, außer vielen Irrwegen, die ins Nirgendwo führen?
Der Naturalist besteigt den Berg und hat eine wunderbare Erfahrung gemacht.
Die geistigen Routensucher philosophieren so lange an der Frage herum, ob der Berg überhaupt existiert, bis die Erosion ihn abgetragen hat. :lol:
Zuletzt geändert von sven23 am Sa 7. Sep 2013, 11:22, insgesamt 1-mal geändert.
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#823 Re: Homöopathie

Beitrag von closs » Sa 7. Sep 2013, 09:42

sven23 hat geschrieben: Ohne die Fähigkeit und Bereitschaft, neue Wege zu beschreiten, hätte sich die Naturwissenschaft niemals auf ihr heutiges Niveau bringen können.
Ohne Frage - aber trotzdem negiert sie Realität jenseits ihrer Messmöglichkeiten - statt zu sagen: "Können wir noch nicht oder grundsätzlich nicht - aber "sein" kann da schon noch was".

sven23 hat geschrieben:Was haben die geistigen Routensucher denn bisher gefunden, außer vielen Irrwegen, die ins Nirgendwo führen?
Das werde ich Dir hier nicht ausführen - einfach weil es die xte Wiederholung wäre und anstrengend ist. - Beschäftige Dich mal mit den letzten 3.000 Jahren Geistesgeschichte.

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sven23
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#824 Re: Homöopathie

Beitrag von sven23 » Sa 7. Sep 2013, 10:10

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was haben die geistigen Routensucher denn bisher gefunden, außer vielen Irrwegen, die ins Nirgendwo führen?
Das werde ich Dir hier nicht ausführen - einfach weil es die xte Wiederholung wäre und anstrengend ist. - Beschäftige Dich mal mit den letzten 3.000 Jahren Geistesgeschichte.

Mußt du auch nicht, war ja eine rethorische Frage ;)
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#825 Re: Homöopathie

Beitrag von Zeus » Sa 7. Sep 2013, 11:11

Zeus hat geschrieben:wenn deine Wahrnehmung unabhängig von der Realität ist, dann wäre es sicherlich besser für dich und deine Umwelt, dich nicht frei herumlaufen zu lassen.
closs hat geschrieben:Dann dürfte man niemanden frei rumlaufen lassen - auch nicht Naturwissenschaftler.
Sorry, das ist Schwachfug. Nicht-Esoteriker verlassen sich auf ihre von der Natur gegebenen Sinne und eine enorme Vielfalt von großartigen Messgeräten und Werkzeugen und nicht auf irgendwelche "geistähnliche Kraefte" oder Spekulationen über eine angeblich existierende ontologische Differenz.
Hier nochmals Svens Frage:
Was haben die geistigen Routensucher denn bisher gefunden, außer vielen Irrwegen, die ins Nirgendwo führen?
Musst ja nicht alles aufzählen, es genügen ein paar Beispiele.
closs hat geschrieben:Aber vielleicht verstehst Du hier das Wort "unabhängig" falsch.
Aber natürlich MUSS ich das falsch verstanden haben. Wie sonst käme closs aus dem von ihm selbst gebuddelten Loch heraus. :lol:
Den Rest deiner Argumentation hat Sven schon hinreichend beantwortet.
Ich erlaube mir hier nur diese Feststellung: Je schwächer die Argumente desto mehr Wörter werden geschrieben :yawn:
closs hat geschrieben:Stelle Dir mal einen Bergsteiger und einen Berg vor... usw ... usw...usw

Gruß
Zeus
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#826 Re: Homöopathie

Beitrag von closs » Sa 7. Sep 2013, 11:51

Zeus hat geschrieben:Ich erlaube mir hier nur diese Feststellung: Je schwächer die Argumente desto mehr Wörter werden geschrieben
Sorry - das ist Totalverweigerung.

Man baue sich ein Weltbild, setze es als Wahrheit, definiere daraus, was Realität zu sein habe und was nicht - und schon hat man sich im kleinen Kreis erfüllt (oder auf Dauer auch nicht). - Als Verwaltungsgröße akzeptabel - mehr nicht.

Zeus hat geschrieben:Was haben die geistigen Routensucher denn bisher gefunden, außer vielen Irrwegen, die ins Nirgendwo führen?
Nein - da antworte ich heute nicht, weil erstens dazu schon xmal Antworten gegeben wurden, und zweitens, weil es Dir bei entsprechendem Interesse leicht fallen wird, Dir die Grundzüge der griechischen Philosophie, der christlichen Theologie und meinetwegen noch Kants und Hegels anzueignen.

Wenn Du allerdings unter "Irrweg" das verstehst, was aus Deinem Verwaltungs-Universum herausführt, wirst Du überall in der Geistesgeschichte ein Nirgendwo finden.

closs hat geschrieben:Stelle Dir mal einen Bergsteiger und einen Berg vor... usw ... usw...usw
Das sind Versuche, geistige Zusammenhänge gleichnishaft verständlich zu machen. - Wenn auch das scheitert, geht langsam das Pulver aus. - Dann sind eben die verschiedenen Kulturkreise (wie hier auf dem Forum vertreten) nicht kommunizierbar.

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#827 Re: Homöopathie

Beitrag von Anton B. » Sa 7. Sep 2013, 12:40

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Nicht nachweisen können, heißt doch nicht: Ist nicht so.
Ein erkenntnis-theoretisch durch und durch richtiger Satz.
In mein Posting habe ich auch noch andere Dinge reingemischt, die erkenntnis-theoretisch durchaus wahr sind.

Aber die Frage ist doch, und die wollte ich stellen: Was hilft es?

Die ironische Argumentation in dieser Kombination und in diesem Kontext ist geeignet, sie auf alles und jedes loszulassen. Jeder kann damit begründen, dass da an seiner Vorstellung doch irgendwas dran ist und in Zukunft so gesehen werden wird. Im Popper'schen Sinne wäre das eine Argumentation, die einem "universellen Es-gibt-Satz" entspricht. Selbst Kreationisten argumentieren genau so.

Aber was damit konkret anfangen?

Und deshalb sage ich immer wieder: Wenn es "Wissen" werden soll, forscht! Forscht, ihr Homöopathen, publiziert vernünftig, begründet ein neues wissenschaftliches Projekt, habt Erfolg damit und lasst euch dann -- ganz zurecht -- gebührend feiern.

Aber stellt nicht Ansprüche an andere und mosert nicht enttäuscht gegen Wissenschaft. Agricola, Smith, Steno, Sedgwick & Murchison, das sind alles Begründer unserer geologischen Wissenschaft. Die haben sich auch nicht schmollend und auf die "Wissenschaft" schimpfend in ihr Kämmerlein zurück gezogen. Sie haben wissenschaftliche Arbeiten mit Substanz, vollkommen den zeitgenössischen und mehrheitlich zudem den heutigen wissenschaftlichen Standards genügend, produziert. Deshalb ist Geologie Wissenschaft und Homöopathie -- von mir aus: "derzeit" -- eben nicht.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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sven23
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#828 Re: Homöopathie

Beitrag von sven23 » Sa 7. Sep 2013, 12:42

closs hat geschrieben:
Man baue sich ein Weltbild, setze es als Wahrheit, definiere daraus, was Realität zu sein habe und was nicht - und schon hat man sich im kleinen Kreis erfüllt (oder auf Dauer auch nicht). - Als Verwaltungsgröße akzeptabel - mehr nicht.


Ja, so könnte man Religionen beschreiben. Gar nicht mal so schlecht. :thumbup:
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#829 Re: Homöopathie

Beitrag von closs » Sa 7. Sep 2013, 13:14

sven23 hat geschrieben:Ja, so könnte man Religionen beschreiben.
Das ist sogar sehr oft zutreffend. Allerdings ist den Religionen bewusst, dass sie eine Glaubenssetzung haben - das ist im naturalistischen Bereich oft nicht der Fall, obwohl es diesbezüglich im Prinzip keinen Unterschied gibt.

Anton B. hat geschrieben: Wenn es "Wissen" werden soll, forscht! Forscht
Absolute Zustimmung - und wenn man homöopathischen Forschungsprojekten glaubt, gibt es ja Wirkungs-Nachweise (kann ich aber nicht beurteilen).

Der Punkt scheint mir hier ein anderer zu sein: Diejenigen "normalen" Naturwissenschaftler, die Homöopathie auf ihre Wirksamkeit überprüfen sollen/wollen, schließen ja von vorneherein aus, dass was dran sein könnte. Denn wann immer man auf Auffälligkeiten zugunsten der Homöopathie stößt, schiebt man diese in den Bereich von "Spontanheilung" und "Placebo-Effekte", WEIL es eben nur so sein darf. - Man geht einfach davon aus, setzt also voraus, dass ab ca. D25 kein Wirkstoff drin sein kann (was ja pharmazeitlisch stimmt - und das wissen Homöopathen auch) UND deshalb keine Wirkung da sein KANN/DARF. - Die Begründungen der Homöopathen setzt man als "esoterisch", ohne etwa darüber nachzudenken, ob es nicht Wirkungsmechanismen über energetische Zustände respektive unterhalb der Planck-Länge geben könnte. Man definiert also über die EIGENE Setzung, was in der Natur gefälligst sein darf und was nicht.

Anton B. hat geschrieben: Deshalb ist Geologie Wissenschaft und Homöopathie -- von mir aus: "derzeit" -- eben nicht.
Wahrscheinlich nicht - aber der diesbezügliche Druck kam doch von den Wissenschaften und nicht von der Homöopathie.

Die homöopathischen Ärzte, die ich kennen gelernt habe, haben sich deshalb für Homöopathie entschieden, weil sie a) das Prinzip verstanden haben und b) in der Praxis gemerkt haben, dass es auffällig oft (nicht immer) funktioniert. - Für Ärzte ist die Wissenschaft ein Lieferant, aber ansonsten keine Orientierungsgröße. - Orientierungsgröße für Ärzte ist, ob es einen kausalen Zusammenhang gibt zwischen Behandlung und Wirkung/Heilung.

Da aus meiner Sicht auch statistische Erkenntnisse als wissenschaftlich anerkannt werden können, würde ich empfehlen, anhand von Krankheitsbildern von Patienten Rückschlüsse zu ziehen. - Es muss doch möglich sein, daraus "harte" Ergebnisse zu rekrutieren. - Beispiele:

Ein mir bekannter homöopathischer Arzt hat mir (vor Jahren) gesagt, dass er eine 100%e Heilquote bei Pseudokrupp hat sowie eine nahezu 100%ige bei Dornenwarzen. Dabei handelt es sich oft um Patienten, die vorher lange Zeit erfolglos (Antibiotika/chirurgisch) und immer wieder mit Rezitiven versehen, von der "Schulmedizin" kommen und dann innerhalb weniger Wochen komplett geheilt sind. - Da kann man doch nicht mit "Spontanheilung" und "Placebo" kommen - sowas müsste doch aufgrund der gesamten Krankengeschichte (Arztbesuche wann, bei welchem Arzt, welche Medikation, welches Ergebnis, etc.) nachvollziehbar sein. - Ich verstehe das nicht - irgendwer will da nicht.

Anton B.
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#830 Re: Homöopathie

Beitrag von Anton B. » Sa 7. Sep 2013, 13:28

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Wenn es "Wissen" werden soll, forscht! Forscht
Absolute Zustimmung - und wenn man homöopathischen Forschungsprojekten glaubt, gibt es ja Wirkungs-Nachweise (kann ich aber nicht beurteilen).

Der Punkt scheint mir hier ein anderer zu sein: Diejenigen "normalen" Naturwissenschaftler, die Homöopathie auf ihre Wirksamkeit überprüfen sollen/wollen, schließen ja von vorneherein aus, dass was dran sein könnte.
Doch, genau das ist der Punkt: "Andere sollen!" Warum? Niemand muss. Wenn die Homöopathen wollen, dann sollen sie machen. So gut, dass es überzeugt.

closs hat geschrieben:Wahrscheinlich nicht - aber der diesbezügliche Druck kam doch von den Wissenschaften und nicht von der Homöopathie.
Dann verzichtet die Homöopathie eben darauf, wissenschaftlich sein zu wollen. Habe ich kein Problem mit. Aber dann bitte auch nicht wissenschaftlich gebärden mit Hinweisen auf intersubjektive Heilserfolge, weil es eben subjektiv, aber vollkommen unsystematisch und letztendlich nicht intersubjektivierbar, so oft beobachtet wurde, mit Hinweisen auf Hypothesen von Übergängen von Stoffen in das "Informationsgedächtnis" von Wasser usw.

closs hat geschrieben:Ich verstehe das nicht - irgendwer will da nicht.
Jawohl. Und ich habe da eine Theorie wer nicht will. Siehe oben.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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