Alles Teufelszeug? VI

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fin
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#1251 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von fin » Do 10. Aug 2017, 12:55

-- Entmythisierungen --

R. Bultmann war ganz offensichtlich nur rein äußerlich ein Theologe, inwendig aber ein Atheist und sein Lebenswerk vermutlich nur Ausdruck einer spätpubertären Revolution gegen das christliche Elternhaus, das sich zudem noch in Wiefelstede befand, wo Torfstecher und Grünkohlfahrer sich gute Nacht sagen ... :D

Seine sogenannte Entmythologisierung des NT und Unterscheidung in kergymatischer und historischer Jesus könnte 'schwachsinniger' nicht sein, gerade als Theologe und insbesondere als wahrer Christ. Da braucht man nicht lange reden - es sei denn, man ist ein Wiederholungstäter und süchtig nach Schwefelschwafel, wie der hauseigene Hobby-Philosoph, der allerdings auch mal voll ins Schwarze trifft ...

closs hat geschrieben:Wenn Jesus göttlich war, ist es problemlos möglich.

closs
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#1252 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Do 10. Aug 2017, 13:10

fin hat geschrieben:R. Bultmann war ganz offensichtlich nur rein äußerlich ein Theologe, inwendig aber ein Atheist
Glaube ich nicht. - Es hat eher damit zu tun, dass er in einer Zeit lebte, die glaubte, dass sein Weg richtig sei - das war ein Hype. - Und dafür gab es wahrlich Gründe: Die kirchliche Theologie hat durchaus dazu geneigt, pro domo zu interpretieren - insofern ist eine solide Sach-HKM ein gutes Korrektiv. - Aber halt nicht in geistigen Fragen - dazu müsste sie ihre Grundlagen ändern.

fin hat geschrieben:Seine sogenannte Entmythologisierung des NT und Unterscheidung in kergymatischer und historischer Jesus könnte 'schwachsinniger' nicht sein
Aus meiner Sicht wäre viel geholfen, wenn man diese Gegenüberstellung anders formulieren würde: "Hermeneutisch erschlossener wirklicher Jesus und historisch-kritisch erschlossener wirklicher Jesus". - Klingt zwar unbequem lang, bannt aber die Gefahr, Kategoriefehler zwischen "Wahrnehmung" und "das, was ist" zu machen.

"Das, was ist" ist "maximal robust" (wie der Philosoph sagt) - "das, wie man es sieht", ist "NICHT maximal robust". - "Das, was ist", ist aperspektiv, "das, wie man es sieht" ist perspektiv. - Eigentlich wäre es so einfach ...

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sven23
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#1253 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Do 10. Aug 2017, 14:21

closs hat geschrieben:
fin hat geschrieben:R. Bultmann war ganz offensichtlich nur rein äußerlich ein Theologe, inwendig aber ein Atheist
Glaube ich nicht. - Es hat eher damit zu tun, dass er in einer Zeit lebte, die glaubte, dass sein Weg richtig sei - das war ein Hype. - Und dafür gab es wahrlich Gründe: Die kirchliche Theologie hat durchaus dazu geneigt, pro domo zu interpretieren - insofern ist eine solide Sach-HKM ein gutes Korrektiv. - Aber halt nicht in geistigen Fragen - dazu müsste sie ihre Grundlagen ändern.
Dass Bultmann ein Atheist war, ist ja auch falsch. Er hat meines Wissens zeitlebens seinen Gottesglauben nie verloren und jeden Sonntag mit dem Klingelbeutel vor der Kirche gestanden.

closs hat geschrieben:
fin hat geschrieben:Seine sogenannte Entmythologisierung des NT und Unterscheidung in kergymatischer und historischer Jesus könnte 'schwachsinniger' nicht sein
Aus meiner Sicht wäre viel geholfen, wenn man diese Gegenüberstellung anders formulieren würde: "Hermeneutisch erschlossener wirklicher Jesus und historisch-kritisch erschlossener wirklicher Jesus". - Klingt zwar unbequem lang, bannt aber die Gefahr, Kategoriefehler zwischen "Wahrnehmung" und "das, was ist" zu machen.

"Das, was ist" ist "maximal robust" (wie der Philosoph sagt) - "das, wie man es sieht", ist "NICHT maximal robust". - "Das, was ist", ist aperspektiv, "das, wie man es sieht" ist perspektiv. - Eigentlich wäre es so einfach ...
Da das, "was ist" niemand auch nur annähernd definieren kann, ist es so eine jener Formulierungen, die Tiefgang vorgaukeln, aber bei genauer Betrachtung nur heiße Luft sind.
Auch hier mahne ich wie Thäddäus zu logisch sauberem Denken. Die Aufteilung in historischer Jesus und kerygmatischer Christus gem. Bultmann wird nicht nur von der historisch-kritischen Forschung bestätigt, sondern auch von der Systematischen Theologie.
Das bedeutet aber nach den Gesetzen der Logik, dass nur einer von beiden der "echte" Jesus sein kann. Beides gleichzeitig geht eben nicht, genauso wenig, wie eine Aussage gleichzeitig wahr und falsch sein kann.
Auch wer ständig mit philosophischem Halbwissen hantiert, könnte das eigentlich wissen.
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sven23
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#1254 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Do 10. Aug 2017, 15:05

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und was die Sachebene ist, bestimmen die Glauensdogmatiker.
Nein - von wann eine Quelle ist, was ein Wort im zeitlichen Kontext zu bedeuten hat, welche kulturellen Hintergründe für das Verständnis wichtig sind, wie alt das Häuschen ist, wenn es heißt "Wir versaufen unserer Oma ihr alt Häuschen", und noch vieles mehr: Das ist Sache der HKM-ler.
Genau so geht die Forschung heute vor. Gem. Theißen ist Jesus überhaupt nur verständlich im jüdischen Kontext. Das gilt natürlich auch für die Naherwartung, die aus der jüdischen Religion heraus verstanden werden muß.
Erst das sich formierende Christentum hat den Juden Jesus aus seiner Religion herausgelöst und posthum in neue, nun christlich genannte Kontexte gestellt.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:2. Kanonische Exegeten untersuchen die Bibel "ergebnisoffen", weil ja niemand vorher wissen kann, was drin steht
Logisch - wie sollte man das wissen, ohne die Texte zu lesen?
Genau, ein Kanoniker hat noch nie im Leben was von der Bibel gehört und ist völlig überrascht, dass da ein gewisser Jesus zum Sohn Gottes erklärt wurde. Allein, um das zu glauben, braucht man schon einen starken Glauben. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:3. Kanonische Exegeten finden in der Bibel überraschenderweise, dass die Texte von der Göttlichkeit Jesu sprechen
Das finden sie nicht überraschend - aber es muss nicht wörtlich so drin stehen.
Tut es aber, und wenn du wenigstend die Bibel kennen würdest, wüßtest du das auch. Dein Unkenntnis ist manchmal erschütternd. :shock:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:4. Kanonische Exegeten kommen völlig überraschend und ergebnisoffen zu dem Schluss: Jesus muss göttlich sein.
Gar nicht - das ist nicht ihre Fragestellung.
Wie, kommen sie denn zu dem Schluss, dass Jesus nicht göttlich ist?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:du bist der heißeste Anwärter auf den Preis des Jahres in der Sparte: Unfreiwillige Komik.
Dein übliches Ausweichmanöver - Du verstehst etwas nicht und kompensierst Dein Unvermögen auf Kosten anderer.
Warum, du bettelst doch geradezu um diesen Preis. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der Vorwurf, die HKM könne nicht zum Ergebnis kommen, dass Jesus göttlich sei ist allein schon deshalb absurd, weil der Nachweis der Göttlichkeit nie Gegenstand von Wissenschaft sein kann.
Du sagst damit, dass historische Realität, wenn sie anders als methodisch vorgesehen ist, von der HKM nicht erkannt werden kann - meinst Du das wirklich?
Nein, ich meine, dass du dich auf deine früheren Einsichten besinnen solltest, dass Wissenschaft keine Beweise für oder gegen Gott erbringen kann.
Warum immer diese Rückfälle? Ist die argumentative Not so groß? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wer keine historische Forschung betreiben will und kann, sollte auch nicht ständig der Forschung reinreden wollen.
Keiner redet der historisch-kritischen Exegese auf Sachebene rein - das wird auch so bleiben.
Zum Glück bestimmen closs oder Glaubensdogmatiker nicht, was zur Sachebene gehört.
Die Naherwartung wird deshalb selbstverständlich und souverän von der Forschung thematisiert. :thumbup:


sven23 hat geschrieben:Das ist dein grundsätzlicher Fehler. Mal eben die Perspektive wechseln, weil einem die Ergebnisse nicht gefallen, ist ein amateurhafter Trugschluss
Ja - das wäre es, wenn es einer täte. - Du verstehst in Deiner weltanschaulichen Eindimensionalität nicht den Unterschied zwischen geistiger und naturalistischer Perspektive - und damit Du nicht schon wieder auf die falsche Fährte kommst: Mit geistiger Perspektive urteilt man nur geistig und nicht naturalistisch - man wird also NICHT in naturalistische Ergebnisse der evolutionären Zeitmessung eingreifen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Im Gegenteil baut die kanonische Exegese auf der göttlichen Inspiriertheit und Irrtumslosikeit der Schrift auf
So formuliert, ist es korrekt.
Die man dann in den Texten bestätigt findet. Das nennt man Zirkelschluss. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:die auch auf Paulis Zirkelschluss zurückzuführen ist.
Nicht "die", sondern "auf die" - zu verwechselst wieder mal Henne mit Ei. - Weißt Du: Das wäre ein gutes Beispiele für
a) "Sachergebnis" ("Paulus sagt diesen Satz da und da") und
b) "Interpretation" ("Wie ist er zu verstehen? Was hat Kanonik damit zu tun?)
HKM sollte sich auf a) beschränken.
Warum? Es bedarf keiner großartigen Interpretation, dass

Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.

ein astreiner Zirkelschluss ist. Auf Kritik von Kanonikern kannst du vergeblich hoffen. Im Gegenteil, gem. ihrem Selbstverständis ist kanonische Exegese selber zirkelreferent.
Damit scheidet sie für die Verwendung in der historischen Forschung aus.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Glaubensideologische Abweichungen wird man immer finden.
Altes Thema:
1) Gegner sind dogmatisch also keine Gegener.
2) Ergo: Es gibt keine Gegner.
3) Es gibt also Konsens.
Dass gleichzeitig die großkirchlichen Theologien ganz anders Denken, wird ausgeblendet - wobei wir beim Thema "Falschfahrer" wären.
Auch da gibt es lobenswerte Ausnahmen, unabhängig vom breiten Konsens in der Forschung.

"...daß wir.....unbefangen, ehrlich, nüchtern und deutlich zugeben müssen, daß es bei Jesus wirklich eine zeitliche Naherwartung gegeben hat, die so....sich nicht erfüllt hat"
Karl Rahner

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Du verscheigst, dass gerade Halman zugegeben hat, dass es diesen Konsens in der Forschung gibt
Er hat vermutlich die historisch-kritische Forschung gemeint - und da hat er ja wohl recht.
Natürlich, weil nur diese den Namen Forschung zu Recht trägt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Katholiken hinken tradtionsgemäß immer etwas hinterher.
Da ist AUCH was dran - aber die andere Seite ist wichtiger: Sie treiben nicht jede Sau durchs Dorf und steigen nicht in jeden Zug ein, nur weil er bunt bemalt ist.
Tun die Evangelen denn das?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Einstein sagt etwas sehr richtiges:
Alle noch so feinsinnigen Auslegungen ändern nichts am primitiven Charakter der Legenden.
Da täuscht sich Einstein wirklich (als Physiker darf er das auch). - Geschichte sagt, was war - Legenden/Mythen sagen, was ist.
Er spricht ja nicht als Physiker, sondern als Privatmann. Legenden und Mythen sagen höchstens was darüber aus, wie man gerne hätte, was "ist".
Zuletzt geändert von sven23 am Do 10. Aug 2017, 16:58, insgesamt 1-mal geändert.
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#1255 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Thaddäus » Do 10. Aug 2017, 15:11

fin hat geschrieben: R. Bultmann war ganz offensichtlich nur rein äußerlich ein Theologe, inwendig aber ein Atheist ...
Immerhin ist er jeden Sonntag in seiner Marburger Kirche, wo er übrigens nicht Pfarrer war, sondern ganz normales Gemeindeglied, mit dem Klingelbeutel durch die Bänke gegangen. Das machen überzeugte Atheisten eher seltener.

fin hat geschrieben: und sein Lebenswerk vermutlich nur Ausdruck einer spätpubertären Revolution gegen das christliche Elternhaus,
Na, wenn ein Schaffenswerk wie das Bultmanns bei "einer spätpubertären Revolution gegen das christliche Elternhaus" herauskommt, dann wünsche ich mir mehr solcher spätpubertären Rebellion. :lol:

fin hat geschrieben: das sich zudem noch in Wiefelstede befand, wo Torfstecher und Grünkohlfahrer sich gute Nacht sagen ... :D
Wenigstens ist er in Oldenburg auf das Gymnasium gegangen und galt als hervorragender "Grieche". Heute steht eine Skulptur Bultmanns in Oldenburg, zur Ehre des bedeutendsten Sohnes der Stadt.

fin hat geschrieben: Seine sogenannte Entmythologisierung des NT und Unterscheidung in kergymatischer und historischer Jesus könnte 'schwachsinniger' nicht sein,
Offensichtlicher Schwachsinn verschwindet in der Regel innerhalb einer Generation aus der wissenschaftlichen Landschaft. Die Unterscheidung zwischen kergymatischem und historischem Jesus ist noch heute die Grundlage neutestamentlicher Theologie und Forschung. Die Entmythologisierung des NT begann übrigens nicht mir Rudolf Bultmann, sondern mit David Friedrichs Strauß' zweibändigem Werk: "DAS LEBEN JESU".


fin hat geschrieben: gerade als Theologe und insbesondere als wahrer Christ.
Wem Bultmann nicht so recht gefallen möchte als Christ, der kann sich auch einfach Karl Barth zuwenden, seinem großen theologischen Gegenspieler ("Der Römerbrief"). Da bekommt man viel weniger neutestamentliche Wissenschaft, allerdings sehr viel mehr "Schwefelschwafel". ;)

fin hat geschrieben:der allerdings auch mal voll ins Schwarze trifft ...
closs hat geschrieben:Wenn Jesus göttlich war, ist es problemlos möglich.
Leider nicht. Und leider ist Jesu angenommene Göttlichkeit auch keine "maximal robuste modale Entität", wie Bruder closs in seiner Antwort an dich schreibt. Denn ob Jesus als historische Person auch noch göttlich gewesen sein KÖNNTE, hängt allein von meiner Einstellung dazu ab. Maximal robuste modale Entitäten betreffen ausschließlich die DINGE, die sind, was sie sind, unabhängig davon, welche Überzeugungen ich über sie habe. Mit den DINGEN (dem Universum der DINGE) beschäftigen sich deshalb die Naturwissenschaften, aber nicht Theologie oder Philosophie.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Do 10. Aug 2017, 17:33, insgesamt 1-mal geändert.

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#1256 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Thaddäus » Do 10. Aug 2017, 16:10

del.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Do 10. Aug 2017, 17:33, insgesamt 1-mal geändert.

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#1257 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Münek » Do 10. Aug 2017, 16:13

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Von welcher (anderen) theologischen Forschung redest Du?
Diese Frage kann nur von jemandem kommen, der "Wissenschaft" so interpretiert, dass nur die HKM übrig bleibt - darauf achtet die Praxis nicht. - Die Theologie forscht in unterschiedlichsten Disziplinen - guck einmal mal ins Vorlesungsverzeichnis einer theologischen Fakultät.
Wir reden hier von der alt- und neutestamentlichen Bibelforschung - also von der wissenschaftlichen Auslegung und Interpretation der Bibeltexte aus historischer Sicht. Welche theologische Diziplin ist in diesem Bereich NEBEN der Exegese noch tätig und tritt zu ihr in Konkurrenz? :o

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Auslegung biblischer Schriften obliegt ausschließlich der EXEGESE.
Und das Verstehen ist eine Sache der Hermeneutik (wobei mir nach wie vor die Grenzlinie zwischen beiden nicht klar ist - das scheint sich heute verwässert zu haben).
Das ändert NICHTS an der ausschließlichen Zuständigkeit der EXEGESE für die Interpretation biblischer Texte. Die systematische Theologie hat hier nichts verloren und hält sich meines Wissens auch konsequent an die Kompetenzaufteilung.

closs hat geschrieben:Als nächstes: Guck allein mal in wik unter "Exegese", wieviele unterschiedliche Arten der Exegese dort aufgezählt sind. - Es gibt keine Gleichschaltung von "Exegese" und "historisch-kritischer Exegese".
Die "historisch-kritische Methode" ist in den theologischen Fakultäten nach wie vor DIE Standard- und Leitexegese. Andere Exegesearten stehen nur als theoretische Konstrukte auf dem Papier und spielen deshalb in der Praxis keine Rolle.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Niemand außer Dir erhebt diesen abstrusen Vorwurf der Kompetenzüberschreitung.
Woher, glaubst Du, kommt sonst der harte Vorwurf des "Antichristen in der Theologie" her?
Bei dieser Formulierung sind dem frommen Dogmatiker Ratzinger offenkundig die Sicherungen durchgebrannt. Wenn Du Dir die entsprechende Textpassage in seinem Jesusbuch (Bd. 1, S. 64-65) durchläsest, würdest Du sofort erkennen, dass Ratzinger der
HKM KEINESFALLS Kompetenzüberschreitungen vorwirft. Dasselbe gilt übrigens auch für den Theologen Klaus Berger.


Von kompetenzüberschreitenden Übergriffen der Bibelwissenschaft ist bei beiden Theologen nie die Rede. Du entpuppst Dich einmal
mehr als ein Meister im Produzieren von aus der Luft gegriffenen Behauptungen.

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#1258 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Do 10. Aug 2017, 16:27

Thaddäus hat geschrieben:Und leider ist Jesu angenommene Göttlichkeit auch keine "maximal robuste modale Entität"
Das Annehmen der Göttlichkeit natürlich nicht - meine Aussage war ganz anders: "WENN Jesus göttlich ist, DANN ..." - "WENN es eine Buche ist, DANN ändert mein Verständnis davon nichts daran".

Thaddäus hat geschrieben:Maximal robuste modale Entitäten betreffen ausschließlich die DINGE, die sind, was sie sind, unabhängig davon, welche Überzeugungen ich über sie habe.
Exakt - genau so habe ich es geschrieben: "WENN Jesus göttlich 'ist', dann ..."/"WENN es eine Buche ist, dann ..."

Thaddäus hat geschrieben:Denn ob Jesus als historische Person auch noch göttlich gewesen sein KÖNNTE, hängt allein von meiner Einstellung dazu ab.
Nein - ob die Buche eine Buche "ist", hängt eben NICHT von meiner Einstellung ab.

sven23 hat geschrieben:Dass Bultmann ein Atheist war, ist ja auch falsch.
Ich weiß - mir ist die Ironie nicht entgangen.

sven23 hat geschrieben:Da das, "was ist" niemand auch nur annähernd definieren kann, ist es so eine jener Formulierungen, die Tiefgang vorgaukeln, aber bei genauer Betrachtung nur heiße Luft sind.
Nein - es ist das einzige, was zählt. - Wie auch immer sich das Wildschwein an der Eiche (= Wahrnehmung) kratzt, juckt das die Eiche (= das, was ist) NICHT.

Guck Dir mal das Video vom Gabriel-Vortrag an, den Thaddäus eingestellt hat - vielleicht glaubst Du es dann. - Ich habe den Vortrag zu Ende angeguckt, weil er ein Paar Grundlagen bringt, die ich eigentlich voraussetzen würde - ich schließe daraus, dass Gabriel sie heute nicht mehr voraussetzt. - Durchaus unterhaltsam und flott - man schläft nicht ein. - Aber das gehört in den Thaddäus-Thread.

sven23 hat geschrieben:Die Aufteilung in historischer Jesus und kerygmatischer Christus gem. Bultmann wird nicht nur von der historisch-kritischen Forschung bestätigt, sondern auch von der Systematischen Theologie.
Meine Herren, es bestreitet doch keiner, dass die HKM Jesus in seiner Wirklichkeit anders versteht als die Fundamental-Theologie - insofern macht diese Unterscheidung doch Sinn und ist anerkannt.

Der Schmerzpunkt ist, ob die HKM darauf bestehen kann, das, was Jesus wirklich gedacht und gemeint hat, mit ihrer Methodik besser erschließen kann als die Systematische Theologie - einfaches Beispiel:

a) "Rezeption Jesu im 4.Jh = späte Rezeption: Ergo: Frühere Rezeptionen sind authentischer zur geistigen Wirklichkeit zu Jesus" - das wäre grob-gesagt ein klassisches HKM-ERgebnis.
b) "Rezeption Jesu im 4.Jh. erkennt im Erkennis-Prozess (Hermeneutischer Zirkel) etwas, was man vorher nicht erkannt hat - das wäre ein klassisches Ergebnis der Christlichen Hermeneutik.

Wer ist nun näher an dem, was Jesus wirklich (also historisch) im Jahr 30 gedacht und gemeint hat? - Die HKM würde sagen: "Nix da - Platzhirsch sind in solchen Fragen wir" - andere würden sagen: "Nix da - unter geistigen Gesichtspunkten spricht viel dafür, dass WIR näher dran sind". - In anderen Worten: Der "kerygmatische" Jesus kann der geistigen Wirklichkeit Jesu historisch näher sein als der historisch-kritisch erschlossene Jesus. - Trotzdem sind natürlich "historischer Jesus" (das ist eine irreführende Abkürzung für "historisch-kritisch erschlossener Jesus) und "kerymatischer Jesus verschieden.

sven23 hat geschrieben:Auch hier mahne ich wie Thäddäus zu logisch sauberem Denken.
Das ist auch mein Wunsch - und zwar seit langem.

sven23 hat geschrieben:Das bedeutet aber nach den Gesetzen der Logik, dass nur einer von beiden der "echte" Jesus sein kann.
Da "historisch"(ontisch gemeint) ein eindeutig definierter Begriff ist, ist Deine Aussage richtig. - Aber das beantwortet nicht die Frage, wer bei welchen Fragen näher am historischen (hier nicht abkürzend für "historisch-kritisch", sondern ontisch gemeint) Jesus ist. - Begründung s.o.

sven23 hat geschrieben:Auch wer ständig mit philosophischem Halbwissen hantiert, könnte das eigentlich wissen.
Wenn Du wüsstest, welch großes Wort Du hier gelassen aussprichst. ;)

sven23 hat geschrieben:Genau, ein Kanoniker hat noch nie im Leben was von der Bibel gehört und ist völlig überrascht, dass da ein gewisser Jesus zum Sohn Gottes erklärt wurde. ... :lol:
Meinst Du, Theißen hat die Bibel erstmals gelesen, als er sie auf konkrete Fragen untersucht hat?

sven23 hat geschrieben:Tut es aber, und wenn du wenigstend die Bibel kennen würdest, wüßtest du das auch. Dein Unkenntnis ist manchmal erschütternd.
Ich weiß - auch die großkirchliche Theologie hat eine erschütternde Kenntnis von der Bibel - es ist nicht zum Aushalten.

sven23 hat geschrieben:Wie, kommen sie denn zu dem Schluss, dass Jesus nicht göttlich ist?
Gar nicht, weil sie aus hermeneutischem "Vorwissen" (so sagt man) setzen, dass Jesus göttlich ist. - Sie kennen doch die Bibel bereits, bevor sie konkrete Fragen untersuchen - so wie Theißen auch. - Mit dem Unterschied, dass er nicht zum Ergebnis kommen kann, dass Jesus göttlich war - weil das in seinem hermeutischen "Vorwissen" nicht vorgesehen ist. - Zur Erinnerung:

Würde die römische Geschichtsschreibung und die Bibel davon wimmeln, dass Jesus göttlich war, könnte die HKM nicht zum Ergebnis kommen "Jesus war göttlich" - es geht nicht aufgrund der HKM-Grundlagen.

sven23 hat geschrieben:Nein, ich meine, dass du dich auf deine früheren Einsichten besinnen solltest, dass Wissenschaft keine Beweise für oder gegen Gott erbringen kann.
Das heißt: Die historisch-kritische Wissenschaft kann nicht zum Ergebnis kommen, dass Jesus göttlich ist, selbst wenn er historisch göttlich ist - meine Rede. - Wie vereinbarst Du dies mit Deinem Anspruch auf "Ergebnisoffenheit"?

sven23 hat geschrieben:Zum Glück bestimmen closs oder Glaubensdogmatiker nicht, was zur Sachebene gehört.
Doch - das macht die Theologie, zumindest in der Praxis, schon, indem sie nur Sachergebnisse der HKM ernst nimmt. - Aber eigentlich sollte es eine Sache der HKM selbst sein, nur auf Basis der Grundlagen zu forschen, die sie sich selber gegeben hat.

sven23 hat geschrieben:Die man dann in den Texten bestätigt findet. Das nennt man Zirkelschluss.
Auch das ist nicht so einfach - denn dann muss man erst mal interpretieren, was "göttlich inspiriert" eigentlich heißt - sicherlich NICHT, dass jedes Wort göttlich inspiriert ist, sondern eher WELCHES Wort göttlich inspiriert ist.

Schauen wir auf die andere Seite: In Deiner Denke (nicht in meiner!) wäre die HKM zirkelschlüssig, weil sie aufgrund ihrer Grundlagen Wunder und Auferstehung als historisch NICHT real interpretieren KANN. - Wenn man hier Zwänge entdecken will, muss man sie beidseitig entdecken. - Alles andere ist Halbzeug und - nach Deinem Wortschaft - "wissenschaftlich unredlich".

sven23 hat geschrieben:Es bedarf keiner großartigen Interpretation, dass

Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.

ein astreiner Zirkelschluss ist.
So ist es. :lol: :lol: Aber das war von Anfang an klar und ist wirklich nicht verwendbar für das Thema hier, weil es eine Fehlleistung von Paulus, aber nicht Grundlage der Theologie ist.

sven23 hat geschrieben:Auch da gibt es lobenswerte Ausnahmen, unabhängig vom breiten Konsens in der Forschung.
Rahner hat das gemeint, was in seine Zeit des HKM-Hypes gepasst hat - deshalb muss er nicht recht haben.

sven23 hat geschrieben:Natürlich, weil nur diese den Namen Forschung zu Recht trägt.
Genau - jetzt wieder diese Orwell-Nummer: "Man definiere Wissenschaft so, dass man nur selber übrigbleibt, bezeichne dadurch alles andere als unwissenschaftlich und mache dann einen auf Pippi-Langstrumpf". - Längst durchschaut - die Theologie achtet auf diesen Zirkus seit einigen Jahrzehnten überhaupt nicht mehr (wenn ich den Theologen aus katholischen und evangelischen Universitäten folge, die es so aus der Praxis berichten).

sven23 hat geschrieben:Tun die Evangelen denn das?
Die Evangelen sind extrem heterogen aufgebaut - insofern: Ja, ein erheblicher Teil tut das, aber im Widerspruch von diametral entgegenstehenden Strömungen. - Eigentlich haben die Evangelen gar keine richtige Fundamental-Theologie mehr - so ist mein Eindruck.

sven23 hat geschrieben: Legenden und Mythen sagen höchstens was darüber aus, wie man gerne hätte, was "ist".
Das wäre jetzt wieder die anthropozentristische Nummer - jeder, wie er kann. :D
Zuletzt geändert von closs am Do 10. Aug 2017, 16:35, insgesamt 1-mal geändert.

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#1259 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Catholic » Do 10. Aug 2017, 16:33

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Denn ob Jesus als historische Person auch noch göttlich gewesen sein KÖNNTE, hängt allein von meiner Einstellung dazu ab.
Nein - ob die Buche eine Buche "ist", hängt eben NICHT von meiner Einstellung ab.
...

Closs,eigentlich ist der Satz von Thaddäus missverständlich formuliert.
Richtiger und verständlicher wäre
"Denn ob ich überzeugt bin,dass Jesus göttlich war hängt allein von meiner Einstellung ab. "

closs
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#1260 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Do 10. Aug 2017, 16:43

Catholic hat geschrieben:"Denn ob ich überzeugt bin,dass Jesus göttlich war hängt allein von meiner Einstellung ab. "
Das geht, ist aber etwas ganz anderes - aber vielleicht hat sie es so gemeint. - Aber auch dann ändert es nichts daran, was Jesus historisch "ist" - göttlich oder nicht-göttlich.

Münek hat geschrieben:Welche theologische Diziplin ist in diesem Bereich NEBEN der Exegese noch tätig und tritt zu ihr in Konkurrenz?
Auf reiner Sachebene niemand, jedoch auf Interpretationsebene - davon abgesehen: Guck mal allein bei wik nach, wieviele Exegesen es gibt.

Münek hat geschrieben:Das ändert NICHTS an der ausschließlichen Zuständigkeit der EXEGESE für die Interpretation biblischer Texte.
Aber nicht für das Verständnis - "Hermeneutik" ist das, was bei Apg. 8,30 steht: "Verstehst Du, was Du da liest?" - im Sinne von: "Jetzt hast Du alles gelesen, zugeordnet, analysiert, historisch vernetzt, etc. - und jetzt kommt: VERSTEHST Du eigentlich geistig, was da steht?" - das ist nicht Sache der Exegese.

Münek hat geschrieben: Wenn Du Dir die entsprechende Textpassage in seinem Jesusbuch (Bd. 1, S. 64-65) durchläsest, würdest Du sofort erkennen, dass Ratzinger der HKM KEINESFALLS Kompetenzüberschreitungen vorwirft.
Halten wir fest:
1) Ratzinger hält die HKM innerhalb der Theologie für unverzichtbar (siehe Vatikan 1993)
2) Ratzinger hält die HKM für den Antichristen in der Theologie.
Ergo:
Der Antichist ist unverzichtbar in der Theologie. :lol: :lol: :lol: - Meinst Du, DAS hat er gemeint?

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