closs hat geschrieben:
Mir geht es hier darum, dass gerne "Wahrnehmung" ("real") und "Vorstellung" ("irreal") gegenüberstellt werden - als wäre das eine ontische Entität und das andere "Erfindung". - Deshalb folgende Frage an Dich, der Du Christ bist:
Gott ist intersubjektiv nicht nachweisbar, kann aber gleichzeitig ontische Entität (also auch ohne unsere Vorstellung) "sein". - Angenommen er ist ontische Entität: Ist er dann "real"? - Wenn ja, wäre er (in Deiner Definition von "Wahrnehmung") nicht wahrnehmbar, aber real. - Umgekehrt: Er wäre real, obwohl er in uns "nur" "Vorstellung" ist. - Würdest Du das unterschreiben?
Ich würde es anders formulieren, was nötig ist, da ich den Begriff der ontischen Entität nicht ganz verstehe.
Der Vorteil, den eine Wahrnehmung hat, besteht darauf, dass sie sich auf etwas Externes bezieht (extern von mir selber). Damit ist sie einer intersubjektiven Prüfung zugänglich. Wenn genügend viele Personen dasselbe wahrnehmen, dann kann man annehmen, dass das Wahrgenommene zur Realität gehört, d.h. unabhängig von den Personen da ist.
Eine Vorstellung ist eine "innere Wahrnehmung", d.h. ist stelle etwas fest, was ich in mir wahrnehme. Damit ist eine Vorstellung per se nicht intersubjektiv prüfbar.
Was ich aber kann, ist die Vorstellung zu kommunizieren, d.h. durch sprachliche Beschreibung zu externalisieren. Diese sprachliche Beschreibung ist dann intersubjektiv prüfbar.
Eine Vorstellung ist nicht per se "irreal".
So kann meine Vorstellung z.B. in einer mathematischen Form bestehen, z.B. der Beweis einer mathematischen Behauptung. Die Beschreibung ist dann über eine formale Sprache möglich und von meinem Gegenüber so nachprüfbar, dass die Vorstellung als real angesehen werden kann.
Es gibt aber auch Vorstellungen, die nicht real sind, weil die Beschreibung zeigt, dass sie nicht real sind, man nehme als Beispiel die Wahnvorstellungen eines psychisch Kranken.
Und es gibt einen großen Bereich von Vorstellungen, bei denen man weder beweisen kann, dass sie real sind, noch widerlegen kann, dass sie real sind. Das sind solche Vorstellungen, bei denen es nicht möglich ist, sie in das strenge Korsett einer formalen Sprache zu packen.
Ich kann hier
annehmen, dass etwas real ist (ich glaube es), dann besagt die Definition von Realität, die wir oben benutzt haben, dass das, was ich glaube, auch ohne meinen Glauben real sein muss, wenn ich mit meinem Glauben richtig liege. Aber ich kann dies einer anderen Person nicht beweisen, diese hat entweder einen gleichen Glauben oder nicht
Der Glaube an Gott gehört in diese Grauzone. Ich glaube dass Gott da ist. Wenn ich Recht habe, dann ist er auch ohne meinen Glauben da. Er ist auch da trotz des Unglaubens von z.B. Pluto. Meine Beschreibung mit Worten reicht aber nicht, einen intersubjektiven Nachweis zu führen.
Übrigens:
Es gibt auch andere Definitionen von "Realität", nämlich dass es gar keine Realität gibt, die unabhängig von Personen sind. Oder anders ausgedrückt, jede Person hat ihre eigene Realität und diese hört auf zu existieren, wenn die Person stirbt.
Diese Vorstellung von Realität bestreitet, dass sich Wahrnehmung auf etwas Externes bezieht. Die intersubjektive Vereinbarung ist dann also eine Illusion. Naturwissenschaft ist dann ebenfalls eine Illusion und unsere Annahme, dass es noch andere Personen in unserer Realität gibt, ist ebenfalls eine Illusion.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.