Definitiv nein. Das hat nichts mit der jüdischen Erwartung des Gottesreiches zu tun, auf das das Judentum ja heute noch wartet.Roland hat geschrieben:Also seine "Naherwartung" war, dass er leiden und sterben würde.sven23 hat geschrieben: Jesus war sicher kein Apokalyptiker im Sinne der Johannesoffenbarung, deren Aufnahme in den biblischen Kanon schon damals sehr umstritten war.
Er war ein Endzeitprophet, der das Ende der bestehenden Ordnung als unmittelbar bevorstehend ansah.
Hinzu kommt, dass die Leidensankündigungen ihm posthum in den Mund gelegt wurden.
Ganz in der Tradition Johannes des Täufers glaubte er an das unmittelbar bevorstehende Ende der bestehenden Ordnung und mahnte seine jüdischen Glaubensgenossen zur Umkehr. Den Benachteiligten stellte er in der neuen Ordnung eine beondere Rolle in Aussicht. (Die letzen werden die ersten sein....)
„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“
Gerd Theißen
Auch hier muss man prüfen, inwiefern diese Stellen nachträglich im Rahmen der Parusieverzögerung eingefügt worden sind. Den Überblick über die über 4600 Abschriften kann nur die Forschung haben.Roland hat geschrieben: Außerdem widersprechen seine Gleichnisse über das Reich Gottes einer Naherwartung "des Endes der bestehenden Ordnung".
Neben dem Gleichnis vom Senfkorn, also einem langsamen Wachstumsprozess des Reiches Gottes von ganz klein bis ganz groß, hier ein weiteres Beispiel aus Lk. 13:
20 Und wiederum sprach er: Womit soll ich das Reich Gottes vergleichen?
21 Es gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Scheffel Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war.
Wieder die Ankündigung eines langsamen Prozesses der Durchsäuerung der Gesamtmasse des Teiges, durch eine kleine Menge Sauerteig, keine Naherwartung.
Und in Mt. 13, 1-9 vergleicht Jesus das Reich Gottes mit der Saat, die in den Acker der Welt gelegt wird und dort über Zeiträume hinweg unterschiedliche Geschicke erleidet . Weggepickt von den Vögeln, erstickt unter den Dornen oder aber langsam zu reicher Frucht reifend.
Auch keine Naherwartung sondern die Erwartung eines langsamen Eindringens des Reiches Gottes in die Welt und ein Wirken daselbst.
Tja, so ist das nun mal. Wenn man Wunder für möglich hält, wird man sich in den Texten bestätigt finden. Aber was sagt das über die historische Wahrheit aus? Da bleiben nur Glaubensentscheide.Roland hat geschrieben:Falsch. "Die Forschung" von der du sprichst, geht (brav methodisch-naturalisitisch) davon aus, dass Prophezeiungen nicht möglich sind und datiert die Texte entsprechend. Vermutungen auf der Grundlage einer bestimmten weltauschaulichen Voreingenommenheit.sven23 hat geschrieben: Natürlich ist es so gekommen, weil die Texte lange nach Jesu Tod entstanden sind und alle Prophezeiungen in den Texten Rückprojektionen sind.
Das klingt mir zu sehr nach Verschwörungstheorie. Welches Interesse sollten die in der Forschung arbeitenden Theologen haben, den Jesus der kirchlichen Überlieferung zu demontieren?Roland hat geschrieben:Flasch. "Die Forschung", von der du sprichst, hat gar nichts gezeigt sondern sie vermutet, sie interpretieret, sie biegt sich zurecht und versucht alles, was für eine Fernerwartung spricht, als Fälschung zu deuten, um ihr Bild von einem, in angeblicher Naherwartung irrenden, Jesus palusibel erscheinen zu lassen.sven23 hat geschrieben: Die Forschung hat gezeigt, dass viele Stellen, die für die Fernerwartung sprechen, nachträglich eingefügt/gefälscht wurden…
Wissenschaftlich sauberes Arbeiten hat zu den bekannten Ergebenissen geführt. Daran hat niemand persönlich Schuld, die Befundlage ist eben so, wie sie ist.
Damit begehst du den gleichen Fehler wie Ratzinger, der dies ebenfalls fordert. Die Forschung hat dem ganz klar widersprochen.Roland hat geschrieben:Der echte, historische Jesus ist der, der uns in den Evangelien beschrieben wird.sven23 hat geschrieben: Sagen wir mal so: der kerymatische Christus der kirchlichen Überlieferung hat 2 Milliarden Follower, der echte, historische Jesus ist den wenigsten bekannt.
Wenn einem das nicht gefällt, bleibt nur der Glaubensentscheid.
https://www.bibelwerk.de/sixcms/media.p ... stbuch.pdf
Das wäre dann der gleiche Fehler, den closs begeht. Man setzt den Glaubensentscheid voran und findet ihn in den Texten bestätigt. Ein lupenreiner Zirkelschluss. Kann man als persönlichen Glaubensentscheid durchgehen lassen, aber mit wissenschaftlicher Forschung hat das dann nichts mehr zu tun.Roland hat geschrieben: Darüber hinaus gibt es Dutzende unterschiedliche, teils verschwörungstheoretische Versuche, einen anderen Jesus zu basteln. Ich setze "die Forschung" deshalb in Anführungszeichen, weil hier jeder was anderes vermutet und sich zusammen-flickschustert. Es gibt genau so viele verschiedene "historische Jesus-Bilder" wie es Autoren gibt, die es unternommen haben einen solchen zu zeichnen. Sie sagen meist mehr über den Autor aus, als über Jesus. Bei Wikipedia sind einige aufgelistet. Ich finde mich in dieser Liste bei William Lane Craig wieder, der die Evangelienberichte für zuverlässige historische Quellen hält. Diese Position ist genauso wissenschaftlich, wie all die anderen durchsichtigen Versuche die christliche Botschaft unglaubwürdig erscheinen zu lassen. Sie geht nur von einer anderen Vorentscheidung aus.
Im übrigen ist es doch verständlich, dass sich die historische Jesusforschung in über 200 Jahren weiterentwickelt hat. Die Methoden sind verfeinert worden. Albert Schweitzer hat die Fehler der liberalen Jesusforschung aufgezeigt und David Friedrich Strauss hat schon die meisten wesentlichen Ergbnisse der Forschung aufgelistet, die erstaunlicherweise größtenteils bis heute gültig sind.