closs hat geschrieben:sven23 hat geschrieben:Nein, was wir heute Christentum nennen, hat nur peripher mit dem Juden Jesus und seiner jüdisch-religiösen Ideologie zu tun.
Das mag sein, wenn man kritisch-rational Jesus als Nur-Mensch setzt. - Das Christentum jedoch hat eine andere Setzung, nämlich dass der Jude Jesus göttlich war.
Auf Grund der Quellen muss man gar nicht seine Göttlichkeit voraussetzen. Die Veränderung seiner Lehre läßt sich auch so anhand der Quellen belegen.
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, nach mehrheitlicher Meinung der Forschung vertrat er einen jüdischen Nationalismus und religiösen Partikularismus.
Auch das kann nur dann sein, wenn man kritisch-rational Jesus als Nur-Mensch setzt.
Nee, siehe oben. Die Quellen bleiben die gleichen. Man kann sie nicht einfach beliebig ins Gegenteil uminterpretieren, nur weil das Glaubenskonstrukt es verlangt.
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn überhaupt, dann wäre es nicht mein Irrtum, sondern der der kompletten Forschung. Soviel zu Dunning-Kruger.
Es ist Dunning-Kruger, wenn man methodische Ergebnisse als exklusive Ergebnisse versteht, weil man nicht auf die Idee kommt, dass es mit gleichem Recht andere Setzungen als die eigenen geben könnte. - Natürlich kann Forschung in EINEM Setzungs-System zu homogenen Ergebnissen kommen.
Nein, das ist nicht Dunning-Kruger. Dunning-Kruger ist, wenn ein Laie meint die komplette theologische Forschung belehren zu können, obwohl er nicht mal einen Bruchteil des Überblicks über die Quellen hat und von den Methoden der Forschung so gut wie nichts weiß.
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie Theißen richtig bemerkt, wird in Anbetracht der nahen Königsherrschaft irdische Daseinsvorsorge obsolet.
Das kann man zeitlich verstehen ("ist eh bald vorbei")
Matth. 6,19ff
Vom Schätzesammeln und Sorgen
19 Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo Motten und Rost sie fressen und wo Diebe einbrechen und stehlen.
20 Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo weder Motten noch Rost sie fressen und wo Diebe nicht einbrechen und stehlen.
21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
22 Das Auge ist das Licht des Leibes. Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein.
23 Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein!
24 Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.
25 Darum sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?
26 Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie?
27 Wer ist aber unter euch, der seiner Länge eine Elle zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?
28 Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: Sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht.
29 Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen.
30 Wenn nun Gott das Gras auf dem Feld so kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird: Sollte er das nicht viel mehr für euch tun, ihr Kleingläubigen?
31 Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden?
32 Nach dem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft.
33 Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.
34
Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.
Wenn Jesus sagt: "Darum sorgt nicht für morgen", meint er es schlicht komplett anders als "ist eh bald vorbei", das Himmelreich ist (zeitlich im Sinne der HKM) nah.
Ich weiß gar nicht, ob die Forschung diese Passagen des erfindungsfreudigen Matthäus überhaupt für die Naherwartung heranzieht. Da gibt es bessere und eindeutigere Stellen.
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ich meine deine anmaßende Behauptung, die Juden würden ihre eigene Religon nicht verstehen.
Hä? - Verdrehst Du wieder mal? - Zur Klarstellung: IHRE Religion verstehen die Juden ganz sicher - es ging darum, dass sie etwas in Bezug zu Jesus anscheinend nicht verstehen (den konkreten Kontext habe ich gerade nicht im Kopf - wenn es wichtig ist, stelle es nochmals ein)
Die Juden sahen den schändlichen Tod als Beweis dafür an, dass er nicht der Messias sein konnte. Also im Verständnis der jüdischen Religion kann der Messias nicht als gewöhnlicher Verbrecher hingerichtet werden. Darauf meint der neunmalkluge closs:
Da haben sie halt was nicht verstanden - Tod und Auferstehung Jesu (natürlich als göttliche Person!) hat eine tiefe geistige Bedeutung, weil damit Gott selber einen Weg vor-geht, den ein Mensch aus eigener Kraft gar nicht gehen könnte.
Hier verwechselst du die jüdische Religion mit der "christlichen" Veränderung, die dann fälschlicherweise als authentisch zu Jesus gesehen wird.
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es war eine Endzeitstimmung unter dem Eindruck der röm. Besatzungsmacht, in der man offenbar nach religiöser Literatur, bezw. Geschichten gierte.
Ja - ein Hype. - Und wer will, kann versuchen zu klären, welche dieser vielen Beiträge authentisch zum Denken und Meinen von Jesus ist. - Da gibt es keine Garantie, dass man immer ins Schwarze trifft, was aber nichts daran ändert, dass es Autoren gab, die im abgeklärten Abstand sehr nah an Jesu Botschaft waren.
Deshalb zählt die Naherwartung dazu, weil sie unschwer hätte erfunden werden können.
Übrigens: im "abgeklärten Abstand" neigen die Menschen erst recht dazu, ihre eigenen theologischen Vorstellungen auf Jesus zu projizieren, wie man an den Texten leicht sieht.
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Selbstverständlich kann sie "geistige Elemente" berücksichtigen. Sie muss sie sogar berücksichtigen, wenn sie zwischen den unterschiedlichen Traditionen und Theologien unterscheiden will. Genau das tut sie. Lies einfach mal Literatur dazu.
Damit ist es nicht getan - ich stolpere viel früher:
Das merken wir alle, nur dass du selbst es nicht wahrhaben willst.
closs hat geschrieben:
Wie kann eine HKM, die sich auf den Kritischen Rationalismus beruft, bei dem Geistig-Spirituelles programmatisch ausgeschlossen ist, geistige Elemente eines Texte berücksichtigen? - Wieder mal nicht naß werden wollen, aber trotzdem die Dusche aufdrehen?
Wie man an der Forschung sieht, kann sie es.
Du verwechselst es wie immer mit "dran glauben".
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Steven Weinberg Zitats: „Religion ist eine Beleidigung der Menschenwürde. Mit ihr oder ohne sie würden gute Menschen Gutes tun und böse Menschen Böses. Aber damit gute Menschen Böses tun, bedarf es der Religion.“
Eine wahrhaftige Heldentat, aus der Entsagung eigener Geistigkeit eine Waffe dieser Art zu schmieden.
Weinberg geht es nicht um Heldentaten, sondern um eine Beschreibung der Historie. Und da traf sein Satz leider nur allzuoft zu. Kann man heute noch live beim radikalen Islam beobachten. Weinberg trifft genau ins Schwarze.
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mit solch einer Setzung kann man 1000 andere Götter "beweisen", deshalb geht die Forschung auch so nicht vor. Es führt zu abolut nichts.
"Beweisen" kann man grundsätzlich nichts mit Setzungen - egal ob dies die HKM oder die christliche Hermeneutik betrifft. Das wäre ein grandioses Missverständnis.
Eben, deshalb läßt die Forschung Setzungen beiseite. Sie "setzt" höchstens, dass religiöse Texte genau so zu behandeln sind wie andere auch.
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist kein Wunder, wenn bei einem so großen Textmischmasch mit unterschiedlichsten Traditionen und Theologien der Interpretationsspielraum derart groß ist. Um so unverständlicher und grob fahrlässig war es, die Texte als "Gottes Wort" in Stein zu meißeln.
Mit "Wort" ist eigentlich "logos" gemeint.
Es ändert nichts daran, dass die Glaubenspropagandaschriften zu historischen Tatsachenberichten umdeklariert wurden, unter Berufung darauf, dass sie Gottes nicht anzweifelbares Wort seien. Die Folgen waren fatal, im Christentum genau so wie im Islam.
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Natürlich kann man sich mit glaubensdogmatischen Prämissen so ziemlich alles zusammenreimen, wie es einem gefällt. Nur mit Wissenschaft hat das nichts zu tun.
Deshalb beharre ich doch so sehr darauf, dass die HKM lupenrein als Sach-Disziplin auftritt und die substantielle Deutung der Hermeneutik überläßt.
Die Trennung zwischen wissenschaftlicher und glaubensdogmatischer Abteilung gibt es doch längst.