closs hat geschrieben:Eigentlich nicht. - Es gibt nicht umsonst regen Austausch mit jüdischen Rabbis und moslemischen Imamen. - Jeder von den dreien meint zwar, das beste Los gezogen zu haben, erkennt aber an, dass der jeweils andere am selben Strick zieht - im Gegensatz zum Materialismus.
Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Wenn alle drei am selben Strick ziehen, weil sie alle drei die "Verweltlichung" ablehnen und bekämpfen wollen, dann wundert mich der Schulterschluss nicht. In anderen Threads wird hier sehr gegen den Islam argumentiert und ihm apokalyptisch die Rolle des Antichristlichen zugeschanzt (usw.). Der Islam ist für viele ein Reizthema - und jetzt sollen gerade Islam, Judentum und Christentum brüderlich zusammenarbeiten? Passiert das nicht nur bei Vorzeigekonferenzen? Der IS wird keine Vertreter zu solchen Austauschveranstaltungen schicken, denke ich.
Tyrion hat geschrieben:Das "weltliche Weltbild" (fällt dir das "Welt" in "Weltbild" auf?) wird hingegen anhand beobachtbarer Daten verfeinert, abgeändert, verbessert.
INNERHALB seines materialistischen Rahmens - das ist so, als würdest Du Dein Haus ständig renovieren, aber es nie verlassen.
Und wenn dem so wäre - was wäre daran verkehrt? Ich kenne mein Haus, ich mag mein Haus, ich will verstehen, warum in der einen Wand die Nägel nicht halten und wo es warum wann zieht. Und ich will es besser verstehen lernen. Das heißt nicht, dass ich weiß, was außerhalb dieses Hauses alles los ist, was es da gibt. Aber ich höre dann Worte wie "der Kampf zwischen..." oder "dein Herumreaprieren ist Satan" und ähnliches. Und da frage ich mich, was ich denen, die meinen, allesmögliche außerhalb des Hauses zu deuten (ohne dabei selbst zu wissen, wie es da aussieht), getan habe, dass sie meine Heimwerkertätigkeit so abschätzig sehen, als Satan verunglimpfen und mich bekämpfen. Warum darf ich dann nicht sagen, dass ich mich nur um das Haus kümmern will? Ist das bereits zu viel verlangt? Muss ich irgendwas blind annehmen, was außerhalb ist, um nicht bekämpft und beschimpft zu werden?
Nebenbei: "Welt" heißt der Raum, in dem der Mensch im Erdenleben ist.
Was ist dann so verkehrt, so schlecht am Begriff "Welt"? Warum darf man die Welt nicht erklären wollen? Warum wird man von ID-Fanatikern verfolgt und unlauter wegpolemisiert, wenn man Evolution und ihre Mechanismen beschreibt?
- Biblisch beginnend mit dem "Sündenfall" und endend mit Ende der "Weltzeit", wenn das Materielle wieder ins Geistige zurückkehrt.
Falls das jemals so war oder jemals geschehen wird. Auch du hast keine Ahnung, was außerhalb des Hauses passiert. Du glaubst einer uralten Schrift, weil du nunmal hier sozialisert wurdest, wo man an diese Schrift glaubt. Du vermutest daher, du weißt nicht. Vielleicht gab es keinen Sündenfall. Deshalb: Schuster, bleib bei deinen Leisten und betrachte das, was du betrachten kannst.
- Und da wir nun mal jetzt in dieser Welt leben, nennt man "es" Weltanschauung".
Klar, die Sicht auf unsere Welt.
Franziskus meint, dass das Wesen weltlichen Denkens "satanisch" ist - mit "Geist der Welt" meint er NICHT, dass jemand als Handwerker nachdenkt, wie er einen Schrank bauen soll, sondern dass der Mensch die Welt nur als materialistische Größe versteht.
Und das ist extrem anmaßend, denn "satanisch" ist für ihn nicht positiv besetzt, sondern extrem abwertend gemeint. Was ist an weltlichem Denken schlecht? Mit welchem Recht kanzelt dieser Mensch andere Menschen dermaßen ab? Und natürlich meint er "den Handwerker" aus deinem Bild. Franziskus weiß selbst nicht, was die Welt ist. Natürlich kann da etwas sein, was wir nicht beobachten können. Aber es muss doch nicht jeder spekulieren, was da dann sein mag. Die Trennung ist doch dann nur künstlich. Es gibt beobachtbare, beschreibbare Aspekte der Welt und es gibt nicht beobachtbare, unbeschreibbare Aspekte. Man muss sich als Mensch nicht den Kopf zerbrechen, was es an unbeschreibbaren Dingen geben mag. Vielleicht gibt es Jahwe, vielleicht das Fliegende Spaghettimonster - niemand kann es wissen, man kann nur vermuten. Die Anmaßung derer, die vermuten, dass die, die nicht oder anders vermuten, Satan vertreten, ist unerträglich arrogant und feindselig.
Ich sage ja: es wird eine logische Sicht auf unsere Welt verteufelt. Kein Naturwissenschaftler wird aber einen Menschen verteufeln, der sagt "Ich glaube an Gott". Eher wird er entweder sagen "Ich auch - wie stellst du dir Gott vor?" oder "ich nicht". Ja und? Wo ist das Problem?
- Letztlich läuft das zusammen in dem Johannes-Satz des "Fürsten der Welt", der Jesus in der Wüste Königreiche anbietet - zu verstehen als letztliche Befriedigungs-Größen im Materiellen.
Viel zu einfach. Es ist eben die Ablehnung allen Rationalen - wer nicht ohne zu hinterfragen alles nachplappert, was der Chefguru vorplappert, ist unbequem. Das einfachste ist es, den, der erstmal beim Rationalen bleiben will, zu verteufeln. Der Fürst der Welt - wie arm wäre es, wenn man an Gott glaubt, aber meint, Gott hätte keine Macht über die Welt, denn diese wird von dem Fürsten Satan regiert (ist dann Satan nicht auch ein Gott - und soll es nicht nur einen Gott geben?). Ich weiß schon, was du meinst: "Welt" soll sein "Geld", "Eigennutz", "Egoismus". Für mich ist "Welt" die Erde, die Lebensformen, die Naturgesetze, die Sterne, unsere Galaxie, das Universum - das Beobachtbare. Und das soll gottlos sein und nur von Satan beherrscht werden - seltsame Weltanschauung. Und die nehme ich auch Franziskus nicht ab.
Daher ist für mich dieses "weltliches Denken = Satan" ein übles Denkmuster aus dem Mittelalter, das zu viel Leid führte. Und Franziskus lernt wohl nicht aus der Geschichte. Schade... Naja, dafür will er die Mission neu ankurbeln.
Tyrion hat geschrieben: Das christliche Weltbild kämpft verzweifelt gegen Fakten, gegen Wahrnehmung und Beobachtung an.
Es gibt auch heute noch Denominationen, denen man das vorwerrfen kann - die drei mir bekannten großen Kirchen (RKK, ev., orthodox) betrifft längst nicht mehr.
Naja - offiziell nicht (die "drei" großen Kirchen, orthodoxe Kirchen gibt es mehrere). Im Geiste durchaus - allein die Rhetorik (die du auch bemühst): "Kampf", "Satan" usw....
Tyrion hat geschrieben:ich sehe eine Seite, die Vorhersagen treffen möchte, die Erklärungsmodelle aufstellt und sich immer der Fehlbarkeit der Sichtweise bewusst ist.
Das passt bspw. zur Naturwissenschaft - aber das meint Franzsikus überhaupt nicht. - Es geht ihm nicht um technische, sondern ausschließlich um geistige Fragen.
Dann soll er das auch so asudrücken. Ich bin Naturwissenschaftler. Ich vertrete daher ein naturwissenschaftliches Weltbild. Franziskus wird dem sicher nicht widersprechen. Er wird zwar anmerken, dass es mehr gebe, als das, was mein Weltbild beinhaltet. Aber was dieses "Mehr" ist, weiß er auch nicht. Und letzten Endes macht er mich dann mit runter, wenn er davon redet, dass die rein weltliche Sichtweise Satan bedeutet (als konkretes Beispiel). Oder muss ich immer bei wissenschaftlichen Publikationen einen Disclaimer anbringen, dass ich mir bewusst bin, dass es jenseits des Beobachtbaren noch andere Dinge geben mag und man meine Publikation nicht als satanistisch nagehaucht interpretieren soll? Sorry, so einen Mumpitz würde ich nicht mitmachen. Ich lasse Franziskus sein Weltbild, solange er keine Menschen darauf aufbauend verfolgt, verletzt, folter oder tötet (und ja, ich weiß, das macht er nicht - wobei man Dinge wie Exorzismus auch in den Bereich "Menschen aus dem Glauben heraus schaden" rücken kann, aber da will ich jetzt nicht so kleinlich sein). Dann soll er mir meines auch lassen. Ich habe das Recht, atheistisch zu denken. Genauso hat Franziskus das Recht, theistisch zu denken. Deshalb ist keiner von uns beiden Satan oder von ihm inspiriert.
Tyrion hat geschrieben:Dennoch dürftest du dich nicht versündigen, wenn du deinen Herd nutzt und nicht auf offenem Feuer deine Speisen zubereitest. Wo bekämpft also das weltliche Bild dein christliches?
Auf dieser technischen Ebene nirgends - der ganze Ansatz ist abwegig. - Darum geht es nicht.
Warum sollte das abwegig sein? Die Technik basiert auf rein weltlicher Sichtweise. Der Herd entstand nicht durch Gebet und Meditation. Und rein weltliche Sicht ist ja so schlecht, dass es zum Kampf kommen muss/soll (deine Ausdrucksweise). Warum verbündest du dich mit deinem Feind und genießt die positiven Seiten desselben?
Ich will dir ja nur zeigen, dass dieses Aufbauen von Feindbildern unnötig, nein: schädlich ist. Denk nicht an Kampf, denk an Austausch. Denk nicht an Streit, denk an Diskussion (ich wiederhole mich...).
Tyrion hat geschrieben:ich sehe die andere Seite, die weiterhin die naturwissenschaftliche Seite verteufelt, niedermacht und vehement bekämpft (siehe auch hier im Forum).
Aus Europa ist mir das nur bei absoluten Splittergruppen bekannt - also alles andere als relevant.
Gerade Extremisten sind relevant. Auch im Islam sind es die Extremisten, die die Politik beeinflussen, die die Attentate ausüben, nicht die gemäßigten Vertreter. Das Verteufeln der Naturwissenschaften findest du auch hier im Forum, findest du bei 2jesus und auch in anderen Religionsforen. Du findest es indirekt auch bei den großen Kirchen, da den Naturwissenschaften immer wieder Vorwürfe gemacht werden.