Alles Teufelszeug? VI

Rembremerding
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#391 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Rembremerding » Di 6. Jun 2017, 17:31

closs hat geschrieben: Da hätte die Frage, wo Du da meine Meinung einordnest:
1) Das AT wird durch Jesus erfüllt (= in einer höheren Stufe vollendet). - Diese höhere Stufe ist die Lehre Jesu, also das, was man "NT" nennt.
2) Diese ERfüllung auf einer höheren Stufe ist ursprünglich innerhalb des Judentums gemeint.
3) Christentum ist die Konsequenz daraus, dass die Juden ihrer eigenen Religions-Entwicklung nicht folgen, sondern sozusagen im alten AT verharren.
In allen drei Punkten steckt eine Wahrheit.
1) Was im AT mehr in tatsächlicher Handlung (ob historisch oder nicht, kann dahingestellt werden) oder Verheißung vorgeschattet wurde, erfüllte sich im NT durch Jesus. Aber: ohne AT hat das NT kein Fundament und könnte leicht als hellenistische Mythologie, gnostische Lehre, lediglich Chiffrenbuch oder sonstwas missverstanden werden. Alles hat ihren Platz im religiösen und kulturellen Umfeld des Volkes Israel.
2) Schon Abraham wurde als Glaubensvater aller Völker bezeichnet. Dies wurde aber in Israel "vergessen". Den Messias-Verheißungen entsprechend musste Jesus erst den Juden verkünden. Er scheiterte aber daran, weil die Juden seine Messianität und das Reich Gottes anders verstanden, die "höhere Stufe" nicht mitgehen wollten, weil sie in ihrer Auserwähltheit verstockten und das Evangelium der Liebe abwiesen.
3) Ja, aber im Heilsplan Gottes so vorgesehen. Die "Vollzahl der Heiden" kann nur erreicht werden, die Verkündigung des Evangeliums "bis ans Ende der Welt" nur geschehen, weil die Juden verstockten. Seither hat Israel die heilgeschichtliche Aufgabe das Leben und Leiden des Messias als Volk immer noch sichtbar darzustellen, zu durchleben und -leiden.
Das AT wird somit eine Art Provisorium, das sich nach seiner Aufhebung durch das NT sehnte.
Eigentlich sehe ich das dialektisch genauso: AT eine Vorstufe seiner eigenen weiteren Entwicklung durch die ERfüllung des AT durch Jesus. - Bin ich jetzt Freikirchler? - Oder was meinen die genau?
Freikirchler und Sektierer dann, wenn du das Volk Israel, die Juden, aus der Heilsgeschichte verwirfst und nun nur du als "Besserchrist" elitär gerettet bist. Das AT sehnte sich nicht als Provisorium nach seiner Aufhebung durch das NT, sondern das NT ist die Erfüllungsbotschaft (Evangelium) auf dem Fundament des AT. Bedenke, dass Jesus selbst den Emmausjüngern sagt, die ganze Schrift (das AT) handle von ihm.
Gott schafft keine Provisorien, sondern schenkt jeweils in Zeit und Raum immer soviel Liebe hin zum besseren, wie sie von den Menschen gerade noch ertragen werden kann aufgrund ihrer Erbsünde.

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#392 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Di 6. Jun 2017, 18:57

Rembremerding hat geschrieben:Freikirchler und Sektierer dann, wenn du das Volk Israel, die Juden, aus der Heilsgeschichte verwirfst und nun nur du als "Besserchrist" elitär gerettet bist.
Ach Du lieber Gott. - Was es nicht alles gibt.

Rembremerding hat geschrieben:Das AT sehnte sich nicht als Provisorium nach seiner Aufhebung durch das NT, sondern das NT ist die Erfüllungsbotschaft (Evangelium) auf dem Fundament des AT.
Ich verstehe jetzt, was Du meinst - aber das wird kaum einer verstehen. - Denn ich verstehe bspw. Hiob schon als einen, der sich nach seiner "Aufhebung" sehnt - aber meine damit vermutlich etwas anderes als Du es darstellst.

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#393 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Rembremerding » Di 6. Jun 2017, 19:22

closs hat geschrieben:Ich verstehe jetzt, was Du meinst - aber das wird kaum einer verstehen. - Denn ich verstehe bspw. Hiob schon als einen, der sich nach seiner "Aufhebung" sehnt - aber meine damit vermutlich etwas anderes als Du es darstellst.
Siehst du Hiob vorrangig als eine Person, die einmal gelebt haben muss?
Aber dein Einwand zeigt doch in die richtige Richtung: In Hiob wirst du viele Parallelen zum Gottesknecht und dann zum Menschen Jesus finden.
Hiobs Aufhebung ist also heilsgeschichtlich geschehen in dem "darüber hinaus" des Christus. Der Erlöser von Hiob lebt und rettet. Hiob als Person wird nicht aufgehoben, sondern erhält mehr als je zuvor, er wird also emporgehoben. Dies ist die typische Art, wie beispielhaft konkret das AT auf zukünftiges geistiger Art hinweist.
Wenn du so willst: Hiob ist der Prototyp einerseits des Menschen, der von Satan in der Welt angegriffen Gott treu bleibt, anderseits auch des Menschen Jesus, der im Leid seine Verherrlichung erfährt.
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#394 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Di 6. Jun 2017, 23:54

Rembremerding hat geschrieben:Siehst du Hiob vorrangig als eine Person, die einmal gelebt haben muss?
Nein - warum spielt das eine Rolle?

Rembremerding hat geschrieben:Aber dein Einwand zeigt doch in die richtige Richtung: In Hiob wirst du viele Parallelen zum Gottesknecht und dann zum Menschen Jesus finden. Hiobs Aufhebung ist also heilsgeschichtlich geschehen in dem "darüber hinaus" des Christus.
So ist es. - Aber wo ist da der Widerspruch dazu, dass das AT eine Vorphase ("Wartestand") des NT ist? - Ich habe hier rein begriffliche Verständnis-Probleme - konkret: Was machen die von Dir genannten Evangelikalen mit ihrer "Provisoriums-Vorstellung" des AT anders, als wir hier gemeinsam als richtig zu interpretieren glauben?

Rembremerding hat geschrieben: Hiob ist der Prototyp einerseits des Menschen, der von Satan in der Welt angegriffen Gott treu bleibt, anderseits auch des Menschen Jesus, der im Leid seine Verherrlichung erfährt.
Richtig - mit dem Unterschied, dass er nur in einem Hoffnungsstand, nicht aber in einem Erfüllungs-Stand lebt - eine Naherwartung (auf die Auferstehung) hin ist noch nicht gegeben:
Hiob 19,
25 Doch ich, ich weiß: mein Erlöser lebt, als Letzter erhebt er sich über dem Staub.
26 Ohne meine Haut, die so zerfetzte, und ohne mein Fleisch werde ich Gott schauen.

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#395 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Rembremerding » Mi 7. Jun 2017, 10:49

closs hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:Siehst du Hiob vorrangig als eine Person, die einmal gelebt haben muss?
Nein - warum spielt das eine Rolle?
Würdest du es so sehen, müsste man erst verständlich machen, dass es mehrer Schriftsinne zur Auslegung der Hl. Schrift gibt. Aber bei dir ist dies nicht notwendig, du weisst das, alles o.k.
konkret: Was machen die von Dir genannten Evangelikalen mit ihrer "Provisoriums-Vorstellung" des AT anders, als wir hier gemeinsam als richtig zu interpretieren glauben?
Sie sehen Israel als Gottesvolk von Gott endgültig verworfen an, damit sie ihre Gemeinde/Sekte nun als das alleinige Gottesvolk betrachten können. Diesen Gruppen geht es um Exklusivität, um damit ihre Mitglieder an sich binden zu können oder neue Mitglieder einzufangen. Im Extremfall wird das AT gleich ganz verworfen (Marcionismus).
Im übrigen ist das AT kein "Provisorium", in dem Sinne, dass Gott es eigentlich hätte besser machen können.

Richtig - mit dem Unterschied, dass er nur in einem Hoffnungsstand, nicht aber in einem Erfüllungs-Stand lebt - eine Naherwartung (auf die Auferstehung) hin ist noch nicht gegeben
Ja, wie vieles im AT wird das spätere Heilsgeschehen bildlich, typisiert dargestellt. Hiob erhält materiell und in seinen Nachkommen ein vielfaches zurück.

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#396 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Mi 7. Jun 2017, 11:21

Rembremerding hat geschrieben:Sie sehen Israel als Gottesvolk von Gott endgültig verworfen an, damit sie ihre Gemeinde/Sekte nun als das alleinige Gottesvolk betrachten können
OK - verstanden. - Hier zeigt sich aus meiner Sicht, frei nach Ratzinger, "der Antichrist im Christentum".

Rembremerding hat geschrieben:wie vieles im AT wird das spätere Heilsgeschehen bildlich, typisiert dargestellt. Hiob erhält materiell und in seinen Nachkommen ein vielfaches zurück.
Das wird aber gerne falsch verstanden - im Sinne von: "Hiob hat das alles mitgemacht, weil er auf eine Belohnung geschielt hat". - Deshalb ist aus meiner Sicht der Hinweis wichtig, dass Hiob am Ende derart "kuriert" ist, dass er überhaupt nicht mehr mit einer positiven Reaktion Gottes rechnet.

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#397 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Rembremerding » Mi 7. Jun 2017, 14:07

closs hat geschrieben: Das wird aber gerne falsch verstanden - im Sinne von: "Hiob hat das alles mitgemacht, weil er auf eine Belohnung geschielt hat". - Deshalb ist aus meiner Sicht der Hinweis wichtig, dass Hiob am Ende derart "kuriert" ist, dass er überhaupt nicht mehr mit einer positiven Reaktion Gottes rechnet.
Richtig.
Hier wird erstmals der Tun-Ergehen-Zusammenhang gebrochen.
Im Exil mussten auch in den Augen der Juden Fromme und Gerechte leiden. Dies war ein weiterer Bruch dieses Zusammenhangs.
Blickt man dann auf die Makkabäerzeit, in der ebenfalls Gerechte und "Eiferer" für das Gesetz Unheil erfuhren, grausam getötet wurden, dann wird verständlich, dass hier nun auch die Vorstellung eines nachtodlichen "Nichts" fiel und die Auferstehung der Toten bei den Pharisäern im Glauben erkannt wurde. Ebenso ein heilvolles Wirken durch Gott an den Toten durch Fürbitte und Opfer der Lebenden.

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#398 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Mi 7. Jun 2017, 14:24

Rembremerding hat geschrieben:Hier wird erstmals der Tun-Ergehen-Zusammenhang gebrochen.
Genau hier fängt das Missverständnis des anthropozentrischen Denkens an - beginnend bei den Freunden Hiobs und anhaltend bis in unsere anthropozentrische Denkweise der Gegenwart.

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#399 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Fr 9. Jun 2017, 18:25

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, was wir heute Christentum nennen, hat nur peripher mit dem Juden Jesus und seiner jüdisch-religiösen Ideologie zu tun.
Das mag sein, wenn man kritisch-rational Jesus als Nur-Mensch setzt. - Das Christentum jedoch hat eine andere Setzung, nämlich dass der Jude Jesus göttlich war.
Auf Grund der Quellen muss man gar nicht seine Göttlichkeit voraussetzen. Die Veränderung seiner Lehre läßt sich auch so anhand der Quellen belegen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, nach mehrheitlicher Meinung der Forschung vertrat er einen jüdischen Nationalismus und religiösen Partikularismus.
Auch das kann nur dann sein, wenn man kritisch-rational Jesus als Nur-Mensch setzt.
Nee, siehe oben. Die Quellen bleiben die gleichen. Man kann sie nicht einfach beliebig ins Gegenteil uminterpretieren, nur weil das Glaubenskonstrukt es verlangt.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn überhaupt, dann wäre es nicht mein Irrtum, sondern der der kompletten Forschung. Soviel zu Dunning-Kruger.
Es ist Dunning-Kruger, wenn man methodische Ergebnisse als exklusive Ergebnisse versteht, weil man nicht auf die Idee kommt, dass es mit gleichem Recht andere Setzungen als die eigenen geben könnte. - Natürlich kann Forschung in EINEM Setzungs-System zu homogenen Ergebnissen kommen.
Nein, das ist nicht Dunning-Kruger. Dunning-Kruger ist, wenn ein Laie meint die komplette theologische Forschung belehren zu können, obwohl er nicht mal einen Bruchteil des Überblicks über die Quellen hat und von den Methoden der Forschung so gut wie nichts weiß.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie Theißen richtig bemerkt, wird in Anbetracht der nahen Königsherrschaft irdische Daseinsvorsorge obsolet.
Das kann man zeitlich verstehen ("ist eh bald vorbei")
Matth. 6,19ff
Vom Schätzesammeln und Sorgen
19 Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo Motten und Rost sie fressen und wo Diebe einbrechen und stehlen.
20 Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo weder Motten noch Rost sie fressen und wo Diebe nicht einbrechen und stehlen.
21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
22 Das Auge ist das Licht des Leibes. Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein.
23 Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein!
24 Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.
25 Darum sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?
26 Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie?
27 Wer ist aber unter euch, der seiner Länge eine Elle zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?
28 Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: Sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht.
29 Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen.
30 Wenn nun Gott das Gras auf dem Feld so kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird: Sollte er das nicht viel mehr für euch tun, ihr Kleingläubigen?
31 Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden?
32 Nach dem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft.
33 Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.
34 Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.

Wenn Jesus sagt: "Darum sorgt nicht für morgen", meint er es schlicht komplett anders als "ist eh bald vorbei", das Himmelreich ist (zeitlich im Sinne der HKM) nah.
Ich weiß gar nicht, ob die Forschung diese Passagen des erfindungsfreudigen Matthäus überhaupt für die Naherwartung heranzieht. Da gibt es bessere und eindeutigere Stellen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ich meine deine anmaßende Behauptung, die Juden würden ihre eigene Religon nicht verstehen.
Hä? - Verdrehst Du wieder mal? - Zur Klarstellung: IHRE Religion verstehen die Juden ganz sicher - es ging darum, dass sie etwas in Bezug zu Jesus anscheinend nicht verstehen (den konkreten Kontext habe ich gerade nicht im Kopf - wenn es wichtig ist, stelle es nochmals ein)
Die Juden sahen den schändlichen Tod als Beweis dafür an, dass er nicht der Messias sein konnte. Also im Verständnis der jüdischen Religion kann der Messias nicht als gewöhnlicher Verbrecher hingerichtet werden. Darauf meint der neunmalkluge closs:

Da haben sie halt was nicht verstanden - Tod und Auferstehung Jesu (natürlich als göttliche Person!) hat eine tiefe geistige Bedeutung, weil damit Gott selber einen Weg vor-geht, den ein Mensch aus eigener Kraft gar nicht gehen könnte.

Hier verwechselst du die jüdische Religion mit der "christlichen" Veränderung, die dann fälschlicherweise als authentisch zu Jesus gesehen wird.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es war eine Endzeitstimmung unter dem Eindruck der röm. Besatzungsmacht, in der man offenbar nach religiöser Literatur, bezw. Geschichten gierte.
Ja - ein Hype. - Und wer will, kann versuchen zu klären, welche dieser vielen Beiträge authentisch zum Denken und Meinen von Jesus ist. - Da gibt es keine Garantie, dass man immer ins Schwarze trifft, was aber nichts daran ändert, dass es Autoren gab, die im abgeklärten Abstand sehr nah an Jesu Botschaft waren.
Deshalb zählt die Naherwartung dazu, weil sie unschwer hätte erfunden werden können.
Übrigens: im "abgeklärten Abstand" neigen die Menschen erst recht dazu, ihre eigenen theologischen Vorstellungen auf Jesus zu projizieren, wie man an den Texten leicht sieht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Selbstverständlich kann sie "geistige Elemente" berücksichtigen. Sie muss sie sogar berücksichtigen, wenn sie zwischen den unterschiedlichen Traditionen und Theologien unterscheiden will. Genau das tut sie. Lies einfach mal Literatur dazu.
Damit ist es nicht getan - ich stolpere viel früher:
Das merken wir alle, nur dass du selbst es nicht wahrhaben willst. :lol:

closs hat geschrieben: Wie kann eine HKM, die sich auf den Kritischen Rationalismus beruft, bei dem Geistig-Spirituelles programmatisch ausgeschlossen ist, geistige Elemente eines Texte berücksichtigen? - Wieder mal nicht naß werden wollen, aber trotzdem die Dusche aufdrehen?
Wie man an der Forschung sieht, kann sie es.
Du verwechselst es wie immer mit "dran glauben".


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Steven Weinberg Zitats: „Religion ist eine Beleidigung der Menschenwürde. Mit ihr oder ohne sie würden gute Menschen Gutes tun und böse Menschen Böses. Aber damit gute Menschen Böses tun, bedarf es der Religion.“
Eine wahrhaftige Heldentat, aus der Entsagung eigener Geistigkeit eine Waffe dieser Art zu schmieden.
Weinberg geht es nicht um Heldentaten, sondern um eine Beschreibung der Historie. Und da traf sein Satz leider nur allzuoft zu. Kann man heute noch live beim radikalen Islam beobachten. Weinberg trifft genau ins Schwarze.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mit solch einer Setzung kann man 1000 andere Götter "beweisen", deshalb geht die Forschung auch so nicht vor. Es führt zu abolut nichts.
"Beweisen" kann man grundsätzlich nichts mit Setzungen - egal ob dies die HKM oder die christliche Hermeneutik betrifft. Das wäre ein grandioses Missverständnis.
Eben, deshalb läßt die Forschung Setzungen beiseite. Sie "setzt" höchstens, dass religiöse Texte genau so zu behandeln sind wie andere auch.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist kein Wunder, wenn bei einem so großen Textmischmasch mit unterschiedlichsten Traditionen und Theologien der Interpretationsspielraum derart groß ist. Um so unverständlicher und grob fahrlässig war es, die Texte als "Gottes Wort" in Stein zu meißeln.
Mit "Wort" ist eigentlich "logos" gemeint.
Es ändert nichts daran, dass die Glaubenspropagandaschriften zu historischen Tatsachenberichten umdeklariert wurden, unter Berufung darauf, dass sie Gottes nicht anzweifelbares Wort seien. Die Folgen waren fatal, im Christentum genau so wie im Islam.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Natürlich kann man sich mit glaubensdogmatischen Prämissen so ziemlich alles zusammenreimen, wie es einem gefällt. Nur mit Wissenschaft hat das nichts zu tun.
Deshalb beharre ich doch so sehr darauf, dass die HKM lupenrein als Sach-Disziplin auftritt und die substantielle Deutung der Hermeneutik überläßt.
Die Trennung zwischen wissenschaftlicher und glaubensdogmatischer Abteilung gibt es doch längst.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Thaddäus
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#400 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Thaddäus » Fr 9. Jun 2017, 18:42

closs hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:Hiob erhält materiell und in seinen Nachkommen ein vielfaches zurück.
Das wird aber gerne falsch verstanden - im Sinne von: "Hiob hat das alles mitgemacht, weil er auf eine Belohnung geschielt hat". - Deshalb ist aus meiner Sicht der Hinweis wichtig, dass Hiob am Ende derart "kuriert" ist, dass er überhaupt nicht mehr mit einer positiven Reaktion Gottes rechnet.
Hiob gehört nicht deshalb zur echten Weltliteratur (anders als z.B. alle prophetischen Bücher oder der unerträgliche Leviticus oder die sterbenslangweiligen Chroniken etc.), weil sich am Ende für Hiob alles zum Guten wendet und Gott ihn belohnt (das ist eher seichtes Happyend). Es gehört zur echten Weltliteratur, weil Hiob JHWH selbst - und zwar völlig zurecht - anklagt, kein gerechter und schon gar kein liebender Gott zu sein. Hiob wirft die moralische Frage gegen Gott auf - und der Leser weiß, dass er damit im Recht ist. Damit reicht das Buch an die großen Tragödien der Griechen heran, die die Fragen von Schuld, Verblendung und rechtem Handeln gegenüber den menschlcihen Gesetzen wie den göttlichen stellen. Z.B. Antigone, die verpflichet ist, dem Gesetz des Königs zu folgen, ihren hingerichteten Verwandten nicht begaben zu dürfen und dem göttlichen Gesetz, welches eine Bestattung fordert. Oder Ödipus, der unwissentlich den eigenen Vater tötet und seine Mutter heiratet und damit gegen fundamentales göttliches Gesetz verstößt, den dabei aber keine eigentliche Schuld trifft, da er nicht weiß, dass es sich um Vater und Mutter handelt (und diese nicht ihren Sohn erkennen können). Seine Schuld ist die Verblendung, fortwährend nicht einzusehen, dass seinetwegen die Pest Theben heimsucht, obwohl alle Indizien am Ende darauf hinauslaufen, dass er und niemand anderes sich schuldig gemacht hat (wenn auch unwissentlich).

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