closs hat geschrieben:Halman hat geschrieben:Theologen, wie Gerd Theißen, legen ihre Grundlagen doch offen. Seine Wissensansprüche (Exegese) begründet er damit, dass er sie auf Grundlage der historisch-kritischen Methode erlangt hat. Die HKM ist hier also die Grundlage.
Nachdem ich Deinen ganzen Beitrag gelesen habe, bevor ich Dir hier antworte, kann ich Dir bereits hier zusammenfassend die Frage stellen: "Was ist HKM?". - Formal ist die Antwort kein Problem, aber inhaltlich.
Begründung: Wir schwimmen hier alle in Bezug auf den Unterschied zwischen Exegese und Hermeneutik. - Das drückt sich - ich greife voraus - dadurch aus, dass Du die Hermeneutik als "VOR der Exegese" verstehst (auch Thaddäus scheint es so zu sehen) - und ich die Hermeneutik NACH der Exegese sehe.
Vielleicht ist es falsch eine Reihenfolge festlegen zu wollen. Wenn ich Deinen Beitrag verstehen will, so durchdringt die Hermeneutik, so wie ich es zurzeit verstehe, den ganzen Rezeptionsprozess. Wie sollte denn die "Kunst des Verstehens" am Anfang abgakt werden? Sie ist meine Art zu Lesen, um zur Interpretation (Exegese) zu gelangen.
Falls dies richtig ist, betreibt der Exeget Exegese durch den Gebrauch der Hermeneutik.
closs hat geschrieben:Deshalb hier nochmals Zitate von A.Schweiger (aus: "Exegese - Hermeneutik"):
"Bevor ich in die Lage komme einen biblischen Text zu verstehen, und dieses Verständnis mein Leben zu bestimmen vermag, muss ich mich ... fragen: Was finde ich in dem Abschnitt überhaupt vor? Mit der Klärung dieser Frage beschäftigt sich die Exegese (griechisch: exegeomai – herausführen, auseinander setzen, beschreiben, darstellen).
A. Schritte in der Exegese
1. Zunächst frage ich: Was steht eigentlich da?
...
2. Die grammatische Analyse
...
3. Die Klärung der Begriffe
...
4. Die Einordnung in den Kontext
Wir haben den geistlichen und den zeitgeschichtlichen Kontext zu berücksichtigen. So wie jedes Wort nur durch seine Stellung in einem bestimmten Satz seine jeweilige Bedeutung erhält, so ist jeder Bibelvers in einem bestimmten Zusammenhang niedergeschrieben. Ich darf ihn nicht daraus lösen, wenn ich Fehlaussagen vermeiden will. "
Auf welche Art der Exegese bezieht sich A. Schweiger? Die historisch-kritische? Der Beschreibung nach scheint mir dies so.
closs hat geschrieben:So kenne ich Exegese "von früher" auch: Eine eher technische Disziplin, die viel Detail-Arbeit erfordert: Sprache, Begriffsklärung, Kontext - wobei aus meiner Sicht "Kontext" sowohl als "innerhalb der Bibeltexte" als auch "in Bezug auf politische, historische, soziale Umfelder in der Zeit (und übrigens auch des Textverfassers)" zu verstehen ist.
Ja, nun leuchtet es mir ein. Lass uns mal versuchen die Erklärungen aus Wikipedia im "Lichte von A. Schweiger" einzuordnen. Dabei werde ich "Kernaussagen" für unsere Diskussion farblich hervorheben.
1.
Exegese
Exegese (altgriechisch á¼Î¾Î®Î³Î·ÏƒÎ¹Ï‚ exÄ“gesis ‚Auslegung‘, ‚Erläuterung‘) ist die Auslegung bzw. Interpretation von Texten. Die zentralen Aussagen, Inhalte und Strukturmerkmale eines Textes sollen für den Leser verdeutlicht und zugänglich gemacht werden. Im Alltagssprachgebrauch wird der Ausdruck meist mit Bezug auf heilige Schriften der Buchreligionen verwendet. Der Ausdruck ist aber auch im Zusammenhang mit der Auslegung juristischer oder anderer Texte anzutreffen.
Strukturmerkmale, wie Wiederholungen ("Und Gott sprach ..." usw.), Parallelismus (Stilmittel hebräischer Poesie) usw. werden erkannt und der Text im zeitgeschichtlichen Kontext eingeordnet.
2.
biblische Exegese
Die biblische Exegese ist die Auslegung von Texten des Alten und Neuen Testaments in der christlichen Theologie und für die Glaubenspraxis. Mit ihrer Hilfe sollen fachlich gebildete Leser sowie Laien die Aussagen und Inhalte, die historischen und textlichen Zusammenhänge der biblischen Texte erfassen.
...
Die biblische Exegese ist von der Biblischen Hermeneutik zu unterscheiden. Exegese ist die praktische Auslegung eines (biblischen) Textes, Hermeneutik beleuchtet und klärt die Voraussetzungen und die Ziele einer Auslegung.
Diese Erklärung stimmt mit der von A. Schweiger und Dir überein. Die Hermeneutik scheint mir "tiefer" in dem Sinne zu gehen, dass sie auch andere Rezeptionsebenen ausleuchtet und so den Text in einem "Dialog" mit dem Rezipienten treten lässt.
Der Exeget bleibt im Idealfall hingegen distanziert und analysiert Kriterien, wie Textgattung, Spannungen (Widersprüche) usw.
Verstehe ich dies so richtig, oder bin ich auf dem Holzweg?
Oftmals kann man Begriffe besser verstehen, wenn man die Antonyme betrachtet, jedenfalls geht es mir so. Die "Blick auf das Antonym" ist sozuagen eine einfache hermeneutische Methode von mir.
Zur
Eisegese erklärt Wikipedia:
„Eisegese“ ist eine Neubildung zum Begriff Exegese (Textauslegung). Das Wort setzt sich aus der griechischen Vorsilbe εἰς (eis, ‚hinein‘), dem Verb ἡγεῖσθαι (hegeisthai, ‚führen, leiten‘) und der Endung -σἰς für das Verbalsubstantiv (nomen actionis) zusammen. Man kann es als dessen Verballhornung begreifen, indem die Vorsilbe „ex-“ (heraus-) durch die Vorsilbe „eis-“ (hinein-) ersetzt ist.
Auch dies stimmt mit der von Dir zitierten Erklärung von A. Schweiger und Deinen Aussagen überein: Exegese nimmt aus dem Text Aussagen heraus, die innertextlich objektivierbar enthalten sind (werkimmanent), analysiert die Gramatik und verwendete Begriffe im Grundtext (althebriäsch, aramäisch, altgriechisch).
Ein Beispiel: Im Johannesevengelium ist von einem anonymen Lieblingsjünger die Rede. Dabei wird meistens die Wendung gebraucht:
„der Jünger, den Jesus liebte“ (μαθητὴν, ὃν ἠγάπα ὠἸησοῦς).
Traditionell gilt Johannes als dieser Jünger, doch innertextlich geht dies so streng genommen nicht aus dem Evangelium hervor.
Quelle::
Einleitung in das Neue Testament - Google Books
Objektivierbar ist, dass damit nicht Petrus gemeint sein kann, wie zweifelsfrei aus
Joh 21:20 hervorgeht.
20 Petrus wandte sich um und sieht den Jünger nachfolgen, den Jesus liebte, der sich auch bei dem Abendessen an seine Brust gelehnt und gesagt hatte: Herr, wer ist es, der dich überliefert?
Ob nun Johannes der Lieblingsjünger ist oder nicht, ist umstritten. Unstrittig ist, dass Petrus nicht der besagte Jünger ist. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Deutunspielraum des Rezeptenten nicht nicht
völlig beliebig ist.
Schauen wir in die bibelwissnschaftliche Erklärung zur
Bibelauslegung, historisch-kritische (AT) hinein.
Exegese ist das analytische Bemühen, durch Anwendung philologischer und historischer Methoden die kanonischen Schriften des Alten und Neuen Testaments zu verstehen. Als Leitmethode wissenschaftlicher Bibelauslegung bemüht sich die historisch-kritische Exegese zu ermitteln, welchen Sinn ein biblischer Text zur Zeit seiner Abfassung hatte. Sie berücksichtigt dabei, dass sich dieser Sinn durch Erweiterungen und Veränderungen gewandelt haben kann.
Die HKM ist also
1. analytisch (achtet z.B. auf Spannungen, Brüche usw.)
2. philologisch (also sprachwissenschaftlich und anaylsiert Begriffe, Grammatik usw.) und
3. historisch (zeitgeschichtlicher Kontext, Textgeschichte/Redaktionskritik).