Alles Teufelszeug? VI

closs
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#881 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Di 1. Aug 2017, 19:59

Thaddäus hat geschrieben:Nur der erste Teil von closs' Aussage ist korrekt
Nach Möglichkeiten in Stichworten:

1)
Thaddäus hat geschrieben:Genau darum sind Dogmatik und Sytematik auch keine Wissenschaft.
Das ist eine wissenschafts-theoretische Frage, die unterschiedliche beantwortet wird (siehe Hoyingen-Hüne). Du lässt erkennen, was aus DEINER wissenschafts-theoretischen Sicht Wissenschaft ist.

2)
Warum ist bspw. die Prämisse der HKM, dass Historie als naturalistischer Wirkungszusammenhang gesehen werden muss (keine Wunder/keine leibliche Auferstehung) KEIN spekulatives "Hypothesenmonstrum"?

3)
Thaddäus hat geschrieben:Vielmehr ist diese Frage methodisch gänzlich ohne Bedeutung, da ihre Beantwortung an den Ergebnissen der wissenschaftlichen Methoden der historisch-kritischen Forschung (Textkritik, Literarkritik, traditionsgeschichtliche Betrachtung, Überlieferungskritik, "Sitz im Leben-Betrachtung", linguistische Analyse etc.) kein Jota ändert.
Da hast Du dann recht, wenn es um reine Sachergebnisse geht (also Ergebnisse, die unabhängig von Glaubensfragen anerkannt sind).

4)
Thaddäus hat geschrieben:Sie wussten aber, dass dieser persönliche Glaube irrelevant für die wissenschaftliche Erforschung des alten und neuen Testamentes ist und auch sein muss, wenn diese Forschung objektiv und damit wissenschaftlich sein soll.
Das kann man so machen, nur: Was IST dann Wissenschaft (in Deinem Verständnis) im Verhältnis zu dem, was ist? - Woher nimmst Du den Anspruch, dass nur Wissenschaft (in Deinem Sinne) der historischen Wirklichkeit Jesu nahe kommen kann?

Und damit stelle ich Dir eine Frage, die Sven ständig mir stellt:
Wie können Zahrnt und Bultmann bspw. von der Gottessohnschaft Jesu ausgehen, wenn sie im Sinne der HKM postulieren, dass Jesus genauso wissenschaftlich einzuordnen ist wie Konrad Adenauer und Wunder einer naturalistischen Kontinuität der Geschichte unterzuordnen sind?

5)
Thaddäus hat geschrieben:Genau darum ist die historisch-kritische Forschung Wissenschaft und die kanonische Exegese nichts anderes, als die Bekundung des persönlichen katholischen Glaubens.
Hast Du schon einmal daran gedacht, dass man unter verschiedenen Perspektiven wissenschaftlich arbeiten kann? - Neutrales Beispiel: Ein DDR-Historiker wird mit einiger Wahrscheinlichkeit bei identischen Quellen die deutsch-deutsche Nachkriegszeit anders interpretieren als ein BRD-Historiker. - Wer ist der Wahrheit näher? Die BRD, weil sie am Ende gewonnen hat?

6)
Thaddäus hat geschrieben: wenn diese Forschung objektiv und damit wissenschaftlich sein soll
Aber das geht doch nur unter Opfern: Stelle Dir vor, Jesus wäre historisch WIRKLICH göttlich und leiblich auferstanden: Wie könnte die HKM dem gerecht werden? Außer bei reinen Sachaussagen.

Warum wird der Satz "Jesus hatte eine Naherwartung" als "wissenschaftlicher Fakt" (so hast Du es irgendwann genannt) bezeichnet, wenn die Theologie (in IHREM Wissenschaftsbegriff) wissenschaftlich zeigt, dass dies NICHT so anzunehmen ist.

Warum unterstreicht man nicht das, was Theißen im Vorwort sagt:
1) Es gibt nur methodische Ergebnisse.
2) Manchmal ist die Einhaltung des Wegs wichtiger als das Ergebnis.
DAS ist in meinen Ohren wahrhaft differenziert formuliert.



In der Öffentlichkeit jedoch wird der Eindruck erweckt, christliche Exegesen (biblisch-grammatisch/kanonisch/..) könnten der Wirklichkeit Jesu FAKTISCH nicht nahe kommen (das könne nur die HKM) - obwohl die christlichen Exegesen dem historischen Jesus näher wären, wenn Jesus nicht nur Mensch, sondern auch göttlich wäre. - Dies auszuschließen, wäre ein Verstoß gegen die Ergebnisoffenheit von Forschung.

Verstehst Du wirklich nicht, welche Zeitbombe hier tickt?

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sven23
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#882 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Di 1. Aug 2017, 20:09

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Hast du damals gelogen oder heute?
Weder noch, wie Du jetzt weißt.
Ich weiß nur, dass du einen sehr "kreativen Umgang" mit der Wahrheit pflegst und deine Meinung täglich änderst. Wenn man dich dabei ertappt, bist du nie um Ausreden verlegen. Aber das haben andere ja auch schon bemerkt. Insofern: im Westen nichts Neues.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was soll das bringen, außer einer zirkelreferenten Bestätigig dieser Setzung?
Jetzt hast Du gerade erst gelernt, dass "Stockfehler-Zirkelreferenz" etwas anderes ist als "Schlussfolgerungen aufgrund einer Perspektive" - und fällst WIEDER zurück!!!
Du solltest eigentlich gelernt haben, dass auch "Schlussfolgerungen aufgrund einer Perspektive" Zirkelschlüsse sein können. Siehe kanonische Exegese, die auf Glaubensentscheiden basiert.

closs hat geschrieben: Aber bitte - dann heißt das, dass auch die HKM zirkelreferent bestätigt - warum läßt Du es darauf ankommen?
Nein, heißt es nicht und auch das hat man dir schon 100 mal erklärt. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:die kanonische Exegese von der göttlichen Inspiriertheit und Irrtumslosigkeit der Schrift ausgeht
Das ist doch etwas ganz anderes - die kanonische Exegese sagt doch nicht, dass die Schrift DESHALB wahr ist, weil die Schrift es sagt. - Die kanonische Exegese sagt vielmehr, dass sie aus geistigen Gründen setzt, dass die Schrift von Gott inspiriert ist. - Das ist doch wieder mal was ganz anderes.
Was ist daran anders, wenn ich sage, dass die kanonische Exegese von der göttlichen Inspiriertheit und Irrtumslosigkeit der Schriften ausgeht? :roll:
Zudem hast du gesehen, dass auch die Schriften selber mit Zirkelschlüssen argumentieren, wie an Paulus zu sehen ist:

Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.
2. Brief an Timotheus


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Thaddäus: "Dagegen ist die historisch-kritische Methode intersubjektiv nachvollziehbar bezüglich ihrer Plausibilitätskriterien".
Hier wird "Plausibilität" im Sinn einer eigenen Perspektive willkürlich universal erhöht - geht in der Philosophie nicht.
Dann erklär mal einem Theißen, dass er das historische Plausibilitätskriterium gar nicht anwenden darf, weil er damit seine "eigene Perspektive willkürlich universal erhöht". :lol:
Oh, Herr, schmeiß Hirn vom Himmel.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dem ist nichts hinzuzufügen.
Doch: Selber nachdenken.
Den Tag, an dem du damit anfängst, werde ich im Kalender anstreichen. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Trotzdem, nenne doch mal eine Aussage, die gleichzeitig wahr und unwahr ist.
"Naherwartung Jesu" ist wahr in der Logik von HKM-Prämissen und unwahr in der Logik theologischer Prämissen.
Entweder ist die Aussage wahr oder nicht wahr. Aus einer wahren Aussage wird durch Perspektivwechsel keine unwahre und umgekehrt. In Sachen Logik hast du enorme Defizite.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ging um deine Behauptung, ein Wissenschaftler könne tagsüber z. B. Geologe sein und nach Feierabend Kurzzeitkreationist.
Und ich habe Dir gesagt, dass es möglich ist, wenn er "die Schaffung des Menschen" auf die geistige Substanz bezieht: "Wann wurde der Mensch geistig geschaffen? - Also wann im Laufe der Evolution fand dieser 'Klick' statt, durch den erstmalig ein Mensch bewusst 'Ich' sagen konnte und durch den er in Folge davon transzendent denken konnte".

Aber um Dich zu befrieden: NATURALISTISCH gesehen gebe ich Dir in diesem Fall recht. - Ich schließe persönlich aus, dass man palänthologisch arbeitet und Menschenknochen in Kenia ausbuddelt, die älter als 1 Mio sind und gleichzeitig glauben kann, diese Knochen seien maximal 4000 Jahre alt. - Aber es gibt eben auch die geistige Ebene: Seit wann gibt es den Menschen als geistige, transzendenz-fähige Ich-Person? Vermutlich sind es weniger als 1 Mio Jahre.
Darum ging es nie, sondern um die Behauptung der Kurzzeitkreationisten, dass die Erde nur ein paar Tausend Jahre alt ist. Wie das ein nicht schizophrener Geologe oder Biologe mit seiner Arbeit vereinbaren soll, ist mit schleierhaft. Laut closs soll das möglich und "völlig normal" sein.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Unfug, ich trenne sie ganz entschieden und habe schon 100 mal auf die Diskrepanz hingewiesen.
Tust Du bei der HKM ausdrücklich NICHT - dort meinst Du, deren Prämissen/Perspektive seien Teil der Wissenschaft selbst. - Du machst ein Ragout, das Du anderen vorwirfst.
Du konntest noch nie nachweisen, dass die HKM zirkelschlüssig arbeitet. Die Zirkelschlüssigkeit der kanonischen Exegese ist dir schon x-mal dargelegt worden.
Aber man kann die Pferde nur zur Tränke führen, saufen müssen sie schon selber.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#883 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Di 1. Aug 2017, 20:17

Thaddäus hat geschrieben:Die historisch-kritische Methode setzt nicht, dass "Jesus nur Mensch" gewesen sei, weil das für die Anwendung ihrer Methoden irrelevant ist.
Das ist Augenwischerei. - Es mag formal so sein, es gilt sicherlich bei reinen Sachaussagen. - Aber es gilt de facto nicht.

1) Die HKM tritt sehr interpretativ auf und - auch wenn Du es bestreitest - kritisch-rational auf - in DEM Sinne, dass für sie Nicht-Falsifizierbares irrelevant ist: "Jesus ist als Mensch historisch nachgewiesen - relevant. - Falls Jesus auch göttlich ist, ist er relevant, sobald es nachgewiesen ist" - was natürlich prinzipiell kritisch-rational nicht geht. - Also ist Jesus bis auf Weiteres Nur-Mensch - und damit bis zum St.-Nimmerlands-Tag.

2) Somit beschreibt die HKM die Historizität Jesu so, als sei er nur Mensch - das geht noch. - Es geht aber NICHT, Jesu Historizität in geistigen Fragen per HKM in INTERPRETIEREN, wenn man nicht die Möglichkeit berücksichtigt, dass Jesus historisch göttlich war.

Wie auch immer: De facto seltzt die HKM, dass Jesus nur Mensch ist, selbst wenn sie es expressis verbis nicht tut - es ist nicht nötig, weil diese Göttlichkeit (und Wunder generell) auf dem Verfahrensweg vorab ausgeschlossen wird.

Kleine Anekdote:
Wir haben es früher bei unseren Russland-Geschäften (mit Hilfe von Helfern vor Ort) geschafft, in Ausschreibungen (harmlos klingende) Bedingungen hineinzubringen, durch die wir die Einzigen waren, die diese Kriterien erfüllt haben - wir waren also in einer offenen Ausschreibung konkurrenzlos - capito?

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#884 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Di 1. Aug 2017, 20:20

sven23 hat geschrieben:Nein, heißt es nicht
Es hat keinen Sinn - jetzt wird es vollends ideologisch. - Du bist komplett betoniert in Deiner Ideologie.

2Lena
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#885 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von 2Lena » Di 1. Aug 2017, 22:00

closs hat geschrieben: Stelle Dir vor, Jesus wäre historisch WIRKLICH göttlich und leiblich auferstanden: Wie könnte die HKM dem gerecht werden?
Indem sie die Dokumente herausgibt, die das zeigen.
Schließlich wurden doch Tausende Zeugen.

Sven23 hat geschrieben:Siehe kanonische Exegese, die auf Glaubensentscheiden basiert.
Deine Vorstellung ...
Du hörst Wörter, wie Glaube, Erlösung, Naherwartung ...
gehst dann hoch "gibt es nicht"!
Bitte, geh an die funktionierende Basis.

Überliefert wurden fortlaufend die wichtigen (und richtigen!) Werte, jedoch bei immer mehr schwindenden Lot. Aufklärung ist bei den vorhandenen Bibeltexten nicht möglich. Ständig will man sie dazu nehmen, aber sie passen nicht. Was aber nicht heißt, dass die Bibel falsch ist, verkehrt überliefert oder die Riten verkehrt sind.

Nimm nur ein Detail: Deine Naherwartung. Du kannst nicht sagen was deine nächste Zukunft ist. Aber jeder kann sagen, wie etwas sein sollte und wie es demnächst eintreffen sollte, was schon in den Gedanken ist. Du mockst über eine Textstelle, die du grammatikalisch und auch vom Zusammenhang her nicht erschlossen hast, vermutlich nicht erschließen kannst. Daher wendest du dich an Fachleute, die ihrerseit die Kritik haben. Nach dem Motto "Mehrheit" kommt ihr zu einem Schluss - aber er ist nicht der Weisheit letzter Schluss.

Die guten Möglichkeiten, wie die besten Gesetze in Gang kommen, sind bei Kritik nicht gegeben. Das geht in verkehrte Richtungen! Da werden keine Texte weiter erschlossen. Da geht man auch nicht weiter mit der Texterschließung, mit den Gedanken die dabei kommen. Da wird nichts greifbar mit der Umsetzung der besten Perspektiven.

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#886 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Thaddäus » Di 1. Aug 2017, 23:06

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Die historisch-kritische Methode setzt nicht, dass "Jesus nur Mensch" gewesen sei, weil das für die Anwendung ihrer Methoden irrelevant ist.
Das ist Augenwischerei. - Es mag formal so sein, es gilt sicherlich bei reinen Sachaussagen. - Aber es gilt de facto nicht.
Deine Behauptung, die Objektivität der historisch-kritischen Forschung sei Augenwischerei und gälte de facto nicht, basiert auf deiner Unkenntnis, ihrer methodischen Verfahrensweisen.
Lernt man z.B. Textkritik, dann lernt man, welche historischen Quellen es gibt, welche früher und welche später waren und welche Quellen "gute" Textquellen sind (z.B. solche, die die schwierigere Lesart bieten gegenüber denen, deren Text an spätere Glaubensansichten angeglichen, also geglättet wurden usw.). Man lernt z.B., dass der Schluss des Markus-Ev., in dem der Missionsbefehl steht: "Gehet hin und lehret alle Völker", ursprünglich überhaupt nicht zum Markus-Ev. gehörte, weil die ältesten Textzeugen dieses Evangeliums diesen Schluss gar nicht kennen. Er wurde erst sehr viel später dem Markus-Ev. hinzugefügt. Die Schlussfolgerung hieraus ist nicht, der Missionsbefehl sei irrelevant, sondern dass er hinzugefügt wurde, als die Missionstätigkeit bereits fester Bestandteil der christlichen Tradition war. Andere Ergebnisse bestätigen, dass Jesus selbst einen solchen Missionsbefehl nie gegeben hat und er sich ohnehin nur zu den Schafen Israels, also den Juden, gesandt sah. Was die christlichen Kirchen hieraus gemacht haben, ist Glaubensbekundung, hat aber mit dem, was Jesus ursprünglich lehrte und sagte nichts zu tun. Wenn du daran glauben möchtest, dass die christliche Kirche Mission betreiben sollte in aller Welt und zu Nicht-Juden, dann ist das ganz deinem Glauben überlassen.

Die Textkritik ist so oder so objektiv, in dem, was sie feststellt, und es findet sich in keinem Lehrbuch über historisch-kritische Forschung die einleitende Aufforderung, gefälligst eine naturalistische Weltsicht anzunehmen. Solches zu behaupten ist falsch und wenn man es besser weiß, Lüge. Du weißt es nun besser ...

closs hat geschrieben: 1) Die HKM tritt sehr interpretativ auf und - auch wenn Du es bestreitest - kritisch-rational auf - in DEM Sinne, dass für sie Nicht-Falsifizierbares irrelevant ist: "Jesus ist als Mensch historisch nachgewiesen - relevant. - Falls Jesus auch göttlich ist, ist er relevant, sobald es nachgewiesen ist" - was natürlich prinzipiell kritisch-rational nicht geht. - Also ist Jesus bis auf Weiteres Nur-Mensch - und damit bis zum St.-Nimmerlands-Tag.
Und noch einmal: du kannst glauben, was du willst und sei es, dass päpstliche Fürze nach Rosenwasser duften. Für die korrekte Anwendung der historisch-kritischen Methoden ändert das nichts ...

closs hat geschrieben: 2) Somit beschreibt die HKM die Historizität Jesu so, als sei er nur Mensch - das geht noch. - Es geht aber NICHT, Jesu Historizität in geistigen Fragen per HKM in INTERPRETIEREN, wenn man nicht die Möglichkeit berücksichtigt, dass Jesus historisch göttlich war.
Die Interpretationen der historisch-kritischen Forschung ergeben sich allein aus den Quellenbefunden. Und diese Quellen sind alles, was wir haben, um sie zu untersuchen und zu analysieren. Nichts anderes spielt eine Rolle. Du (und manche katholische Theologen) wollen aber aus ihrer Annahme, dass päpstliche Fürze nach Rosenwasser duften schlussfolgern, auch Jesu Fürze hätten nach Rosenwasser geduftet. Und das geht nicht, ist unwissenschaftlich, spekulativer Unsinn und deshalb auch irrelevant. Es ist ohnehin so, dass die katholische Theologie von niemand mehr ernst genommen wird - selbst innerhalb der theologischen Forschung - außer von den Katholiken selbst.

closs hat geschrieben: Kleine Anekdote:
Wir haben es früher bei unseren Russland-Geschäften (mit Hilfe von Helfern vor Ort) geschafft, in Ausschreibungen (harmlos klingende) Bedingungen hineinzubringen, durch die wir die Einzigen waren, die diese Kriterien erfüllt haben - wir waren also in einer offenen Ausschreibung konkurrenzlos - capito?
Genau dieses Beispiel wirft ein bezeichnendes Licht auf deine verzerrte Ansicht über theologische Forschung im Konkreten und Wissenschaft im Allgemeinen. Für dich gehen die altestamentliche und neutestamentliche Forschung so vor, wie Leute vorgehen, die unscheinbare Formulierungen zu ihren Gunsten in Verträge einarbeiten, um den Vertragspartner dadurch am Ende zu bescheißen. Intellektuell redliche Wissenschaft tut genau das aber nicht. Es sind die Wissenschaften, die ihre Methoden und Vorannahmen explizit benennen und zur Diskussion stellen. Es waren stets die religiösen oder nicht-religiösen Ideologien, die das nicht taten und tun. Exakt wegen der Objektivität und Transparenz der wissenschaftlichen Methoden sind dir die Wissenschaften suspekt wie sie allen Fundamentalisten suspekt sind, denn der Fundamentalismus jeglicher Coleur lebt aus dem Glaubensentscheid, der unter keinen Umständen infrage gestellt werden darf.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Mi 2. Aug 2017, 00:41, insgesamt 1-mal geändert.

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#887 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Münek » Di 1. Aug 2017, 23:21

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Genau darum sind Dogmatik und Sytematik auch keine Wissenschaft.
Das ist eine wissenschafts-theoretische Frage, die unterschiedliche beantwortet wird (siehe Hoyingen-Hüne). Du lässt erkennen, was aus DEINER wissenschafts-theoretischen Sicht Wissenschaft ist.
Eine "Wissenschaft", die als innerweltlich-geschichtlichen Wirkfaktor die Existenz einer transzendenten Allmacht setzt, ist KEINE Wissenschaft. Eine Institution, die absolute unumstößliche ewiggültige Wahrheiten postuliert, ist eine ideologische Einrichtung par excellence. Wissenschaft ist unideologisch und verkündet keine ewiggültigen Wahrheiten..

Da kannst Du Dich abstrampeln, soviel Du willst. Den wissenschaftlichen TÜV-Stempel erhälst Du nicht.

closs hat geschrieben:Warum ist bspw. die Prämisse der HKM, dass Historie als naturalistischer Wirkungszusammenhang gesehen werden muss (keine Wunder/keine leibliche Auferstehung) KEIN spekulatives "Hypothesenmonstrum"?
Es stellt gewiss KEINE Prämisse der Geschichtswissenschaftler dar, wenn diese die "historische Möglichkeit" ( :lol: Deine wiederholte Wortwahl) schlicht ignorieren, dass beispielsweise Adolf Hitler eine reale Verkörperung der übernatürlich-widergöttlichen Person
SATAN :devil: war.


Aus diesem Grund stellt die Nichtberücksichtigung und der Ausschluss dieser angeblichen "historischen Möglichkeit" KEIN spekulatives "Hypothesenmonstrum" der Historiker dar. Da kannst Du auf die Hitler-Biographen schimpfen, soviel zu willst. Satan bleibt außen vor.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Vielmehr ist diese Frage methodisch gänzlich ohne Bedeutung, da ihre Beantwortung an den Ergebnissen der wissenschaftlichen Methoden der historisch-kritischen Forschung (Textkritik, Literarkritik, traditionsgeschichtliche Betrachtung, Überlieferungskritik, "Sitz im Leben-Betrachtung", linguistische Analyse etc.) kein Jota ändert.
Da hast Du dann recht, wenn es um reine Sachergebnisse geht (also Ergebnisse, die unabhängig von Glaubensfragen anerkannt sind).
So langsam solltest Du geschnallt haben, dass die historisch-kritische Bibelwissenschaft Glaubens- und Wunderfragen nicht INHALTLICH
auf ihren Wahrheitsgehalt und ihre Faktizität untersucht. Das kann nämlich NIEMAND. Solche Fragen bleiben offen - weil seriös nicht beantwortbar.


Sie stellt beispielsweise keine wissenschaftlichen Untersuchungen darüber an, ob Jesus der präexistente eingeborene Sohn Gottes war oder nicht. Was sie allerdings untersucht, ist die Frage, ob der historische Jesus sich nach den Quellen selbst für ein göttliches Wesen gehalten hat. Und hier lautet die weit überwiegende Antwort: NEIN.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Sie wussten aber, dass dieser persönliche Glaube irrelevant für die wissenschaftliche Erforschung des alten und neuen Testamentes ist und auch sein muss, wenn diese Forschung objektiv und damit wissenschaftlich sein soll.
Das kann man so machen
,
Das kann man nicht machen, das MUSS man so machen.
Zuletzt geändert von Münek am Mi 2. Aug 2017, 00:36, insgesamt 1-mal geändert.

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#888 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Di 1. Aug 2017, 23:38

Thaddäus hat geschrieben:Deine Behauptung, die Objektivität der historisch-kritischen Forschung sei Augenwischerei und gälte de facto nicht, basiert auf deiner Unkenntnis
Du verdrehst meine Aussage - dass die HKM in ihrer Arbeitsweise intersubjektiv nachvollziehbar arbeitet, wurde nie bestritten. - Meine Aussage war, dass Deine Aussage, die HKM setze nicht, dass Jesus nur Mensch gewesen sei, zwar formal richtig, aber de facto falsch ist. - Du bist auf meine Begründungen nicht eingegangen.

Thaddäus hat geschrieben:Lernt man z.B. Textkritik, dann lernt man, welche historischen Quellen es gibt, welche früher und welche später waren und welche Quellen "gute" Textquellen sind (z.B. solche, die die schwierigere Lesart bieten gegenüber denen, deren Text an spätere Glaubensansichten angeglichen, also geglättet wurden usw.). Man lernt z.B., dass der Schluss des Markus-Ev., in dem der Missionsbefehl steht: "Gehet hin und lehret alle Völker", ursprünglich überhaupt nicht zum Markus-Ev. gehörte, weil die ältesten Textzeugen dieses Evangeliums diesen Schluss gar nicht kennen. Er wurde erst sehr viel später dem Markus-Ev. hinzugefügt. Die Schlussfolgerung hieraus ist nicht, der Missionsbefehl sei irrelevant, sondern dass er hinzugefügt wurde, als die Missionstätigkeit bereits fester Bestandteil der christlichen Tradition war.
So weit so gut - so wie Du es beschreibst, kenne ich es aus der Literaturwissenschaft auch - und wie Du bestätigen wirst: Du hast bis jetzt (fast) nicht interpretiert.

Thaddäus hat geschrieben:Die Textkritik ist so oder so objektiv
Auf Sachebene ohnehin - Du hast oben Beispiele genannt. - Und richtig: Auf dieser Sachebene sind weltanschauliche Orientierungen irrelevant - das predige auch ich seit Monaten. - Mein Punkt ist und war die Interpretations-Ebene.

Thaddäus hat geschrieben:Andere Ergebnisse bestätigen, dass Jesus selbst einen solchen Missionsbefehl nie gegeben hat und er sich ohnehin nur zu den Schafen Israels, also den Juden, gesandt sah. Was die christlichen Kirchen hieraus gemacht haben, ist Glaubensbekundung, hat aber mit dem, was Jesus ursprünglich lehrte und sagte nichts zu tun.
Jetzt fängt die Interpretation an - und da wird es kritisch - wobei es mir wirklich nicht darum geht, die kirchliche Theologe mit ihren Ups und Downs über die Jahrhunderte zu verteidigen - es geht um ein Grundverständnis theologischer/geistiger Natur, das Du vermissen lässt - weil es vermutlich innerhalb der nicht HKM vorgesehen ist - nämlich:

Ist Dir schon mal passiert, dass Du irgendwann in jungen Jahren was gehört und gespeichert hast, aber nicht (so richtig) verstanden hast? Und dass später irgendwann der Groschen fällt ("Ach - DAS ist damit gemeint")? - Wenn ja, wäre dies die Blaupause für das, was im Hermeneutischen Zirkel stattfindet, den es selbstverständlich auch in der Rezeptions-Geschichte der Bibel gibt. - Konkretes Beispiel: Trinität.

Steht "Trinität" in der Bibel? Nein. - Damit wäre es historisch-kritisch unbiblisch bzw. mindestens nicht etwas, was man mit dem historischen Jesus in Verbindung bringen würde, nicht wahr?

Nun kann aber "Trinität" auch eine spätere theologische Zusammenfassung dessen sein, was für Jesus historisch in seinen Gedanken der Fall war: "Ich bin die Torah - so wie auch der Vater und seine Ruach". - WENN also Jesus göttlich war (was wir beide nicht wissen, sondern glauben oder nicht glauben), ist die Trinität eine historische Größe in Jesus. - Und dann haben die christlichen Kirchen nicht etwas "daraus gemacht", sondern haben den Geist Jesu in die Zeiten hinein entwickelt, so dass das, was die Kirchen "daraus gemacht" haben, keine Verfälschung Jesu ist, sondern das Gegenteil davon.

Jetzt behaupte ich NICHT, dass die Kirche Jesus immer geistig gefolgt ist - ich weiß streng genommen nicht einmal, ob sie ihm jemals geistig gefolgt ist. - Aber OB sie ihm geistig gefolgt ist, kann die HKM auch nicht entscheiden, weil sie in ihrer Methodik nicht spirituell, sondern handwerklich arbeitet. - Ergo: HKM sollte sich auf Sachbeobachtungen und deren Beschreibung beschränken und bei Interpretationen lieber 10 Mal zurückhaltend sein als einmal zuviel interpretieren.

Thaddäus hat geschrieben:Für die korrekte Anwendung der historisch-kritischen Methoden ändert das nichts ...
Darum geht es nicht - im Grunde wiederholst Du Theißens (ehrlichen) Spruch, dass Einhaltung der methodischen Regeln wichtiger sein kann als das Ergebnis. - Ich habe wirklich Verständnis dafür, wenn die HKM sagt: "Sorry - so bin ich und das ziehe ich jetzt so durch". - Aber bitte keine Interpretationen, die ins Geistige hineingehen.

Thaddäus hat geschrieben:Die Interpretationen der historisch-kritischen Forschung ergeben sich allein aus den Quellenbefunden.
EBEN!!! - Hier sind hermeneutische Prozesse nicht berücksichtigt - das ist kein Vorwurf. - HKF macht Rezeptions-Forschung.

Thaddäus hat geschrieben:Für dich gehen die altestamentliche und neutestamentliche Forschung so vor, wie Leute vorgehen, die unscheinbare Formulierungen zu ihren Gunsten in Verträge einarbeiten, um den Vertragspartner dadurch am Ende zu bescheißen.
Nee - so weit würde ich nicht gehen. - Ich sehe das eher von Popper aus: Man beschränkt sich auf Falsifizierbares und lässt alles andere weg (auch das ist kein Vorwurf). - Nur verstehe ich dann nicht, warum dabei nicht erkannt wird, dass man mit solchen "unscheinbaren Formulierungen" ausschließt, den historischen Jesus jemals unter dem Aspekt zu untersuchen, dass er das ist, wofür er von der Theologie gehalten wird (nämlich "göttlich") - denn das ist nicht falsifizierbar.

Und dann zu sagen "Wir machen keine Aussage darüber, ob Jesus nur Mensch oder auch göttlich war", erinnert mich dann doch wirklich wieder an unsere damaligen russischen Geschäfte.

Thaddäus hat geschrieben: Es sind die Wissenschaften, die ihre Methoden und Vorannahmen explizit benennen und zur Diskussion stellen.
Einverstanden - so kenne ich es auch. - Aber meinst Du nicht, dass die HKM zumindestens im Vermarktungsbereich stark ideologisiert daherkommt? - Wirklich: Es geht mir nicht gegen die Wissenschaft, sondern gegen das, was gelegentlich und vor allem medial lautstark daraus gemacht wird.

Hemul
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#889 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Hemul » Di 1. Aug 2017, 23:47

Thaddäus hat geschrieben:Man lernt z.B., dass der Schluss des Markus-Ev., in dem der Missionsbefehl steht: "Gehet hin und lehret alle Völker", ursprünglich überhaupt nicht zum Markus-Ev. gehörte, weil die ältesten Textzeugen dieses Evangeliums diesen Schluss gar nicht kennen. Er wurde erst sehr viel später dem Markus-Ev. hinzugefügt. Die Schlussfolgerung hieraus ist nicht, der Missionsbefehl sei irrelevant, sondern dass er hinzugefügt wurde, als die Missionstätigkeit bereits fester Bestandteil der christlichen Tradition war. Andere Ergebnisse bestätigen, dass Jesus selbst einen solchen Missionsbefehl nie gegeben hat und er sich ohnehin nur zu den Schafen Israels, also den Juden, gesandt sah
Was man nicht alles so lernt? :roll: Also man lernt, dass Jesus sich nur zu den Schafen Israels gesandt sah. Dann wird uns die holde Maid ja sagen können warum Jesus in Johannes 10:15+16 folgendes gesagt hat:
15 gleichwie der Vater mich kennt und ich den Vater kenne; und ich lasse mein Leben für die Schafe. 16 Und ich habe noch andere Schafe, die nicht aus dieser Schafhürde sind; auch diese muss ich führen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte sein.
Bin sehr gespannt wie Du Dich hier herauswindest. 8-)
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

closs
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#890 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Di 1. Aug 2017, 23:51

Münek hat geschrieben:Da kannst Du Dich abstrampeln, soviel Du willst. Den wissenschaftlichen TÜV-Stempel erhälst Du nicht.
Davon abgesehen, dass das andere entscheiden - wie wär's mit dem Deal: HKM ist wissenschaftlich, die Theologie nicht - dafür hält sich die HKM konsequent aus Interpretationen raus, die auch nur ansatzweise etwas mit geistigen Fragenstellungen zu tun haben.

Münek hat geschrieben:Aus diesem Grund stellt die Nichtberücksichtigung und der Ausschluss dieser angeblichen "historischen Möglichkeit" KEIN spekulatives "Hypothesenmonstrum" der Historiker dar.
Du meinst also, dass es nur dann seriös ist, wenn man die Bibel so versteht, wie sie nicht gemeint ist.

Münek hat geschrieben:So langsam solltest Du geschnallt haben, dass die historisch-kritische Bibelwissenschaft Glaubens- und Wunderfragen nicht INHALTLICH
auf ihren Wahrheitsgehalt und ihre Faktizität untersucht.
Das ist alles ok, solange die HKF nicht bei geistigen Fragenstellungen mit-interpretiert.

Münek hat geschrieben:Das kann man nicht machen, das MUSS man so machen.
Auch recht - aber immer nur um den Preis, dass "Wissenschaft" nicht geeignet ist, die Bibel substantiell zu verstehen. - Im Grunde läuft es bei Euch darauf raus, dass Wissenschaft (in Deinem Sinne) eine nicht-theologische Größe ist, die flankierend tätig ist - genauso wird sie übrigens seitens vieler Theologen gesehen, weshalb es vergleichsweise selten Auseinandersetzungen gibt.

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