AlTheKingBundy hat geschrieben:Offb 22,10: Und er spricht zu mir: Versiegle nicht die Worte der Weissagung dieses Buches! Denn die Zeit ist nahe.
Diese Vers ist in der Tat knifflig, ebenso
Off 1:3. Das hier mit "nahe" übersetzte griechische Wort lautet an beiden Stellen εγγÏÏ‚ (Transliteration
eggus; Transkription
engus) und bedeutet auch tatsächlich
nah(e).
Eine Lösung könnte meiner Meinung nach darin bestehen, die prophetische Symbolsprache der eschatologischen Apokalyptik nicht zwingenderweise buchstäblich aufzufassen. Das Panorama der prophetischen Perspektive entfaltet sich in der Apokalypse des Johannes in konziser Abfolge von Visionen, deren Zuverlässigkeit durch die "Nähe" im Sinne eines
ekstatischen Zeitverständnisses betont wird (vgl. bitte
Off 21:5 u.
22:6²)
²εν
ταχει (
en táchei), wie in Off 1:1
AlTheKingBundy hat geschrieben:Offb 22,20: Der diese Dinge bezeugt, spricht: Ja, ich komme bald. Amen; komm, Herr Jesus!
An dieser Stelle steht im griechischen Grundtext εν ταχει (
en táchei). Die deutsche Übersetzung mit "bald" erscheint mir etwas unglücklich; treffender wäre meiner Meinung nach die Übersetzung
„in Schnelligkeit“ o.
„plötzlich“. Dies passt auch zu den Gedanken, dass Jesus
»plötzlich und unerwartet wie ein Dieb« kommt (s.
Off 16:15).
Schon im ersten Vers der Apokalpyse heißt es gem. der allg. vertrauten Luther-Übersetzung
"in Kürze" (s. Off 1:1) und in der
King James Bible lesen wir
"shortly" (Off 1:1). Ein Blick in das "Wörterbuch" erklärt:
Zitat aus "Strongs Dictionary" der KJV:
tachos
takh'-os
...
+ quickly, + shortly, + speedily.
Dieser Gedanke der Schnelligkeit (
quickly) findet sich auch in den Versen
Off 3:11,
22:7 und
22:12.
Im griechischen Grundtext steht in diesen Versen das Wort ταχυ, (Transliteration:
tachu / Transkription:
takhu), welches
quickly bzw.
schnell bedeutet. Dieses deutet m. E.
nicht auf ein baldiges Kommen hin, sondern auf ein
plötzliches, welches zeitlich unbestimmt bleibt.
AlTheKingBundy hat geschrieben:1Joh 2,18: Kinder, es ist die letzte Stunde, und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist kommt, so sind auch jetzt viele Antichristen aufgetreten; daher wissen wir, dass es die letzte Stunde ist.
"Johannes" bezieht sich mit diesen Worten meiner Meinung nach nicht auf die Apokalypse oder die
parousÃa Jesu, sondern auf seinen baldigen Tod (vgl. bitte
Apg 20:29,
2Thess 2:3 u.
2Thess 2:7).
Er spricht seine christlichen "Geschwister" mit "Kinder" an. Dies passt zu den anderen johanneischen Briefen, in denen sich der Schreiber als
"der Älteste" (
presbýteros) bezeichnet.
Zugegeben, dies ist eine bestreitbare Interpretation, da
Presbýteros im NT eine allgemeine Bezeichnung für führende Männer (Älteste) in der urchristlichen Gemeinde ist; dies muss nicht auf ein hohes Lebensalter hinweisen. Doch i.V.m. der frühkirchlichen Überlieferung und der Anrede "Kinder" scheint es mir hier doch der Fall zu sein, denn die "apostolische Autorität", mit der der Schreiber in seinen Briefen ganz selbstverständlich auftritt, scheint mir auch über der von
Presbýteroi und
EpÃskopoi zu liegen, von denen es in den angeschriebenen Gemeinden sicher viele gab. Die Stellung des Schreibers scheint mir eher vergleichbar mit Paulus und Petrus zu sein. Solange er noch dar war, konnte er den Antichristen in der Urchristengemeinde entgegenwirken. Doch es war die
"letzte Stunde" und nach seinen Fortgang würden sie am Einfluss gewinnen. (Diese Interpretation ist natürlich sehr unkatholisch.)