Alles Teufelszeug? VII

closs
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#271 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Do 28. Sep 2017, 08:37

JackSparrow hat geschrieben:Auch dem Herrn Descartes müsste aufgefallen sein, dass ein vorgestellter Apfelkuchen nicht das gleiche ist wie ein real vorhandener Apfelkuchen. Dass wir die echte Welt von einer Vorstellung unterscheiden können, ist überhaupt erst der Grund dafür, dass wir dafür zwei gegensätzliche Begriffe entwickelt haben.
Denkfehler. - Wenn die Vorstellung auch die Vorstellung der Sinne impliziert, ist es eben KEIN Unterschied.

Der Grund, dass wir zwei unterschiedliche Begriffe entwickelt haben, liegt in folgendem:
1) Descartes tut es, weil er GLAUBT, dass die Res extensae existieren, somit nicht Produkt der Res cogitans sind. Damit sind Res cogitans und Res extensae unterschiedliche Größen.

2) Heute tut man es aus ganz anderen Gründen: Man versteht das, was Descartes Res cogitans nannte, als Produkt der Res extensae - damit wird "Geist" zum Appendix der Materie.

Unterm Strich bleibt es in der PRaxis das Gleiche - aber vollkommen unterschiedlich, geradezu diametral, begründet.

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Münek
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#272 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Münek » Do 28. Sep 2017, 20:36

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Bingo. Genauso und nicht anders ist es.
Moment - damit ich das nicht falsch verstehe: Du meinst tatsächlich, dass Ratzinger mit "Antichrist in der Exegese" die HKM meint, weil diese ihre sachlich wissenschaftlichen Kompetenzen NICHT (win Worten: NICHT :lol: ) überschreitet???
So ist es. Es ist ihm ein Ärgernis, dass die historisch-kritische Forschung und Lehre einer "geistigen Exegese" (Glaubensentscheid) keinen Stellenwert einräumt und ihr angestammtes wissenschaftlich-historisches Terrain nicht zu verlassen beabsichtigt.

Diese Standfestigkeit machte den erzkonservativen Dogmatiker Ratzinger fuchsteufelswild und führte zu dem Ausraster in seinem Jesusbuch.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Meine Auffassung, dass unsere Welt NIEMALS das Produkt MEINER Vorstellungen sein könnte, hat NICHTS mit Descartes zu tun.
Du drückst es ja auch falsch aus.
Nö - tue ich nicht. Ich drücke mich so aus, wie ich es für richtig halte - klar und unmissverständlich.

closs hat geschrieben:Es geht nicht um "unsere Welt", sondern um das, was ein Ich als "Welt" wahrnimmt.
Genau das meine ich mit "unserer Welt", die im Übrigen völlig unabhängig davon existiert, ob wir sie wahrnehmen oder nicht. Als die Saurier die Erde beherrschten, gab es die Welt auch schon. Der Homo sapiens ("der weise Mensch") war da noch nicht "in Planung".

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Du hast früher vehement eine andere Auffassung vertreten.
Natürlich NICHT. - Meine Aussage war immer, dass Wissenschaft NACH Erstellung des Modells und dessen Einschränkungen innerhalb des ihr methodisch vorgegebenen Rahmens ergebnisoffen arbeitet - IMMER.
Nö - Du hast IMMER die Auffassung vertreten, auch die Wissenschaft sei NICHT setzungsfrei.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Bekanntlich ist jede Theorie falsifizierbar. Wird sie falsifiziert, dann ist sie - wie Du es ausdrückst - für die "Realität" nicht zutreffend.
Klingt gut, ist aber praxis-fern.
Deine Einschätzung ändert nichts an der Richtigkeit meiner Aussage.

closs hat geschrieben:Was allein in diesem Forum schon als "nachgewiesen" oder "widerlegt" dargestellt wurde, was ontisch alles andere als zwingend war, geht auf keine Kuhhaut. - Meistens verwendet man solche Begriffe nicht in Bezug auf die Realität, sondern auf das eigene Modell/die eigene Methodik:

* "Naherwartung" sei nachgewiesen - aber nur aus spezieller methodischer Perspektive (= in Wirklichkeit kann es ganz anders sein).
Die historisch-kritische Exegese spricht NIE von NACHWEISEN und das weißt Du auch, sondern immer nur von mehr oder weniger hohen WAHRSCHEINSCHEINLICHKEITEN. Dass Jesus KEINE Naherwartung hatte, ist allerdings unter Gesamtsicht aller in Frage kommenden alt-
und neutestamentlichen Quellen mehr als unwahrscheinlich.

Wäre es anders, bestünde innerhalb der Exegese kein Konsens über Jesu Irrtum.

closs
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#273 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Do 28. Sep 2017, 21:48

Münek hat geschrieben:Es ist ihm ein Ärgernis, dass die historisch-kritische Forschung und Lehre einer "geistigen Exegese" (Glaubensentscheid) keinen Stellenwert einräumt und ihr angestammtes wissenschaftlich-historisches Terrain nicht zu verlassen beabsichtigt.
Da drehst Du etwas derart genial auf den Kopf, dass ich echt noch nie auf diese Version gekommen bin (deshalb habe ich auch 2x nachgefragt). - Glaubst Du, diese Version entspricht nicht nur Dir, sondern auch der HKM-Gilde?

Münek hat geschrieben:Ich drücke mich so aus, wie ich es für richtig halte - klar und unmissverständlich.
Kannst Du ja - aber dann kommentierst Du nicht MEINE Aussagen, sondern DEINE.

Münek hat geschrieben:Genau das meine ich mit "unserer Welt", die im Übrigen völlig unabhängig davon existiert, ob wir sie wahrnehmen oder nicht.
GLAUBE ich auch.

Münek hat geschrieben:Als die Saurier die Erde beherrschten, gab es die Welt auch schon. Der Homo sapiens ("der weise Mensch") war da noch nicht "in Planung".
Kein Argument - damit kannst Du Descartes nicht entschärfen.

Münek hat geschrieben: Du hast IMMER die Auffassung vertreten, auch die Wissenschaft sei NICHT setzungsfrei.
Du liest nicht genau: Die Wissenschaft ist innerhalb ihres Systems ergebnisoffen, setzt also NICHT, während sie arbeitet. - Aber Wissenschaft basiert auf Setzungen, um dann in ihrem Korridor ergebnisoffen zu sein - das war IMMER meine Auffassung.

Münek hat geschrieben:Deine Einschätzung ändert nichts an der Richtigkeit meiner Aussage.
Lies mal Antons (heutige) Aussagen dazu im Thread "Homöopathie" - vielleicht glaubst Du mir dann.

Münek hat geschrieben:Die historisch-kritische Exegese spricht NIE von NACHWEISEN und das weißt Du auch
Nee - dieses Wort ist schon oft gefallen (mir fällt gerade Thaddäus ein, aber sie war nicht die Einzige). - Auch "Faktum" ist schon gefallen - und was ist "Faktum" anderes als etwas, was nachgewiesen ist.

Münek hat geschrieben:Wäre es anders, bestünde innerhalb der Exegese kein Konsens über Jesu Irrtum.
Es gibt diesen Konsens höchstens in der historisch-kritischen Exegese, aber nicht in der Exegese - in der Theologie ohnehin nicht. - Wie auch immer: Guckst Du Anton.

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#274 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von SilverBullet » Do 28. Sep 2017, 22:27

closs hat geschrieben:An JackSparrow
Denkfehler. - Wenn die Vorstellung auch die Vorstellung der Sinne impliziert, ist es eben KEIN Unterschied.
Bei „echt“ spielen mehrere Zusammenhänge eine Rolle:
- der wahrnehmende Mensch hat keine Möglichkeit sich als die Ursache für die Zusammenhänge zu erkennen.
- der wahrnehmende Mensch muss die Zusammenhänge akzeptieren und kann sie nicht „umdenken“.
- der wahrnehmende Mensch wird durch die vorliegenden Zusammenhänge korrigiert, was letztlich bei ihm Fehler aufdeckt und in einer tatsächlichen Funktionalität endet (und damit als korrekt angesehen wird).
- der wahrnehmende Mensch kann eine Veränderung in den Zusammenhängen feststellen, die er nicht voraussagen kann, die aber im Rückblick stimmig ist.
- die Zusammenhänge bleiben „konstant“ bzw. verändern sich kontinuierlich (selbst dann, wenn die Richtung unklar ist).

All dies gilt für „Vorstellung“ nicht.

=> der Unterschied ergibt sich also, weil „Vorstellung“ die Präzision und den Umfang der „echt“-Zusammenhänge nicht erreichen kann
(Künstler können hiervon ein Liedchen singen).

Wenn aber „Vorstellung“ nicht an die „echt“-Situationen herankommt, wie soll dann „Vorstellung“ die Basis von „echt“ sein?

=> es geht nicht.

Du verwendest das Wort „Vorstellung“ als hättest du Zugang zu einer neuen Disziplin, die sowohl „echt“ als auch die von „echt“ abgegrenzte „Vorstellung“ abdecken könne.
Dies kann aber nicht die „Vorstellung“ sein, die nicht an „echt“ herankommt.

=> Du scheinst hier also irgendetwas zu „erfinden“, wobei du aber exakt auf das zurückgreifst, was deine behauptete Funktion gerade nicht erfüllen kann -> den Begriff „Vorstellung“.

=> Mit hoher Wahrscheinlichkeit weisst du gar nicht, was du da redest.

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#275 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Do 28. Sep 2017, 22:46

SilverBullet hat geschrieben:All dies gilt für „Vorstellung“ nicht.
Du machst einen klassischen Fehler: Du gehst von "echt" aus und versuchst von aus, Vorstellung zu definieren. - Aber damit nimmst Du eine Antwort voraus, bevor Du überhaupt anfängst - klassisch zirkelreferent.

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#276 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Münek » Fr 29. Sep 2017, 01:38

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es ist ihm ein Ärgernis, dass die historisch-kritische Forschung und Lehre einer "geistigen Exegese" (Glaubensentscheid) keinen Stellenwert einräumt und ihr angestammtes wissenschaftlich-historisches Terrain nicht zu verlassen beabsichtigt.
Da drehst Du etwas derart genial auf den Kopf, dass ich echt noch nie auf diese Version gekommen bin (deshalb habe ich auch 2x nachgefragt).
Tja - selber lesen hilft...

Ich zitiere - übrigens zum wiederholten Mal - zwei Sätze aus Ratzingers Jesusbuch (Bd. 1, S. 64 und 65, Stichwort: ANTICHRIST, Hervorhebungen von mir), damit Du im Bilde bist:


"Aus scheinbaren Ergebnissen der wissenschaftlichen Exegese sind die schlimmsten Bücher der Zerstörung der Gestalt Jesu, der Demontage des Glaubens geflochten worden.... Und der Antichrist sagt uns dann mit der Gebärde hoher Wissenschaftlichkeit, dass eine Exegese, die die Bibel im Glauben an den lebendigen Gott liest und ihm selbst dabei zuhört, Fundamentalismus sei; nur SEINE [im Original kursiv] Exegese, die angeb-
lich rein wissenschaftliche, in der Gott selbst nichts sagt und nichts zu sagen hat, sei auf der Höhe der Zeit."

War wohl NIX mit Deiner Behauptung, Ratzinger würfe mit seinem Antichrist-Ausraster der HKM Kompetenzüberschreitung vor.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich drücke mich so aus, wie ich es für richtig halte - klar und unmissverständlich.
Kannst Du ja - aber dann kommentierst Du nicht MEINE Aussagen, sondern DEINE.
Auf meine Frage, WESSEN Vorstellung das sein sollte, gabst Du zur Antwort: Die Vorstellung der "Res cogitans", also des ICH. Auf meine Replik, dass die Welt unmöglich ein Produkt MEINER Vorstellung sein könnte; es sei denn, ich wäre buchstäblich allwissend, kam Deine Antwort, es reiche, wenn das Subjekt ein vorstellungs-fähiges Wesen ist.

Das ist natürlich Unsinn. Ich vermute, Du hast das eigentliche Problem überhaupt nicht erfasst.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Als die Saurier die Erde beherrschten, gab es die Welt auch schon. Der Homo sapiens ("der weise Mensch") war da noch nicht "in Planung".
Kein Argument - damit kannst Du Descartes nicht entschärfen.
Descartes interessiert mich nicht. Ich frage mich nur, welches allwissende "ICH" sich die Welt zur Zeit der Saurier vorgestellt haben könnte. Weißt Du es?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Du hast IMMER die Auffassung vertreten, auch die Wissenschaft sei NICHT setzungsfrei.
Du liest nicht genau: Die Wissenschaft ist innerhalb ihres Systems ergebnisoffen, setzt also NICHT, während sie arbeitet. - Aber Wissenschaft basiert auf Setzungen.
Das hat sie gewiss nicht nötig. Gottgläubige dagegen MÜSSEN setzen, dass ihr Gott existiert, weil es keine Spur seiner Präsens gibt..

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die historisch-kritische Exegese spricht NIE von NACHWEISEN und das weißt Du auch
Nee - dieses Wort ist schon oft gefallen (mir fällt gerade Thaddäus ein, aber sie war nicht die Einzige). - Auch "Faktum" ist schon gefallen - und was ist "Faktum" anderes als etwas, was nachgewiesen ist.
Allein entscheidend ist, wie sich die Exegese artikuliert. Wie Dritte ihre Auslegungsergebnisse rezipieren, ist irrelevant.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wäre es anders, bestünde innerhalb der Exegese kein Konsens über Jesu Irrtum.
Es gibt diesen Konsens höchstens in der historisch-kritischen Exegese.
Das genügt vollauf. Nicht ohne Grund ist sie die Leit- und Standardexegese an den theologischen Fakultäten.

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#277 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von SilverBullet » Fr 29. Sep 2017, 07:39

closs hat geschrieben:Du machst einen klassischen Fehler: Du gehst von "echt" aus und versuchst von aus, Vorstellung zu definieren. - Aber damit nimmst Du eine Antwort voraus, bevor Du überhaupt anfängst - klassisch zirkelreferent.
Das ist kein Argument, denn ich kann genauso „Vorstellung“ beschreiben und dabei auf den Unterschied zu „echt“ abzielen.

In Bezug auf diesen Unterschied stehen die beiden Begriffe genau gegenüber.

Du aber behauptest eine dritte Komponente und versuchst sie unter der Bezeichnung von „Vorstellung“ laufen zu lassen.
Dafür wirst du keine Grundlage vorlegen können (klar, sonst hättest du es ja hier und jetzt getan).

=> Ich kann nicht sagen, was du da behauptest und du kannst es offensichtlich auch nicht.

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#278 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Fr 29. Sep 2017, 08:20

SilverBullet hat geschrieben:ich kann genauso „Vorstellung“ beschreiben und dabei auf den Unterschied zu „echt“ abzielen.
Oh - das geht schnellt: "Vorstellung" ist, wenn das Objekt Produkt des Subjekts ist. - "Echt" ist, wenn das Objekt eine Entität ist, also ohne Subjekt existiert.

SilverBullet hat geschrieben:Du aber behauptest eine dritte Komponente
Welche dritte?

Münek hat geschrieben:War wohl NIX mit Deiner Behauptung, Ratzinger würfe mit seinem Antichrist-Ausraster der HKM Kompetenzüberschreitung vor.
Genauso geschickt wie absurd. - Daraus wird dann wahrscheinlich am Ende: "Für die RKK ist wissenschaftliche Redlichkeit der Antichrist". :lol:

Wenn Du Antons Äußerungen im O.T.-Teil des anderen Threads herbeiziehst, wirst Du erkennen, dass Wissenschaften" den Anspruch auf "Adäquatheit" hat (und sonst nichts!), was dem entspricht, was Theißen "methodische Ergebnisse" nennt und in meinen Worten seit jeher "System-ERgebnisse" genannt wurde - alles dasselbe. - Wenn Du diese Erkenntnis weiterhin konkret anwendest, wirst Du weiterhin erkennen, dass die Folgerichtigkeit einer Argumentation nichts mit dem zu tun haben MUSS (natürlich sehr wohl KANN), was "wirklich war".

Mit diesen Erkenntnissen im Gepäck wirst Du erkennen, dass Ratzinger mit seiner Aussage meint, dass Adäquatheit allein nicht ausreicht, um etwas zu verstehen - was sicherlich immer noch nicht den Begriff "Antichrist" erfüllt. - Erfüllt ist er erst dann, wenn unausreichende Adäquatheiten zum Maßstab des Bibel-Verständnisses gemacht werden, also die Bibel aus solche Adäquatheiten und nur daraus interpretiert wird. - Und genau das scheint ja zu passieren.

Münek hat geschrieben:Auf meine Frage, WESSEN Vorstellung das sein sollte, gabst Du zur Antwort: Die Vorstellung der "Res cogitans", also des ICH. Auf meine Replik, dass die Welt unmöglich ein Produkt MEINER Vorstellung sein könnte; es sei denn, ich wäre buchstäblich allwissend
Zum Vorstellungs-Vermögen bedarf es keiner Allwissenheit - wie kommst Du auf diesen Gedanken?

Münek hat geschrieben: Ich frage mich nur, welches allwissende "ICH" sich die Welt zur Zeit der Saurier vorgestellt haben könnte.
Denkfehler: Die Welt der Saurier ist aus unserer Sicht eine Vorstellung. - Wir können nicht unterscheiden, ob es diese Welt jemals gab oder ob es eine Ich-Vorstellung ist.

Ein Oft-Gesagtes immer wieder, damit Du nicht einbrichst: Wir müssen uns immer wieder klar sein, dass wir alle glauben, dass die Welt "echt" ist - wir sprechen also nicht über die ernsthafte Option, dass es keine Saurierwelt gegeben habe - aber: Wir können prinzipiell das eine nicht von anderen unterscheiden - nur darum geht es.

Münek hat geschrieben:Das hat sie gewiss nicht nötig.
Du scheinst davon auszugehen, dass Wissenschaft keine Grundlagen hat.

Münek hat geschrieben:Allein entscheidend ist, wie sich die Exegese artikuliert. Wie Dritte ihre Auslegungsergebnisse rezipieren, ist irrelevant.
Dieser "Dritte" sitzt oft in der Exegese selbst - wenn Bultmann einen naturalistischen Wirkungszusammenhang der Historie postuliert, ist das nicht Wissenschaft, sondern Weltanschauung. - Das ist es doch: Diese Vermengung von Wissenschaft und Weltanschauung, die auch hier im Thread ständig durchbricht.

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#279 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Münek » Fr 29. Sep 2017, 12:23

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:War wohl NIX mit Deiner Behauptung, Ratzinger würfe mit seinem Antichrist-Ausraster der HKM Kompetenzüberschreitung vor.
Genauso geschickt wie absurd. - Daraus wird dann wahrscheinlich am Ende: "Für die RKK ist wissenschaftliche Redlichkeit der Antichrist". :lol:
Statt unsachlich zu polemisieren, solltest Du Dir lieber die von mir zitierte absurde Anschuldigung Ratzingers ("Antichrist") und deren groteske Begründung ernsthaft zu Gemüte führen. Wo erkennst Du hier den Vorwurf einer Kompetenzüberschreitung der HKM ins Gei-
stige hinein?


closs hat geschrieben:Wenn Du Antons Äußerungen im O.T.-Teil des anderen Threads herbeiziehst, wirst Du erkennen, dass Wissenschaften" den Anspruch auf "Adäquatheit" hat (und sonst nichts!), was dem entspricht, was Theißen "methodische Ergebnisse" nennt und in meinen Worten seit jeher "System-ERgebnisse" genannt wurde - alles dasselbe.
Ratzingers grotesker Ausraster in seinem Jesusbuch ist hier das Thema..

closs hat geschrieben:Mit diesen Erkenntnissen im Gepäck wirst Du erkennen, dass Ratzinger mit seiner Aussage meint, dass Adäquatheit allein nicht ausreicht, um etwas zu verstehen.
Blödsinn. Ratzinger wirft der wissenschaftlichen Exegese vor, bei ihrer Auslegungstätigkeit die Existenz des "lebendigen Gottes" außen vor zu lassen. Kannst Du nicht lesen?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Auf meine Frage, WESSEN Vorstellung das sein sollte, gabst Du zur Antwort: Die Vorstellung der "Res cogitans", also des ICH. Auf meine Replik, dass die Welt unmöglich ein Produkt MEINER Vorstellung sein könnte; es sei denn, ich wäre buchstäblich allwissend
Zum Vorstellungs-Vermögen bedarf es keiner Allwissenheit - wie kommst Du auf diesen Gedanken?
Ohne Allwissenheit kann die Welt, in der wir leben, NICHT Vorstellungsprodukt des ICH sein. Wie sollte das gehen? Dazu wäre kein Mensch in der Lage. Die These, unsere Welt könnte auch irreal sein, weil sie in ihrer Gesamtheit alternativ das Produkt meiner Vorstellung sein könnte, ist mehr als absurd.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Ich frage mich nur, welches allwissende "ICH" sich die Welt zur Zeit der Saurier vorgestellt haben könnte.
Denkfehler: Die Welt der Saurier ist aus unserer Sicht eine Vorstellung.
Nochmals: Welche Superintelligenz sollte sich die Welt der Saurier als Alternative zu der von uns als real betrachteten Welt "ausgedacht" haben können?

closs hat geschrieben:Wir können nicht unterscheiden, ob es diese Welt jemals gab oder ob es eine Ich-Vorstellung ist.
Eine Ich-Vorstellung der von uns erlebten Welt scheidet aus. Ein solches Super-ICH, dass zu einer solchen Vorstellung fähig wäre, existiert nicht.

closs hat geschrieben:Ein Oft-Gesagtes immer wieder, damit Du nicht einbrichst: Wir müssen uns immer wieder klar sein, dass wir alle glauben, dass die Welt "echt" ist - wir sprechen also nicht über die ernsthafte Option, dass es keine Saurierwelt gegeben habe - aber: Wir können prinzipiell das eine nicht von anderen unterscheiden - nur darum geht es.
Wir müssen NICHTS entscheiden, weil das "andere" als Alternative zur realen Welt als Denkmöglichkeit ausscheidet.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das hat sie gewiss nicht nötig.
Du scheinst davon auszugehen, dass Wissenschaft keine Grundlagen hat.
Jedenfalls ist sie NICHT auf Setzungen angewiesen, um erfolgreich arbeiten zu können.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Allein entscheidend ist, wie sich die Exegese artikuliert. Wie Dritte ihre Auslegungsergebnisse rezipieren, ist irrelevant.
Dieser "Dritte" sitzt oft in der Exegese selbst - wenn Bultmann einen naturalistischen Wirkungszusammenhang der Historie postuliert, ist das nicht Wissenschaft, sondern Weltanschauung.
Bultmann spricht hier als Historiker, nicht als Theologe. Er ist dafür kritisiert worden. Du aber meinst ja primär Dritte, die aus ihrer Sicht die Ergebnisse der historischen Exegese rezipieren. Wenn sie Wahrscheinlichkeiten als Tatsachen ansehen, dann ist das deren Bier. Deine Kritik an die HKM geht jedenfalls ins Leere.

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#280 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Fr 29. Sep 2017, 14:09

Münek hat geschrieben:Wo erkennst Du hier den Vorwurf einer Kompetenzüberschreitung der HKM ins Geistige hinein?
Bei Interpretationen, die man lassen sein sollte.

Würde die HKM sagen (1) "Bei unserem methodischen Ansatz ist es adäquat, zum Ergebnis zu kommen, dass Jesus eine Naherwartung hatte", würde Ratzinger wohl nicht meckern. - Man hört aber unterm Strich: (2) "HKM ist die einzig redliche Exegese-Form und versteht es als Tatsache, dass Jesus eine Naherwartung hatte". - Damit wird der Eindruck erweckt, Gegenteiliges sei NICHT Tatsache. - Man macht also Methoden-Adäquates (Theißen nennt es "methodisches Ergebnis"/ich nenne es "System-Ergebnis" - alles das Gleiche) zu einem Faktum, auf dem die Theologie gefälligst ihre Argumente aufbauen soll, wenn sie "redlich" sein wolle. - Das ist Ideologie pur.

Münek hat geschrieben:Ratzingers grotesker Ausraster in seinem Jesusbuch ist hier das Thema..
Das ist KEIN grotesker Ausraster, sondern begründet durch das, was ich eben ausgeführt habe - mein Hinweis auf Anton galt dem Ziel, Du mögest erkennen, dass dort Deine Frage in Bezug auf Ratzi erkennbar wird.

Münek hat geschrieben:Ratzinger wirft der wissenschaftlichen Exegese vor, bei ihrer Auslegungstätigkeit die Existenz des "lebendigen Gottes" außen vor zu lassen.
Da würde ich Ratzinger empfehlen, die Exegese erst gar nicht in Bereiche einzuladen, die über reine Sachaussagen hinausgehen. - Ratzinger aber wollte dies offensichtlich mit seiner "Ratzinger-Exegese", was ich persönlich auch nicht so gut finde - mir würde es reichen und ich fändes es besser, wenn Exegese nur für ihre methodische Adäquatheit steht und darüber hinaus GAR nicht interpretiert.

Münek hat geschrieben:Ohne Allwissenheit kann die Welt, in der wir leben, NICHT Vorstellungsprodukt des ICH sein.
Denkfehler: Du scheinst zu meinen, "Vorstellung" hieße, sich die "echte" Welt vorstellen zu können - falsch. - Es geht darum, dass es überhaupt nichts "Echtes" gäbe, sondern nur Vorstellung - dazu bedarf es keiner "echten" Welt.

Natürlich glauben wir das alle nicht (auch nicht Descartes) - aber wir können es nicht unterscheiden - wir müssen es GLAUBEN. - Nur darum geht es.

Münek hat geschrieben:Wir müssen NICHTS entscheiden, weil das "andere" als Alternative zur realen Welt als Denkmöglichkeit ausscheidet.
Aber doch nur, weil Du es nicht verstanden hast. - Du machst einen Fehler, den viele Materialisten machen: Sie interpretieren die "Res cogitans", als wäre sie ein Zusatz zu den "Res extensae" - falsch. - Damit ist gemeint, dass es NUR die Res cogitans geben könnte, und wir würden es nicht merken.

Münek hat geschrieben:Jedenfalls ist sie NICHT auf Setzungen angewiesen, um erfolgreich arbeiten zu können.
Du knallst immer Deine Mantras raus, ohne zu verstehen, worum es hier geht - nochmals (zum wievielten Mal eigentlich?):
Wenn der Wissenschaftler mit seiner Methodik unterm Arm anfängt zu arbeiten, arbeitet er selbstverständlich ergebnisoffen, also ohne Setzungen (Das war schon immer klar) - aber: Die Methodik selbst impliziert eine Setzung - so schließt sie aus, auf Basis eines existierenden Gottes zu interpretieren, weil dies im Widerspruch zur Methodik stünde. - Das ist richtig so - also keine Schelte meinerseits. - Aber es ist eben eine Einschränkung in Bezug auf das, was "sein" könnte - schließlich KÖNNTE es ja Gott geben, was die Interpretation "Jesus hatte eine Naherwartung" pulversieren könnte. - Also system-intern natürlich ergebnisoffen und setzungsfrei - aber eben nicht im größeren Kontext.

Münek hat geschrieben:Bultmann spricht hier als Historiker, nicht als Theologe. Er ist dafür kritisiert worden.
Wenn er aus der historisch-kritischen Perspektive spricht und dies so kennzeichnet, ist er dafür nicht zu kritisieren: "Aus HKM-Sicht ist das so". - Es wird aber weltanschaulich, wenn darauf bestanden wird, dass diese Sichtweise die richtige ist, wenn es um die historische Wirklichkeit in Bezug auf "Naherwartung Jesu" geht. - Dann müsste er sagen: "Leute, ich weiß sehr wohl, dass die historisch-kritische Perspektive an Relevanz verliert, wenn man historische Realität im geistigen Kontext interpretieren will".

Ob er das gesagt hat, weiß ich nicht - aber verstanden wird es von seinen Jüngern anscheinend NICHT so, wie es aus meiner Sicht verstanden werden sollte. - WENN es aber nicht verstanden wird, hat plötzlich Ratzinger recht - und somit schließt sich der Kreis.

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